ZWEI FISCHE SCHWIMMEN

Originaltitel: Two Fish swimming

Autor: Rachel Anton

e-mail: RAnton1013@aol.com

Spoiler: all things (ja, die obligatorische all things story)

Kategorie: V

Schlüsselwörter: MSR

Rating: NC-17

Zusammenfassung: Mulder denkt über Astrologie und andere Dinge nach.

Verteilung: Ja, lasst mich nur wissen wo.

Disclaimer: Ja. Sie gehören nicht mir.

Danke: An Cynthia als großartige Betaleserin (wie üblich) und Laura für ihre großartigen Vorschläge und ihren Ansporn.

Übersetzung: Sylvia

 

 

Zwei Fische schwimmen

XXXX

 

Das Seltsame an der Astrologie ist, denkt er, während er kleine Kreise auf dem Rücken seiner Partnerin zeichnet, dass sie gewöhnlich Recht hat.

Im Vergleich zu dem, was er über andere ähnliche paranormale Pseudowissenschaften weiß, ist sein Wissen über diese spezielle Art der Weissagung relativ begrenzt. Es ist nicht der Mangel an Glauben, der ihn von der Erforschung abhält, sondern vielmehr ein eklatanter Mangel an Interesse. Er hat das Dunkle gesehen, das im menschlichen Herzen lebt und hat kein Verlangen danach, schreckliche, sinnlose Handlungen den Sternen anzuhängen. Er fürchtet, dass das zu tiefe Eindringen in diese Art, das Universum zu sehen, womöglich seine Auffassungen zerstört, sein Denken verzerrt, seinen Glauben an einen ultimativ freien Willen erschüttert.

Dennoch weiß er genug, um zu verstehen, was sein Sternzeichen Waage bedeutet und um das Sternzeichen Fische in Scully zu erkennen.

Waage ist ein Luftzeichen, Fische ein Wasserzeichen.

Es hatte geregnet, als sie ihm die Geschichte erzählte. Zuerst nur ein leichter Nieselregen, der begann, als sie den Teekessel auf seinen Herd stellte, aber als sie zu erzählen anfing, war es ein konstantes, schweres, trübes Trommeln auf den Fenstern und auf das Dach.

Er war müde, so müde von seiner Reise. Sinnlos. Langweilig. Gott, was für eine Zeitverschwendung es gewesen war. Er fragte sich, warum er überhaupt losgefahren war. Es sollten Ferien werden, eine Chance, um etwas aus seiner Vergangenheit mit ihr zu teilen, was er nun als subtiles Stück Ironie erkannte. Aber sie war nicht mitgekommen und er hatte sie so schrecklich vermisst, dass es ihn fertig machte. Er war bereit, in einen tiefen, traumlosen Schlaf zu fallen, aber er konnte niemals so müde sein, dass er sie wegschicken würde. Nicht, wenn sie in der Art erzählte, wie sie es tat.

Es war nicht die Geschichte selbst, die wie ein zuckerbeschichtetes Schwert in sein Herz stach. Es war die Tatsache, dass sie sie ihm überhaupt erzählte.

Er hatte sich oft gefragt, wer sie war, ist oder sein würde ohne ihn. Heute Nacht, denkt er, hat er all diese Dinge gelernt und mehr.

Was sie war – dies war so lange Zeit von einem Geheimnis umgeben gewesen, er kann es kaum glauben, dass er in so wenigen Minuten so viele Antworten erhalten hatte. Vorher hatte er nur Schnappschüsse gekannt. Kurze Momente, die sie mit ihm geteilt hatte, in den Jahren als Almosen verteilt mit derselben Häufigkeit wie ihr Lächeln. Er hatte sie in einem Sammelalbum in seinem Kopf aufbewahrt und versucht, sie zu einem zusammenhängenden Bild eines Menschen zusammenzufügen, aber es war immer schwierig gewesen. Nie klar.

Nun hat er es. Hat sie. Er kann sie sehen, jung, frisch, molliges kleines Gesicht und langes dünnes Haar, aber schön. Immer schön.

Sie sitzt da, windet sich inwendig, obwohl es niemand sehen kann, macht sich sorgfältig Notizen und beobachtet, wie die Worte aus dem Mund ihres Professors kommen und wünscht sich, dass sie diese Lippen küssen könnte. Wenn sie nur älter wäre. Wenn er nur nicht diesen verdammten Ring tragen würde. Sie ist clever genug, interessiert genug, überhaupt genug, um sein Interesse zu halten. Aber er würde ihr nie einen weiteren Blick schenken. Oder würde er?

Da ist sie wieder, die Haare zu einem professionell aussehenden Knoten gedreht, und hält Ausschau, als ob ihr Leben davon abhängt, aber sie wartet noch immer. Sie weiß, er kommt her, in diese Kaffeestube, wenn er raus muss. Wenigstens, denkt sie das.

Er spricht mit ihr. Nicht als Lehrer, sondern als Mann. Und sie ist eine Frau. Genauso, wie sie es in ihrem Herzen immer gewusst hat. Die Stunden vergehen und die Unterhaltung wird tiefer, intimer. Er erzählt ihr Dinge, die er nie einer anderen lebenden Seele erzählt hat, schüttet sein verzweifeltes Herz vor ihr aus und sie nimmt alles in sich auf, saugt seinen Schmerz auf und macht ihn zu ihrem eigenen, wie sie es immer tut.

Fische-Frauen haben eine Vorliebe dafür, sich in die falschen Männer zu verlieben und sich selbst im Leid anderer zu versenken. Er versucht, nicht zu intensiv darüber nachzudenken.

Ein Treffpunkt ist geschaffen und viele Abende vergehen in dieser Form. Sie fühlt sich schuldig, als sie ihn das erste mal in ihr Bett mitnimmt. Das ist der Mann einer anderen Frau und sie ist nicht die Art von Mensch, die sie geworden ist – sollte es nicht sein. Aber sie liebt ihn, er liebt sie, es ist Schicksal. Sie ist sich der Richtigkeit ihrer Beziehung so sicher, wie sie es nie bei etwas anderem gewesen war. Er ist gewillt, alles für sie zu opfern. Mit Sicherheit muss das etwas wert sein.

Ihren Freunden gegenüber bleibt sie kühl, behält ihr heimliches Leben für sich. Es reizt sie, Geheimnisse zu haben. Sie liebt Geheimnisse.

Schließlich kommt der Tag, auf den sie gewartet hat. Er kommt frei zu ihr, ohne alles. Er hat seine Familie verlassen und er braucht sie, um ihn auszufüllen, den Platz seiner Frau und seines Kindes einzunehmen. Er steht auf ihrer Schwelle, die Autoschlüssel in der Hand und will mit ihr wegfahren – wohin? Sie weiß es nicht einmal.

Anfang der Woche hatte sich ihr eine unerwartete Möglichkeit eröffnet. Das FBI. Quantico. Washington D.C. Sie hat Angst, aber sie ist auch aufgeregt. Sie denkt, dass sie das vielleicht genießen könnte, dass sie dort ihre Leidenschaft finden könnte. Sie erzählt ihm von ihren Plänen. Sie passen nicht in seine Vorstellungen von ihrem gemeinsamen Leben.

Sie streiten. Sie fragt sich, warum sie einen anderen Vater wollte, was dem Ersten mangelte. Ihr Leben zieht vor ihren Augen vorbei. Sie sagt ihm, dass er nach Hause gehen soll.

Die Nacht verbringt sie über dem Toilettenbecken, sie übergibt sich und beweint die Leben, die sie mit ihrer Dummheit, ihrer Kindlichkeit und ihrer Naivität ruiniert hat. Sie schwört sich, nie wieder zu lieben. Nicht so. Es schmerzt zu sehr. Sie wird ihr Herz verschließen und beim ersten Anzeichen von Verlangen fortlaufen.

"Hältst du weniger von mir als Mensch, Mulder?" hatte sie ihn gefragt.

"Nein. Mehr," hatte er ihr geantwortet. Mehr, nicht nur weil sie durch diese Hölle gegangen war und am Ende die richtige Entscheidung getroffen hatte, sondern weil sie die Kraft hatte, es ihm zu erzählen. Er wünschte, er hätte ihre Tapferkeit.

Ist – was sie ist. Was ist sie, wenn er nicht bei ihr ist? Das ist auch erschreckend klar geworden.

Er hat sich oft gefragt, wie viel von ihm sie mit sich trägt, wie viel von ihr selbst nur zu seinem Vorteil ist. Er weiß, dass es Muster zwischen Menschen gibt, wenn eine Hälfte einer Partnerschaft in einer bestimmten Weise auf eine gegebene Situation reagiert, reagiert die andere Hälfte oft in entgegengesetzter Manier, egal ob die Reaktion glaubhaft ist oder nicht. Gleichgewicht. Er weiß eine Menge darüber, das Gleichgewicht zu erhalten. Das sichtbare Symbol seines Sternzeichens ist Justitia, sind die Waagschalen.

Er hat sich gefragt, wie viel von ihrem hartnäckigen Skeptizismus, ihrem Unwillen, bestimmte Gedankengänge, bestimmte Annäherungen an ein Problem zu akzeptieren, nur eine Reaktion auf sein Handeln ist. Er hat sich gefragt, wie viel von seinem Bestehen auf einem bestimmten Gedankengang eine Reaktion auf ihre Hartnäckigkeit ist. Er hat sich gefragt, ob er ihre Sichtweise mehr erweitert hat, als sie gewillt ist zuzugeben, und sie seine. Ob sie die Dinge, die sie sagt, nur aus Gewohnheit sagt und um ihn auf der Erde und in der Realität zu halten.

Jetzt weiß er es. Wenn er nicht da ist, ist sie willig, offen, extrem in ihrem Denken. Wenn sie fort ist, dann ist er verschlossen, skeptisch, gelangweilt. Er wusste nicht einmal, ob irgendetwas passiert war, weil er es niemals untersucht hatte. Sobald sie gegangen war, wusste er, dass sie Recht hatte.

Und was würde sie sein? Wenn er sie niemals gekannt hätte, niemals Teil ihres Lebens gewesen wäre. Oder wenn sie von ihm fortgegangen wäre, bevor er die Möglichkeit hatte, sie zu ändern. Das ist die Frage, die er sich am häufigsten stellte, die die dunkelsten Teile seiner Seele durchpflügte. Würde es ihr besser gehen?

Er weiß, sie würde nicht mit Daniel zusammen sein, trotz der kurzen Anziehung, die sie für ihn verspürte. Er ist zu schwach für sie, um zu widerstehen, zu bedürftig und selbstsüchtig. Zu arrogant. Seit zehn Jahren träge dazustehen, darauf wartend, dass sie zu ihm kommt und ihren rechtmäßigen Platz an seiner Seite erkennt, das ist zu dumm für sie, um es zu erfassen.

Fische sind im Grunde ihres Herzens romantisch. Sie würde es nie jemandem gegenüber zugeben, vielleicht nicht einmal sich selbst gegenüber, aber sie braucht einen Mann, der sich nicht davor fürchtet, mit ihr zu kommen, der ihr ans Ende der Welt folgen würde und sie wissen lässt, dass er es getan hat. Der vor ihr steht und ihr sein Herz gibt ohne Erwartungen, Bitterkeit oder Bedingungen.

Nein, sie würde nie mit einem Mann wie Daniel zusammen sein, aber wie würde sie sein? Glücklich vielleicht?

Nein, er weiß es jetzt. Er weiß es besser.

Er war nicht überrascht, als sie einschlief, während sie ihm beim Erzählen zuhörte. Es war bestimmt nicht das erste Mal. Und die Tage, die sie gerade hinter sich gebracht hatte, waren höllisch und lang gewesen. Er ließ sie auf der Couch zurück, entschloss sich, sie sich ausruhen zu lassen und ihren Frieden nicht mit mehr Erzählungen über Schicksal und gewählte Wege zu erschüttern, ungeachtet der Tatsache, dass er darauf brannte, die Unterhaltung fortzusetzen, noch tiefer zu graben.

Trotz seiner Erschöpfung fand er keine Ruhe. Sein Bett war eine willkommene Zuflucht, aber es hielt keinen Schlaf für ihn bereit. Seine Pyjamahosen und seine Laken waren innerhalb einer Stunde ein hoffnungsloses Durcheinander und er beschloss, sich einen Film anzusehen. Ablenkung.

Sie fand ihn, als das Original von King Kong zur Hälfte gelaufen war, ausgebreitet auf seiner Bettdecke, sein Kopf ruhte auf seiner Handfläche am Fußende des Bettes.

Ohne ein Wort setzte sie sich aufs Bett und sah sich den Rest des Films mit ihm gemeinsam an. Er glaubte eine Träne über ihr Gesicht laufen zu sehen, als der mächtige Affe auf die Erde fiel, aber er konnte sich nicht sicher sein.

Nachdem der Abspann stummem Schnee auf dem Bildschirm gewichen war, fragte sie, "Glaubst du, ich hätte dich gefunden, egal welche Wahl ich getroffen hätte?"

Die Frage rief eine heftige Reaktion in seiner Magengegend hervor, beinahe als hätte er schlechtes mexikanisches Essen genossen, aber weniger konzentriert.

"Ich... ich würde es gern glauben," stammelte er und wagte nicht, sie anzusehen.

"Ich glaube es," erklärte sie ihm mit solcher Überzeugung, solch absoluter Zuversicht, dass er vollkommen besiegt war.

"Ich glaube an den freien Willen, Mulder. Ich glaube, dass wir verantwortlich sind für all unsere Wahlen und dass die Entscheidungen, die wir treffen, die Kraft haben, unsere Wege zu verändern, aber... aber ich glaube auch, dass manche Dinge unausweichlich sind. Manche Dinge sind dazu bestimmt, dass wir sie erleben und es gibt sehr wenig, was wir dagegen tun können. Es gibt bestimmte Dinge, die wir tun werden und bestimmte Menschen, die wir treffen werden, egal was. Gewöhnlich erkennen wir sie nicht, aber sie sind da. Wenn wir uns die Zeit nehmen, aufmerksam zu sein, dann wird es offensichtlich."

Er legte den Kopf auf die Seite, blickte sie schließlich an und sah die Ruhe in ihrem Gesicht. Sie starrte geradeaus, blickte auf einen Punkt hinter seinem Fernseher, vielleicht sogar hinter seinem Apartment, irgendwo weit entfernt und geheim.

"Und du glaubst, dass wir eines dieser Dinge sind?"

Sie nickte und traf seinen Blick.

"Ich glaube, dass du mein Schicksal bist, Mulder."

Diese Feststellung konnte man nicht bestreiten.

"Ängstigt dich das?" fragte er. Ihn ängstigte es. Bis in sein Herz. Ebenso wie es ihn erregte.

"Nicht mehr."

Da war sie. Die Antwort auf seine Frage war, dass seine Frage falsch war. Es gab keine Möglichkeit zu wissen, was sie ohne ihn sein würde, weil sie nicht ohne ihn sein würde. Egal was passiert.

Sie erhob sich und er fürchtete, dass sie ihn verlassen würde, wie sie es oft getan hatte, nachdem sie sich offenbart hatte. Stattdessen zeigte sie noch mehr.

Er sah ihr zu, wie sie sich für ihn auszog, ihr Blick fest und ruhig und nie von seinem Gesicht weichend, und es erinnerte ihn, seltsam genug, an kleine Hunde.

Als Mulder fünf Jahre alt war, bat er seine Eltern um einen kleinen Hund. Nicht nur einmal, sondern jeden einzelnen Tag, beinahe sechs Monate lang. Jedes Mal sagten sie nein. Kleine Hunde veranstalten ein Chaos. Es ist schwierig, für sie zu sorgen. Kleine Hunde fordern ein emotionales und geistiges Engagement, das für einen Fünfjährigen zu viel ist. Vielleicht, wenn du älter bist, sagten sie ihm. Vielleicht.

Sechs Monate schienen ihm nun eine sehr kurze Zeit zu sein, aber für einen Jungen diesen Alters war es eine Ewigkeit. Waren es Jahre. Schließlich wurde er ungeduldig und verwirrt und entmutigt. Er gab auf.

Zwei Monate später kam er von einer Verabredung zum Spielen mit seinem Cousin nach Hause und fand das Wohnzimmer voller kleiner Hunde. Der Deutsche Schäferhund des Nachbarn hatte in der Nacht zuvor acht Welpen geboren und seine Mutter hatte zugestimmt, einen zu behalten und für die anderen sieben ein Zuhause zu finden.

Es war nicht sein Geburtstag. Weder war Weihnachten noch Ostern oder sein erster Schultag oder auch nur Flaggentag, um laut herauszuschreien. Es war nur ein ganz normaler Tag, an dem ganz normale Dinge passieren sollten. Er war nicht dazu bestimmt, dass man kleine Hunde bekam. Aber sie waren da.

Mulder war so überwältigt und überrascht und aufgeregt gewesen, dass er sich in die Hosen gemacht hatte.

Während er Scully dabei zu sah, wie sie sich vor ihm entkleidete, betete er darum, dass er jetzt nicht den gleichen Fehler machte.

Als sie bei ihrem BH und ihren Höschen angekommen war, hielt sie inne, ließ ihm etwas zum Ausziehen übrig und lächelte ihn mit ihren Augen und ihrem Mund an.

Waagen haben eine tiefe Vorliebe für das Schöne, eine Liebe so groß, dass man sie auch als Anbetung bezeichnen konnte. Wenn sie vor die Wahl gestellt wird zwischen etwas Schönem und etwas Richtigem, wird sich die Waage fast immer für das Schöne entscheiden. Zum Glück für Mulder war Scully sowohl das Schönste als auch das Richtigste, das er jemals gesehen hatte.

"Du siehst schockiert aus," meinte sie und er war überrascht, dass sie immer noch dieselbe Stimme hatte. Dass dieser kleine Akt sie nicht vollkommen verwandelt hatte.

"N... nun ja... Scully... das... ich nehme an, ich bin es. Geschockt. Vermute ich."

Er zog den Kopf ein und lachte leise und nervös.

"Hast du das nicht erwartet? Denkst du nicht, es ist an der Zeit?"

"Ich... ich denke, es war schon vor langer Zeit an der Zeit."

Er wollte nicht, dass die Worte so herauskamen, wie sie es taten. Er fürchtete, dass sie sie als Anklage verstehen würde. Sie tat es nicht.

"Ich weiß, dass du es getan hast, Mulder, dass du... ich vermute, ich musste nur einen Moment innehalten und mich von der Zeit einholen lassen."

Er war plötzlich beeindruckt von ihrer Verletzlichkeit, der Tatsache, dass sie vor ihm stand, mit den Überresten ihrer Rüstung und ihrer Sachen bekleidet, und einfach wartete. Auf ihn wartete.

Draußen regnete es weiter. Ein Lichtblitz erhellte die Konturen ihres Körpers, den Schatten des Tales zwischen ihren Brüsten.

Er bewegte sich, so dass er aufrecht auf der Bettkante saß und sie stand zwischen seinen Beinen. Seine Arme um ihre Taille schlingend, ließ er seinen Kopf in dieses Tal fallen und unterdrückte ein Stöhnen, als sich ihre Nägel in seine Kopfhaut gruben.

Er erlaubte sich, dort zu ruhen, in die Behaglichkeit ihrer Brust geschmiegt, eingehüllt in ihren Duft und ihre Wärme. Augenblicke gingen vorbei, aber für Mulder stand die Zeit immer noch still.

Als er sich zurückzog, hatte er Tränen in den Augen.

Sie nahm sein Gesicht in die Hände und kitzelte seine Haut mit kleinen federleichten Küssen. Als sich ihre Lippen trafen, war es fast wie beim ersten Mal und dennoch völlig anders. Zärtlich und süß, ja, aber nicht ohne das Versprechen auf etwas mehr. Etwas jetzt.

Er erinnert sich an das Gefühl ihrer Zunge, die sanft gegen seine Lippen drückte, Einlass forderte und an die Art, wie er seine eigenen Lippen öffnete, an diesen ersten Kontakt. Freiheit. Es war eine Schwindel erregende Freiheit. Alles davon zu berühren und zu schmecken und zu fühlen, alles von ihr.

Seine Freude und seine Erregung wuchsen auf ein vernichtendes Niveau und er tastete beinahe blindlings herum und wollte alles auf einmal.

"Mulder, Mulder..." Sie streichelte sein Haar und blickte mit Leidenschaft und Mitleid auf ihn herab. "Mach langsam. Wir haben die Ewigkeit für uns."

"Ich brauche dich, Scully," wimmerte er und zerrte verzweifelt an ihrer Unterwäsche.

"Ich brauche dich auch. Ich bin hier. Genieße es einfach, Mulder. Ich möchte, dass du das hier auskostest, es wirklich fühlst. Halte jeden Augenblick davon fest, als wäre es unser letzter."

Er ist froh, dass sie ihn daran erinnert hat. Wenn er seinen Eifer sein Bewusstsein hätte überwältigen lassen, würde er sich jetzt vielleicht nicht erinnern. Wie seine Hände unter die Träger ihres BHs gleiten, der glatte Satin zwischen seiner Haut und ihrer, der nachgibt, um Fleisch auf Fleisch zu erhitzen, der Haken in ihrer Stimme, als sie seinen Namen seufzt, während er ihre nackte Brustwarze zwischen die Finger nimmt. All das wäre womöglich nur eine verschwommene Erinnerung, wenn sie ihn nicht daran erinnert hätte, aufmerksam zu sein.

Nun wird er es niemals vergessen... ihre nackte Brust an seiner, wie sie zusammen auf dem Bett lagen, sein erster Griff nach ihrem weichen, runden, perfekten Po, ihr Lächeln, als sie ihn durch seine Pyjamahosen hindurch streichelte, ihr Seufzen, als er ihren Bauch küsste, ihren Bauchnabel leckte, ihre Hand, die sein Haar gepackt hielt, als er seine Lippen an den feuchten Punkt auf ihrem Höschen drückte, ihre süße, heiße Feuchtigkeit, als er ihr dieses Höschen auszog, ihre Schenkel, die sich um seinen Hals legten, als er seine Zunge so tief in ihr vergrub, wie er konnte und versuchte, sich daran zu erinnern, wie man eine Frau richtig leckt, weil es so schmerzhaft lange her war, sich daran erinnernd, irgendwann, irgendwo gehört zu haben, dass man das Alphabet auf ihr Fleisch schreiben sollte, aber sie schien nur das ‚I‘ zu mögen, ‚I‘ ‚I‘ ‚I‘, schneller und schneller gegen ihre Klitoris, ihr ganzer Körper zitternd und sich krümmend, wie sie seinen Namen dreimal hintereinander rief, als sie für ihn kam, sie kam für ihn, oh Gott, wie sie für ihn kam.

Nun in sein Gedächtnis gebrannt, lebendiger als alles, an das er sich erinnern kann... ihre Hände in seinen, als sie sich auf ihn legte und dann herabglitt, die ersten paar Sekunden in ihrem Mund, die eine Ewigkeit anhielten, weil er es zuließ, die Empfindungen ihn überspülen ließ wie warmes Wasser; er spürte ihre Zunge in seinem Rückgrat, sah kleine weiße Lichter, als sie ihn näher und näher brachte, ihre Finger zeichneten Muster auf seinen Schenkeln, als er sich zuerst sagte, halt aus und dann lass los, lass los, wir haben die Ewigkeit für einander, und dann stieß er in ihren Mund mit dem lautesten Geräusch, an das er sich je erinnern konnte und spürte, dass sie alles von ihm nahm, ihn leer trank, dann kroch sie an seinem Körper hoch, küsste ihn so, wie sie ihm gesagt hatte, als wäre es ihr letzter, er legte sich von hinten um sie herum und er erinnert sich an ihren Frieden, als sie sich gestattete, in seinen Armen einzuschlafen.

Das sichtbare Zeichen für den Fisch sind zwei in unterschiedliche Richtungen schwimmende Fische, denkt er, während seine Finger über die äußeren Linien ihres Tattoos gleiten. Heute Nacht ist sie auf ihn zugeschwommen. Er fragt sich, ob sie fortschwimmen wird, bevor die Sonne aufgeht, wenn der Regen aufgehört hat. Er vertraut der Kraft ihrer Überzeugungen und der Bestimmtheit und der Ruhe, die sie darin offenbart hat, indem sie diese Entscheidung getroffen hat, aber er weiß, dass manche Dinge außerhalb ihrer Kontrolle liegen, ein Bild mit Sternen gezeichnet. Wenn sie immer noch einige Zweifel hat, einige innere Konflikte, so wird er ihr das nicht vorwerfen.

Er schläft.

Als er seine Augen wieder öffnet, ist sie gegangen. Die Sonne ist halb aufgegangen und er hält seine Decke mit Liebe und Vorsicht.

Die Waage ist geduldig, aber auch unsicher.

Er greift nach dem Telefon neben dem Bett und wählt die Nummer, ohne hinzusehen. Er hat sich das Muster eingeprägt, das seine Finger auf der Tastatur machen.

Ihre Stimme ist ruhig und warm, als sie antwortet.

"Scully."

"Es ist ein bisschen kalt heut Morgen," sagt er und weiß, dass sie die Mehrdeutigkeit versteht.

"Möchtest du, dass ich dir etwas heiße Schokolade bringe?" Ihr Ton klingt so ähnlich wie der, den sie während ihrer intimsten Momente benutzt hat, so daß er plötzlich wieder erregt ist.

"Scully, wo bist du?"

"Ich bin in meinem Auto."

"Wo willst du hin?"

"Ich fahre nach Hause, Mulder. Es ist beinahe sechs Uhr. Du willst sicherlich nicht, dass ich in den Sachen von gestern im Büro aufkreuze und dufte, wie... nun, nicht wahr?"

Das klingt wie etwas, womit er leben könnte, wenn es bedeutete, dass sie ein bisschen länger bei ihm blieb. Aber er kann auch damit leben. Sie riecht ihn immer noch. Sie musste nicht Auf Wiedersehen sagen, weil er immer noch bei ihr war. Und das ist sie. Sie ist immer noch Scully, immer noch praktisch und professionell.

"Was war mit dem Kakao?"

Sie lacht leise, ein glatter, sinnlicher Laut.

"Ich werde auf dem Weg zur Arbeit bei Joe anhalten und Kaffee und Bagel holen. Wolltest du Kakao?"

"Oh ja. Ja, gern."

"Einfachen Bagel mit Kräutercremekäse?"

"Ich liebe dich, Scully."

"Ich liebe dich auch, Mulder."

Er hatte nicht erwartet, dass sie es erwidern würde. Hatte nicht einmal erwartet, dass sie seine eigene Erklärung ernst nehmen würde.

Sie beendet das Telefonat, das Geräusch einer Hupe im Hintergrund.

Nahtlos, denkt er. Perfekt.

Vielleicht schwimmen die Fische nicht in unterschiedliche Richtung. Vielleicht schwimmen sie aufeinander zu. Er denkt, dass er vielleicht ein Fisch geworden ist.

 

ENDE