WORLD WITHOUT END: ZWEITER BAND

 

Originaltitel: World Without End: Book Two

Autor: Rachel Anton < RAnton1013@aol.com >

Übersetzung: Kristin ( tini243@crosswinds.net )

Rating: NC-17

Keywords: Post-colonization, Angst, Scully/Krycek

Zusammenfassung: Wohin wendet man sich, wenn alles was man kannte nicht mehr existiert?

Disclaimer: Alle Charaktere, die du wiedererkennst gehören nicht mir.

Spoiler: Einige für den Mythologie Handlungsbogen. Keine besonderen, die mir einfallen würden.

Autorenbemerkung: Diese Story ist die zweite in einer Serie von drei Büchern. Es ist wahrscheinlich eine gute Idee das erste Buch erst zu lesen, bevor man das hier liest. Du kannst es auf meiner Page finden.
http://members.aol.com/ranton1013/page/index.htm

Anmerkung des Übersetzers: Oder auf dieser Seite in der deutschen Übersetzung.

 

 

WORLD WITHOUT END
Zweiter Band

 

Ich bin weit mit meinem neuen Master gereist. Ich war noch nie so weit vom Haupthaus entfernt gewesen. Diese Wochen des Herumreisens waren die eigenartigsten meines Lebens. Zumindestens so weit ich mich erinnern kann.

Mein alter Master war ein Freund von dem, den sie Jeffrey nennen. Der, der mich aus der Zeit vorher zu kennen scheint. Derjenige, dessen Augen mir so vertraut vorkommen.

Vor vielen Wochen kam Jeffrey in das große Haus. Er sprach viele Stunden hinter verschlossenen Türen mit meinem Master. Als sie rauskamen sagte mir Jeffrey, dass wir einen Ausflug machen. Dass ich einen neuen Master bekommen würde.

Ich verstand nicht den Sinn eines ‚Ausflugs', aber als ich an diesem Abend schlafen ging, fühlte ich etwas in mir schwingen. Etwas, das ich nicht definieren konnte, das mir aber sehr bekannt vor kam. Ich denke die Auserwählten nennen es Aufregung.

Am nächsten Tag brachte mich Jeffrey aus dem großen Haus weg. Er brachte mich in die Stadt zu einem sehr großen Haus. Dort traf ich meinen neuen Master. Den, den sie Mulder nannten.

Den, den ich Mulder nenne.

Ich wollte ihn Master nennen, aber er befahl mir, das nicht zu tun. Ich habe allerdings noch Probleme damit, immer daran zu denken.

Master Mulder brachte mich in ein Auto und fuhr mit mir aus der Stadt weg. Der Mann an der Brücke stoppte uns und Master Mulder sagte ihm, dass er mich in den Norden bringt, in eine andere Kolonie.

Als wir dann über der Brücke waren sagte er zu mir, "Das war eine Lüge. Du kommst nicht in eine andere Kolonie. Du wirst frei sein."

Ich fragte ihn, was frei denn bedeutet. Er sagte es bedeutet, dass man tun kann, was immer man möchte. Ich fragte ihn was ich möchte aber darauf wusste er keine Antwort.

Wir sind viele, viele Tage gemeinsam gefahren. Ich habe den Überblick darüber verloren, wie viele Tage. Wir sind an vielen Kontrollpunkten vorbeigekommen und an jedem gab mein neuer Master den Männern eine Karte und einige Papiere und die Männer ließen uns durch. Wir haben jeden Tag an einem anderen Ort gegessen. Ich habe noch nie woanders als in der Küche des großen Hauses gegessen. Master Mulder hat Karten für uns und wir zeigen diese den Leuten in den Restaurants der Kolonien, durch die wir durchfahren und dann lassen sie uns dort essen. Sie lassen uns auch Benzin in unser Auto füllen. Diese Karten scheinen etwas sehr nützliches zu sein, aber jedes Mal, wenn Master Mulder sie benutzt, schaut er sich ganz nervös um und kaut auf seiner Lippe.

Master Mulder sagte mir, dass er mich aus der Zeit vorher kennt. Ich sagte ihm, dass ich mich daran nicht erinnern kann. Er hat danach nicht mehr sehr viel mit mir gesprochen. Er scheint allgemein nicht sehr viel zu reden.

Unsere Reise brachte uns an einen leeren Platz, wo früher ein Gebäude war. Master Mulder lief herum und suchte nach ‚Hinweisen' und ich saß im Auto. Er fand keine Hinweise und nach vielen Stunden entschied er, dass wir den Platz verlassen und durch den Wald laufen sollten. Wir liefen sehr lange. Vor einigen Stunden hatte Master Mulder mir gesagt, dass wir vielleicht kehrt machen und zum Auto zurücklaufen sollten. Er hat gegen einen Stein getreten und ein Schimpfwort gesagt. Da kamen die Männer.

Die Männer hatten Waffen. Sie sagten, dass wir uns auf ihrem Eigentum befinden würden und uns erklären sollten. Master Mulder fragte die Männer, wer sie sind. Dann schlugen die Männer ihn. Sie zogen eine schwarze Haube über seinen Kopf und hielten eine Art Waffe in seinen Rücken.

Sie zogen auch eine Haube über meinen Kopf und führten uns durch den Wald. Wir marschierten einige Minuten. Sie brachten uns nach drinnen und führten uns in einen Raum. Sie setzten uns hin und banden uns am Stuhl fest. Ich denke, dass wir mehr als eine Stunde hier waren.

Ich kann Master Mulder neben mir hören. Er atmet sehr heftig und alle paar Minuten schreit er "Scully!". Er sagt das Wort oft. Ich denke, dass wir hier sind, um einen Scully zu finden. Die Männer sagen ihm immer wieder, dass er die Klappe halten soll, aber er tut es nicht.

Ich höre eine Bewegung. Ich höre eine Tür aufgehen, zugehen und Leute umherlaufen. Ich höre Stimmen.

"Wo habt ihr sie gefunden?"

"In der Südecke des Nadelwaldes."

"Was haben sie gemacht?"

"Sie sind nur herumgelaufen."

Plötzlich verschwindet die Dunkelheit über meinen Augen. Jemand hat mir die Haube abgenommen.

Das Licht ist so hell, dass ich einige Sekunden nichts weiter als weiß sehen kann.

Langsam kann ich den Raum klarer erkennen. Die Wände sind aus weißem Beton. Der Boden besteht aus weißen Fliesen mit blauen Punkten. Es gibt eine sehr alt aussehende Couch, die neben einem großen, eigenartig aussehenden Kasten steht, der vorn ein Glaspaneel hat. Ich sitze auf einem Klappstuhl vor einem grünen Tisch auf den weiße Linien gemalt sind. Ich denke, dass die Leute früher so was wie Ping-Pong auf dieser Art Tische gespielt haben. Die Männer aus dem Wald sind hier. Sie stehen mit ihren Waffen in den Ecken des Raumes. Und da sind auch noch andere.

Eine Frau. Die einzige Frau außer mir in diesem Raum. Sie muss eine Sklavin sein. Es gibt in jeder Kolonie höchstens zwei Frauen, die Herrinnen sind. Der Rest sind Sklavinnen. Sicher ist es uns jetzt noch nicht erlaubt, die Herrin zu sehen. Aber sie steht eigenartig für eine Sklavin da. Sie steht sehr gerade und aufrecht da. Ihre Kleidung ist abgetragen und schäbig und es scheint, dass jeder in dieser Kolonie so gekleidet ist. Es muss eine unterprivilegierte Gruppe sein.

Da ist noch ein anderer Mann. Derjenige, der die beiden befragt, die uns gefunden haben. Er muss der höchste Master dieser Kolonie sein.

Er ist derjenige, der meine Haube abgenommen hat. Er steht vor mir und blinzelt. Dann kniet er sich vor mich. Er sieht mein Gesicht aus der Nähe an.

"Marita?"

"Was...was tust du hier?"

"Ich bin mit meinem Master hergekommen. Bist du jetzt mein neuer Master?"

Der Mann steht wieder auf und fährt sich mit den Händen durch die Haare. Dann schleudert er meine Haube auf den Ping-Pong Tisch und macht ein seltsames Geräusch.

Er sieht die Frau an und die Frau sieht Master Mulder an.

"Dein Master, ja?" sagt er und wendet sich Master Mulder zu.

Er greift nach Master Mulders Haube, hört dann aber auf. Er dreht sich wieder zu der Frau, aber sie sieht es nicht. Sie starrt immer noch Master Mulder an.

Er schluckt und schließt seine Augen. Dann zieht er Master Mulder die Haube vom Kopf.

Die Frau schnappt sehr laut nach Luft und legt ihre Hand über ihren Mund. Sie geht rückwärts bis sie irgendwann an die Wand stößt. Es ist sehr interessant, dem zuzusehen. Ich habe niemals einen Sklaven gesehen, der sich so verhalten hätte.

Der Mann sieht nur Master Mulder an. Er scheint sehr wütend zu sein. Die meisten Master sind die meiste Zeit wütend.

"Scully!" sagt Master Mulder wieder und dieses Mal sieht er direkt die Sklavin an. In ihren Augen sammelt sich Flüssigkeit und sie schüttelt ihren Kopf. Er versucht aufzustehen, aber er ist angebunden und kommt nicht sehr weit. Dann stößt ihn der andere Master wieder auf seinen Sitz zurück.

"Setz dich", sagt er. Er muss ein sehr hoher Master sein, wenn er Master Mulder sagen kann, was er tun soll. Master Mulder sieht allerdings auch sehr wütend aus. Er starrt den anderen Master an und versucht sich aus dem Stuhl zu befreien.

"Nettes Fleckchen hast du hier, Krycek. Ich mag die Schläger. Sehr stilvoll."

Niemand bewegt sich oder sagt etwas für eine Minute, die selbst mir extrem lang vorkommt. Dann zuckt das Gesicht des anderen Masters und die Frau sagt "Alex" und dann schlägt er Master Mulder mit seiner Faust ins Gesicht.

"Nein!" schreit die Frau und rennt zu ihm. Blut fließt aus der Nase von Master Mulder und färbt die Hand des anderen Masters schwarz. Die Frau hört auf zu laufen, als sie das sieht und starrt Master Mulder an.

"Scully", sagt er.

Der andere Master, ich nehme an es ist Master Alex, sieht auch auf das Blut und dann schüttelt er seine Hand als würde er versuchen, es von seiner Haut abzubekommen.

Es kommt jetzt viel mehr Flüssigkeit aus den Augen der Frau und ihr Mund öffnet und schließt sich mehrmals. Sie macht Geräusche, als wenn sie Schmerzen hätte. Master Mulder sagt schon wieder "Scully",, aber das scheint nur zu ihrem Leid beizutragen. Ich verstehe den Grund ihres Schmerzes nicht. Sie wird nicht geschlagen, aber sie verhält sich so, als wenn es so wäre. Sie ist die eigenartigste Sklavin, die ich je gesehen habe.

"Bring sie hier raus", sagt Master Alex zu einem sehr großen Mann mit blonden Haaren. Der Mann nimmt die eigenartige rothaarige Frau am Arm und führt sie aus dem Raum. Sie zittert während sie läuft.

"Sie auch", sagt Master Alex zu einem anderen Mann und zeigt auf mich. Ich tue wie mir befohlen, da es sowohl der Wunsch von Master Alex als auch der von Master Mulder zu sein scheint.

Wir gehen in einen weniger hell erleuchteten Flur und ein paar Schritte weiter sehe ich die Frau, die hin und her läuft, Arme über der Brust verschränkt. Der große Mann sitzt auf einer Bank neben ihr. Als sie uns sieht, kommt sie auf mich zu.

"Wer bist du?" fragt sie mich.

"Man nennt mich drei null acht."

Sie sieht Richtung Himmel und dann wieder zu mir.

"Hör zu, ich nehme dir das nicht ab. Nichts davon. Wer bist du wirklich? Und wer ist das...wer ist das?"

"Ich bin drei null acht und der mit dem ich herkam wird Master Mulder genannt."

"Master..." Sie schüttelt ihren Kopf. "Hör einfach damit auf. Das ist...das ist er nicht und...und diese kleine Sklavennummer, die du da spielst zieht bei mir nicht. Wer zur Hölle seid ihr beide und was macht ihr hier?"

Sie schreit jetzt. Ich bin noch nie von einem anderen Sklaven angeschrieen worden. Ich verstehe das überhaupt nicht.

"Ich weiß nicht, warum wir hier sind. Ich denke wir sind hier, um nach einem Scully zu suchen."

***************

Gott, Scully. Es tut mir so Leid. Ich wollte nicht, dass du es so herausfindest. Ich wollte nicht, dass es so ist.

"Wer bist du?"

Ich denke, er hat mich das schon ein paar Mal gefragt. Ich glaube es nicht. Was zum Teufel denkt er, wer er ist? Versteht er nicht, was ich durchmachen musste, um hierher zu kommen?

"Verdammt, Krycek."

Ich winde mich in den Fesseln um meine Hand- und Fußgelenke, aber wer immer diese verdammten Dinger festgeknotet hat, war ein verdammt guter Pfadfinder.

"Wer bist du? Was tust du hier?"

Er merkt, was ich zu tun versuche und entsichert die Waffe, die er auf mich gerichtet hat.

"Was willst du?"

"Ich habe es gesagt. Ich wollte nur zu Scully. Das ist alles."

Er schüttelt seinen Kopf.

"Nein. Keine Chance. Nicht, solange ich nicht weiß, wer ... was du verdammt noch mal bist."

Gottverdammt. Ich will mich diesem Bastard gegenüber nicht erklären müssen. Wenn ich nur mit Scully reden könnte. Sie würde es wissen. Sie würde es verstehen.

Aber aus irgendeinem Grund scheint es, dass Krycek im Moment das größte Hindernis zwischen mir und ihr ist, und der einzige Weg, an ihm vorbei zu kommen scheint zu sein, ihm zu sagen, was er wissen will.

Mein Gott, sie sah so schön aus. Und so unglücklich, so verwirrt. Wegen mir. Wegen dem, was ich bin.

"Ich bin Mulder, Krycek. Egal ob du es glaubst, oder nicht. Offen gesagt ist es mir egal, ob du es tust."

"Das ... das ergibt keinen Sinn", stammelt er.

"Was weißt du über den Umwandlungsprozess", frage ich. Krycek lacht kurz auf. Dann kommt er auf mich zu, bis er direkt vor mir steht.

"Nein. Das ist Quatsch. Mulder würde nicht ... hätte nicht ..."

Er greift nach meinem Gesicht und wischt mit seinen Fingern etwas von dem dicken, öligen Blut unter meiner Nase ab.

"Mulder hätte niemals das hier gewählt", sagt er, indem er mir das Zeug vor die Augen hält und es dann angewidert an den Tisch schmiert.

"Außerdem ist Mulder tot. Sie sah ihn sterben. Ich sah die Bilder, ich habe die Berichte gelesen. Er ist tot. Du bist nicht er. Du bist nicht Mulder."

"Weswegen glaubst du, dass ein Mensch die Wahl hat?"

"Jeder hat die Wahl. Jeder hat in einer gewissen Weise die Wahl. Der Mulder, den ich kenne, hätte sich eher selbst umgebracht, als einer von denen zu werden."

Der Mulder, den er kannte? Er sagt das, als wenn er mich überhaupt gekannt hätte. Allerdings hat mich dieser Kommentar ziemlich getroffen. Ich mag mir nicht ausgesucht haben, wozu ich geworden bin, aber ich habe verschiedene Entscheidungen getroffen. Verschiedene, dumme Entscheidungen. Entscheidungen, die ich mir niemals werde vergeben können, bis ich mit Scully reden konnte und weiß, dass sie in Ordnung ist. Dass sie mir vergibt.

"Ich habe es mir nicht ausgesucht, dazu gemacht zu werden, Krycek. Nicht mehr, als ein Sklave sich aussuchen konnte, zu einem Sklaven zu werden. Es ist mir passiert. Das ist es, was du auf den Bildern gesehen hast. Was Scully gesehen hat. Das Ding, das aus mir raus kam ... das war der Umwandlungsprozess. Kein Tod. Wiedergeburt. Irgend etwas wurde in mir platziert und lebte dort, wurde ausgetragen, bis zu dem Zeitpunkt, als es geboren wurde. Als es aus meinem Bauch herausbrach, war das der Geburtsprozess und danach ... wurde es wieder zu mir selbst. Der Mensch, den du jetzt siehst, ist Fox Mulder. Die gleichen Gefühle, Erfahrungen, Erinnerungen. Der einzige Unterschied ist physiologisch."

Er starrt mich einfach in seiner Neandertaler Weise an und setzt sich dann mir gegenüber auf einen Stuhl.

"Nein, auf diese Weise passiert es nicht. Du lügst."

"Es passiert auf diese Weise nicht jedem. Nur denen, die nicht wählen. Denen, die ausgewählt wurden. Deswegen der Name 'Die Auserwählten'."

"Warum habe ich nie davon gehört? Warum habe ich es nie vorher gesehen?"

"Ich weiß es nicht. Vielleicht musst du mehr raus gehen."

"Wie viel Zeit haben wir?"

"Bis was?"

"Bis deine anderen alienblütigen Freunde dir folgen und uns finden?"

"Das werden sie nicht. Ich wollte nicht gefunden werden. Ich habe Vorsichtsmassnahmen getroffen, damit das nicht passiert. Alles, was ich will, ist Scully zu sehen. Das ist der einzige Grund, aus dem ich hier bin. Wenn du mich nur mit ihr reden lässt ..."

Er schüttelt seine Kopf und lacht. Allerdings ist es kein fröhlicher Klang. Es ist ein bitteres Lachen. Ein ärgerliches Lachen.

"Du willst Scully sehen, ja? Vielleicht hättest du daran vor fünf oder sechs Jahren denken sollen."

"Schau, du weißt nicht ... du verstehst nicht. Ich habe getan, was ich tun musste. Ich muss es ihr sagen. Ich muss es erklären..."

"Was erklären? Dass du ein Verräter bist? Ein Mutant? Dass du sie verkauft hast, damit du deine Ruhe hast?"

"Verdammt, so war es nicht!"

Oh Gott, ich hätte nicht gedacht, dass ich diesem Mann noch mehr hassen könnte, als zuvor, aber er übertrifft meine Erwartungen.

"Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was sie in den letzten sechs Jahren für eine Hölle durchgemacht hat? Macht es dir überhaupt etwas aus?"

"Na...natürlich macht es mir etwas aus, Krycek."

Die Frage ist, warum zur Hölle macht es ihm so viel aus? Warum geht ihn das überhaupt etwas an?

"Hör zu, sie scheint gesund zu sein, sie scheint ... ich denke es ist gut, dass du sie gefunden hast. Es wurde sich scheinbar gut um sie gekümmert und ich bin dir dafür dankbar aber ... aber sie gehört hier nicht her, Krycek. Zumindest nicht, wenn es um ihre Gesundheit geht. Ohne diesen Chip wird sie ... sie könnte jederzeit einen Rückfall erleiden. Sie muss dorthin, wo man sie heilen kann, wo ..."

"NEIN! So funktioniert es nicht", schreit er und er ist wieder auf seine Füßen uns sieht so aus, als wollte er mich wieder schlagen.

"Ich bin keine verdammte Gepäckabgabestelle hier, Mulder. Du kannst sie nicht einfach vor sechs Jahren hier abgeben und dann wieder hier hereintanzen, als ob sich nichts geändert hätte und sie wieder hier auflesen und mitnehmen. Du denkst, dass das so funktioniert? Nur weil du DENKST, dass du sie mehr liebst, als irgend jemand sonst einen anderen lieben könnte?"

Er hat die Mündung seiner Waffe auf meinen Brustkorb gedrückt und brüllt mir ins Gesicht. Irgendwie ist das alles sehr merkwürdig, gruselig.

"Sieh mal, Krycek, ich weiß, dass ihr alle eine Menge durchgemacht habt..."

Gott ist mein Zeuge, sie sehen furchtbar aus. Wie ich sagte gesund, aber trotzdem abgerissen.

"Du weißt einen Scheißdreck darüber, was wir durchgemacht haben. Versuch erst gar nicht so zu tun, als würdest du es verstehen oder als würde es dich kümmern", flüstert er finster.

"Sieh mal, wenn du mich einfach mit ihr reden lassen würdest könnten wir uns sicher einig werden."

Er sieht mich mit mehr Ekel und Hass an, als ich jemals bei ihm gesehen habe. Und das will wirklich was heißen. Dann spuckt er mir ins Gesicht.

"Zur Hölle mit dir", knurrt er und verlässt den Raum. Er lässt mich mit seinen Schlägern allein.

Als er aus der Tür geht, rufe ich nach Scully und hoffe, dass sie noch in Hörweite ist. Ich brülle aus Leibeskräften.

Niemand antwortet mir.

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Als ich Dana Scully das erste Mal traf, war ich fünfundzwanzig Jahre alt. Mit leuchtenden Augen und dem Kopf voller Unsinn, sicher, dass ich auf der 'richtigen Seite' stand, bevor ich bemerkte, dass die einzige Seite die zählt deine eigene ist. Mein Auftrag bestand zuerst nur daraus, sie auszuspionieren, herauszufinden, an welchen subversiven Aktivitäten sie sich beteiligten. Ich habe meinen Job gemacht und ich habe ihn gut gemacht. Zu gut.

Ich erinnere mich daran, wie sie damals waren. Ich erinnere mich daran, wie die beiden in leisem Ton miteinander geredet haben, nur miteinander, selbst wenn sie allein waren. Ich erinnere mich daran, dass mich ihre abweisende Haltung mir gegenüber genervt hat. Ich erinnere mich daran, die Verbindung zwischen den beiden gespürt zu haben. Ich erinnere mich daran, dass ich das Gefühl hatte, ich könnte mich ebenso gut auf einem anderen Planeten befinden, wenn es nach ihnen ginge. Ich erinnere mich daran das Gefühl zu haben, als würde ich etwas privates, fast sexuelles beobachten, wenn die beiden miteinander sprachen. Ich erinnere mich daran, dass mir das ziemlich egal war.

Als ich die Haube von diesem...diesem Ding dort runterzog, als die beiden sich ansahen, war es das gleiche. Die verdammte gleiche Sache wieder von vorn. Nur dieses Mal war es mir nicht egal. Dieses Mal, als die Wände zwischen ihnen und dem Rest der Welt hochgingen und ich auf der Seite mit jedem anderen war, machte es mir etwas aus. Es machte mir so viel aus, dass ich ihn schlug. Als wenn das etwas ändern würde.

Nun ist also die Frage, wenn es geht wie ein Mulder, redet wie ein Mulder, sich verhält wie ein verdammter Mulder, heißt das, es ist ein Mulder?

Gott weiß, dass dieser arrogante, unausstehliche Hurensohn auf mich die selbe Wirkung hat, wie es ein Mulder gehabt hätte. Allein in seiner Gegenwart zu sein hat in mir so viele widersprüchliche und verdrehte Gefühle ausgelöst, dass ich dachte ich müsste mich davon übergeben. All die Gefühle der Unzulänglichkeit, der Eifersucht, der Wut und der Frustration flossen durch meine Seele wie Wasser durch eine alte rostige Leitung, die jemand angestellt hat, nach dem sie jahrelang abgestellt war.

Dieser Mann macht mich zu jemandem, den ich nicht besonders mag.

Aber mal ehrlich, was für einen Empfang hat er erwartet? Einen roten Teppich und eine Empfangskapelle? Himmel Herrgott. Wie hätte ich reagieren sollen? Soweit ich weiß ist er ein verdammter Spion.

Alles was ich weiß ist, dass ich ihn im Moment nicht ertragen kann. Ich kann es einfach nicht.

"Djewotschka?"

Das Zimmer ist dunkel doch es fällt bereits Licht durch die Fenster. Es dämmert schon. Ich habe fast die ganze Nacht damit verbracht, auf dem Campus herumzulaufen und nach Dana zu suchen.

Als ich das Mulder-ähnliche Ding verließ, fand ich Brian in der Vorhalle. Er sagte, dass sie ihm gesagt hatte, sie würde nach Hause gehen, dass er sie selbst hingebracht hätte. Aber als ich das erste Mal dorthin zurückkam, war das Zimmer leer.

Meine Panik steigerte sich auf ein beängstigendes Niveau und ich rannte in die Nacht hinaus um sie zu finden. Je länger ich sie nicht fand, desto schlimmer wurde es.

Was wenn das Wiedersehen mit Mulder ihr klargemacht hat, dass sie nicht wirklich hier sein will? Was wenn sie dadurch verrückt wird? Was wenn sie gegangen ist?

Ich bin dem Nervenzusammenbruch momentan selbst ziemlich nahe. Wenn sie immer noch nicht zu Hause ist, weiß ich nicht was ich tun werde.

Ich höre ein leises "Ich bin hier", von der Couch kommen und drehe mich um. Gott sei Dank. Gott sei Dank.

Sie hat sich in der Ecke des Sofas zusammengerollt, die Arme um die Knie gelegt und schaukelt leicht vor und zurück. Sie sieht so klein und verletzt aus. Sie sieht so sehr wie die Frau aus, die sie vor fünf Jahren war, als sie angefangen hatte an Mulders Tod zu glauben, dass es mir den Magen umdreht.

Ich setze mich auf die andere Seite der Couch und möchte sie berühren, aber das erste Mal seit langer Zeit bin ich mir nicht mehr sicher, wie gut diese Geste bei ihr ankommen würde.

Ich räuspere mich und versuche mich zu entscheiden, was zum Teufel ich sagen soll.

"Möchtest du, dass ich deine Haare bürste, Djewotschka?" frage ich schließlich. Ich weiß nicht. Manchmal findet sie es beruhigend. Und mir würde es im Moment unheimlich helfen. Es wäre etwas vertrautes. Etwas zum festhalten.

Aber sie schüttelt ihren Kopf.

"Sollten wir versuchen, ein wenig zu schlafen", schlage ich vor, aber ich sehe als Antwort ein weiteres Kopfschütteln.

"Geh ruhig, ich...ich kann nicht."

Als wenn ich das könnte während ich weiß, dass sie ...so hier draußen sitzt.

"Dana..."

"Ist er es, Alex? Ist er es?"

Ich sage ihr das einzige, was ich kann.

"Ich weiß es nicht, Djewotschka. Ich weiß es nicht."

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Ende Kapitel 1

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Kapitel 2

Ich bin mir relativ sicher, dass ich seit drei Tagen hier bin. Es ist schwer zu sagen, weil es hier keine Fenster gibt. Nur drei weiß verputzte Wände und ein Maschendrahtgitter, das mich von dem Rest des Kellers trennt. Es steht ein kleines Bett auf dem Betonboden, es gibt ein Waschbecken und eine Toilette und ich habe einen kleinen, pelzigen Nagetierfreund, den ich Krycek nenne.

Der Bastard selbst war seit dieser ersten Nacht nicht mehr hier unten, um nach mir zu sehen. Der einzige, den ich gesehen habe, ist ein bedrohlich aussehender Wärter, der mir in einigermaßen regelmäßigen Abständen etwas zu Essen und Wasser bringt. Bis jetzt habe ich von ihm sechs Kartoffeln bekommen. Ich denke, dass ich zwei pro Tag bekomme, daher kommt auch die drei-Tage-Vermutung. Er schiebt sie durch die kleine Tür in dem Zaun. Genau wie in einem Frettchen Käfig. Er sagt nichts. Niemals. Ich habe versucht, mit ihm zu reden. Ich habe versucht ihn darum zu bitten, mich hier raus zu lassen, so dass ich sie sehen kann, oder wenigstens Krycek hier herunter zu schicken, damit ich ihn anspucken kann und sehe, wie ihm das gefällt. Aber er reagiert auf nichts von dem, was ich sage oder tue.

Ich habe versucht zu schreien, aber niemand hört mich. Niemand kommt.

Als ich das Öffnen der Tür und Schritte die Treppe herunterkommen höre, nehme ich an, es ist der Kartoffelmann und dass vielleicht ein weiterer Tag vorbeigegangen ist.

Aber die Schritte sind anders. Weicher. Könnte es sein? Ich versuche, mir keine Hoffnung zu machen, aber ich tue es trotzdem. Als ich sie vor meiner Zelle stehen sehe denke ich, dass mich die Isolation vielleicht verrückt gemacht hat. Vielleicht habe ich Halluzinationen.

Ich renne zu dem Gitter und drücke mein Gesicht an den Draht, reiche mit den Fingern durch die Löcher, versuche sie zu berühren um zu sehen, ob sie real ist.

"Sc...Scully?"

Ich merke erst jetzt, als ich ihren Namen sage, wie rau und ausgetrocknet ich klinge.

Sie nickt und sagt sehr leise "Ja",. Sie steht ein Stück weit weg. Aber sie ist hier. Mein Gott, sie ist wirklich hier.

Und ich habe keine Ahnung, was ich zu ihr sagen soll.

"Geht es...geht es dir gut, Scully?"

Sie sieht mich eigenartig an, mit einem Gesichtsausdruck, den ich nicht wiedererkenne, den ich nicht einordnen kann.

"Du...du klingst als könntest du etwas Wasser gebrauchen. Ich bin gleich zurück."

"NEIN!" Mein Hals schmerzt bei der Anstrengung, die das Schreien verursacht, erinnert mich daran, wie dringend ich Wasser brauche, aber ich habe Angst davor, sie aus den Augen zu lassen, jetzt, wo sie hier ist. Was wenn sie niemals zurückkommt?

"Nein, Scully, nur...bleib nur eine Minute."

Sie steht da, mit den Armen schützend vor ihrer Brust verschränkt, Mund zu einer festen, schmalen Linie zusammengepresst, sieht demonstrativ von mir weg und alles was ich tun kann ist sie anzustarren. Sie sieht so unglaublich schön aus. Ich möchte einfach vor ihr auf die Knie fallen und weinen. Allerdings komme ich nicht bis zu ihren Füssen, weil ich in diesem verdammten Käfig bin.

"Es tut ... mir leid. Das hier..." sagt sie und deutet auf meine Umgebung. "Es war mir...es war mir nicht bewusst."

"Das ist, nein, Scully, das ist nicht deine Schuld. Mein Gott, gib dir nicht die Schuld. Es liegt nicht an dir. Das ist mir klar. Er ist es. Er ist ein Bastard, Scully. Das ist..."

Sie zuckt zusammen und schüttelt den Kopf.

"Nein, es ist teilweise meine Schuld. Du hast nicht..."

"Nein, das glaube ich nicht Scully. Das hat nichts mit dir zu tun und alles mit mit mit...IHM."

Sie seufzt und sieht mich endlich direkt an, suchend.

"Auf jeden Fall verhältst du dich wie er", murmelt sie und ich sehe, wie sich eine Träne in ihrem Augenwinkel bildet.

"Ich...was?"

"Wer bist du? Wer bist du wirklich?"

Mein Herz sinkt in meine Schuhe und mein Mund wird völlig trocken.

"Ich...Sc...Scully?" flüstere ich und sie legt ihre Hand auf ihren Mund.

"Weißt du es nicht? Erkennst du mich nicht, Scully? Mein Gott, bitte tu mir das nicht an."

"Ich...ich dachte.."

"Was?"

"Ich sah...ich sah dich sterben! Ich habe es gesehen. Ich habe es gesehen."

Der Schmerz und die Qual in ihren Augen ist fast überwältigend. Es ist fast genug, dass ich am liebsten von ihr wegsehen würde. Oh Gott, Scully, es tut mir so leid.

"Du hast gesehen...was du gesehen hast..." stammle ich und spüre die Erinnerung an einen alten Streit. Hältst du dich immer noch an deine wissenschaftlichen Beobachtungen, Scully? Ist das nach all dem immer noch deine Wahrheit? Ich hoffe es. Aber ich hoffe auch, dass es da noch Spielraum für das Verständnis von dem gibt, was ich bin. Was mit mir geschehen ist.

Ich frage mich, ob du die Ironie hierin erkennen kannst. Ich bin das geworden, dessen Existenz ich die ganze Zeit beweisen wollte. Ganz besonders dir.

"Und...und wenn du nicht gestorben bist, wenn das, was du Alex gesagt hast wahr ist, dann .... dann wo warst du? Wo, wo bist du gewesen, Mulder?"

Jetzt kann ich sie wirklich nicht mehr ansehen. Wie kann ich das erklären? Wie könnte sie das jemals akzeptieren? Wie habe ich nur alles so sehr verderben können?

"Wo?" flüstert sie und kommt näher an die Absperrung zwischen uns heran. Irgendwas in meinem Hinterkopf registriert die Tatsache, dass sie ein weiteres Mal von dem, der mich hier gefangen hält als 'Alex' spricht, aber ich verdränge es, ohne überhaupt erst darüber nachzudenken.

Dann wird mir klar, dass sie ihre Informationen über mich von ihm hat und es somit kein Wunder ist, dass sie nicht weiß, was sie davon halten soll.

Gott allein weiß, was er ihr erzählt hat.

"Warte, warte. Was hat er, was hat 'Alex' dir erzählt?"

"Dass du ihm gesagt hast, dass du umgewandelt wurdest. Gegen deinen Willen. Dass es das war, was ich gesehen habe."

Ich nicke nur, sprachlos vor Schreck, dass das kleine Dreckstück einmal in seinem Leben die Wahrheit gesagt hat.

"Ist es das, was wirklich passiert ist?"

"Ja."

"Also dann, wo...wo warst du, Mulder? Ich meine warum..."

Es gibt tausende unausgesprochene Fragen in diesem einen Wort. Warum, Mulder? Warum? Warum hast du das mit mir geschehen lassen? Warum bist du weg geblieben? Warum?

Ich kann es noch nicht mal mehr ertragen, sie anzusehen, die Fragen zu sehen, die Verwirrung in ihren Augen. Ich drehe mich um und sehe eine Weile die Wand an, atme ein paar Mal tief ein und ringe um die Worte der Erklärung.

"Mulder?"

"Ich äh...als ich aufwachte, nach, ich hatte keine Erinnerung an das, was mit mir passiert war. Ich dachte...ich dachte ich wäre eingeschlafen und hätte ein Nickerchen auf meiner Couch gemacht."

Ich lache ein bisschen und drehe mich wieder zu ihr um in der Hoffnung, wenigstens einen ihrer Mundwinkel ein winzigen Millimeter nach oben gehen zu sehen. Sie hat immer noch die Arme verschränkt und jetzt runzelt sie die Stirn. Es wird schlimmer.

"Äh... jedenfalls stellte sich heraus, dass ich wochenlang weggetreten war. Als ich endlich wieder zu mir kam, sah ich unseren alten Freund Smokey neben meinem Bett. Ich konnte nicht glauben, dass er immer noch lebte, Scully. Ich konnte es nicht glauben. Ich dachte, dass er vielleicht der Teufel wäre, der gekommen war, um mich in die Hölle mitzunehmen."

Ich suche in ihren Augen nach einem Funken des Verstehens, aber sie ist mir gegenüber so verschlossen.

"Was passierte dann?"

"Äh..dann. Dann sprang ich aus dem Bett in dem ich lag und versuchte den Bastard zu erwürgen."

Sie seufzt ungeduldig und schließt ihre Augen.

"Und danach?"

"Danach fühlte ich einen Stich in meine Arm und verlor wieder das Bewusstsein. Und dann ...dann wachte ich auf und er äh...er sagte mir, was mit mir passiert war. Und...mit dir."

"Mit mir."

"Er sagte mir, dass du eine Sklavin bist."

Ihr Mund geht ein kleines bisschen auf und sie atmet hörbar aus.

"Er...Scully..."

"Du hast es also gewusst. Du hast gewusst, dass ich lebte und dass ich eine Sklavin war."

"Ja", flüstere ich und nehme meinen Kopf so weit wie möglich nach unten.

"Du wusstest...wusstest du, dass ich es gesehen hatte, wusstest du, dass ich dachte, du wärst tot?"

"Er hat mir einen Handel vorgeschlagen, Scully", platze ich heraus, jetzt verzweifelt dazu entschlossen, alles offenzulegen und jeder Art Zorn von ihr gegenüberzutreten.

"Handel?"

"Er sagte mir, dass wenn ich sieben Jahre für ihn arbeite und nicht versuche, dich oder etwas anderes zu finden, wir beide nach den sieben Jahren frei sein würden. Und...und er sagte, dass sie den Chip rausnehmen würden und sie dich heilen würden, so dass du nicht an Krebs erkrankst. Er sagte, sie würden dich umwandeln und du würdest nicht krank werden."

"Sieben Ja...ich hätte sieben Jahre lang Sklavin sein sollen?"

"Ich konnte nicht...er sagte, du würdest den Unterschied nicht bemerken, Scully. Dass es besser für dich wäre."

Ich bemerke, wie absolut lahm das klingt und halte meinen Mund. Mein Gott, wenn ich noch einmal "er sagte" sage, wird mir schlecht.

"Mulder..."

"Scully, ich wollte dich nur wieder sehen können. Ich wollte wissen, dass es dir gut geht und wir wieder zusammen sein können. Ich wusste nicht... ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen. Sie hätten dich sonst getötet!"

"Mulder..." sagt sie wieder und dieses Mal unterdrücke ich meinen Drang, mehr Rechtfertigungen in die Stille hineinzuplappern.

"Mulder, ich wäre lieber tot gewesen, als sieben Jahre lang Sklavin zu sein."

Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich nehme an, dass ein Teil von mir wusste, dass das wahr ist, aber ich habe mich nicht darüber nachdenken lassen. Wie hätte ich das tun können?

"Mulder, ich kann es ... einfach ...nicht fassen. Du warst die ganze Zeit am Leben..."

Ich nicke einfach, weil ich nicht sprechen kann. Ich beisse mir auf die Lippen um nicht zu weinen.

"Weißt du was ich...was...mein Gott, Mulder!"

"Ich wusste nicht...ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen."

"Du hättest nein sagen können."

"Scully, sie haben sich um dich gekümmert und...und ich wollte einfach nur wieder mit dir zusammensein können. Ich dachte...ich dachte du würdest das auch wollen."

"Ich wollte das, Mulder. Als ich meine Verstand zurück bekam. Aber damals dachte ich, du wärst tot."

"Ich weiß. Ich...es sollte nicht so sein."

Es sollte so sein, dass ich da bin, wenn sie sich erinnert. Ich hätte den Chip rausnehmen sollen. Ich hätte in der Lage sein sollen ihr zu zeigen, dass ich nicht tot war.

"Nein, ich nehme an, wenn es so gelaufen wäre wie es hätte sein sollen, dann wäre ich jetzt noch Sklavin. Nur noch ein Jahr oder so bis ich 'umgewandelt' worden wäre und ich nehme an, das wäre es dann wert gewesen."

"Es...es tut mir leid, Scully. Ich dachte nur, ich dachte es war die einzige Möglichkeit. Ich dachte ich beschütze dich."

Sie nickt langsam und sieht weg, versucht die Tatsache zu verbergen, dass sie auch weint.

Nach ein paar Momenten schmerzhaften, quälenden Schweigens fragt sie, "Warum hast du ihm vertraut, Mulder? Nach allem?"

"Ich... ich habe nicht...ich wollte nur wieder mir dir zusammensein, Scully. Ich dachte es wäre die einzige Möglichkeit."

Sie ist wieder einen Augenblick lang still und starrt mich an. Ihre Augen werden dunkel und noch kälter.

"Es gibt immer eine andere Möglichkeit", sagt sie mit einer Endgültigkeit, die wie ich annehme das Ende der Unterhaltung signalisiert. Ich weiß sowieso nicht, was ich jetzt noch sagen könnte, um es ihr zu erklären. Außerdem gibt es im Moment wichtiger Dinge zu klären. Wenn wir erst mal einen Ort haben, an dem wir einfach zusammen sein können, können wir die Vergangenheit ausdiskutieren. Ich kann es wieder gut machen. Ich weiß, dass ich das kann.

"Scully, wir können, wir können hier weggehen weißt du. Wir können heute Abend weggehen."

"Mulder..." unterbricht sie mich mit einem Seufzen und schüttelt ihren Kopf.

"Wir können es, Scully. Sag es einfach. Ich kann ... ich kann dich hier herausholen."

"Mich hier ..." sie lächelt endlich und lacht sogar ein kleines, trauriges Lachen. Aber es macht mich nicht glücklich. Ich habe nicht versucht lustig <komisch> zu sein.

"Mulder, ich denke du bist derjenige, der mich braucht, um hier raus zu kommen."

"Naja, okay, aber...ich meine, ich sage nur, dass wir nicht hier bleiben müssen."

"Das ... Mulder, ich werde hier nicht gefangengehalten. Das ist mein Zuhause."

"Dein Zuhause? Hier? Mit...mit, mit IHM?"

"Ja, Mulder, mit ihm und den vier oder fünfhundert anderen Leuten, die hier leben. Ich bin seit fünf Jahren hier. Es ist das einzige Zuhause, das ich kenne."

"Aber, Scully, es ist... es ist KRYCEK!"

Sie verdreht ihre Augen und legt ihre Hände an die Hüften und ich schwöre bei Gott, sie sieht fast beleidigt aus. Ich beginne zu glauben, dass der Bastard selbst ein wenig Gehirnwäsche betrieben hat.

"Mulder, was soll das bedeuten?"

"Was meinst du, was soll das bedeuten? Scully, er...sieh mich an! Er hat mich hier eingesperrt wie ein verdammtes Tier!"

"Mulder, er hat es nicht gewusst. Er wusste nicht, was du bist. Du hättest ein Spion sein können, ein Killer, Gott weiß was. Sieh mal, ich sage ja nicht, dass es angemessen war, so damit umzugehen. Ich entschuldige es nicht aber..."

"Scully! Das ist Blödsinn! Er hat mich hier reingesteckt, weil er mich hasst. Weil er sich dadurch wie ein größerer Mann fühlt."

"Mulder, bitte. Das ist nicht..."

"Warum verteidigst du ihn?"

Ihr Gesicht wird rot und ich kann nicht sagen, ob aus Ärger oder aus Verlegenheit.

"Er war...er ist ein Freund...für mich."

"Ein Freund? Krycek?"

"Mulder er...er hat mir geholfen, eine Menge Dinge durchzustehen. Er...er hat mein Leben gerettet, er hat mich davon abgehalten aufzugeben, davon..."

Sie sieht auf ihre Hände hinunter, die zu einem festen Knoten verschlungen sind und ich folge ihren Blick und bemerke das erste Mal die zwei kleinen Narben an der Innenseite ihrer Handgelenke. Das kann nicht sein, wonach es ....

Oh Gott. Oh, Scully.

"Sc..."

"Das ist ein guter Ort, Mulder. Er tut eine gute Sache. Ich werde den Schlüssel holen und dich hier rauslassen, so dass du entscheiden kannst, ob du hierbleiben willst oder nicht. So weit es mich betrifft bist du willkommen."

Sie dreht sich um, um zu gehen und ich habe das Gefühl, dass diese Unterhaltung viel zu schnell vorbeigegangen ist. Ich bin nicht dazu gekommen, irgend etwas wichtiges zu sagen und ich spüre, dass sie jetzt weiter von mir entfernt ist, als sie es war, bevor wir miteinander gesprochen hatten.

"Scully, warte!"

"Mulder?"

"Ich...ich wollte nur...ich wollte dich fragen...äh..."

Sie dreht sich wieder zu mir um und ihr Körper ist immer noch steif und kalt, aber in ihren Augen schimmert ein wenig Wärme. Ein klitzekleiner Schimmer.

"Denkst du, dass du mir je vergeben wirst, Scully?"

"Ich...ich kann es versuchen, Mulder. Das Ganze wird etwas Zeit brauchen. Wir...wir brauchen etwas Zeit, um uns aneinander zu gewöhnen."

Ich nicke obwohl ich weiß, dass ich diese Zeit nicht brauche. Ich weiß, was ich will. Ich weiß, was wir tun müssen. Mein Gott, ich kann nicht noch mehr Zeit verschwenden.

"Wir können dir ein Zimmer und eine Essenskarte und all das besorgen. Wenn du dich dann entscheidest hier zu bleiben, werden wir für dich eine Aufgabe finden."

"Wirst du mich abends zudecken?"

Sie antwortet nicht, aber ich nehme an ich hatte das nicht erwartet. Es ist ja nicht so, dass sie das früher getan hätte.

"Ich bin gleich zurück."

"Scully, du...du siehst gut aus. Wirklich, wirklich ... du siehst schön aus. Ich habe niemals, niemals wirklich die Chance gehabt... dir das zu sagen."

Sie sieht mich sehr eigenartig und undeutbar an und murmelt "Danke". Dann dreht sie sich um, rennt die Treppen hinauf und weg von mir.

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Ende Kapitel 2

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Kapitel 3

 "Was meinst du damit, sie hat ihn rausgelassen?"

"Äh, sie, äh ..sie sagte uns, dass Sie seine Freilassung genehmigt hätten, Sir."

Jesus Christus. Was zur Hölle denkt sich diese verrückte Frau? Ich kann es kaum fassen, dass sie die Frechheit hatte, nicht nur einen meiner Männer sondern MICH anzulügen. Mir direkt in mein verdammtes Gesicht zu lügen.

Ich gehe spazieren, Alex. Ich brauche etwas frische Luft, Alex. Nein, du musst nicht mitkommen, Alex. Ich werde nicht lange weg sein.

Und nun muss ich hier stehen und Haltung bewahren und so tun, als wenn es nichts geben würde, worüber man in Panik ausbrechen müsste.

"Wo sind sie hingegangen?"

"Ich denke...ich denke sie hat ihm ein Zimmer besorgt, Sir."

"Was für ein Zimmer?"

"Wahrscheinlich in Dakin nehme ich an. Dort gibt es die meisten leeren Zimmer."

Dieser blöde Hurensohn ist hier seit wann, drei Tage? Meine Autorität ist bereits untergraben und der einzige Mensch, von dem ich angenommen hatte, dass er mich nie anlügen würde hat mich angelogen. Es muss an Mulder liegen. Wer sonst könnte innerhalb von zweiundsiebzig kurzen Stunden so viel Elend in mein Leben bringen?

Ich kann diese Kerle noch nicht mal dafür anschreien, dass sie Danas Befehle ohne nachzufragen ausgeführt haben. Ich war derjenige, der ihnen anfangs eingetrichtert hatte, das zu tun. Ich hätte nie gedacht, dass sie das mal gegen mich verwenden würde.

Als ich schließlich in Dakin angekommen bin, kann ich mein Blut praktisch unter meiner Haut kochen fühlen.

Ich brauche nicht sehr lange, das kleine Dreckstück zu finden. Er macht sich auf jeden Fall nicht die Mühe, diskret zu sein. Sie haben ihm einen Raum in der ersten Etage gegeben und er sitzt dort bei weit geöffneter Tür, und hüpft mit dem Rücken zur Tür auf dem Bett auf und ab.

Schön zu sehen, dass er sich so schnell eingelebt hat. Offensichtlich hat das Leben unter den Drohnen seinen Überlebensinstinkt verkümmern lassen.

"Hättest du mir kein Wasserbett besorgen können, Scully?"

"Nein, aber wir können es sicher arrangieren, dass du im Fluss schläfst."

Sein Kopf fährt herum und er schaut für den Bruchteil einer Sekunde ängstlich und dann verdammt eingebildet.

"Was zur Hölle geht hier vor, Mulder?"

"Sieht so aus, als wäre ich befördert worden. Weißt du, ich bin froh, dass du hier bist, weil ich ein paar Reklamationen meiner vorherige Unterkunft betreffend habe. Behandelst du alle deine Gäste so?"

"Nur die, durch deren Adern Öl fließt."

Ich höre eine Seufzen hinter mir und Dana drängt sich mit einem Stapel gebrauchter Kleidung auf dem Arm an mir vorbei.

"Oh gut", sagt Mulder zu ihr. "Ich wollte gerade den Sicherheitsdienst rufen. Scully, ich will mich ja nicht beschweren, aber ich glaube ich habe ein Nagetierproblem in meinem Zimmer."

So ein komischer verdammter Mistkerl.

Sie schaut nervös zwischen uns beiden hin und her und seufzt wieder.

"Dana, kann ich dich einen Augenblick sprechen?" frage ich im ruhigsten und am wenigsten wütenden Tonfall, den ich zustande bringe.

"Ich..." beginnt sie, aber Mulder kann nicht widerstehen, sie zu unterbrechen.

"Du musst nicht, Scully." Sagt er und springt in einer Art pseudo beschützerischen Geste auf seine Füße. Immer muss er seine Riesennase in jede blöde Sache hineinstecken.

"Mulder, halte dich da raus. Es geht dich nichts an."

"Und ob es das tut! Was denkst du wer du bist, dass du sie so rumkommandieren kannst?"

"Rumko...Mulder, setzt dich und halt die Klappe."

Er kommt mir näher so dass er direkt vor mir steht, Auge in Auge, sein Gesicht ist das einzige, was ich sehen kann.

"Warum sorgst du nicht dafür, harter Kerl?"

"Okay! Das reicht!" schreit Dana und schmeißt die Sachen auf Mulders Bett. Es verlangt alle Selbstkontrolle die ich habe, nicht dieses dämliche Grinsen aus seinem Gesicht zu schlagen.

"Mulder, das sind deine Schlüssel, deine Essenmarken und deine Versorgungsmarken", sagt sie, holt die Gegenstände aus ihrer Tasche und lässt sie auf den Tisch fallen. "Genieße deinen Aufenthalt in der Zauberhaften Gemeinde. Ich sehe euch beide dann später."

Sie läuft wieder an mir vorbei in Richtung Tür und ich will ihr gerade folgen, aber Mulder springt zwischen uns.

"Warte Scully, wohin gehst du?"

"Ich gehe spazieren. Auf Wiedersehen."

"Warte, ich...ich komme mit", sagt er wobei er offensichtlich die Bedeutung der Worte 'AUF WIEDERSEHEN' missverstanden hat. Dann greift er nach ihrem Arm, um sie zu berühren, aber bevor er sie erreichen kann, fange ich mit meiner Hand sein Handgelenk auf.

"Fass sie nicht an", warne ich ihn. Sein verwirrter und ungläubiger Gesichtsausdruck verrät mir, dass, worüber auch immer die beiden sich heute unterhalten haben, dies nicht ihre Beziehung mit mir mit eingeschlossen hat. Sie hat es ihm nicht erzählt. Sie hat es ihm verdammt noch mal nicht erzählt und jetzt denkt er ich führe mich wie ein Psychopath auf und er hat das Recht, seine Hände nicht von ihr zu lassen.

Er versucht seine Hand wegzuziehen aber ich fasse sein Handgelenk noch fester.

"Tu's nicht."

Ein Ausdruck der Besorgnis huscht kurz über Danas Gesicht und sie sieht mich flehend an.

"Mulder, ich muss jetzt wirklich allein sein, okay?"

"Oh...äh, okay, natürlich", murmelt er aber ich kann ihn anscheinend immer noch nicht los lassen. Ich habe das Gefühl ich müsste ihn so lange fest halten, bis sie außer Sichtweite ist.

Als sie weggeht wird mir klar, dass ich jetzt Mulder lieber vergesse und hinter ihr herlaufe, oder ich werde sie wieder verlieren. Ich lasse seinen Arm los, starre ihn noch ein letztes Mal an und laufe Richtung Flur. Verdammt, sie ist schon weg. Sie muss gerannt sein.

"Warte!" ruft Mulder mir nach und dieses Mal greift er meinen Arm. "Sie hat gesagt, sie will allein sein."

"Geh mir aus den Augen, Mulder."

"Lass sie in Ruhe."

Mein Gott, das ist einfach zu viel. Das ist alles einfach viel zu viel.

"Sieh mal, ich weiß nicht was du glaubst, wer du bist, aber du hast kein Recht, kein VERDAMMTES Recht, so mit mir zu reden."

"Oh und warum? Weil du hier der große Chef bist? Ich habe keine Angst vor dir, Krycek. Und ich werde nicht zulassen, dass du sie weiterhin rumkommandierst und und ... sie einer Gehirnwäsche unterziehst!"

Gehirnwäsche? Ist es das, was er denkt? Dass sie nur hier bei mir ist, weil ich so eine Art Jedi-Gedankenkontrolle über sie habe oder so? Mein Verlangen, ihm ganz genau zu erzählen, wie gern sie hier ist und warum reicht fast aus, meine verzweifeltes Bedürfnis, sofort mit ihr zu sprechen, zu übertönen. Aber nicht ganz. Nicht jetzt. Außerdem sollte sie diejenige sein, die es ihm erzählt. Nicht ich. Er würde es mir sowieso nicht glauben und ich möchte verdammt sicher gehen, dass er es glaubt.

"Hör mir zu du Hurensohn", sage ich zu ihm während ich meinen Ärmel aus seiner Hand befreie. "So weit es mich betrifft kannst du froh sein, dass du überhaupt noch lebst. Stell mich nicht auf die Probe, Mulder. Ich warne dich. Halt dich aus meinen Angelegenheiten raus und geh mir aus den Augen."

"Und ich warne dich, wenn du noch etwas tust, dass ihr wehtut, dann werde ich dich umbringen."

"Ihr wehtun? Oh das ist großartig, Mulder. Das kommt von dem Menschen, der sie mehr verletzt hat, als irgend jemand sonst es könnte oder jemals können wird."

Ich bin nicht überrascht, als ich seine Faust mit meinem Kinn kollidieren fühle. Es ist sicher nicht das erste Mal, dass sich Mulder mir gegenüber auf diese Weise ausgedrückt hat. Aber ich bin von der Tatsache überrascht, dass mein dringendster Wunsch immer noch darin besteht, Dana zu finden. Ich habe keine Zeit hier herumzustehen und mit Mulder zu streiten.

"Alle Schläge dieser Welt können die Tatsachen nicht ändern, Mulder. Und Tatsache ist, ich habe nicht eine verfluchte Sache gemacht, um ihr wehzutun. Nun sorge nicht dafür, dass ich dir wehtue."

Er tritt ein Stück von mir zurück und fährt mit der Hand durch seine Haare. Seine Finger sind mit meinem Blut bedeckt. Großartig. Ich frage mich, ob meine Lippe schon anfängt anzuschwellen. Es ist so schön, Mulder wieder zu haben.

"Geh aus meinem Zimmer, Krycek. Geh..." sagt er zu mir und ich tue es, weil ich ernsthaft befürchte, dass ich ihn umbringen könnte, wenn ich bleibe.

Ich brauche fast zwanzig Minuten, um Dana zu finden und als ich sie endlich sehe, als ich sie rufe und hinter ihr her renne, läuft sie nicht ein bisschen langsamer. Diese kleinen Beine bewegen sich ziemlich schnell.

Sie läuft auf dem Weg zwischen dem Wohnheim und dem Labor. Ich denke allerdings nicht, dass sie auf Arbeit geht. Ich denke sie will noch weiter als zum Labor, in den Wald. Sie hat diese Bestrebung, in den Wald zu laufen, wenn sie durcheinander ist. Vor allem, wenn es draußen eiskalt ist.

"Dana! Was zur Hölle sollte das bedeuten?"

"Was sollte was bedeuten?" fragt sie, während sie immer noch läuft und mich nicht ansieht.

"Du hast in einfach, einfach frei gelassen? Ihn eingeladen, hier zu leben? Ohne vorher mit mir darüber zu reden?"

"Er ist harmlos, Alex."

"Harmlos? Dana, wir wissen noch nicht einmal, wer er wirklich ist, ob er wirklich Mulder ist."

"Er ist Mulder", sagt sie mit einer Endgültigkeit, die mir auf die Nerven geht.

"Wir wissen noch nicht mal, warum er hier ist."

"Er ist es und ich weiß, warum er hier ist."

"Okay, darf ich es auch erfahren?"

Sie zieht ihre Jacke fester um sich als der Wind auffrischt und durch uns hindurch weht.

"Er ist hier, um mich zu sehen."

Und wie soll mich das jetzt bitte beruhigen?

"Um dich zu sehen."

"Ja, das hat er mir erzählt."

"Und du glaubst ihm einfach? Bedingungslos?"

Sie hört endlich auf zu laufen und dreht sich auf dem Absatz um, um mir ins Gesicht zu sehen. Einige Schneeflocken wirbeln in der Luft herum und landen auf ihren Haaren.

"Ja ich glaube ihm. Und weil wir gerade davon sprechen miteinander zu reden; wer denkst du bist du, dass du ihn wie ein verdammtes Tier eingesperrt hast und nicht mit MIR darüber gesprochen hast?"

"Ich wollte nicht...ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Gott, Dana, was zur Hölle hätte ich mit ihm tun sollen? Ich dachte er ist eine Gefahr für uns, für jeden."

"Ersten, du wusstest nicht, ob er eine Gefahr ist. Zweitens, das ist keine Entschuldigung dafür, jemanden zu isolieren, ihm so gut wie nichts zu essen zu geben und nicht genug Wasser um ihn vor dem Austrocknen zu bewahren..."

"Er schien gesund genug zu sein", murmle ich und reibe verlegen mein Kinn. Ich denke meine Lippe blutet immer noch.

"Und drittens Alex, das hier hat nichts mit der Sicherheit der Gruppe oder irgend etwas anderem zu tun, als der Tatsache, dass er für dich eine Bedrohung darstellt. Persönlich." Sie flüstert das letzte Wort, als wäre es etwas obszönes. Da sei Gott vor, dass ich hier etwas persönlich nehme.

"Oh, weiß er es? Ist mir nicht aufgefallen."

Sie schließt ihre Augen und schüttelt den Kopf und ich fühle plötzlich eine übelerregende Schwere in meinem Magen, als wenn ich mich übergeben müsste.

"Ich werde noch weiterlaufen, Alex. Und ich möchte nicht, dass du mit folgst."

"Dana, tu das nicht. Es ist so kalt. Komm einfach...komm einfach rein."

Ich berühre ihre Schulter und sie zuckt von mir weg.

"Ich werde rein kommen, wenn ich so weit bin. Und ich will nicht, dass du mir sagst wann!"

"Dana..."

"Bitte gib Ret etwas Wasser. Ich werde in einer Stunde oder so wieder zu Hause sein."

Ich zucke mit den Schultern, ergebe mich in das Ende dieser bizarren Geisterbahn einer Unterhaltung und sie fängt an, wegzugehen.

"Djewotschka, warte! Zieh dich... wenigstens warm an."

Ich ziehe meine Jacke aus und lege sie um ihre Schultern. Ich nehme an, ich sollte an diesem Punkt dankbar sein, dass sie diese nicht auf den Boden wirft und draufspuckt.

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Ich bin für gewöhnlich in die Wälder gegangen, wenn ich einsam war, wenn ich dachte, dass der Schmerz über Mulders Verlust mich zerstören würde. Die Art, wie die das Eis auf den Zweigen aussieht, der Klang des Wasser das nie zu gefrieren scheint und gleichmässig über die Felsen läuft, die Art, wie die Luft in meiner Kehle brennt, wenn ich einatme, all diese Dinge erinnern mich an die Leere, die Sehnsucht. Zuerst war ich verbittert über die Gleichheit der Natur, ihre Weigerung sich zu ändern, obwohl meine ganze Welt auseinander gefallen war. Aber allmählich habe ich Trost darin gefunden.

Ich war schon lange nicht mehr hier. Es sieht heute anders aus. Ich frage mich, was das bedeutet.

Ich frage mich, was ich tun werde.

Es gab einmal eine Zeit, da hätte ich alles getan; morden, sterben, durchs Feuer gehen, um diesen Tag zu sehen. Um Mulder zu sehen, lebendig, mit mir. Hier. Er ist hier.

Und jetzt...jetzt...

Ich ist alles was ich denken kann; Wie zur Hölle halte ich Mulder und Alex davon ab, sich gegenseitig umzubringen? Und alles was ich fühlen kann ist ...

Kälte. Mein Gott, es ist so kalt.

Ich sollte wirklich zurück gehen. Alex wird sich bald Sorgen machen. Es sind schon fast zwei Stunden.

Als ich nach Hause komme ist es schon fast dunkel draußen. Ich halte vor der Tür kurz inne, bereite mich selbst auf eine Fortsetzung des lächerlichen Streits von vorhin vor, aber als ich eintrete bin ich überrascht, Alex tief schlafend auf der Couch vorzufinden.

Mein Gott, was für ein krasser Kontrast zu dem wütenden Verrückten in Schwarz, mit dem ich mich erst vor ein paar Stunden gestritten habe. Er hat sich umgezogen und trägt jetzt eine alte, ausgeleierte, graue Jogginghose und ein abgetragenes, weinrotes Shirt mit drei Knöpfen oben, die alle geöffnet sind. Auf seiner Brust liegt ein Buch und Ret ist auf seinem Bauch ausgebreitet und Mann und Hund schnarchen, ohne davon Notiz zu nehmen, dass ich sie beobachte. Seine Haare sind feucht und durcheinander. Er muss sich ausgiebig geduscht haben, während ich weg war.

Es wäre so schön, sich einfach neben ihn zu legen und sich an ihn zu kuscheln und einfach zu vergessen...alles.

Ich schließe vorsichtig die Tür, aber er öffnet bei dem Geräusch die Augen.

"Hi, Babe", lächelt er mich an, die Stimme noch rau vom Schlaf.

"Hi."

Ich ziehe seine Jacke aus und dann meine und hänge sie neben die Tür, beobachte ihn aufmerksam und frage mich, wann er sich daran erinnern wird, dass wir uns gestritten haben.

Er gähnt und streckt sich und reibt sich die Augen. Dann sagt er zu mir "Ich habe Nudeln zum Abendessen gemacht. Sie sind auf dem Herd, wenn du welche möchtest."

Ich gehe hinüber zum Herd und tatsächlich köchelt dort ein Topf voller Spaghetti mit Tomatensauce.

Wer ist dieser Mann und was hat er mit dem stinksauren Typen gemacht, mit dem ich vorhin geredet habe?

Ich nehme an ich sollte fragen, aber es ist mir wirklich egal. Es ist so schön ein wenig Frieden zu haben.

Ich beuge mich über die Herdplatte und beginne damit, direkt aus dem Topf zu essen, plötzlich so hungrig, dass ich noch nicht einmal den Gedanken daran, mir erst einen Teller zu holen ertragen kann. Es ist nett und heiß und es wärmt mich von innen.

Nach einer Minute oder so spüre ich einen Arm um meinen Bauch und einen feuchten Kopf an meinem Hals.

"Jesus, Dana, du bist eiskalt. Ich wünschte, du würdest bei dem Wetter nicht so lange draußen bleiben."

"Ich...ich brauchte ein bisschen Zeit. Zum ...denken", sage ich ihm mit vollem Mund.

"Und hast du?"

Gute Frage. Zählt es als Nachdenken, wenn man danach verwirrter ist, als am Anfang?

"Äh...ich nehme an ja. Ein bisschen. Keine Ahnung, du scheinst viel entspannter zu sein als ich. Vielleicht hätte ich einfach hierher zurückkommen sollen."

"Naja, ich habe...ich habe auch ein bisschen nachgedacht."

"Oh ja? Irgendetwas tief greifendes?"

"Mir ist klar geworden, dass es Dinge gibt, Dinge in dieser Welt, die mir sehr wichtig sind. Und ich muss sehr aufmerksam auf diese Dinge Acht geben..."

Oh Gott. Ich denke ich weiß, worauf das hinausläuft. Wenn er mir sagt, dass er Mulder in diesen Käfig gesperrt hat, um mich "zu beschützen" dann steh mir Gott bei. So viel zum Thema Frieden.

"Ich verstehe das, Alex aber..."

"Und ich werde nicht in der Lage sein, auf diese Dinge Acht zu geben, wenn ich all meine Zeit damit vergeude, mich mit Mulder anzulegen."

Er küsst meinen Hals und tritt dann zur Seite, so dass ich sein Gesicht sehen kann. Er sieht aufrichtig aus. Mein Gott, ich hoffe er ist aufrichtig. Ich lächle und schaufle mehr Essen in meinen Mund.

"Da hast du gut nachgedacht, Captain."

"Mir ist auch klar geworden, dass...dass ich dich liebe. Ich liebe dich so sehr und ich sollte dir das sagen. Also...äh, ich liebe dich, Dana. Liebe dich."

Zuerst bin ich mir ziemlich sicher, dass die vergangenen fünfzehn Sekunden eine Erfindung meiner Phantasie waren. Dann sehe ich in diese Augen und sehe dieses weiche Lächeln und die Art wie er von einem Fuß auf den anderen tritt und immer wieder schluckt und zittert und ..

Oh Gott. Ich habe keinen Hunger mehr. Tatsache ist, ich möchte am liebsten all das Essen ausspucken, das noch in meinem Mund ist. Allein bei dem Gedanken an Schlucken dreht sich mir der Magen um. Mein Gott.

Was wenn ich mich übergebe?

Oh Gott.

Als ich sechzehn Jahre alt war bin ich das erste Mal in eine Geschwindigkeitskontrolle geraten. Ich hatte gerade erst meinen Führerschein bekommen und bin im Cadillac meines Vaters auf dem Freeway langgerauscht auf dem Weg zum Strand um mich mit meiner Freundin Sylvia zu treffen. Mir war nicht bewusst, dass ich so schnell gefahren war. Ich habe einfach nicht aufgepasst.

Ich werde nie vergessen, wie ich mich gefühlt habe, als ich die roten Rundumleuchten im Rückspiegel gesehen habe. Ich sass so tief in der Tinte und ich hatte keine Ahnung, wie ich da raus kommen sollte. Wie ich es meinen Eltern erklären sollte.

Warum fühle ich mich jetzt genau so? Ist es wegen Mulder? Ist es, weil ich denke es könnte vielleicht eine neue Chance für mich und Mulder geben? Denke ich das wirklich? Hätte Alex das überhaupt gesagt, wenn Mulder nicht hier wäre? Macht das einen Unterschied, da ich ja weiß, dass es stimmt unabhängig davon, was es zur Sprache gebracht hat?

Mein Gott. Schlucken.

"Äh, Dana..."

Er deutet auf sein Kinn mit einer Geste die bedeutet, "du sabberst" und ich wische an meinem Gesicht.

"W...wo?"

"Hier", er zeigt auf einen Punkt unterhalb meine Lippe. Dann lehnt er sich zu mir und leckt den Tropfen Soße von meinem Kinn. Und er küsst mich und die Panik und Verwirrung macht einem kurzen Moment lang Platz für unbändige Freude. Er liebt mich. Oh Gott, er liebt mich.

Ich muss mich setzen.

Meine zitternden Beine tragen mich zur Couch, wo ich immer noch Alex Körperwärme spüren kann. Ich setze mich und Ret plumpst auf meinen Schoss, sucht nach mehr Zuwendung. Ich streichle ihn abwesend und Alex setzt sich auf den Boden neben meine Beine.

Ich möchte mit ihm reden, aber meine Kehle ist so trocken und ich weiß sowieso nicht, was ich sagen soll, also sitze ich einfach hier. Er sagt lange Zeit auch nichts weiter und ich frage mich, was er denkt, was er fühlt. Er wird wahrscheinlich eine wahnsinnige Angst haben.

Dann beginnt er damit, meine Stiefel aufzubinden. Er braucht eine Weile dazu aber irgendwann hat er sie beide vollständig aufgeschnürt und zieht sie von meinen Füssen. Dann zieht er die dicken Wollsocken aus. Er lacht, als er sieht, dass ich darunter noch eine dünnere Lage Baumwollsocken trage.

"Wo sind deine Füße?"

"Ich denke die sind da drunter."

Er sieht wieder lächelnd zu mir auf und zieht sie aus. Meine Zehen wackeln, glücklich darüber, an der frischen Luft zu sein. Er nimmt meinen linken Fuß in die Hand und massiert zärtlich meine Fußsohle und mein Kopf fällt auf die Couch zurück. Ich seufze zufrieden, auch wenn es in meinem Inneren immer noch drunter und drüber geht.

Ich halte meine Augen geschlossen und mein Verstand schaltet sich ab, so dass ich diese wundervolle Massage vollständig genießen kann. Nach ein paar Minuten habe ich tatsächlich das Gefühl, dass ich so einschlafen könnte.

Aber dann höre ich aus weiter Ferne eine Stimme.

"...wollte ich dir sagen, dass es mir Leid tut."

"Hmmmwa...?"

"Ich sagte, dass ich über ein paar...Dinge nachgedacht habe. Aus der Vergangenheit. Unserer Vergangenheit. Und, ich wollte nur dass du weißt, dass ich all das bereue, was ich getan habe, das dich verletzt hat. Ich...ich wollte dich nicht verletzen, Dana. Das war niemals etwas, das ich gewollt habe."

Es schmerzt, das zu tun, aber ich öffne meine Augen.

"Vergangenheit...?"

"Ich wollte nur, ich wollte es vielleicht erklären. Damit wir mal darüber reden, weißt du? Weil ich..."

"Alex, wovon redest du?"

Er hört auf, mich zu massieren und dreht seinen Kopf zu mir, um mich anzusehen. Er zieht ein Gesicht, als wenn er Schmerzen hätte. Ich erinnere mich nicht an das letzte Mal, als ich solche Furcht in seinen Augen gesehen habe. Vielleicht das erste Mal, als wir uns geliebt haben.

"Ich...ich spreche darüber, was ich getan habe, Dana. All die Dinge, die schließlich dazu geführt haben, dir wehzutun. Vorher. Bevor du her kamst...weißt du?"

Oh mein Gott. Was tut er? Was versucht er mir anzutun?

"Alex, warte. Lass uns...lass und das nicht tun."

"Aber..."

"Es ist nicht, es ist nicht notwendig."

"Nicht notwendig?"

"Nein. Es ist..."

"Bedeutet das, dass du mir verzeihst, Dana? Dass du verstehst, warum..."

"Alex, es ist nicht.... es ist nicht notwendig. Meine Vergangenheit mir dir begann vor fünf Jahren."

"Aber es..."

"Meine Vergangenheit mir dir begann vor fünf Jahren. Der Rest spielt keine Rolle. Er zählt nicht. Also...also lass uns nicht davon reden, okay?"

Er zuckt mit den Schultern und ich schwöre bei Gott, wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen, er sieht so aus, als wäre er den Tränen nahe.

"Äh...ja, okay. Ich habe nur gedacht...naja ich liebe dich, also sollte ich...ich weiß nicht."

"Alex, was ist mit deiner Lippe passiert?"

Ja, ich habe das vorhin schon bemerkt. Ja, ich kann mir ziemlich gut vorstellen, was passiert ist. Ja, ich bin verzweifelt darum bemüht, das Thema zu wechseln, auch wenn es ihn wütend macht, darüber zu reden.

"Mulder", grollt er.

"Es ist ganz angeschwollen. Wir sollten ein wenig Eis darauf legen."

Ich ziehe meinen Fuß aus seiner Hand und gehe in den Küchenbereich auf der Suche nach Eis und einem Beutel, in den ich es stecken kann.

"Dana, du...du solltest ihm vielleicht davon erzählen. Von uns, weißt du? Du solltest ihm sagen, dass ich dich liebe."

Mein Gott, Alex. Bitte hör damit auf, das zu sagen. Ich kann damit im Moment noch nichts anfangen.

"Das... das werde ich. Ich werde es ihm sagen. Ich hatte nur .... ich hatte bis jetzt nur noch keine gute Gelegenheit."

Ich nehme einige Eiswürfel und lege sie in einen Plastikbeutel und frage mich, ob für eine solche Sache überhaupt eine gute Gelegenheit existieren könnte.

"Tu es nur...tu es bald, Djewotschka. Tu es bald."

 

Ende Kapitel 3

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Kapitel 4

Ich vermisse meinen Alex.

Die Erkenntnis traf mich, wie es alle Dinge die Alex betreffen zu tun scheinen. Plötzlich und heftig. Ich habe heute in der Krankenstation statt im Forschungslabor gearbeitet. Die Grippewelle hat ziemlich hart zugeschlagen, besonders unter den wenigen Kindern, die wir hier haben. Ich habe an diesem Tag alles getan was ich konnte, um zu helfen. Es war ein geschäftiger, stressiger Tag, aber aus irgendeinem Grund, heute Nachmittag, als ich gerade das zwanzigste Mal Fieber gemessen habe, schlich sich der Gedanke ohne Vorwarnung in mein Bewusstsein. Wir haben uns nicht mehr geliebt, seit Mulder hier ist.

Es sind schon zwei Wochen.

Und zwei Wochen, seit Alex mir gesagt hat, dass er mich liebt.

Ich weiß nicht, warum das passiert ist, oder besser, nicht passiert ist, aber ich mag es nicht. Wir sind beide sehr beschäftigt, aber wir waren immer sehr beschäftigt. Ich möchte mir einreden, dass es nichts mit Mulder zu tun hat, aber ich nehme an, das ist die einzige Erklärung. Die Dinge waren einfach ... eigenartig zwischen uns in letzter Zeit. Ich denke dass keiner von uns bis jetzt herausgefunden hat, wie wir uns verhalten sollen. Ich denke, dass er Angst hat, mich zu berühren. Nein, ich mag das nicht.

Ich habe Mulder immer noch nicht von uns erzählt. Vielleicht ist das auch einer der Gründe. Vielleicht hat irgendein erbärmlicher, von Leugnen zerfressener Teil von mir das Gefühl, dass ich so lange, wie wir nicht tatsächlich Sex haben, nichts vor Mulder verberge.

An dem Morgen nach diesem ersten, eigenartigen Tag, als ich Mulder aus seinem Käfig gelassen habe, bin ich zu seinem Zimmer zurückgelaufen und habe ihn etwas gefragt, das ich vergessen hatte. Etwas sehr wichtiges. Ich fragte ihn, wie um alles in der Welt er es geschafft hatte, uns zu finden.

Er erzählte mir von dem Band und von Spender und dem rauchenden Bastard. Er erzählte mir, dass sie wahrscheinlich wissen, wo wir sind. Ich erzählte Alex davon und wir müssen entscheiden, was wir dagegen tun können. Oder was das überhaupt bedeutet. Es war eine sehr erschütternde Sache, das herauszufinden. Aber die Tatsache, dass Mulder mir das erzählt hat, war das erste Zeichen, das ich bekam, dass ich wieder anfangen kann, ihm zu vertrauen.

Und danach hat er mir von seinem Leben erzählt, was er all die Jahre getan hatte. Wie er mich vermisst hatte. Die Arbeit, die er getan hatte. Die beschränkten Informationen, zu denen er Zugriff hatte.

Ich habe seit dem einige Zeit mit ihm verbracht, habe ihn daran gewöhnt, hier zu leben, ihm erklärt, wie die Dinge hier laufen und so was. Meine Wut auf ihn ist etwas abgeflaut und wir haben uns aneinander gewöhnt, wir sind an den Punkt gekommen, wo wir uns miteinander wieder einigermaßen wohl fühlen. Und es war ganz nett. Und ich habe Angst, dass die Dinge nicht mehr so nett sein werden, wenn ich ihm von Alex erzähle. Ich weiß nicht, warum ich deswegen so ein Feigling bin. Ich wünschte, ich könnte damit aufhören.

Er hat mich letzte Woche gefragt, wo ich wohne und ich habe einfach nur wie ein Idiot in die allgemeine Richtung des Gebäudes gezeigt, habe die offensichtliche Chance total ignoriert, ihm alles erklären zu können. Mein Ausweichen fängt an, Alex zu verärgern.

Eine Menge Dinge fangen an, Alex zu verärgern. Nicht das Letzte in der Aufzählung ist ganz sicher die Tatsache, dass wir uns seit zwei verdammten Wochen nicht mehr geliebt haben. Heute abend...heute abend werde ich es versuchen. Ich werde versuchen, ihm zu zeigen, was ich scheinbar immer noch nicht sagen kann.

Mein Gott, es ist schon so spät. Ich bin seit einer Ewigkeit hier. Ich bin mir sicher, dass ich das Abendessen verpasst habe. Alex ist sicher schon drüben im Labor und sucht nach mir. Ich glaube nicht dass er weiß, dass ich heute in der Krankenstation war.

Ich beeile mich mit dem, was ich noch fertig machen muss, so dass ich hier raus komme und nach Hause gehen kann. Das Sterilisieren medizinischer Instrument ist eine öde Aufgabe und während ich das tue, erwische ich mich beim Tagträumen, in einer Weise, die ich mir schon seit ziemlich langer Zeit nicht mehr gestattet habe. Ich denke daran, wie er mich küsst, mich berührt, meine Haare kämmt und ich fühle mich im Inneren so warm. Mein Gott, warum habe ich uns das angetan?

Ich muss hier raus.

Ich muss nur noch diese Thermometer in den Untersuchungsraum zurückbringen und dann bin ich fertig. Ich drücke die Tür zum Hinterzimmer auf und als ich sie dort sehe, fühle ich, wie sich ein übelkeitserregender Knoten in meinem Magen bildet.

Es ist Alex. Und diese...Frau. Ich habe sie nur ein paar Mal gesehen, seit sie her kam. Mulder hat mir ein bisschen was über sie erzählt, wer sie früher war und warum er sie mitgenommen hatte. Alex hat sie nie erwähnt, obwohl er sie kannte, ihren Namen gesagt hatte, als er sie gesehen hatte.

Sie sitzt auf dem Stuhl, den ich den ganzen Tag für die Untersuchungen benutzt habe und Alex sitzt auf dem Stuhl hinter ihr, seine Knie um ihre Hüfte und seine Hand in ihren Haaren vergraben. Er schaut intensiv nach unten auf ihren Nacken.

Ich fange an, etwas zu sagen, aber meine Kehle ist zu trocken zum Sprechen. Mein Gott, was...

Er sieht plötzlich auf, erschrocken. Als wenn ich ihn dabei erwischt hätte, etwas schlechtes zu tun. Habe ich das?

Dann sehe ich die Pinzette in seiner Hand und das Blut.

"Al...Alex, was tust du da?"

"Ich äh...nehme das raus", murmelt er und hält die Pinzette in die Höhe. Ein kleiner, runder Metallchip ist zwischen den beiden Spitzen eingeklemmt.

"Oh, nein nein nein. Alex, du trägst noch nicht einmal Handschuhe!"

Jetzt, wo ich weiß, was passiert, wenigstens oberflächlich, ebbt meine Panik etwas ab und macht Verärgerung und Unglauben Platz. Was zur Hölle denkt er sich?

Ich laufe zu ihnen rüber und er steht schnell auf, so dass ich Zugang zu ihr habe. Ihr Hals blutet ziemlich stark. Ich nehme ein Paar Gummihandschuhe aus meiner Tasche und ziehe sie an während ich Alex befehle, mir Desinfektionsmittel und einen Waschlappen zu bringen.

Ich beginne damit, die Wunde an ihrem Hals zu behandeln und Alex steht gaffend daneben, öffnet und schließt seinen Mund. Marita hat sich immer noch nicht bewegt oder gesprochen.

"Marita, ich bin Dana. Wie geht es dir?"

Als ich sie anspreche schreckt sie zusammen und dreht sich zu mir, um mich anzusehen. Es sieht nicht so aus, als wenn sie mich nach den zwei Wochen überhaupt wiedererkennen würde.

Ich kann nicht widerstehen, Alex anzustarren. Ich kann noch nicht mal glauben, dass er versucht hat, es allein zu tun.

"So...so habe ich deinen raus genommen..." sagt er in einem schrillen, defensiven Tonfall. Ja, so war es. Und es lief so prima damals, richtig.

"Marita? Geht es dir gut?"

Sie atmet auf einmal zu schnell und Tränen sammeln sich in ihren Augen. Sie sieht völlig verwirrt und verschreckt aus.

"Es ist in Ordnung, Marita. Atme..."

Sie springt plötzlich auf und fasst nach ihrem Nacken. Dann schaut sie Alex an. Sie sieht Alex an und sie sieht absolut verängstigt aus.

"Alex...?" flüstert sie. Ich stehe auch und sehe ihn an. Er sieht auf den Boden.

"Alex, oh Gott...was hast du mir angetan?"

Sie beginnt, an dem Verband zu reißen, den ich ihr gerade umgelegt habe und kratzt an ihrer Haut.

"Nein, Marita fass es nicht an", sage ich ihr und eigenartigerweise hört sie auf mich.

"Was hast du getan, Alex? Wo bin ich? Was zur HÖLLE geht hier vor?"

Ich sehe wieder Alex an, hoffe auf eine Art Versicherung aber von ihm kommt nichts. Er steht nur wie ein Blödmann da. Mein Gott, was zur Hölle hat er sich dabei gedacht?

"Marita, es ist in Ordnung. Ich bringe dich in dein Zimmer und wir können darüber reden und etwas essen und..."

"Wo zur Hölle bin ich?"

Sie schreit jetzt, und weint und Gott verfluche dich Alex, auf diese Weise wollte ich diese Nacht NICHT verbringen.

Ich lege meine Hände auf ihre Schultern und versuche sie in Richtung Tür zu schieben, aber sie entzieht sich mir, fährt mich an "Nimm deine Hände von mir!" und starrt dann ebenfalls Alex an.

"Was zur Hölle hast du mir angetan du Hurensohn?"

"Äh...vielleicht...ich sollte vielleicht gehen", sagt er. Großartig. Das ist einfach wirklich großartig.

"Na klar, geh ruhig. Lass mich deinen Mist aufräumen. Ganz mein Vergnügen."

"Ich...ich rege sie nur auf. Ich kann nicht..."

Und dann, als wenn sie seine Aussage beweisen wolle, greift Marita nach seinen Schultern und beginnt ihn zu schütteln.

"Was zur Hölle hast du mit mir gemacht? Sag es mir du Bastard!"

Er entzieht sich ihr und läuft rückwärts Richtung Tür mit einem verschreckten Gesichtsausdruck. Ich kann noch nicht mal ansatzweise verstehen, was er dachte, was passieren würde, als er das tat. Und ich kann nicht anders, als mich zu fragen, wie genau die beiden sich kannten. Was für eine Beziehung es auch immer gewesen sein mag, es sieht nicht so aus, als wäre es eine gute gewesen. Aber warum hat er dann das Bedürfnis gehabt, den Chip ganz allein rauszunehmen?

Mein Gott, ich habe keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie weint wieder und kratzt sich an ihrem Nacken und Alex windet sich wie eine kleine Schlange aus der Tür.

"Ich...ich werde noch einen anderen Arzt holen oder so", murmelt er.

"Bemüh dich nicht. Ich werde ihr erzählen, was sie wissen will. Ich werde bei ihr bleiben."

Er nickt, steht für einen Moment in der Tür und starrt einfach vor sich hin.

"Alex..."

"Es...es tut mir leid", sagt er leise. Und dann geht er.

Marita ist in dem Stuhl zusammengesunken, auf dem sie vorhin gesessen hat und schluchzt jetzt. Ich versuche sie in den Arm zu nehmen, aber sie will mich das nicht tun lassen. Das wird wohl eine lange Nacht werden.

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Es ist schon fast fünf Stunden her, seit ich sie allein gelassen habe. Ungefähr vor zwei Stunden habe ich mit dem Gedanken gespielt, wieder zurückzugehen, aber ich sagte mir, dass sie zu dieser Zeit sicher schon gegangen waren und dass ich dann keine Ahnung hätte, wo ich sie suchen sollte. Ja, ich weiß, wo Maritas Zimmer ist. Nein, ich bin kein Feigling.

Ich bin es nicht. Ich weiß, dass sie das jetzt wahrscheinlich von mir denkt. Ich habe es in ihren Augen gesehen, als sie sah, wie ich sie mit 'meinem Mist' allein gelassen habe. Sie denkt, ich habe alles versaut und bin dann weggerannt, als kompliziert wurde. Sie versteht es nicht.

Ich musste es tun. Es war meine Verantwortung. Warum versteht sie das nicht? Wir waren früher bei solchen Sachen immer so einer Meinung. Sie hat mich früher verstanden.

Eine kleine Stimme in meinem Kopf erinnert mich daran, dass ich nicht gerade sehr offen mit ihr war, dass es besser gewesen wäre, im Vorhinein mit ihr über die Situation zu sprechen, sie vielleicht um ihre Hilfe zu bitten. Aber die kleine Stimme hält schnell die Klappe, als die laute Stimme anfängt darüber nachzudenken, mit welchem Mist ich mich in letzter Zeit herumschlagen musste. Wie sollte ich noch mit ihr über irgendwas sprechen können? Sie ist nie da.

Es scheint so, dass ich immer weniger von ihr sehe, seit Mulder hierher kam. Und wer weiß, wie viel Zeit sie mit ihm verbringt, wenn sie nicht mit mir zusammen ist. Ich habe mein Versprechen gehalten, mich von ihm fernzuhalten. Ich habe ihn seit den ersten paar Tagen nicht mehr als ein oder zwei Mal gesehen. Aber ich fühle seine Anwesenheit hier so stark, als wenn er seine Sachen gepackt hätte und in mein Wohnzimmer gezogen wäre.

Sie hat ihm immer noch nichts von uns erzählt. Ich weiß nicht wie viel länger sie glaubt, das geheim halten zu können. Es wird langsam lächerlich.

Und wie lange ist es her, dass ich ihr endlich mein Herz ausgeschüttet habe? Ich fange an zu glauben, dass ihr zu sagen, dass ich sie liebe und zu versuche, mich bei ihr für alles, was ich getan habe, das sie verletzt hat zu entschuldigen, der größte Fehler war, den ich je gemacht habe. Sie ist so distanziert seit diesem Abend.

Das erbärmlichste daran ist, dass ich ständig diese Idiotie wiederhole. Es scheint so, dass jedes Mal, wenn ich sie sehe dieser Blödsinn aus meinem Mund kommt. Ich liebe dich, Dana. Oh, ich liebe dich so sehr. Und sie sitzt einfach da und starrt an die Wand, als wenn ich ihr Steuergesetze vorlese. Verdammt erbärmlich.

Und verflucht noch mal, wie lange ist es eigentlich her, dass wir das letzte Mal Sex hatten? Oh, na klar, seit Mulder herkam. Lustig wie das funktioniert.

Na gut, ja, nichts davon hat irgendwas mit dem zu tun, was gerade passiert ist, aber es fängt wirklich an, mich stinksauer zu machen und verhindert, dass ich irgendetwas unvoreingenommen betrachten kann.

Vielleicht sollte ich ihr von Marita und mir erzählen. Vielleicht wäre sie eifersüchtig. Vielleicht würde sie sich dann wieder um uns Gedanken machen.

Sehr wahrscheinlich nicht. Es ist nicht so, dass da irgendwas wäre, worauf man eifersüchtig sein müsste. Die Geschichte ist vor allem beschämend und im Moment will ich mich auf keine Fall beschämt fühlen.

Das Geräusch einer zugeschlagenen Tür unterbricht meine Gedanken. Endlich.

Ret rennt zu ihr, legt seine Pfoten auf ihre Brust und leckt ihr Gesicht. Ich wünschte, es wäre für mich so leicht. Sie lächelt und küsst ihn und befiehlt ihm, sich hinzusetzten und er tut es. Der blöde Hund ist noch geschlagener als ich.

Sie sieht mich böse an.

"Hast du gegessen?" fragt sie in einem demonstrativ zickigen Tonfall. Ich sitze am Tisch also denke ich, dass dies eine naheliegende Frage ist, aber aus irgendeinem Grund macht sie mich wütend.

"Nein."

"Also was hast du hier die ganze Zeit gemacht?"

"Dagesessen."

Sie macht ein angewidertes Gesicht und verlässt das Zimmer.

"Ich habe Kaffee gekocht", rufe ich ihr hinterher, als sie ins Schlafzimmer läuft. Frag nicht warum. Ich nehme an, um ihr zu beweisen, dass ich noch was anderes getan habe, als ohne sie vor mich hin zu brüten.

"Hast du mir welchen übriggelassen?" fragt sie in demselben Tonfall. Dann knallt sie mit den Schubladen.

"Jede Menge. Er ist allerdings nicht besonders gut."

"Natürlich", brummt sie. Als wenn es meine Schuld ist, dass die Kaffeemaschine aus den Siebzigern stammt, blöde Kuh.

Oh Gott, was zur Hölle passiert mit uns?

"Wo zum Teufel ist mein grünes Shirt?" schreit sie zwischen weiterem Knallen und Krachen.

"Unter den Kissen auf der Couch."

Genau da, wo ich es hingestopft hatte, als wir vor das letzt Mal vor zehn Millionen Jahren Sex hatten. Ich war nicht in der Lage, rüberzugehen und es rauszuholen, weil ich allein dadurch daran denken muss und ich kann nicht mehr daran denken, mit ihr Sex zu haben. Es fängt sogar jetzt an, meinem Schwanz wehzutun.

Gerade als ich in Erwägung ziehe, das Sofa zu verbrennen, kommt sie aus dem Schlafzimmer gerannt und hat nichts weiter an, als eine Pyjama Hose aus Flannel. Kein Oberteil. Kein BH. Nichts.

Sie geht zur Couch und fängt an, zwischen den Kissen herumzuwühlen und ihre Brüste wogen und hüpfen und sie hat den Knoten in ihren Haaren gelöst und nun hängen sie an ihrem Rücken herab und streifen gerade die Spitzen ihrer Brustwarzen, die hart sind und rosig und...mein Gott. Worüber habe ich gerade nachgedacht?

Sie findet schließlich das Shirt und zieht es dort heraus, wo es eingeklemmt war, doch bevor sie es anziehen kann gehe ich zu ihr und greife nach einem Stück davon.

"Tu das nicht", sage ich wie ich hoffe zärtlich.

"Tu was nicht? Alex, gib mir mein Shirt."

"Zieh es nicht an."

Ich zerre an dem Shirt, ziehe sie näher an mich heran.

"Komm her."

"Nein, Alex, ich mache keinen Spaß. Lass mein Shirt los. Ich gehe ins Bett."

"Wozu brauchst du ein Shirt, wenn du ins Bett gehst?"

"Mir ist kalt."

"Ich kann dich wärmen. Komm her."

Ich lasse das blöde Shirt los und komme ihr näher. Ich hebe meinen Arm, um ihn um ihre Hüfte zu legen, aber sie zieht sich erschrocken zurück, als meine Hand ihre Haut berührt.

"Nicht! Fass mich nicht an."

Ich trete sofort von ihr zurück. Weit zurück. Sie klingt fast ängstlich. Himmel. Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich weiß noch nicht mal, was ich zu ihr sagen soll. Was gut ist, wie ich annehmen, weil sie sowieso weggeht, ihr blödes Shirt über den Kopf zieht und in das Schlafzimmer verschwindet.

Ich kann mich noch nicht mal bewegen. Alles was ich tun kann ist hier stehen und auf den Punkt starren, wo sie mir gerade gesagt hat, dass ich sie nicht anfassen soll.

Und plötzlich ist sie wieder das. Hinter mir.

"Woher kennst du sie?"

Ich drehe mich vorsichtig um und frage mich, in welcher Stimmung sie wohl jetzt ist.

"Was?"

"Marita. Woher kennst du sie?"

"Ich dachte wir wollten nicht über die Zeit vorher reden", sage ich wahrscheinlich schnippisch. Aber warum zum Teufel kümmert sie sich überhaupt darum? Sie trifft eine wirklich eigenartige Auswahl, wenn es um die Vergangenheit geht, die ich nicht nachvollziehen kann. Unsere Vergangenheit hat vor fünf Jahren angefangen. Von allem anderen ist nichts von Bedeutung. Außer Mulder natürlich. Er ist von Bedeutung. Ihre Vergangenheit ist bedeutsam. Und jetzt sind offensichtlich alle die blödsinnige Dinge, die ich getan haben könnte und die nichts mit ihr zu tun hatten, ebenfalls von Bedeutung.

"Hat sie für die gearbeitet?"

"Ja, hat sie. Irgendwie."

"Verdammt, Alex. Spiel nicht dieses Spielchen mit mir. Sag mir woher du sie kennst!"

Ich fasse es nicht. Ich kann es verdammt noch mal nicht fassen.

"Ich habe es einfach. Sie war ... keine Ahnung, sie war einfach da..."

"Wie gut hast du sie gekannt?"

"Keine Ahnung, nicht allzu gut."

Das ist Gottes reine Wahrheit, aber sie sieht mich an, als würde sie es nicht glauben.

"Du lügst mich an. Ich weiß es."

"Ich lüge nicht. Mein Gott, warum bezweifelst du das auf einmal?"

"Weil ich gerade fünf Stunden mit einer hysterischen Frau zusammengesessen habe, die nicht aufhören wollte darüber zu lamentieren, was für ein Bastard du bist und was du ihr furchtbares angetan haben musst. Und ich wäre erst gar nicht dort gewesen, wenn du nicht versucht hättest, ganz allein den Chip rauszunehmen, ohne mir etwas davon zu erzählen und dann fortgerannt wärst, als die Sache brenzlig wurde. Und ich weiß, dass du etwas vor mir verbirgst, Alex! Und das fühlt sich an, als würdest du mich anlügen und ich hasse das!"

Ich weiß nicht was zur Hölle ich jetzt tun soll. Ich denke ich wollte, dass sie eifersüchtig ist, aber das ist es nicht, woran ich dabei gedacht hatte. Ich weiß noch nicht mal was das ist. Es ist so, als könnte sie mir nicht mal mehr vertrauen.

Sie starrt mich eine weitere Minute an und stürmt dann ins Schlafzimmer zurück. Als sie wiederkommt trägt sie mein Kissen.

"Wofür ist das?"

Sie wirft es einfach nur auf die Couch und sagt "Gute Nacht."

"Dana..."

"Komm schon Ret. Zeit zum Schlafengehen."

"Verdammt, Dana!"

Das ist eine verfluchte Erpressung. Als wenn es überhaupt eine Rolle spielt, wo ich schlafe. Sie wird nicht zulassen, dass ich sie anfasse, egal wo ich bin.

"In Ordnung, schön. Ich habe mit ihr geschlafen. Okay? Ich habe mit Marita vor langer Zeit geschlafen. Ist es das, was du hören wolltest?"

Sie ist eine Minute lang still und ihr Rücken ist mir zugewendet, so dass ich nicht sagen kann, was sie denkt. Wieso ist das eine so verdammt grosse Sache? Ich habe es doch sowieso praktisch mit jeder getrieben, die sie hier kennt.

"Wie oft?" fragt sie.

"Wie oft? Was zum Teufel soll das bedeuten?"

"Ich meine war es eine einmalige Sache oder hattest du eine Art Beziehung mit ihr."

Beziehung? Mein Gott, ich habe keine Ahnung, ob ich darüber lachen soll oder nicht. Weiß sie nicht, dass sie der einzige Mensch ist, mit dem ich je etwas ähnliches wie eine richtige Beziehung gehabt habe?

"Keine Ahnung, Dana. Es war irgendwas dazwischen. Vielleicht fünf oder sechs mal. Ich weiß nicht."

"Warum hast du sie nicht eingesperrt?"

"Weil sie eine Sklavin war, Dana! Was zur Hölle hätte sie anstellen können?"

Sie nickt ein wenig, aber sagt nichts. Sie könnte genauso gut eine Million Kilometer weit weg sein. Und ich kann es einfach nicht mehr ertragen. Ich kann es einfach nicht.

"Verdammt Dana, warum bist du so verflucht sauer auf mich?" frage ich mit einer Stimme, die lauter ist, als ich beabsichtigt hatte. Allerdings nicht so laut wie ich gewollt hätte. Mir ist nach Schreien zumute.

Sie gibt mir keine Antwort. Mit dem Rücken zu mir steht sie einfach da und macht wahrscheinlich eine Liste in ihrem Kopf. Gründe, warum ich dich nicht mehr ausstehen kann.

"Ich ... ich weiß nicht..." sagt sie schließlich leise und ihre Schultern sacken nach unten. "Hast du...hast du sie geliebt?"

Oh mein Gott. Das ist grossartig. Das ist so verdammt perfekt, dass ich es kaum fassen kann. Ich wünschte fast, dass es so gewesen wäre.

"Ich habe sie kaum gekannt", sage ich ihr noch mal. "Sie ist mir in den Rücken gefallen", füge ich dümmlich hinzu. Als wenn ich nicht sowieso schon wie ein Waschlappen dastehe. Vielleicht sollte ich ihr gleich meine Eier auf einem Silbertablett überreichen und es hinter mich bringen.

"Es...es tut mir leid. Ich muss ins Bett gehen..."

Ich bin mir nicht sicher, ob sie sich dafür entschuldigt, dass sie wütend auf mich war oder dafür, dass sie schlafen gehen will. Ich bin mir nicht sicher, ob es bedeutet, dass es jetzt in Ordnung ist, dass ich in meinem eigenen Bett schlafe.

"In Ordnung. Ich sehe dich morgen früh."

Sie nickt und geht Richtung Schlafzimmer, hört dann aber auf und räuspert sich. Willst du mir etwas sagen, Dana? Irgendwas? Irgendeine Sache?

"Alex, du...du musst nicht hier draußen schlafen."

Naja, ich nehme an, das ist schon etwas. Nicht viel wenn man bedenkt, dass es meine Unterkunft ist, wenn man bedenkt, wie verdammt erbärmlich ich bin, sie bestimmen zu lassen, wo ich nachts schlafe und wo nicht.

"Wie du willst. Es ist deine Entscheidung."

Sie dreht sich um und lächelt ein sehr kleines, aber süsses Lächeln.

"Komm ins Bett, Alex."

Und das tue ich. Ich lege mich neben sie mit weit geöffneten Augen und meinem Körper unbeweglich wie ein Brett und ich bleibe sehr lange in diesem Zustand. Ich denke das sie neben mir genauso wach ist, aber wir berühren uns nicht. Sie hat ihre Schlafanzughosen an und ihr verdammtes grünes Shirt und ich trage meine Boxershorts, weil ich befürchte, sie mit meiner Nacktheit zu beleidigen. Wir sagen nichts weiter.

Und ich frage mich, ob ich jemals wieder in der Lage sein werde, sie zu berühren, ohne die Worte in meinen Ohren widerhallen zu hören.

Fass mich nicht an, Alex. Fass mich nicht an.

 

Ende Kapitel 4

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Kapitel 5

Der Raum war grau und metallverkleidet und er schmeckte Blut in seinem Mund. Mahlende, krachende Geräusche dröhnten in seinen Ohren und es hörte sich an, als wenn Knochen geschreddert würden. Es gab keine Türen und keine Fenster. Nur endlose Reihen von leeren Metalliegen und der Mann war dort, der Mann, der ihm erzählte, dass Krieg war und dass er auf der richtigen Seite stand. Er tat es. Es musste einfach so sein.

Er trug einen Anzug, gestärkt und kratzig. Blau und hässlich und billig und das erste Mal in wer weiß wie langer Zeit einen Schlips.

Dana...Dana war dort. Dana aber nicht Dana. Sie war Scully. Sie war Mulders Partner. Sie war dieses mollige Mädchen aus dem Autopsiekeller. Sie war ein Problem. Sie war ein notwendiger Verlust. Sie lag auf einer der Metallliegen, nackt, ihr Körper von einer unnatürlichen Schwangerschaft aufgebläht, ihre Augen geöffnet, aber glasig.

Er stand zu ihren Füßen und befahl ihr, ruhig und kalt, "Spreizen Sie Ihre Beine, Miss Scully."

Der Mann hinter ihm übergab ihm ein Instrument, ein stählernes Gerät mit scharfen Spitzen und harten Kanten, eine sich drehende, stechende Höllenmaschine. Er ließ es auf den Boden fallen und benutzte lieber seine eigenen Hände.

Hände. Wieder zwei. Mehr von ihm äußerlich gesehen, weniger im Inneren.

Ihr Knie bogen sich und ihre Schenkel spreizten sich auseinander, enthüllten sie völlig vor ihm und dem Mann, der neben ihm stand.

Er zögerte einen Moment, erschrocken, unsicher. Wie kann das nur irgendwie richtig sein? Sein Vater....er verstand es nicht.

"Tu es, Alex", flüsterte der Mann hinter ihm dringlich. Er nahm nicht an, dass er die Wahl hatte.

Er hob beide Hände, vergrub sie in ihrer unvorstellbar gedehnten, unvorstellbar weit geöffneten Vagina. Er tastete innen herum, wühlte sich durch Blut und Körperflüssigkeiten, tief in ihr, an dem Ort, der eigentlich mit Freude und Leben gefüllt seine sollte, der aber jetzt voller Tod und Verwesung war, bis er es fühlte. Ein kleiner Fuß. Er hielt ihn mit beiden Händen fest in seinem Griff und zog so stark er nur konnte.

Sie sah zu ihm hinunter mit einem leeren Blick des Unverständnisses. Sie hat bestimmt Schmerzen, dachte er, aber sie schrie nicht. Das kleine Leben kam in seinen Händen heraus, blutig, voller Schleim, aufgesperrter, schreiender Mund. Er zog noch heftiger, versuchte das Ding von ihrem Körper zu trennen, aber die Nabelschnur war endlos, klumpig und verknotet.

Er legte seine Hand um den Hals des halbtoten, halb menschlichen Dings und als es immer noch atmete, zerschlug er den Schädel auf dem Boden wie eine Eierschale, beobachtete, wie die grüne Flüssigkeit auf die Fliesen lief und alles auf ihrem Weg verätzte.

Er zog an der Nabelschnur wie an einem Seil beim Tauziehen und bald kam eine weitere Kreatur aus ihr heraus und noch eine und noch eine und er schlachtete ohne Reue eine nach der anderen ab.

Die Geräusche und die Gerüche, ekelerregend. Er hatte das Gefühl, als würde er sich jeden Moment davon übergeben müssen, aber konnte sich nicht davon abhalten, die kleinen Monster herauszuziehen.

Ihre Augen wurden blutunterlaufen, geweitet und sie setzte sich hin, während er ihre Kinder umbrachte und fragte ihn ruhig, "Warum Alex? Warum?"

Er konnte ihr nicht antworten, weil er es nicht wusste.

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"DANA!"

Ich wache schreiend und mich herumwerfen in den feuchten und verknäulten Decken auf. Allein.

"Dana?" rufe ich wieder, mein Herz schlägt so schnell, dass ich kaum Luft holen kann. Sie ist nicht hier. Mein Gott. Oh Gott.

Alptraum. Es war nur ein Alptraum. Ein weiterer. Das war bis jetzt der schlimmste. Der absolut übelste. Normalerweise basieren meine Alpträume auf Dingen, die ich ihr wirklich angetan habe, Dinge, die ich gesehen habe, wie sie ihr angetan wurden. Aber dieser hier....

Wo zum Teufel ist sie? Ich rolle mich stöhnend auf die Seite und versuche den Schlaf und die Verwirrung aus meinen Augen zu reiben. Dann sehe ich auf die Uhr.

Großartig. Es ist fast Nachmittag. Ich muss im Morgengrauen eingeschlafen sein oder irgend so was blödes. Das letzte woran ich mich erinnere, ist stundenlang wach neben ihr gelegen zu haben nach diesem schrecklichen Gespräch über Marita und daran zu denken, dass ich überhaupt nicht würde einschlafen können. Ich nehme an, ich habe mich geirrt.

Ich rolle mich aus dem Bett und laufe ins Badezimmer um zu duschen und mich zu rasieren und dann fällt mir das verdammte Meeting ein. Es hätte vor einer dreiviertel Stunde anfangen sollen. All die Komitee Vorstände, ich, Scully und Mulder sollten darüber diskutieren, welche Aufgaben Mulder zugeteilt werden sollten, jetzt da er sich entschieden hat hier zu bleiben. Ich war drauf und dran ihn dazu einzuteilen, den Müll rauszutragen, aber ich bin spät dran und sie haben wahrscheinlich ohne mich angefangen.

Warum zum Teufel hat sie mich nicht geweckt?

Ich putze mir schnell die Zähne, ziehe mir etwas an, lasse die Dusche und versuche den Schweiß zu ignorieren, der von der unruhigen Nacht an mir klebt. Das Meeting ist wichtiger, als frühlingsfrisch zu sein.

Ich beeile mich so schnell wie möglich nach Patterson zu kommen, abgelenkt aber immer noch verfolgt von den Bildern aus diesem Traum. Als ich das Gebäude betrete und Dana sehe, die gerade auf dem Flur vor dem Konferenzraum mit Roseanne redet, muss ich mich zurückhalten, nicht auf sie zu zu rennen und sie an mich zu drücken.

Stattdessen laufe ich ruhig zu ihnen, versuche die Erleichterung darüber, sie völlig gesund zu sehen, nicht zu zeigen. Immerhin bin ich noch irgendwie sauer auf sie.

Als Roseanne mich kommen sieht, verschwindet sie wieder im Raum und berührt Dana kurz an der Schulter bevor sie geht.

"Warum hast du mich nicht geweckt?" frage ich sie, mehr außer Puste, als mir bewusst war.

"Ich bin um sechs ins Labor gegangen. Du hast endlich geschlafen, also habe ich mir gedacht ich lasse dich schlafen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du bis Nachmittag im Koma liegen würdest", sagt sie leise mit einem Lächeln. Sie hält eine Schreibunterlage gegen ihre Brust und schaukelt mit einem schüchternen Gesichtsausdruck ein wenig auf ihren Fersen hin und her. Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll.

"Nun gut, was habe ich verpasst? Es ist noch nicht vorbei, oder?"

"Nein, wir haben noch gar nicht angefangen. Alle warten auf dich."

"Oh...gut, danke. Danke für's Warten."

"Alex, warum sollten wir das nicht tun?" fragt sie mit so viel Zärtlichkeit in der Stimme, dass ich mich nach besseren Zeiten sehne. Einer Zeit in der ich mich wohl dabei gefühlt hätte, sie genau hier und jetzt zu küssen, sie gegen die Wand zu drücken und ihre Wärme zu teilen. Dann greift sie unter ihre Schreibunterlage und holt ein kleines, gefaltetes Stück Papier hervor. Sie gibt es mir und lächelt wieder. Dann dreht sie sich um und geht in den Konferenzraum zurück.

Ich falte den Zettel auseinander und starre auf die Worte, nicht ganz sicher, ob sie auch wirklich dort stehen.

Alex,

Es ist Dienstag...

Um zehn?

Ist das ein Witz? Sie würde nicht so grausam sein, oder? Ich nehme an, dass ich das nur herausfinden werde, wenn ich heute Abend dort hingehe und es mir selbst ansehe.

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Das muss ich Krycek zugestehen. Der kleine Bastard hat sich hier ein nettes Plätzchen geschaffen. Okay, er hat ihn nicht gebaut oder so, aber trotzdem, er führt ihn ziemlich gut. Sicher nicht der blanke Luxus, was das Materielle anbetrifft, aber ich habe mich in den letzten Wochen wohler gefühlt, als jemals in der Kolonie.

Ich habe ordentlich gegessen und gut geschlafen. Die Leute hier sind nett und freundlich zu mir. Es gibt eine überdachte Laufstrecke, auf der ich joggen kann und ich mache gerade Dehnungsübungen, um genau das zu tun. Und das beste von allem ist natürlich Scully.

Ich denke, sie hat mir verziehen. Sie ist immer besser mit mir klargekommen seit diesem ersten Tag und erzählte mir, was sie die ganze Zeit getan hat, worum es dieser Gruppe geht. Ich bin immer noch nicht ganz mit deren Taktik einverstanden, aber ich beginne zu verstehen, warum sie hier bleibt. Es scheint immer mehr die beste aller schlimmen Möglichkeiten zu sein.

Mein größtes Problem bis jetzt ist wirklich die Langeweile. Ohne eine richtige Beschäftigung und ein Ziel fange ich an verrückt zu werden. Scullys Besuche sind der Lichtblick in meinem Tagesablauf, aber ich sehe sie nicht so häufig, wie ich gerne möchte. Aber das wird sich jetzt ändern. Auf Grund dessen, was wir bei dem heutigen Meeting beschlossen haben, werde ich sie in Zukunft sehr viel häufiger sehen.

Es war meine Idee. Scully hat mir von ihrer Arbeit erzählt, ihrer Suche nach einer Heilung für den Krebs, der droht wieder in ihren Körper und in die der anderen Frauen hier zurückzukehren. Ich wurde daran erinnert, wie es für mich war, sie vor so vielen Jahren beinahe dieser Krankheit erliegen zu sehen und warum ich eigentlich diesem blöden Handel zugestimmt hatte. Nämlich deswegen, damit ich das nie wieder sehen muss. Ich würde alles tun, alles, um sie davor zu bewahren, das noch mal durchmachen zu müssen. Sie fragte mich, ob ich irgendwas über das Heilmittel wüsste, aber alles was ich weiß ist, dass es eines gibt. Und das der Umwandlungsprozess die Umgewandelten immun macht.

Also habe ich heute, als die Frage danach aufkam, zu welcher Tätigkeit ich am besten geeignet wäre, vorgeschlagen, dass ich vielleicht als Versuchskaninchen sehr nützlich sein könnte. Scullys Versuchskaninchen. Ich bin der einzige, den sie haben, der den Umwandlungsprozess durchgemacht hat und die Antwort auf die Fragen die sie stellt, ist in meinem Körper, in meinem Blut. Dessen bin ich mir sicher.

Scully stimmte mir zu, genau wie jeder andere. Außer Krycek. Er dachte ich sollte etwas machen, was mehr in Richtung harter Arbeit geht. Wahrscheinlich wollte er, dass ich seinen Müll rausbringe oder so was. Aber nach dem Scully feststellte, dass das vielleicht die einzige Hoffnung wäre, die sie hat, sah er mich böse an und fügte sich. Es ist mir ausreichend klar geworden, dass er sehr starke Gefühle für sie hat, auch wenn ich bis jetzt die Natur dieser Gefühle nicht so genau bestimmen konnte. Was es auch immer für Gefühle sind, sie bestimmen sein Handeln. Sie nicht krank werden zu lassen war ihm wichtiger, als seine Wut auf mich.

Gelinde gesagt, überrascht mich das. Nicht, dass er sich nach all der Zeit Sorgen um sie macht. Welcher einigermaßen normale Mensch könnte eine Weile mit Scully zusammen sein und sich nicht um sie Sorgen machen? Was mich schockiert ist die Tatsache, dass er sich genug Sorgen macht, um ihre Interessen über seine eigenen zu stellen. Es schockiert mich und es macht mich nervös, weil ich nicht aufhören kann mich zu fragen, was er wirklich im Schilde führt. Ich nehme ihm sein selbstloses Handeln einfach nicht ab. Nicht bei ihm.

Andererseits spielt es keine Rolle. Scully und ich können damit umgehen, egal welchen Unsinn er auch versucht. Wir werden stärker sein als je zuvor.

Nun gut, ich weiß, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben. Sie ist immer noch ein bisschen distanziert und verschlossen mir gegenüber. Mann, sie hat mir noch immer nicht erzählt, wo sie wohnt. Ich denke sie befürchtet, dass ich nachts um zwei in ihrer Wohnung auftauchen könnte, so wie ich es früher getan habe, verzweifelt und nach Hilfe suchend. Nicht diesmal, Scully. Diesmal wird es anders sein. Besser.

Alles klar, noch eine Kniebeuge und es kann losgehen. Aber gerade, als ich loslaufen will, gehen alle Lichter im Gebäude aus. Ich nehme an es ist eine dieser stromlosen Stunden. So wie es aussieht stellen sie im Winter für einige Stunden pro Woche den Strom und die Heizung aus. Scully hat mir aber den Zeitplan gegeben und ich kann mich nicht entsinnen, dass heute einer dieser Tage gewesen ist.

Als sich meine Augen an die Dunkelheit in der Sporthalle gewöhnt haben, bemerke ich, dass von irgendwoher Licht kommt. Von unten. Ich gehe zum Rand der Laufstrecke und schaue über das Geländer nach unten zu dem innenliegenden Swimmingpool. Das Wasser leuchtet.

Und dann sehe ich sie.

Sie hat wahrscheinlich alle Lichter ausgeschaltet bis auf das im Pool. Sie trägt einen Badeanzug. Einen schwarzen mit einem Reißverschluss vorn. Er sieht so aus, als wenn er zwanzig Jahre alt wäre. Und so sieht auch sie aus. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat, bei all dem Mist, den sie durchmachen musste, ein so jugendliches Äußeres zu behalten. Aber ich könnte schwören, dass sie jünger als je zuvor aussieht. Und schöner.

Sie läuft um den Pool herum und als sie die tiefe Seite erreicht, springt sie graziös ins Wasser. Sie fängt an, Bahnen zu schwimmen, hin und her, und ich bin etwas unschlüssig. Sollte ich etwas sagen? Dort hinuntergehen? Oder einfach im Schatten stehen und mich an ihrem Anblick weiden? Sie scheint diesen privaten Moment der Ruhe zu genießen und ich möchte sie nicht stören, aber ich komme mir auch ein bisschen daneben vor, sie zu beobachten, ohne auf mich aufmerksam zu machen. Natürlich könnte ich auch einfach gehen.

Ja sicher.

Es ist keine durchweg willentliche Entscheidung meinerseits, aber ich beobachte sie schließlich, spioniere, wie ich annehme.

Meine Beine wollen mich einfach nicht dort hinuntertragen und meine Kehle will nicht die Wort formen, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Sie ist einfach so erstaunlich.

Und dann sehe ich ihn.

Ich erkenne ihn an der Art, wie er in Richtung des Poolrandes läuft, ganz in Schwarz wie immer. Er sieht so fremd aus mit seinen Stiefeln und seinem Koppel und seinem Gehabe in dieser mutterleibsähnlichen Atmosphäre der Stille, die Scully geschaffen hat. Und er beobachtet sie. Ich beobachte, wie er sie beobachtet. Und ich warte.

Nach ungefähr vier weiteren Runden doppelten Voyeurismus hört Scully auf zu schwimmen und stellt sich im flachen Teil des Pools hin. Als sie Krycek sieht, der dort wie ein Psychophat herumlungert, zuckt sie ein wenig zusammen und mein Herz beginnt ein wenig schneller zu schlagen. Was macht er hier überhaupt?

"Wie lange hast du schon hier gestanden?" fragt sie, fährt mit den Fingern durch ihr Haar und atmet heftig.

"Seit vier Bahnen."

"Warum hast du nichts gesagt, Alex?"

"Ich wollte dich nicht stören", sagt er in einem frechen und sarkastischen Tonfall. Es ist ein bisschen schwierig, ihren Gesichtsausdruck von hier oben zu erkennen, aber sie sieht völlig erstaunt über seinen Kommentar oder den Tonfall aus. Oder auch über beides.

Etwas sehr eigenartiges passiert hier. Etwas das anfängt, mir Angst zu machen. Die Art, wie er sich ihr gegenüber verhält...es ist beinah, als hätte er irgendeine kranke Fixierung auf sie oder so was.

"Mich stören? Alex, ich habe dich gebeten herzukommen."

Ihre Stimme ist weich und lieb.

Ihn gebeten herzukommen?

"Ich weiß. Wozu?"

Die Frage wollte ich auch gerade stellen, Krycek. Arbeit? Vielleicht muss sie irgendwas mit ihm klären wegen des heutigen Meetings? Sie senkt ihren Kopf und fährt mit den Fingern über die Wasseroberfläche.

"Was denkst du, Alex?" flüstert sie, aber die Akustik hier führt dazu, dass ihre Worte von den Wänden zurückgeworfen werden und in meinen Ohren widerhallen. Ich sollte gehen. Das ist etwas persönliches, etwas, das ich nicht beobachten sollte. Es hat nichts mit Arbeit zu tun. Scully spricht nicht in diesem Ton von Arbeit. Um genau zu sein, ich weiß nicht, ob ich jemals gehört habe, dass Scully ihn benutzt hat. Ich sollte gehen. Aber ich kann nicht. Ich kann nicht.

"Ich habe ehrlich keine Ahnung, Dana."

"Alex..."

Mein Gott, ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen, dass sie ihn so nennt. Oder dass er sie Dana nennt.

"Dana, ich weiß wirklich nicht mehr, was du von mir willst, also wirst du etwa konkreter werden müssen, wenn du nicht willst, dass ich es verderbe."

Sie reißt ihren Kopf nach oben und schaut ihn mit einem herzzerreißend traurigen Gesichtsausdruck an. Sie sieht total verwundbar aus, halbnackt und tropfnass, wie sie zulässt, dass er da steht und diese Dinge zu ihr sagt. Ich habe sie noch nie so verwundbar gesehen.

Dann läuft sie zu den Treppen, die in den Pool führen und setzt sich auf die erste Stufe, so dass die Hälfte ihres Körpers an der Luft ist.

"Okay. Was ist nicht in Ordnung?" fragt sie und er lacht kurz.

"Wo soll ich anfangen?"

"Irgendwo. Ich möchte nur wissen, was du denkst. Ich möchte...ich möchte, dass wir die Probleme beim Namen nennen und sie lösen."

Verdammt, Krycek. Was immer dein blödes Problem ist, komme darüber hinweg. Kannst du nicht sehen, wie sehr es ihr zu schaffen macht?

"Gut, in Ordnung. Hast du es Mulder schon gesagt?"

Es Mulder schon gesagt? Sie senkt ihren Kopf und seufzt und ich habe den Eindruck, sie hat es mir noch nicht gesagt. Ich beginne zu glauben, dass sie mir eine ganze Menge Dinge noch nicht gesagt hat.

"Noch...noch nicht. Ich..."

"Das ist eins."

"Ich hatte keine ... keine Zeit. Ich werde es tun, Alex. Ich werde es tun."

"Du hast das vor zwei Wochen gesagt, Dana. Und ich habe gesagt in Ordnung. Aber es wird langsam lächerlich. Es ist nicht fair. Zu keinem von uns."

Sie drückt ihre Knie an ihre Brust und schaudert, da jetzt beinahe ihr ganzer Körper nicht mehr im Wasser ist. Mein Magen dreht sich um und mir wird schlecht. Oh Scully. Was tust du da?

"Ich...ich weiß. Ich werde es ihm sagen. Morgen. Ich verspreche es."

Zu spät, Scully. Verdammt zu spät.

"Alles klar, du hast vorhin Zeit erwähnt. Du hattest nicht die ‚Zeit', es ihm zu sagen. Was hast du mit all deiner Zeit gemacht, Dana? Weil du sie auf jeden Fall nicht mit mir verbracht hast."

Sie treibt es mit ihm. Oh Gott. Sie treibt es mit ihm. Wie konnte mir das bloß entgehen? Wie konnte ich nur so lange brauchen, die Hinweise richtig zu deuten?

"Ich habe gearbeitet, Alex. Habe mich um kranke Kinder gekümmert und die Nächte im Labor verbracht. Versucht, ein Krebsheilmittel zu finden. Mal ganz abgesehen von dem Widerstands Koordinations Komitee, für das du mich verantwortlich gemacht hast. Und um Himmels Willen, Alex, du bist nicht öfter zu Hause als ich."

Zu Hause? So wie ihr Zuhause und sein Zuhause? Nein, das ist unmöglich. Sie hätte es mir gesagt, wenn sie zusammenleben würden.

Scheiße.

"Möglich. Aber, Dana, wenn wir doch mal zusammen zu Hause sind..."

Zusammen. Zusammen zu Hause. Mein Gott, Scully. Mein Gott.

"Naja, wenn wir in letzter Zeit zusammen sind scheinen die vier kleinen Worte von gestern Abend das Gesetz des Handelns zu sein."

"Vier kleine Worte? Alex...was..."

"Fass. Mich. Nicht. An", bringt er böse hervor, die Arme über der Brust verschränkt.

Alles klar, also, sie haben es miteinander getrieben. Sie hat es mir nicht gesagt und das ist Mist, aber vielleicht...vielleicht will sie es beenden. Vielleicht ist er deswegen so wütend. Vielleicht hat sie sich nicht die Mühe gemacht, es mir zu sagen, weil es keine große Sache ist und sie es einfach beenden will, so dass wir zusammensein können. Vielleicht...

"Oh Alex", seufzt sie, steht auf, steigt aus dem Pool und läuft auf ihn zu.

"Und obwohl du es eigentlich nur ein Mal gesagt hast, strahlst du diese Einstellung schon seit zwei Wochen aus. Also wirst du sicher verstehen, dass ich ein bisschen verwirrt darüber bin, was du im Moment wohl von mir wollen könntest."

"Alex, es ... es tut mir Leid, dass ich das gesagt habe. Und es tut mir Leid, dass wir uns nicht genug Zeit genommen haben. Ich war gestern Abend so wütend und verwirrt und ich hatte das Gefühl ... ich weiß nicht, ich hatte einfach das Gefühl, dass du etwas vor mir verbirgst."

Er hockt sich hin und hebt eines der Handtücher auf, die sie mitgebracht hat und legt es um ihre Schultern. Zu sehen, wie er sie berührt, weckt in mir das Bedürfnis, mich zu übergeben.

"Alex, ich konnte einfach nicht verstehen, warum du so etwas Dummes tust. Und das auch noch allein. Ich meine, ich kann verstehen, warum du derjenige sein wolltest, aber warum hast du mich nicht gebeten, dir zu helfen? Ich hätte dir geholfen. Ich hatte das Gefühl, du würdest mich absichtlich ausschließen."

"Ich habe nur...ich habe mich nicht wohl dabei gefühlt, dich um Hilfe zu bitten, Dana."

"Aber warum? Weil du was mit ihr hattest?"

Sie nähert sich ihm. Sie ist ihm so nah. Ich glaube nicht mehr daran, dass sie mit ihm Schluss machen will.

"Nein, Dana, es hatte nichts mit ihr zu tun. Es hat...es hat mit uns zu tun. Mit dir und mir. Ich habe das Gefühl...ich habe nicht das Gefühl..."

Er fährt sich mit der Hand durch die Haare und sieht zu Boden. Traurig. Er sieht traurig aus. Oder zumindestens betrübter, als ich ihn je gesehen habe. Vielleicht will er mit ihr Schluss machen. Vielleicht...

"Alex?"

"Mein Gott, Dana. Du bist mir gegenüber in letzter Zeit so verschlossen. Ich habe das Gefühl, ich kann noch nicht mal mehr mit dir reden."

"Aber Alex das kannst du. Ich möchte, dass du das tust."

Sie berührt seinen Arm und fährt mit der Hand nach unten, um seine Hand in ihre zu nehmen. Warum bin ich immer noch hier? Oh Gott, ich denke wirklich, dass es mir gleich hochkommt. Wie kann das passieren? Ich warte darauf, dass es aufhört, aber das tut es nicht.

"Ich vermisse dich, Alex. Ich vermisse es, mit dir zu reden, ich vermisse...alles."

"Oh Gott, Djewotschka, ich vermisse dich auch", krächzt er.

Dje was? Nein, ich will's lieber gar nicht wissen.

"Alex, lass uns...lass uns einfach heute Abend zusammen sein. Lass uns die letzten zwei Wochen vergessen und wieder von vorn anfangen."

Ich verstehe das nicht. Das kann nicht Scully sein. Vielleicht ist sie ein Klon. Vielleicht setzt er sie unter Drogen. Vielleicht...

Oh mein Gott, er küsst sie. Er hat seine Hand an ihrem Hinterkopf und seine Zunge in ihrem Mund und beide stöhnen und klammern sich aneinander und ich kann nicht hinsehen, aber ich kann auch nicht wegsehen. Der blöde, widerwärtige Kuss scheint Ewigkeiten zu dauern und jedes Geräusch, das sie machen, jedes Seufzen und jedes Schmatzen und der Klang ihres nassen Badeanzugs, der gegen seine Lederjacke klatscht, all das hallt durch den Raum und durch meinen Kopf. Es ist die lauteste beschissene Sache, die ich je gehört habe.

Mein Gott, Scully, wie konntest du? Wie konntest du mir das antun? Uns? Wir waren dem hier so nahe. Das sollte ich sein, der dich küsst. Ich.

Schließlich löst sie sich von ihm und geht zum Rand des Pools während sie an seiner Hand zieht.

"Komm ins Wasser mit mir, Alex."

Sie lässt seine Hand los und geht wieder in den flachen Teil des Pools zurück. Dann fängt sie an, den Reißverschluss ihres Badeanzuges zu öffnen.

Ich muss gehen. Bitte lieber Gott, mach das ich gehe. Ich kann nicht hier stehen und zusehen, wie sie sich für ihn auszieht.

"Dana..."

"Kommst du nicht?"

"Dana, bist...bist du sicher? Weil wenn nicht ich...ich meine ich kann das wirklich nicht mehr ertragen", bringt er atemlos heraus. Jaa, armer Junge. Zwei Wochen sind wirklich eine verdammt lange Zeit. Verdammtes Arschloch.

"Ich bin mir sicher, Alex. Ich bin mir so sicher, dass es wehtut", säuselt sie mit einer Stimme, von der ich eigentlich dachte, dass sie nur Pornostars und Telefonsexmiezen tatsächlich benutzen. Dann kreuzt sie die Arme über ihrer Brust und zieht die Träger ihres Badeanzuges nach unten.

Ich versuche wegzusehen, aber...

Mann, sie ist so verdammt schön. Ich kann das nicht ertragen. Ich kann es nicht. Wie kann das nur passieren? Wie kann das fair sein?

"Vorsicht, es ist sehr ... sehr nass", sagt sie und wirft ihren abgelegten Anzug aus dem Pool und auf seine Stiefel. Ich sehe das erste Mal seit langen wieder zu ihm. Er hat schon seine Jacke ausgezogen und kämpft mit seinem Hemd. Er bewegt sich so schnell und rasend, er sieht aus, als würde er jeden Moment umfallen.

Sie lacht, als sie seine verzweifelten Bemühungen beobachtet, sich so schnell wie möglich völlig auszuziehen.

"Lass die Zeit, Tschiwodnoje", kichert sie. Tschiwodnoje. Klingt wie Russisch. Ich möchte wissen, was das heißt. Ich frage mich, ob es Bastard heißt. Ich frage mich, ob es hinterhältiger, verlogener, mordender, veräterischer Hurensohn heißt.

"Du lachst mich aus Frau? Hast du eine Ahnung wie das ist, zwei Wochen lang blaue Eier zu haben?"

"Nein, das habe ich nicht, Alex. Warum erzählst du es mir nicht? Sag mir, wie sehr du das willst. Sag mir, wie sehr du das brauchst", murmelt sie wieder in dieser...dieser Stimme. Sie lässt sich auf ihren Rücken fallen, so dass sie im Wasser treibt. So, dass ihre Brüste aus dem Wasser zeigen, in die Dunkelheit, dorthin, wo ich stehe. Ich fühle wie mein Schwanz als Antwort darauf steif wird, ungeachtet dessen, was in meinem Kopf vorgeht und was von meinem Herzen übrig ist.

Ich kann sie nicht mehr ansehen, aber wenn ich ihn ansehen wird mir noch übler. Er ist jetzt nackt und genauso hart wie ich für sie. Und er sieht sie an wie ein verdammtes Raubtier, dass seine Beute verschlingen will.

Sie wird es wirklich zulassen, dass er sie vögelt.

Vielleicht ist es ein Abschied. Vielleicht ist es nur ein letztes Mal, bevor sie ihn sitzenlässt und zu mir zurückkehrt. Vielleicht...

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Ende Kapitel 5

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Kapitel 6

Mein Gott, ist es erst zwei Wochen her? Es scheint mir eine Ewigkeit gewesen zu sein.

Eine Ewigkeit, seit dem ich ihn so gesehen habe. Nackt, oh ich habe ihn oft nackt gesehen. Es ist schwierig, das nicht zu tun, wenn man mit jemandem in einem Wohnheimzimmer zusammen lebt. Aber nackt und glühend und erregt und lächelnd...endlich lächelnd, das ist etwas ganz anderes. Etwas, das ich mehr vermisst habe, als mir bewusst war.

"Alex..."

Ich kann kaum sprechen. Ich bin tatsächlich sprachlos.

"Oh Gott, Djewotschka, ich wäre vor Verlangen nach dir fast verrückt geworden. Ich konnte an nichts anderes denken."

Er setzt sich auf die Treppe und winkt mich zu sich. Als ich dort hin geschwommen bin, greift er nach mir und zieht mich auf seinen Schoß. Ich erwarte, vollständig von ihm überwältigt zu werden, aber er hält mich einfach gegen seine Brust gedrückt und wiegt mich auf seinen Oberschenkeln.

"Ich vermisse dich", flüstert er in meine nasse Haare und ich schlinge meine Arme um seinen Hals.

"Ich vermisse dich auch, Alex."

Mein Gott, ich vermisse ihn so sehr. Es fühlt sich wunderbar an, ihm so nahe zu sein. Ich kann es nicht fassen, dass ich mir das so lange verweigert habe, dass ich mich ihm so lange verweigert habe.

Ich wende mich ihm zu, um ihn zu küssen und seine Zunge füllt sacht meinen Mund und sendet ein Beben durch meinen Körper, wie nichts anderes das je vermocht hätte. Wie konnte ich ihm nur sagen, er solle mich nicht anfassen? Egal wie wütend ich auch war, es war schrecklich und idiotisch, das zu sagen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn er mich niemals wieder berühren würde.

"Mmmtut mir Leid, Alex", flüstere ich in sein Ohr und er zieht mich näher an sich heran. "Es tut mir so Leid, dass ich gesagt habe...was ich gesagt habe. Ich hätte das nicht tun sollen."

"Ist schon okay. Es war nicht leicht für dich in letzter Zeit."

"Aber trotzdem. Ich hätte es einfach nicht sagen sollen. Punkt."

Ich denke mir war nicht klar, wie es auf ihn wirken würde. Mir war nicht klar, dass er es sich so zu Herzen nehmen würde. Das war wirklich, wirklich blöd von mir.

"Ist schon okay. Nur...sag es einfach nicht noch mal, okay?"

Mein Gott, er klingt genau wie ein kleiner Junge. Es erstaunt mich manchmal immer noch, wie verwundbar er wird, wenn er mit mir zusammen ist. Es zerreißt mir das Herz in viele eigenartige Stücke.

"Niemals", verspreche ich ihm mit einem weiteren Kuss. "Niemals wieder."

Ich will ihn so sehr. Ich halte es nicht aus. Ich will ihn einfach.

"Lass uns jetzt von vorn anfangen, Alex."

Ich drehe mich auf seinem Schoß um, klettere auf ihn drauf und setze mich rittlings auf ihn, genieße das Gefühl seines Schwanzes, der unter Wasser gegen mich gedrückt wird. Ich beuge mich zu ihm und fange an, die Seite seines Halses zu lecken und zu beißen und bemerke wie ich mich beinahe unbewusst im Rhythmus gegen ihn wiege. Ich denke ich bin so weit, dass ich ihn gleich jetzt in mich aufnehmen könnte.

Aber er zieht sich von mir zurück. Er scheint nicht so verzweifelt wie ich zu sein. Vielleicht hat er immer noch Angst, wegen der Art, wie ich ihn zurückgewiesen habe.

"Mmm Dana..."

"Hmm?"

Ich nehme seine Hand in meine und lasse sie lüstern an meinem Körper hoch und runter gleiten, um ihn zu ermutigen, um ihn zu zeigen, wie sehr ich seine Berührung will.

"Was brauchst du, Alex"" frage ich, ziehe seine Finger wieder zu meinem Mund und nehme seinen Zeigefinger zwischen meine Lippen. Ich sauge gierig an ihm, erregt von der Art, wie er meine Show anstarrt, mit großen Augen und offenem Mund.

"Ich...äh..."

Er schluckt und schließt seine Augen. Was immer es ist, es muss gut sein. Ich habe noch nie gesehen, dass er so verlegen ausgesehen hat, mich um etwas Derartiges zu bitten.

"Ich wollte nur...kann ich dich einen Augenblick im Arm halten?"

"Halten...äh...sssicher. Ja ja. Okay."

Ich bin einen Moment lang ernüchtert, aber versuche wirklich angestrengt, meine Enttäuschung nicht zu zeigen. Es ist wirklich süß und ich liebe es, von ihm im Arm gehalten zu werden. Es ist nur, naja, ich nehme an ich warte ein bisschen ungeduldig auf das Hauptereignis des heutigen Abends.

Ich atme tief durch und setze mich wieder mit geschlossenen Beinen auf seine Schoß und er zieht mich gegen seine Brust.

"Ist das in Ordnung?" fragt er, während er mich immer fester drückt.

"Ja ja. Ja, das ist nett."

Es ist nett, aber er fängt an, mich zu zerdrücken. Ich versuche, mich zu entspannen und auf seinen Herzschlag an meinem Ohr zu lauschen. Es schlägt so schnell. Und ich beginne Schwierigkeiten mit meiner Atmung zu bekommen.

Ich lasse zu, dass er mich ein paar weitere Minuten in seinem Todesgriff hält, aus Angst davor ihm zu sagen, dass ich bald ersticken werde und ich genieße die Nähe tatsächlich, trotz allem. Aber nach nicht allzu langer Zeit fühle ich, wie sich mein Brustkorb verkrampft und fange an, mir um körperliche Schäden Sorgen zu machen. Tod durch Alex Umarmung.

Ich räuspere mich und huste ein wenig, aber er scheint es nicht zu bemerken. Er quetscht mich immer noch fast zu Tode und atmet schwer über meinem Kopf.

"Äh, Alex..."

"Hmm? Oh. Oh Gott, entschuldige", stammelt er und lockert seinen Griff spürbar. "Ich hatte nicht die Absicht, dich zu erwürgen."

"Ist in Ordnung", seufze ich und kuschle mich an ihn. Wir sitzen eine Weile wortlos da, hängen aneinander und genießen das Gefühl und ich bin dankbar, mit jemandem zusammen zu sein, der so wunderbar ist. Das war eine sehr gute Idee.

"Mein Gott, Dana, ich fühle mich so eigenartig. Das ist alles so eigenartig."

Darüber muss ich lachen. Es gibt nichts an diesem Leben, was *nicht* eigenartig ist.

"Ich meine dieses ganze vergangene Jahr war für mich eigenartig", fährt er fort und mir fällt plötzlich ein, dass gestern unser Jahrestag gewesen ist. Vor einem Jahr haben wir uns das erste Mal geliebt. Ich kann es nicht fassen, dass wir diesen Tag auf so furchtbare Weise verbracht haben. Gott sei Dank machen wir das jetzt wieder gut.

"Ich meine ich...ich habe nie erwartet, dass mir so was passieren würde, Dana."

"Naja, ich hätte es auch nicht erwartet. Aber ich bin froh, dass es passiert ist. So froh."

Ich fange wieder damit an, seinen Hals zu küssen, unfähig, dagegen anzukämpfen und versuche mich auf diesen speziellen Teil seines Körpers zu konzentrieren um mich davon abzuhalten, nach seinem Schwanz zu greifen.

"Ich weiß nur manchmal nicht, was ich mit mir anfangen soll", spricht er weiter, anscheinend unbeeindruckt von meinen Bemühungen. "Ich nehme an, dass ich manchmal das Gefühl habe, wenn ich dich nur fest genug an mich drücke, würde ich dich nicht verlieren."

Ich höre mit dem was ich tue auf, setze mich zurück und sehe in seine Augen.

"Alex, ich will dich auch nicht verlieren. Glaubst du das nicht?"

Er antwortet mir nicht, was mir einen ziemlichen Schrecken einjagt. War ich so zurückhaltend? So kühl? Oder ist er etwa viel unsicherer, als ich es mir je hätte träumen lassen?

"Ich hoffe nur, dass du niemals das Gefühl hast, du *musst* bei mir bleiben", sagt er leise, fast so, als wollte er nicht, dass ich es höre. Ich weiß nicht, wie er darauf kommt, dass ich mich jemals dazu verpflichtet fühlen könnte, seine Geliebte zu sein. Weil er mein Leben gerettet hat? Weil ich es ihm schulde? Ich kann nicht glauben, dass er das je in Erwägung ziehen würde.

Oder ist es noch etwas viel schlimmeres? Etwas, das er nie sagen würde. Denkt er, ich habe Angst vor ihm? Dass ich um mein Leben fürchte, wenn ich ihn verlasse?

Ich wende mich ihm zu und nehme sein Gesicht in meine Hände, drücke seine Wangen mit meinen Handflächen zusammen.

"Alex, das betrifft uns alle beide. Okay?"

Er zuckt mit den Schultern und ich lache fast laut auf, weil er so ein erbärmliches Bild abgibt mit seinem zusammengeknautschten, stirnrunzelnden Gesicht.

"Und das ist es, was du willst?" fragt er mit seinem Fischmund und dieses Mal lache ich.

"Ja! Alex, ja. Ich will das. Ich will dich."

Ich betone diese Erklärung mit einem weiteren Kuss, aber als ich mich wieder zurückziehe hat er immer noch diese skeptischen Ausdruck auf seinem Gesicht.

"Sieh mal, Alex, ich werde dir was sagen. Wenn es mir mies gehen sollte, dann kannst du mich rausschmeißen, okay? Auf diese Weise liegt es ganz bei dir."

"Naja, das ist eine ziemlich große Verantwortung. Wie werde ich das wissen?"

"Du denkst nicht, dass du mich gut genug kennst, um zu wissen, wann es mir mies geht?"

"Keine Ahnung, Dana. Für mich sah es so aus, als wenn es dir in den letzten zwei Wochen ziemlich mies ging."

"Das lag nicht an dir, Alex."

"Aber..."

"Alex. Hör mir zu. Ich will nicht gehen. Ich will niemals gehen."

Er öffnet seinen Mund, um einen weiteren Protest loszuwerden, aber ich unterbreche ihn mit einem Kuss. Hauptsächlich deswegen, weil ich ihn küssen will, aber teilweise auch deshalb, weil ich möchte, dass er jetzt aufhört zu reden. Ich möchte einfach all das vergessen und wieder so sein, wie wir früher waren. Nur für eine Nacht.

"Das ist alles einfach eigenartig für mich, Dana", sagt er wieder, als wir uns trennen. "Ich war noch nie..."

Er hört von selbst damit auf, diesen Gedanken zu Ende zu bringen und das macht mich unaussprechlich traurig. Er fängt an das Gefühl zu haben, als könnte er es nicht mehr sagen. Wahrscheinlich wegen meiner nicht vorhandenen Reaktion. Manchmal weiß ich nicht, was mit mir nicht in Ordnung ist. Warum muss das alles so verwirrend sein?

"Ich habe noch niemals so gefühlt. Und ich weiß wirklich nicht, wie das sein sollte. Was ich tun sollte..."

"Du machst das ganz prima, Alex", flüstere ich in sein Ohr und er schaudert ein wenig. Ob es ein Reaktion auf den verführerischen Tonfall ist, den ich versuche zustande zu bringen oder die Tatsache, dass sein halber Oberkörper aus dem Wasser schaut kann ich nicht genau sagen.

"Mein Gott, Dana. Es tut mir so Leid. Ich weiß nicht, was mit mir nicht in Ordnung ist."

"Mit dir ist alles in Ordnung."

Ich fahre mit meiner Hand über seine glatte, harte Brust und weiter hinunter über seine dicken, muskulösen Oberschenkel. , alles in Ordnung hier.

"Du bist perfekt, Alex. Perfekt."

Er lächelt das erste Mal seit einer langen Zeit, besänftigt von meiner ehrlichen aber völlig schamlosen Schmeichelei. Naja, es hat doch funktioniert, oder?

"Das sag ich ja immer", sagt er grinsend zu mir. "Aber niemand außer dir glaubt mir."

"Hmmm, mysteriös. Vielleicht hast du mich einer Gehirnwäsche unterzogen."

"Vielleicht. Ich nehme an, es gibt keine Möglichkeit, das herauszufinden, hm?"

"Naja, man sagt die Unwissenden sind glücklich..."

"Und bist du glücklich?"

"Ich weiß es nicht. Ich bin zu unwissend, um das rauszufinden."

Ich schlängle mich aus seiner Umarmung und schwimme von ihm weg, weil mir plötzlich spielerisch zumute ist. Er schaut mir mit einem Schmollmund hinterher.

"Was denkst du was du gerade tust?"

"Schwimmen. Ist es nicht das, was man normalerweise in einem Pool tun sollte?"

Er sieht nach unten und streicht mit seinen Händen über die Wasseroberfläche mit einem sehr gespielten und sehr albernen Stirnrunzeln.

"Naja weißt du, es gibt andere Sachen, die man im Pool tun kann. Meine Dana Voodoo Puppe würde wissen, was zu tun ist."

"Deine was?"

"Ja ja, sie ist eine kleine Wäscheklammer mit roten Haaren, die mit Buntstift aufgemalt sind."

Ich muss aufhören umherzuschwimmen, weil ich jetzt so sehr lache und ich könnte ertrinken.

"Naja, manchmal reicht Gehirnwäsche nicht aus. Manchmal braucht ein Mann ein bisschen zusätzliche Hilfe. Also immer wenn ich geil werde halte ich sie einfach neben meinen Schwanz und dann tauchst du wundersamerweise auf."

"Alex, du solltest das Spielzeug den Kindern überlassen", sage ich kichernd zu ihm.

"Ja, sie hat in der letzten Zeit sowie nicht funktioniert. Ich denke der Zauber hat sich abgenutzt."

"Oder du bist einfach verrückt."

"Ich nehme an, das ist durchaus immer möglich."

Wir beide lachen und es fühlt sich so gut an. So, so gut, so zu sein. Ich denke, ich habe genauso lange nicht so gelacht, wie wir keinen Sex hatten. Es war mir nicht klar, wie sehr ich das gebraucht habe.

Ich glaube mir war der Wert von Albernheit nicht bekannt, bis Alex und ich zusammenkamen. Ich bin mir sicher ihm auch nicht.

Ich sehe zu ihm hinüber, wie er immer noch auf den Stufen sitzt, halb im halb aus dem Wasser, und ich frage mich, ob er *immer noch* Bedenken hat, mich richtig zu berühren.

"Was ist los, kleiner Junge? Warum sitzt du immer noch auf der Treppe? Hast du Angst vor dem Wasser?"

"Nö. Ich habe Angst davor, was im Wasser ist", sagt er und stürzt sich unerwartet auf mich. Er fasst mich um die Hüfte und hebt mich hoch und ich kreische wie eine Dreizehnjährige. Er wirbelt mich herum und ich schlinge meine Arme um seinen Hals, um nicht davonzufliegen.

"Weißt du, es gibt ein Monster hier drin", brummt er in mein Ohr. "Ein geiles Pool Biest."

"Ich glaube nicht an Mon...Monster!" versuche ich kichernd zu betonen. "Und wenn ich das täte wäre ich nicht so ängstlich wie du, du großes Baby."

"Oh, das ist ein Fehler, Dana. Das Pool Biest ist sehr gefährlich. Er nimmt hübsche kleine Mädchen wie dich und tut das..."

Er schiebt mich gegen die Wand und beginnt damit, spielerisch an meinem Hals zu nagen. Es kitzelt und es ist warm und ich kann nicht aufhören zu lachen und mich zu winden und erfolglos zu versuchen, ihn wegzuschieben, so dass ich wieder zu Atem komme.

Er hört schließlich auf, aber ich bekomme das kaum mit, weil ich immer noch lache und praktisch hyperventiliere. Ich höre ihn etwas sagen, aber ich kann nicht genau sagen, was es ist.

"Hmmwa...was?" frage ich und versuche, Luft zu bekommen. Er sieht mich plötzlich sehr ernsthaft an.

"Ich habe gesagt du bist schön", flüstert er rau. "Die allerschönste Sache auf der Welt."

Bevor ich auf diese Erklärung antworten kann, außer damit, ihn anzustarren, küsst er mich wieder, so zart und so süß, dass es mich fast zerbricht. Ich vergrabe meine Finger in seinen Haaren und ziehe seinen Kopf näher und unsere Münder öffnen sich, unsere Zungen berühren sich leicht. Er weiß immer genau, was er sagen muss, um meine Inneres nach außen zu kehren.

Könnte ich es jetzt sagen, frage ich mich, als wir uns küssen und küssen und küssen. Könnte ich?

Als wir uns schließlich trennen und ich mich zurücklehne, fällt mein Blick auf die Sterne über uns. Ich werde von einem Rausch von Erinnerungen und Gefühlen überwältigt, die an dem Tag beginnen, an dem wir das erste Mal hierher kamen und die sich über die Jahre fortsetzen, die wir zusammen verbracht haben, als Freunde und in letzter Zeit als Liebespaar, über all die Dienstage, die wir hier damit verbracht haben, miteinander zu reden und uns zu lieben und einfach Spaß zu haben. Ich könnte es sagen.

Vielleicht...

"Alex, denkst du jemals an diese erste Nacht, als wir her kamen?"

"Manchmal, ja."

Ich nehme sein Gesicht in die Hand und drehe es nach oben und er lächelt.

"Sie sehen besser aus", sagt er. "Allerdings nicht so gut wie du."

"Mmm...klar."

"Nein, ernsthaft. Das ist alles, woran ich an diesem Abend denken konnte, weißt du. Du hast die ganze Zeit gesagt, ich solle mir die Sterne ansehen und alles, was ich mir ansehen wollte warst du."

Er senkt seine Kopf und sieht mir in die Augen und ich schmelze schon wieder.

"Sogar damals?"

"Natürlich. Wie könnte ich nicht?"

"Mein Gott, Alex. Ich war damals so ein Wrack."

"Trotzdem schön. Immer", flüstert er und lehnt sich zu mir, um mich wieder zu küssen. Dieser Kuss ist hungriger, leidenschaftlicher und feuchter als der vorhin. Seine Zunge stößt in meinen Mund hinein und hinaus als Imitation dessen, wofür ich mittlerweile zu sterben bereit wäre und ich kralle mich gierig an ihm fest.

"Also, wo ist das Pool Biest?" frage ich, als er mein Kinn und meinen Hals küsst.

"Hmmm?"

"Pool Biest? Geiles Monster? Ich warte die ganze Zeit darauf, dass es mich attackiert, aber hier sitze ich nun und bekomme Küsse vom alten, langweiligen Alex."

Er lächelt und scheint sowohl seinen Sinn für Humor als auch sein Selbstvertrauen zurückbekommen zu haben. Gott sei Dank.

"Ah, ich verstehe was du meinst. Naja, du musst etwas tun, um das Monster zu rufen. Er erscheint nicht einfach so unaufgefordert."

"Oh, ich verstehe. Was soll ich tun?"

"Nun, er könnte es mögen, wenn du meinen Hals küsst, so wie du es vorhin getan hast. Ich glaube, ich habe gehört, wie er sich genähert hat, als du das getan hast."

"Ist das so? Er mag es, wenn ich *deinen* Hals küsse?"

Er nickt kurz mit diesem "du weißt du willst es" Grinsen und ich kichere schon wieder.

"Er ist ein Voyeur."

"Na gut, alles klar, ich nehme an es kann nicht schaden, es mal zu versuchen..."

Ich schabe mit meinen Zähnen über die Haut an der Seite seines Halses in dem Versuch, verführerisch zu sein und seine Reaktion ist ein Stöhnen. Ich kann das allerdings nicht lange so weiterführen. Ich lache zu sehr.

"Weißt du, ich habe nicht den Eindruck, dass du das Biest besonders ernst nimmst", sagt er rau zwischen seinem eigenen leisen Lachen.

"Oh, mir war nicht klar, dass es ein ernstes Biest ist."

"Es ist sehr ernst."

Ich versuche, mein Lachen herunterzuschlucken, aber ich kann es nicht. Es ist ein erstaunliches Gefühl, nicht in der Lage zu sein, mit Lachen aufzuhören.

"Das ist sehr schlecht. Weißt du, was es mit kleinen Mädchen macht, die es auslachen?"

Ich schüttle meinen Kopf, begierig, die Antwort zu erfahren.

"Es macht...das!"

Er fasst nach unten und beginnt gnadenlos meinen Bauch zu kitzeln. Ich versuche davonzukommen, aber ich bin am Ende zwischen der Wand und ihm gefangen. Ich lache so sehr, dass ich weine. Kreische und quietsche und zapple.

"Halt!! Alex, ich krieg...ich krieg keine Luft!"

Er hört auf mit Kitzeln, aber ich bin immer noch zwischen ihm und der Seite des Pools eingeklemmt. Nicht das ich mich beschwere.

"Wirst du das Biest von jetzt an ernst nehmen?" fragt er mit seinem Finger gefährlich nahe an meiner Bauchdecke.

"Ja", sage ich, aber kann es mir nicht verkneifen, hinterher loszuprusten.

"Weißt du was deinen Spott vielleicht noch wieder gut machen könnte?"

"Was?"

"Wenn du magst, hebe deine Beine und schlinge sie um meine Hüfte."

"Oh, er mag das, ja?"

Interessant. Diese Theorie muss ich testen. Ich lege meine Arme um seinen Hals und hebe mich selbst nach oben, fast schwerelos durch das Wasser, und schlinge mich um ihn. Oh ja. Das funktioniert nun endlich für mich. Alex macht eine Geräusch irgendwo zwischen einem Stöhnen und einem Lachen und drückt sich gegen mich. Er ist wieder hart. Oder immer noch. Ich bin nicht sicher, ob er es die ganze Zeit war oder nicht. Ich war von seinem Herumgealbere zu abgelenkt.

"Also, das Biest, wie du es nennst, lebt es ausschließlich im Wasser?"

"Ausschließlich? Nein, ich denke nicht", sagt er und lässt seine Hüften verlockend kreisen. "Ich habe es auch schon an anderen Orten hier in der Gegend gesehen."

"Naja, ich nehme an das was ich wissen wollte war, wie lange es deiner Meinung nach unter Wasser die Luft anhalten kann."

Er lächelt und stößt noch absichtlicher gegen mich mit einem weiteren Stöhnen/Lachen.

"Ich verstehe was du meinst", flüstert er durchtrieben und seine Lippen sind nahe genug, um ihn zu küssen. "Unglücklicherweise denke ich, dass er vorwiegend Luft atmet. Vielleicht könntest du ihm ein paar Tauchstunden geben."

"Tauchstunden?!"

"Ja, ich weiß. Er ist kein sehr effektives Monster."

"Nun gut..." ich höre kurz auf, um meinen Mund kurz an seine zu drücken, aber sobald wir uns berühren, teilen sich seine Lippen und unserer Zungen treffen sich in einer rasenden, feuchten Verschlingung.

"Mmmmgut", setze ich fort, als eine Küsse sich weiter über mein Gesicht und zu meinem Ohr hin bewegen. Er beginnt, an meinem Ohrläppchen zu saugen und an den Wirbeln zu lecken und ich vergesse wieder, was ich sagen wollte.

"Das klingt....ughmmm....das klingt so, als wenn er überhaupt kein Monster ist."

Das Zungenbad hört abrupt auf und er sieht mich mit gespieltem Unglauben an.

"Stellst du die Existenz des Biests in Frage?"

"Vielleicht."

"Also das ist die allerschlimmste Beleidigung. Weißt du was das Monster macht, wenn du ihn in Frage stellst?"

"Nö."

"Er hebt dich so aus dem Wasser."

Er hebt mich hoch und schmeißt mich auf den Rand des Pools. Es ist eiskalt und der Boden ist hart und unbequem und ich kreische missbilligend. Allerdings weiß ich, wohin das führt und ich werde nicht in den Pool zurückgehen und das verpassen.

"Und dann kommt er heraus und beißt in deine Oberschenkel", sagt er zu mir und fängt damit an, genau das zu tun.

"Naja, so viel dazu, dass ich auf dich als ...mmmmbeschützer zählen kann."

"Oh, ich bin hilflos gegen das geile Biest", murmelt er an meinem Bein. Ich fange an, das Unwohlsein im Rest meines Körpers recht schnell zu vergessen, als seine Zähne und Lippen die Innenseiten meiner Oberschenkel streifen, höher und höher...

"Glaubst du jetzt an das Biest?"

"Hmmwaa..."

"Oder muss ich die Demonstration fortführen?"

Oh Gott. Bitte führe sie fort.

"Es gibt kein Monster. Nur den Wahnsinnigen, mit dem ich ein Bett teile."

"Okay, jetzt ist das Monster wirklich sauer. Er mag es nicht, wenn du mich beschimpfst. Ich denke, es wird langsam Zeit für eine Lektion in Monstermanieren."

"Monster was?!"

"Ja, du musst lernen, höflich zu dem Monster zu sein. Ihn zu respektieren und anzubeten."

"Anbeten?"

"Ja, er wird sich nicht mit weniger zufrieden geben. Ansonsten tut er das..."

"Ich denke das ist ein bisschen vieeeeee, oh Gott..."

Oh Gott. Oh mein Gott. Er ist da. Endlich. Meine Beinen spreizen sich sofort instinktiv so weit wie es geht, als ich seine Zunge spüre, die langsame, Delirium verursachende Kreise um meine Klitoris zieht. Worte können dem nicht genüge tun, wie gut sich das anfühlt.

Ich lehne mich auf meine Ellbogen zurück und bereite mich auf den Orgasmus vor, dem ich schon sehr nahe bin und dann, ganz plötzlich, ist er wieder weg.

"Und dann hört er einfach so auf und dann tut es dir wirklich Leid", sagt er mit dem unerträglichsten Grinsen, das ich je gesehen habe.

Oh, Alex. Du kleiner Bastard.

"Alssso...also was?" keuche ich mit dem erbärmlichen Bemühen, unbeeindruckt zu erscheinen.

"Also was? Gut, okay. Wenn du weiterhin das Monster nicht respektieren willst, wirst du den Preis zahlen müssen."

Er sieht zu mir auf, wartet auf meine Kapitulation. Ich setze mich hin und nehme seinen Kopf in meine Hände. Ich erwäge, ihn wieder zwischen meine Beine zu schieben, aber überlege es mir dann anders. Ich bin noch nicht bereit, jetzt schon aufzugeben. Also tauche ich ihn stattdessen unter. Er kommt wieder hoch und spuckt und schüttelt seinen Kopf wie ein nasser Hund.

"Jetzt bist du *wirklich* in Schwierigkeiten, Frau."

Er brummt ein wenig und fängt wieder damit an, diesmal etwas langsamer. Er leckt zärtlich *überall* an mir, außer an *dem* Punkt und mein ganzer Körper wird zu Gelatine und meine Hüften zucken und schieben sich gegen ihn. Zu gut. Gott, das ist zu gut. Ich kann nicht glauben wie lange es her ist, dass ich das gefühlt habe. Ich habe das Gefühl, als würde ich mir nach zweiwöchigem Hungern wieder richtig den Bauch voll schlagen.

Als er seine Zunge langsam in mich hineinstößt, kann ich nur noch Wimmern.

"Oh Gooo...hör nicht aufff", bettle ich schamlos und natürlich, tut er das.

Ich versuche, ihn gefährlich anzustarren, aber er grinst mich nur an wie der große Idiot, der er nun mal ist.

"Also du siehst, es ist das Beste, wenn du ihn einfach besänftigst."

"Du denkst wohl du bist das anbetungswürdigste Geschöpf auf dieser Erde, oder?"

Er lacht leise ganz tief aus seiner Kehle heraus und leckt seine Lippen. Mein Gott, diese Lippen. Ich stelle fest, dass ich sie einfach anstarre und wieder zwischen meinen Beinen haben will.

"Das ist es, was das Monster mir immer sagt. Er mag mich. Weil ich ihn anbete."

"Naja dann braucht ihr zwei mich ja eigentlich nicht, wenn ihr einander habt."

"Oh aber Dana, wir sind so einsam ohne dich."

"Bist du sicher? Weil ich die Dinge auch allein in die Hand nehmen kann..."

Seine Augen werden heller und glitzern mit feuchter Verzückung und er nickt langsam und zustimmend.

"Ich denke dem Monster würde das sehr gefallen."

Ich fahre mit meinen Händen durch meine Haare und zu meinem Oberkörper hinunter. Meine Brust in die Hand zu nehmen und die harte Brustwarze zwischen zwei Fingern zu reiben, fühlt sich erstaunlich gut an und ich stöhne völlig selbstvergessen auf. Ich beobachte ihn, wie er mich beobachtet und es fühlt sich sogar noch besser an.

"Mag dein Monster das?" frage ich ihn und stelle mich selbst ziemlich zur Schau. "Mmmjaaa, er ist wirklich glücklich. Mach weiter."

Meine Hand gleitet weiter an meinem Körper herunter und ich fange an, ohne Scheu direkt vor Alex Nase zu masturbieren. Sein Stöhnen und Keuchen ist fast so laut wie meines während er mir zusieht.

Manchmal kann ich es kaum glauben, wie ich mich benehme, wenn ich mit ihm zusammen bin. Normalerweise bin ich sehr leise, wenn ich das tue. Übrig gebliebene pubertäre Schuldgefühle oder so was. Aber jetzt stöhne ich wie ein Pornostar. Weil er es mag. Weil ich mag, dass er es mag. Weil ihn zu erregen *mich* mehr erregt, als irgendetwas anderes auf der Welt.

Nach kurzer Zeit spüre ich das vertraute Kribbeln und ich weiß, dass wenn ich das weiter tue, ich mich selbst so weit bringen werde. Ich werde mich nicht davon abhalten können.

"Oh, Aleeex", wimmere ich und er greift nach meiner Hand und zieht sie weg. Er nimmt die zwei Finger, die ich benutzt habe in seinen Mund und saugt daran. Seine Augen schließen sich und er stöhnt, genießt meinen Geschmack. Es ist unerträglich.

"Gott, Alex, bitte..."

Ohne ein weiteres Wort greift er meine Hüften, zieht mich nach vorn und bringt es mit seiner Zunge für mich zu Ende. Mein Orgasmus ist so machtvoll und so schnell. Es ist, als würde ich aus einem Fenster fallen. Es ist wie sterben. Ich denke ich verstehe jetzt endlich, was zur Hölle das bedeutet.

Als es vorbei ist, rutsche ich wieder zurück in den Pool und in seine Umarmung. Er hält lange Zeit meinen zitternden, ausgelaugten Körper.

"Gut?" flüstert er in mein Ohr.

"Ich habe Sterne gesehen."

"Hey, was du nicht sagst, ich auch."

Wir beide lächeln und ich fühle, wie er sich gegen mich drückt. Gott, ich will ihn in mir. Ich möchte ihn sofort in mir haben.

Und zu meinem Glück will er das auch.

Ich hebe meine Beine und lege sie um seine Hüfte und er braucht keine weitere Ermutigung.

"Bosche Moi", schnaubt er, als er sich in mich schiebt. Ich bin ziemlich sicher, dass das 'Mein Gott' heißt. Diese Sache mit der Übersetzung hat nur was mit Kontext zu tun.

Es ist so lange her, das es mir tatsächlich ein wenig wehtut, aber darüber hinaus erfüllt es mich mit einer süßen, bebenden Spannung, die ich nicht ansatzweise beschreiben kann.

Er fängt langsam an, versucht es hinauszuzögern, aber ich habe keine Geduld mehr. Ich treibe ihn mit meinen Fersen an seinem Rücken an, ziehe ihn tiefer in mich hinein.

"Mehr", flüstere ich und das scheint das gewesen zu sein, was er hören wollte. Er vögelt mich, schnell und hart, knallt mich gegen die Wand und ich werfe meinen Kopf zurück und stöhne.

Egal wie wir es beginnen, es endet immer auf diese Weise. Wir können zärtlich und liebevoll sein, wir können albern und sorglos sein, wir können leidenschaftlich und intensiv sein. Aber wenn wir an diesen Punkt kommen, dann scheint es so, als wenn wir es nicht verhindern könnten, es zu treiben wie heiße Hunde. Es gibt einen Ort, an den wir uns beide bringen und wir verpassen es niemals, dort gemeinsam hinzugelangen.

"Das ist so gut...du bist so gut", summt er und ich greife nach ein paar Strähnen seiner feuchten, zerzausten Haare und ziehe sein Gesicht zu mir. Seine Zunge stößt aus seinem Mund in meinen und ich mag es. Das tue ich wirklich. Es fühlt sich an, als wenn er überall ist.

Ich erinnere mich an eine längst vergangene Unterhaltung mit Roseanne, als sie mir erzählte, wie es ist, mit Alex Krycek Sex zu haben. Sie sagte, dass die ganze Welt verschwinden würde. Dass das einzige, was dann noch existieren würde du und er sind, die es miteinander treiben. Das es so ist, wie von einem Tornado erfasst zu werden. Ihre Worte, nicht meine. Ich erinnere mich daran, dass ich gedacht habe, wie albern das klingt und trotzdem hat es mich unausweichlich fasziniert. Ich denke ich weiß jetzt, worüber sie gesprochen hat. Ich möchte glauben, dass das, was ich mit ihm erlebe, das, was ich gerade erlebe, Roseannes Erfahrung mal zwanzig ist. Mal hunderttausend. Ich denke das ist es. Weil er Roseanne nicht geliebt hat.

Er liebt mich. Mich.

Und alles andere verschwindet. Ich sehe nach oben zu den Sternen am Himmel, aber sie zählen nicht mehr. Alles was ich sehe und höre und fühle und schmecke ist Alex. Der Geruch seines Schweißes, das Kratzen seiner Zähne und das Kitzeln seiner Zunge auf der Haut an der Seite meines Halses, das Zittern der Muskeln in seinem Arm, während er mich gegen sich drückt, die Glätte seines Oberkörpers, das Schlagen seines Herzens gegen meine Brust, seine Kehle, sein Adamsapfel, der auf und nieder hüpft, während er scharf und keuchend atmet, sein Penis, pulsierend und stoßend in mir. Das ist es, was ich fühle; was ich bin.

Ich spüre nicht die Kälte, die soweit ich weiß die obere, entblößte Hälfte meines Körpers treffen muss. Ich spüre nicht das Scharren der Haut meines Rückens an den Betonwänden des Pools. 

Ich spüre...oh, ich spüre...

Ich spüre wie meine Hände auf seiner Schulter ruhen und ich spüre, wie das frühe Zittern eines herausragend langen und köstlichen Orgasmus meinen Körper erschüttert. Ich grabe meine Nägel in sein Fleisch bis Blut kommt, markiere ihn. Mir. Er gehört mir.

Seine Zähne schließen sich fest um die Haut an meinem Hals und als seine Hand an meinem Rücken hinuntergleitet, um nach meinem Hintern zu fassen, knurrt er und schüttelt seine Kopf wie ein Welpe, der auf Leder herumbeißt. Es sollte wehtun, aber das tut es nicht. Es treibt mich nur noch weiter voran. Und dann fühle ich seine Finger, die sich erkundend nach unten bewegen. Er erreicht den Ort, an dem wir beide verbunden sind und das Gefühl von seiner Berührung dort reicht aus, um die Sache für mich zu Ende zu bringen.

"Oh Gott, Alex, oh MEIN GOTT", schreie ich laut und er stößt in mich wie ein Wahnsinniger. Ich komme zweimal und irgendwo dazwischen fühle ich, wie er in mir größer wird und explodiert. Seine orgasmischer Schrei wird von den Wänden zurückgeworfen und ist ungefähr das lauteste, was ich je in meinem Leben gehört habe.

Als er sich wieder erholt, hält er mich gegen sich und flüstert, während er immer noch in mich stößt, "liebe dich, liebe dich, liebe dich." Mein Brustkorb krampft sich dabei mit diesem nun schon vertrauten Gefühl einer Kombination aus Panik, Freude und Delirium zusammen. Ich denke das ist das erste Mal, dass das jemals jemand in einer solchen Situation zu mir gesagt und auch ehrlich gemeint hat.

Ich bedecke sein Gesicht und seinen Hals und diese wunderschönen Wimpern mit Küssen und lasse mich gegen ihn fallen.

"Danke, Alex", murmle ich in sein Ohr und er drückt mich fester. Wir bleiben eine Weile ganz still und dann höre ich ein Geräusch. Ein kleines, polterndes Geräusch. Fast, als wenn jemand hier ist. Ich hebe meinen Kopf und schaue mich nervös um, genau wie Alex.

"Was ist das?" frage ich.

"Ich denke, das ist das Pool Monster", sagt er grinsend. Ich denke ich bin zu müde und erledigt, um mir darum Gedanken zu machen. Ich denke ich bin berauscht genug, um ihm zu glauben.

"Lass uns nach Hause gehen, Alex."

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Ende Kapitel 6 

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Kapitel 7

Ich denke, dass ich früher eine Droge namens Valium eingenommen habe. Es hat mich beruhigt, was ich zu der Zeit gebraucht habe. Außerdem hatte es einen Hang dazu, die Dinge in meinem Kopf durcheinander zu bringen. Ich habe eine Erinnerung hergenommen und sie ist eine Weile in meinem Geist herumgeschwirrt und als ich sie wieder zurückstellen wollte, ist sie einfach verschwunden, oder wieder aufgetaucht, aber an der falschen Stelle. Jedenfalls denke ich, dass es sich so angefühlt hat. Es ist so schwer, sich zu erinnern.

Jedenfalls ist das dem am ähnlichsten, was ich in den vergangenen zwei Tagen gefühlt habe. Valium minus Gelassenheit. Und mit einer zusätzlichen Dosis Verwirrung. Denke ich.

Es gibt Bruchstücke in meinem Kopf, wie die losen Steine eines Puzzlespieles, die damit beginnen, sich selbst zu ordnen und sich wieder in ein vollständiges Bild zu verwandeln. Aber der Prozess ist langsam. Und schmerzlich. Aller paar Stunden bekomme ich einen schmerzvollen Moment des Lebens zurück, das ich geführt hatte, das meines ist. Meines war. Die Dinge sind jetzt so anders.

Wo passe ich in diese neue Welt hinein? Niemand hat es mir gesagt. Nicht hier. Ich passe nicht hierher. Ich habe nicht lange dazu gebraucht, so viel herauszufinden. Ich erinnere mich an genug Dinge aus dem Leben vorher um zu wissen, dass Marita Covarrubias nicht auf zerlumpten Stundentenwohnheim Matratzen schlafen und die Kleider von jemand anderem tragen sollte. Geschmacklosen Brei zum Frühstück in einer lauten, hässlichen, überfüllten Cafeteria essen sollte. Allein, weil die einzigen Menschen, die ich kenne der Arzt ist, der gestern mit mir eine primitive Rekonditionierungstherapie für Sklaven durchgeführt hat und Alex. Alex. Alex hat den Arzt geschickt. Und die Frau, die gesagt hat, ihr Name wäre Dana. Ich denke, dass ich früher ihr Gesicht gekannt habe. Er hat sie geschickt und deswegen traue ich ihnen nicht. Ich traue niemandem hier. Sie arbeiten alle für ihn.

Aber was ist sonst noch hier? Ich weiß es nicht.

Ich weiß nicht, wessen Schuld es ist, dass ich hier festsitze. Gesichter kriechen vor meinem inneren Auge hoch. Feinde. So viele Feinde. Alex...

Und dann sehe ich ihn, er steht in der Reihe und wartet darauf, sein beschissenes Frühstück zu bekommen. Fox Mulder. Fox Mulder ist auch hier. Fox Mulder hat mich her gebracht. Denke ich.

Ich sehe uns in einem Auto, ich höre ihn, wie er mir erzählt, dass wir irgendwohin gehen, aber ich weiß nicht, ob wir hierher gekommen sind, oder woanders hin. Es brennt hinter meinen Augen wenn ich versuche, die Erinnerung in die wacklige Zeitlinie einzupassen, die ich mir aufgestellt habe.

Es ist egal. Ich kenne Fox Mulder. Ich vertraue ihm. Denke ich. Ich habe es getan. Vielleicht.

Er läuft an dem Tisch vorbei, an dem ich sitze und ich versuche, mit ihm in Augenkontakt zu kommen. Es funktioniert nicht. Er sieht mich nicht. Vielleicht ist es nicht Fox Mulder. Oder vielleicht ist er es und er hat mich nie gekannt. Vielleicht habe ich mir die ganze Sache nur eingebildet.

Mein Gott, ich will nach Hause. Wo immer das ist. Es ist nicht hier. Irgendwo anders.

Der Mann, dessen Name Fox Mulder ist oder auch nicht, setzt sich an den Tisch hinter mir, mit dem Rücken zu mir und ich höre ihn seufzen. Ich muss mit ihm reden. Ich weiß nicht, was ich sonst tun sollte.

Ich stehe auf und trage mein Tablett zu seinem Tisch hinüber. Ihm gegenüber setzte ich mich hin, aber er sieht nicht auf. Er schubst, die graue, klumpige Masse, die Haferschleim darstellen soll auf seinem Teller hin und her. Ich räuspere mich und er schaufelt eine Gabel voll des widerwärtigen Schleims in seinen Mund. Wütend nehme ich an. Ich denke er ist wütend.

Ich weiß nicht, aus welchem Grund er auf mich wütend sein könnte. Ich kann mich nicht daran erinnern, irgendetwas getan zu haben, das ihn verletzt hätte, aber das heißt nicht, dass es nicht doch passiert ist.

"Genießt du deinen Brei?" frage ich in einer so leisen und ängstlichen Stimme, die mich anwidert. Das bin nicht ich. Habe ich mich so sehr verändert?

"Scully..." beginnt er und sieht dann zu mir auf. Ich nehme an er hat gedacht, dass ich sie wäre. Er sieht verwirrt aus und enttäuscht und erleichtert.

"Er...erwartest du sie? Ich kann gehen.."

Er lacht, aber nicht auf eine ha-ha Weise. Er lacht so, wie es Alex getan hatte, als ich ihn wegen seines Armes gefragt hatte. Ich nehme an er dachte, ich würde es wissen. Ich nehme an er dachte, ich hätte irgendetwas zu tun mit diesem ganzen Mist. Vielleicht habe ich das.

"Ja klar, wir haben eine Verabredung", murmelt er und sieht zur Tür. Sarkasmus habe ich nicht vergessen.

Er sieht nicht besonders gut aus, wenn ich ihn mir genau betrachte. Dunkle Ringe unter blutunterlaufenen Augen, dauernde Grimasse und er macht auf dem Tisch ständig seine Faust auf und zu. Wütend war nicht das zutreffende Wort. Er sieht aus, als sei er bereit, jemanden umzubringen. Ich erinnere mich nicht daran, dass er jemals so ausgesehen hat.

"Was ist, brauchst du irgendwas von mir?" fragt er plötzlich. Ich bin froh, dass mich diese Frage nicht total umwirft. Feindseligkeit ist etwas vertrautes. Fox Mulder ist etwas vertrautes.

"Nein, nicht wirklich. Ich dachte nur, dass wir uns vielleicht unterhalten könnten. Ich kenne niemanden weiter hier."

Ich kenne ihn. Das tue ich. Gott, bitte lass mich ihn kennen.

Er zuckt mit den Schultern und nimmt einen großen Schluck von dem, was hier als Kaffee gilt.

"Leg los."

Ich atme tief durch, versuche die Frage herauszubringen. Sie klingt allerdings so idiotisch. So erbärmlich.

"Du...du kennst mich, richtig? Ich meine, ich bilde mir das nicht nur ein, oder?"

"Ja", knurrt er und sticht ein Stück bräunliches Obst an. Es könnte ihm offensichtlich nicht egaler sein, aber er erkennt mich. Das reicht mir.

"Ich meine, nicht von hier, sondern von...von der Zeit vorher. Wir kannten uns."

Er nickt und sieht verwirrt und genervt aus.

"Ja, warum?"

"Ich war mir einfach nicht sicher. Ich ... die Dinge sind in meinem Kopf noch ein wenig durcheinander."

Er seufzt und sieht noch genervter aus, aber das ist mir egal.

"Also, du hast mich hierher gebracht, richtig? Als ich Sklavin war?"

"Ja, hör zu, was...woran erinnerst du dich, was deine Beteiligung an all dem angeht, Marita?"

"Naja, ich habe diese Erinnerungen, aber die sind alle irgendwie unzusammenhängend. Es ist schwer, alles zusam..."

"Hast du Alex Krycek vorher gekannt?" unterbricht er mich, plötzlich interessiert an *allem*, was ich zu sagen haben könnte.

"Ja."

Das habe ich nicht eine Sekunde lang bezweifelt. Diese Erinnerungen sind zu lebendig, um Halluzinationen sein zu können.

"Also, woran erinnerst du dich ihn betreffend?"

Ich weiß nicht, warum er etwas über Alex wissen will und es ist mir auch egal. Ich nehme an, dass ich ihm früher eine Menge Informationen besorgt habe. Es war ihm früher wichtig, was ich ihm zu sagen hatte. Ich bin nicht sicher, was ich ihm über Alex erzählen soll.

"Er war...er war Mitglied der Gruppe. In gewisser Weise. Wir haben zusammengearbeitet. Ich nehme an..."

"Okay, aber, was für ein Mensch war er deiner Erinnerung nach?"

Die Frage setzt einen ganz neuen Strom von Bildern frei. Alex, der in meiner Hotelsuite in Kasachstan auftaucht, seine halbautomatische Waffe schwingend und mich bedrohend, wie ich ihm schwitzend gesagt habe, ich sei auf seiner Seite. Wir könnten sie zusammen in die Knie zwingen. Ich frage mich, ob das wahr gewesen ist. Dass ich ihn in mein Schlafzimmer gebracht habe. Ich nehme an, der Gedanke, die alten Bastarde würden ihn um Gnade anflehen hat ihn mehr in Stimmung gebracht als ich.

Und dann andere Begebenheiten. Nur ein paar. Ich war ja nur eine Woche oder so in Russland.

Dann das letzte Mal. Mein Apartment in New York. Die Tür meines Apartments in New York. Draußen im Flur, weil er nicht mehr warten konnte. Und dann habe ich ihn schlafend in meinem Bett verlassen. Habe mich rausgeschlichen wie ein Dieb in der Nacht. Habe die einzige Sache gestohlen, die er auf der Welt besaß.

"Marita?"

"Was? Oh...er...verzweifelt. Er war ein verzweifelter Mensch."

"Verzweifelt? Verzweifelt inwiefern? Wonach?"

Mulder lehnt sich nun über den Tisch, sein erbärmliches Frühstück ist vergessen. Seine Bein schwingt auf und ab. Vielleicht eine nervöse Angewohnheit. Er sieht so aus, als wolle er sich jeden Moment auf mich stürzen. Er sieht so aus, als wolle er mich erwürgen. Ich kann mir nicht vorstellen warum.

"Nach allem. Macht, Geld, Respekt, Rache, Sex, alles. Immer von einer ausweglosen Situation in die nächste gerannt. Er hat mir gesagt, dass er mal ganz oben stehen würde.. Ich nehme an, das tut er jetzt auf gewisse Weise."

"Also hast du ihn gut gekannt, ja?"

"Gut? Nein, nicht wirklich. Wir waren Geliebte. In gewisser Weise. Für kurze Zeit. Ich habe ihn trotzdem niemals wirklich gekannt. Ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß einfach nicht..."

Seine Augen werden weit und noch verwirrter und er starrt mich einfach lange Zeit nur an.

"Also...warum erzählst du mir das, wenn du es nicht wirklich weißt?"

"Weil du mich gefragt hast! Ich erzähle dir, woran ich mich erinnere, aber es ist ein wenig verschwommen. Das habe ich dir gesagt."

Ich beginne zu fühlen, wie Wut in mir aufsteigt. Ich mag es. Es ist gut, wieder etwas zu fühlen. Irgendetwas.

"Und was tust du überhaupt noch hier, Marita? Was ist hier für dich interessant?"

Das bringt nun das Fass für mich zum Überlaufen. Ich dachte, dass dieser Mann ein Freund sein könnte, aber er klingt mit jeder verstreichenden Minute immer mehr wie ein Feind.

"Was ich hier tue? DU hast mich hergebracht! Warum erzählst du mir das nicht?!"

Er kaut auf der Innenseite seiner Wange und starrt aus dem Fenster, offensichtlich unwillig mich anzusehen oder mir zu antworten. Nach einigen Momenten des Schweigens, in denen ich die Ansätze eines Plans zurechtlege, Fox Mulder zu töten, dreht er sich wieder zu mir um.

"Sprichst du Russisch?" fragt er unerklärlicherweise.

"Wie bitte?"

"Die Sprache. Sprichst du sie?"

Bin ich deswegen hier? Bin ich seine persönliche Übersetzerin?

"Ich habe für die UNO gearbeitet. Ich spreche viele Sprachen. Russisch ist eine von ihnen, ja. Warum?"

"Was heißt 'Tschiwodnoje' '?"

"Es heißt 'Tier'", sage ich ihm, mehr aus Neugier als aus dem Verlangen heraus, hilfreich zu sein. Es muss einen Grund geben, aus dem er das fragt und ich denke ich sollte versuchen herauszufinden, was das ist.

Sein Kiefer verkrampft sich und er schluckt. Die Antwort scheint ihn wütend zu machen. Das freut mich.

"Und was ist mit 'Diwotka'?"

"Diwotka?"

"'Djewotska'? Ist es das?"

"'Djewotschka'?"

"Ja, genau das. Was heißt das?"

"Es heißt kleines Mädchen. Warum fragst du mich das?"

Der Klang von Glas und Plastik, das auf den Boden aufschlägt, als er alles, was auf dem Tisch stand mit einer Armbewegung wegfegt ist die einzige Antwort, die ich bekomme. Danach stürmt er aus der Cafeteria. Ein paar Leute starren ihm nach, aber es scheint ihn nicht zu kümmern.

Das lief gut. Sehr erfreulich.

Ich denke nicht, dass ich mit Fox Mulder in der nächsten Zeit wieder sprechen werde.

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In dem Roman "Cat's Cradle" beschreibt Kurt Vonnegut etwas, was er einen Karass nennt. Dieser Karass besteht aus einer Ansammlung von Menschen, deren Leben mit deinem eigenen aus keinem erklärbaren Grund verflochten sind. Vonnegut sagt, dass diese Menschen ein Team wären, von Gott erschaffen um dir zu helfen, etwas wichtiges in deinem Leben zu erreichen.

Scully gehört sicher zu meinem Karass. Genauso wie der rauchende Bastard. Und es ist mir schon vor langer Zeit klar geworden, dass sehr zu meinem Missfallen, Alex Krycek auch zu diese Gruppe gehörte. Obwohl ich mir selbst wenn es um mein Leben ginge keinen Reim darauf machen kann, warum ich mit so einem Karass verflucht sein sollte. Was soll ich mit diesen Leuten erreichen?

Ich frage mich, was passieren würde, wenn man ein Mitglied seines Karass umbringen würde. Oder sogar zwei von ihnen. Oder alle. Was würde passieren, wenn man sie alle umbringt?

Das ist eine der vielen Fragen, über die ich in den letzten zwölf Stunden nachgedacht habe.

Allerdings ist die Wahrheit, dass ich es mir nicht vorstellen kann, egal, wie sehr ich es auch versuche, Scully umzubringen. Oder auch nur ihr wehzutun. Und Krycek umzubringen würde ihr wehtun, aus welchen unheiligen Gründen auch immer. Also kann ich das auch nicht tun. Das lässt mir nicht mehr viele Möglichkeiten übrig.

Selbstmord hatte heute am frühen Morgen relativ ansprechend ausgesehen, als das Bild davon, wie die beiden es miteinander getrieben haben mein Bewusstsein zu überwältigen schienen. Aber nach längerem Nachdenken erschien es mir zu erbärmlich. Ganz zu schweigen von melodramatisch. Und dann würde sie es wissen. Und er auch. Sie würden wissen, wie sehr sie mich im Inneren getötet haben und ich kann mir keine schlimmere Zumutung für meinen Stolz vorstellen.

Also habe ich beschlossen, auf die große Geste zu verzichten und mit dem Tag weiterzumachen, wie es geplant war. Als wenn mein Herz gestern Nacht nicht in Stücke gerissen worden wäre.

Ich bin in die Cafeteria gegangen und habe gefrühstückt. Ich habe mich normal unterhalten. Okay, es war nicht gerade sehr normal. Wenn ich genau darüber nachdenke, war es noch nicht mal eine Unterhaltung.

Worauf wollte ich gerade hinaus?

Ach ja, Normalität. Also gehe ich jetzt dorthin, wo ich hingehen sollte. Heute sollte mein erster Arbeitstag im Labor sein. Mit Scully. Dort werde ich heute erwartet und ich plane, mich mit Klasse zu benehmen und Reife und, naja, Stolz. Mehr Stolz, als ihn Scully neuerdings zu haben scheint. Was ist mit ihrem Ehrgefühl passiert? Mit ihrer Integrität?

Ich werde mich nicht auf deren Niveau herablassen. Ich werde besser sein als das.

Das ist jedenfalls der Plan.

Ich werde mich ihr nicht zu Füßen werfen und sie anflehen, ihn zu verlassen. Ich werde nicht schreien, mit den Füßen stampfen und eine Szene machen. Ich werde nicht weinen, wenn ich ihr Gesicht sehe.

Ich wiederhole diese Sätze immer und immer wieder, während ich zum Labor gehe. Und als ich dort angekommen bin, habe ich mich fast selbst davon überzeugt, dass das möglich ist. Und dann höre ich sie.

Nein, nicht *sie*. Scully, ja. Aber nicht ihn. Sie spricht mit einer anderen Frau. Sie stehen an einem großen Becken, waschen Untersuchungsgeräte ab und unterhalten sich. Ich denke, dass der Name der Frau Roseanne ist. Ich habe sie schon hier gesehen.

Ich gehe hinein und knalle die Tür hinter mir zu. Nur, um meine Anwesenheit deutlich zu machen. Nicht, um eine Szene zu machen. Ehrlich.

Beide drehen sich um und lächeln mich nervtötend an.

"Hi, Mulder", sagt die verräterische, hinterhältige Schlampe und ich grinse gespielt zurück. Okay, das wird schwieriger, als ich gedacht hatte.

"Äh, ich denke, wir sollten dir erst mal alles zeigen, hm?"

"Nehme ich an."

"Oh, darf ich die Grande Tour führen?" fragt Roseanne und zwinkert mich widerwärtig an. Warum ist diese Frau hier? Vielleicht geht sie weg, wenn ich sie ignoriere.

"Also Scully, was ist das genau, was wir hier tun werden?"

Sie sieht verwirrt aus. Ich weiß, wir haben vorher schon darüber geredet. Zur Hölle, diese ganze Sache war meine Idee. Ich habe nur einfach nicht erwartet, dass noch jemand hier sein würde.

Scully's Wangen sind pink. Und ihre Augen glitzern. Sie glüht. Wunderschön. Wunderschöne Schlampe. Ich liebe sie. Verdammt noch mal.

"Naja, wir werden...wir werden einige Untersuchungen an deiner physiologischen Ausstattung vornehmen, Mulder. So wie du vorgeschlagen hast..."

"Und wann kommt das 'wir' ins Spiel, Scully? Ich dachte du leitest das Projekt."

Ich starre Roseanne an und sie tritt unruhig von einem Fuß auf den anderen. Möglicherweise überreagiere ich hier ein ganz kleines bisschen. Es ist nicht ihre Schuld. Ich kenne sie noch nicht mal. Ich sollte mich wirklich beruhigen. Vielleicht hätte ich heute doch nicht herkommen sollen.

"Das tue ich, Mulder. Roseanne ist meine Assistentin."

"Assistentin?"

"Ja, Assistentin, Mulder. Sie ist Wissenschaftlerin. Was genau ist das Problem dabei?"

"Kein Problem, Scully. Ich möchte nur sicher gehen, dass ich genau weiß, was hier vorgeht. Ich möchte über nichts im Dunkeln gelassen werden."

"Ich werde mal gehen ... und die Mikroskope sauber machen", murmelt Roseanne und verlässt schnell den Raum. Ich nehme an, dass ich das erreichen wollte, auch wenn ich nicht genau weiß, warum.

"Mulder, wir haben darüber gesprochen. Warum bist du so unhöflich zu Roseanne?" flüstert Scully in ihrem am schlimmsten nörgelnden Tonfall.

"Ich bin nicht unhöflich."

"Mulder..."

"Okay, schön, ich fühle mich nur nicht ganz wohl dabei, wenn sie hier ist, das ist alles."

"Warum nicht?"

"Ich dachte, wir würden allein sein. Das niemand anders da sein würde, der uns im Weg steht."

"Mulder, sie arbeitet hier! Sie wird uns nicht im Weg sein. Sie wird helfen."

Ich denke ich sollte wahrscheinlich gehen. Das funktioniert nicht so, wie ich es vorhatte. Nicht im Geringsten.

"Mulder, ich sehe das Problem wirklich nicht. Ich weiß, dass du schön mit den anderen Kindern spielen kannst, wenn du nur willst."

Sie lächelt mich nach ihrem kleinen Witz an. Ich habe sie nie zuvor wirklich schlagen wollen. Niemals. Der Gedanke ist mir so abscheulich. Und trotzdem, gerade jetzt...

Ich muss hier raus.

"Schön spielen, richtig. Hey, vielleicht lassen sie mich ja sogar der Schwimmmannschaft beitreten", murmle ich in meinen Bart und bewege mich Richtung Tür.

Ich spüre, wie ihre kleinen Finger meinen Arm umschließen und ziehe ihn instinktiv zurück.

"Mulder, was ... was ist los?"

Ich sehe nach unten in diese Augen, Augen von denen ich dachte, dass in ihnen die Antworten auf alle meine Fragen liegen würden, meine Wahrheit, meine Erlösung. In der letzten Nacht habe ich gesehen, wie diese Augen einen meiner schlimmsten Feinde angesehen haben. Mit Begehren. Vielleicht sogar mit Liebe. Und ich kann einfach nicht mehr still sein.

"Hättest du es mir jemals gesagt, Scully? Oder hättest du einfach gewartet, bis ich mich total zum Idioten gemacht hätte?"

Zu ihrer Ehre muss ich sagen, dass sie scheinbar nur wenige Sekunden braucht, um zu verstehen, worüber ich rede. Es ist ziemlich offensichtlich, wann ihr ein Licht aufgeht. Sie presst ihre Augen zu und ihr ganzer Körper scheint zusammenzusinken.

"Oh...Mulder, ich wol...ich hätte..."

Genau. Die Geschichte habe ich gehört. Ich hatte nur noch keine Zeit.

"Scully, weißt du ... GOTT! Weißt du, was ich durchgemacht habe, um hierher zu kommen? Was ich wollte...der ganze...eigentliche Grund, aus dem ich her gekommen bin?"

"Mulder, ich weiß, dass du meinetwegen hergekommen bist. Und es tut mir Leid. Es tut mir Leid, dass ich nicht völlig ehrlich zu dir gewesen bin. Ich nehme an ... ich nehme an ich hatte einfach Angst. Es tut mir wirklich sehr Leid."

"Leid. Es tut dir Leid. Es tut dir Leid, dass du mir nicht gesagt hast, dass du mit Alex Krycek VÖGELST?! Es tut dir Leid, dass das nicht die erste verdammte Sache war, die aus deinem Mund gekommen ist?!"

Was habe ich vorhin darüber gesagt, keine Szene machen zu wollen. Gott Scully, lass mich einfach in Ruhe. Lass mich einfach hier rausgehen, bevor ich etwas *wirklich* dummes sage.

"Ja, Mulder, es tut mir Leid. Es ist nicht gerade einfach, das zu sagen. Aber ich...ich habe keine Entschuldigung. Es tut mir Leid."

"Scully ich..."

Ich weiß noch nicht einmal, was ich sagen soll. Sie sieht so traurig und reuevoll aus und so beschämt. Vielleicht hat sie es mir nicht erzählt, weil sie wirklich mit ihm Schluss machen will. Vielleicht hat er irgendetwas gegen sie in der Hand, um sie bei sich zu halten. Oder er hat sie einer Gehirnwäsche unterzogen.

Mein Gott, was stimmt mit mir nicht? Bin ich so erbärmlich, dass sie mich nur auf eine bestimmte Weise ansehen muss, um mich wieder zu einen Haufen illusionären Brei zu machen?

"Scully, ich verstehe einfach nicht warum. Ich meine wie? Es ist...mein Gott, Scully, es ist Alex Krycek!"

"So und was soll das heißen?" fragt sie, auf einmal empört. Warum habe ich überhaupt gefragt. Ich kann nicht hier stehen und zuhören, wie sie den Bastard verteidigt.

"Mulder, du ... du kennst ihn nicht mehr. Ich weiß nicht, ob du das je getan hast. Er war...er war für mich da. Er ist ein guter Mensch. Nicht der Mensch, für den du ihn hältst."

Ich frage mich, ob sie hier irgendwo ein Mauseloch haben, in das ich mich verkriechen kann.

"Also was Scully, du steigst mit einem Typen ins Bett und plötzlich weißt du alles über ihn?"

Nun sieht sie richtig stinksauer aus. Das freut mich. Ich möchte, dass sie fühlt, was ich fühle. Natürlich würde es, um das wirklich zu erreichen noch eine ganze Menge mehr benötigen. Zuerst müsste ich eine Frau auftreiben, die sie absolut nicht ausstehen kann, um mit dieser dann direkt auf dem Fußboden vor ihr Sex zu haben.

"Denkst du, dass es so ist, Mulder? Dass ich einfach mit ihm ins Bett steige, wie irgendeine Nutte?"

Ich wünschte das wäre das, was ich gedacht habe. Ich wünschte ich könnte ihr sagen, dass ich das gedacht habe. Das würde sie wirklich verletzen. Aber ich kann es nicht. Ich weiß, dass sie nicht so ist.

"Nein...Scully, nein. Ich denke...denke nur, dass er vielleicht deine Situation ausgenutzt hat. Dich ... ausgenutzt hat."

"Oh, jetzt bin ich also irgendeine erbarmungswürdige Maid, so hilflos, dass sie keine eigenen Entscheidungen treffen kann? Denkst du, dass es *so* ist? Dass ich keinen eigenen Willen habe?"

Warum muss sie mir auf diese Weise die Worte im Munde umdrehen? Gott, sie hat das immer schon getan. Mir nie zugehört.

"Er hat meinen Vater umgebracht, Scully..."

Darauf hat sie keine schnippische Antwort parat. Ich hatte schon fast erwartet, dass sie mir seine Version davon auftischen würde, aber sie dreht sich einfach weg und beginnt, mit einigen Thermometern neben dem Becken zu hantieren.

"Sieh mal, Mulder, ich weiß nicht, was du erwartet hast. Du bist sechs Jahre lang verschwunden gewesen. Sechs *Jahre* Mulder. Du hast mich in dem Glauben gelassen, dass du tot bist und ich hätte was tun sollen? Mein ganzes Leben lang auf irgendeinen himmlischen Besuch von dir warten oder so was?"

"Naja, ich hatte einfach nicht erwartet, dass es DAZU kommen würde, Scully!"

Sie dreht sich schnell um und ich bemerke, dass ihre Augen feucht sind. Ich frage mich, ob es meine auch sind. Ich hoffe nicht.

"Es tut mir Leid, dass ich dir nicht früher davon erzählt habe, Mulder. Aber ich werde mich nicht bei dir dafür entschuldigen, dass ich mein Leben weitergelebt habe. Nur weil dir zufällig nicht passt, wen ich mir ausgesucht habe, um dieses Leben weiterzuleben."

Okay, das ist sehr logisch. Ihr Denken ist so präzise. Ich bin so beeindruckt von ihrer immer gegenwärtigen Gabe, direkt zum Kern der Sache vorzudringen. Zu schade, dass sie dabei auch gleich meine Seele mit durchbohrt.

"Ich habe fünf Jahre lang um dich getrauert, Mulder. Wollte niemand an mich heranlassen. Und vor einem Jahr habe ich mich endlich entschlossen, weiterzuleben. Zu versuchen, etwas von dem Glück abzubekommen, von dem ich dachte, dass du es für mich gewollt hättest."

Vor einem Jahr? Treibt sie es mit ihm schon ein ganzes Jahr? Gott...

"Scully, natürlich möchte ich, dass du glücklich bist. Das ist alles, was ich immer gewollt habe."

"Ich weiß das. Und es war schwer. Aber ich bin es gewesen. Ich bin glücklich gewesen."

Was soll ich dazu sagen? Soll ich hier stehen und ihr ihr Glück missgönnen, nach allem, was ich getan habe? Nach allem, was ich verdorben habe?

"Er macht dich wirklich ... glücklich? Nach allem, was er getan hat?"

"Ja Mulder, das tut er. Er ist gut zu mir und er hat wundervolle Dinge für die Leute hier getan."

Alles was ich tun kann, ist sie anzustarren. Zusehen, wie dieser Quatsch aus ihrem Mund kommt und zu versuchen, mein Frühstück nicht wieder hochzubringen.

"Ich...ich muss gehen."

Ich muss weit weggehen. Ich möchte nicht Mitglied des Alex Krycek Bewunderungs Vereins werden. Ich möchte mir das nicht mehr anhören. Ich möchte sie nicht mehr jeden Tag sehen und wissen, zu wem sie abends nach Hause geht.

"Mulder, ich würde...ich hätte es gern, wenn du bleibst. Ich meine ich hoffe, dass du uns jetzt deswegen nicht verlassen wirst."

Verdammt. Warum musste sie das sagen? Lass mich einfach gehen, Scully. Schmeiß mich raus. Mach irgendetwas furchtbares, so dass ich dich hassen kann.

"Ich weiß nicht..."

"Ich ... ich mag es, wenn du hier bist, Mulder. Ich habe dich vermisst."

Mein Gott, halt die Klappe, Scully! Halt die Klappe!

"Und wir könnten deine Hilfe wirklich gebrauchen. Ich könnte das."

"Was ist denn das? Die großartige Dr. Scully braucht *meine* Hilfe?"

Sie lächelt mich an und mein Herz verknotet sich. Was tue ich?

"Und ich habe immer gedacht, Dana Scully braucht keine Hilfe."

"Naja, du weißt schon, ein Heilmittel gegen Krebs finden und das alles. Das ist schwere Arbeit."

Ich stelle fest, dass ich zurücklächle wie ein Idiot und immer noch keine Ahnung habe, was ich tun soll. Das fühlt sich so gut an.

"Also, wirst du bleiben?" fragt sie mich und ich zucke mit den Schultern und nicke und dann umarmt sie mich. Sie umarmt mich. Das ist so gut. Gott, es ist so unerträglich lange her, seit sie in meinen Armen gewesen ist. Alle Mauern, die ich in der letzten Nacht aufgebaut habe, um mich vor ihr zu schützen, brechen zusammen und sie ist wieder überall in mir.

Warum muss sie so...so Scully sein?

Warum muss sie sich immer noch um mich kümmern?

Ich nehme an, dass das ziemlich blöde Fragen sind. Das wichtigste ist, werde ich jemals aufhören können, sie zu umarmen? Werde ich sie jemals loslassen können? Ich denke nicht.

Ende Kapitel 7

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Kapitel 8

Vor ungefähr acht Jahren habe ich am O'Hare Airport eine Frau kennen gelernt, die sagte, ihr Name wäre Susan. Sie war hübsch und ich war einsam, auf einem Zwischenstop zwischen Kalifornien und New York. Es war eine sehr stressige, verrückte Zeit in meinem Leben. Ich hatte kaum Zeit zum Atmen, ganz zu schweigen davon, mir Sexualpartner zu suchen. Susan kam ziemlich unverhohlen auf mich zu und ich war unvorsichtig genug, und habe meine Selbstverteidigungsmechanismen lange genug ausgeschaltet, um sie in mein Hotelzimmer einzuladen.

Wir hatten Sex und es war ziemlich gut. Keine lebensverändernde Erfahrung, aber es hat mir die Zeit vertrieben, in der ich auf meinen nächsten Flug gewartet habe und hat mir die kurze Illusion von menschlichem Kontakt verschafft. Dann bin ich eingeschlafen. Das war mein Fehler. Sie war immer noch im Zimmer. Keine Ahnung, wie das passiert ist.

Ich bin von dem Geräusch raschelnden Papiers aufgewacht. Sie hat meine Tasche durchsucht. Rückblickend würde ich sagen, dass sie nach Bargeld gesucht hat. Damals war ich ziemlich gut angezogen, Seide und Leder und all das, und sie sah aus, als wenn sie ihre Sachen bei Aldi gekauft hätte. Aber ich habe ein paar ziemlich gefährliche Geheimnisse bewacht. Ich bin von ein paar ziemlich gefährlichen Leuten verfolgt worden. Ich hatte gedacht, dass sie vielleicht für meine Feinde arbeiten würde. Ich dachte...nein, ich habe nicht gedacht. Ich habe reagiert. Ich habe sie erschossen.

In dem Alptraum, der in letzter Zeit immer wieder kehrt, stehe ich über Susans Körper, beobachte, wie das Blut aus ihrer Stirn fließt und sehe ihr beim Sterben zu, während sich ihr Gesicht langsam in das Gesicht der Frau verwandelt, die mir gerade gegenüber sitzt. Das beunruhigendste an diesem Traum ist das, was ich empfinde, während ich sie sterben sehe. Nicht den Horror, den man erwartet würde, sondern ein eher oberflächliches Bedauern. Ein großes kosmisches Uuups. Ähnlich dem Gefühl das ich hatte, als ich auf Melissa Scullys Körper schaute. Falsche Schwester. Uuups. Hau besser ab.

Natürlich quält mich in meinen wachen Stunden dieser Vorfall in etwas so, wie ein Erlebnis von Todesnähe. Ein Erlebnis von Todesnähe, das man nicht als solches erkennt, bis lange nach dem es passiert ist. Ungefähr so wie nach einem Autounfall, einem, den man durch seine eigene Dummheit, Schwerfälligkeit, Fahrlässigkeit oder was auch immer verursacht hat und sich vielleicht nur den Kopf gestoßen hat oder so was, nichts ernstes und man geht nach Hause und ins Bett und wacht mitten in der Nacht auf und denkt "Mist, ich habe mich fast selbst umgebracht." Ich habe das jede Nacht getan. Seit Jahren.

Es gab eine kurze Zeit in meinem Leben, als ich in Frieden gelebt habe. Als die Kolonisation begonnen hatte, als die Welt draußen alle Überreste von Verstand und Stabilität verlor, habe ich mich innerlich langsam stabilisiert. Endlich gab es keine Geheimnisse mehr, keinen Grund, eine Frau zu ermorden, nur weil sie glaubte, meine Sachen durchwühlen zu müssen. Ich war frei. Es war befreiend zu sehen, dass alles zur Hölle ging und ich wusste, dass es mir gut gehen würde. Besser als jemals zuvor.

Ich habe diesen Frieden, diese Freiheit für eine ziemlich lange Zeit behalten. Ich habe sie verloren, als ich mich in Dana verliebt habe. Als ich bemerkte, dass es jetzt mehr Geheimnisse zu bewahren galt, mehr Teile meines Lebens, die ich vergessen musste. Ich möchte, dass sie mich für all das liebt, was ich bin, doch ich weiß, dass sie das nicht kann. Sie weiß es auch, deswegen lässt sie mich nicht mit ihr über diese Dinge reden. Ich lebe in der Angst, dass sie sich eines Tages daran erinnert, wer ich früher war. Sie kann es niemals akzeptieren, aber es ist ein Teil von mir.

Ich habe den Frieden und die Furchtlosigkeit verloren, aber ich habe so viel gewonnen. Ich nehme an, dass die Angst zusammen mit allem Guten im Leben eines Menschen Hand in Hand geht. Die Angst, dass du das Gute verlieren wirst. Mein Vater hat mir gesagt, dass es immer besser ist, arm zu sein, als reich. Ein armer Mann muss sich nur um Neid Gedanken machen, aber der Reiche lebt in ständiger Angst vor der Welt.

Manchmal allerdings, manchmal wird mir klar, dass das Gute dem Schlechten gegenüber überwiegt. In Momenten wie diesem. Momente, die meine Alpträume nicht antasten können. Aber selbst jetzt, hier in der Cafeteria sitzend und die Frau die ich liebe dabei beobachtend, wie sie lächelnd einen Burger in sich hineinstopft, gibt es Dinge, die ich nicht vergessen kann.

Dana ist eine wirklich liederliche Esserin. Ich bemerke es nicht immer, aber es ist schwer, die Saucentropfen an ihrem Kinn zu übersehen und das eigenartige Fleisch, das sie heute unter ihren Fingernägeln hat. Man könnte denken, sie wäre diejenige, die nur eine Hand zum Essen zur Verfügung hat. Es ist die bezauberndste Sache der Welt.

Sie bemerkt, dass ich sie über den Tisch hinweg anstarre und hebt neugierig eine Augenbraue. Sie würde denken, dass ich das größte Weichei der Welt bin, wenn ich ihr sage, was ich denke. Entweder das, oder sie würde denken, dass ich ihre Tischmanieren kritisiere. Also sage ich nichts weiter, aber beobachte sie weiterhin verstohlen über mein eigenes Mittagessen hinweg.

Eines der Dinge die ich über das Verliebtsein gelernt habe, ist die Sache, dass wenn man, wenn man verliebt ist, genau das Gegenteil von dem fühlt, was jeder normale Mensch in einer bestimmten Situation fühlen würde. Ein normaler Mensch würde denken, dass das ziemlich abstoßend ist und sich einen anderen Tischgenossen suchen. Aber ich war nie ein normaler Mensch und jetzt bin ich ziemlich sicher für unzurechnungsfähig zu erklären. Gut, dass wir keine Gummizelle hier haben.

"Also, woran habt ihr heute gearbeitet?" frage ich sie und sie wedelt als Antwort abwehrend mit ihrer Hand vor ihrem Gesicht herum.

"Das übliche, du weißt schon..." zuckt sie mit den Schultern. Ich nehme an, dass ich es weiß. Ich versuche, nicht all zu viel darüber nachzudenken. Ich habe es vermieden, sie deswegen zu fragen. Aber Tatsache ist, dass Mulder jeden Tag der letzten zwei Wochen mit ihr zusammen in diesem kleinen Labor verbracht hat und ich nicht aufhören kann, mich zu fragen, mir Sorgen zu machen. Sie redet nicht mehr so viel über ihre Arbeit wie früher, teilt mir die Einzelheiten ihrer Tage nicht mehr so leicht mit.

Sie sagte mir, dass er das über uns herausgefunden hat, auch wenn sie nicht weiß, wie. Ich wusste er würde das tun. Ich wusste, dass sie nicht die Chance bekommen würde, es ihm zu sagen. Ich bin mir nicht sicher, warum es so einen bedeutenden Unterschied für mich darstellt, obwohl mir klar ist, warum es ihn stinksauer macht. Ich nehme an, ich wollte nur, dass sie stolz darauf ist, dass es etwas ist, was sie ihm vorweisen könnte als das, was sie jetzt ist, nicht als etwas, das sie gehütet hat wie ein schmutziges kleines Geheimnis.

Jedenfalls spielt es jetzt keine Rolle mehr. Er weiß es. Ich habe sie gefragt, wie er es aufgenommen hat und sie sagte "gut". Was das bedeuten mochte, kann ich nur raten. Eine Sache ist allerdings sicher. Er geht nicht weg.

Wir haben es bis jetzt fertiggebracht, uns aus meistens aus dem Weg zu gehen und wenn wir uns sehen, knurren kaum ein Wort des Erkennens. Deswegen ist ein völliger Schock für mich als ich ihn sehe, wie er absichtlich durch die Cafeteria auf unsern Tisch zu läuft.

Zuerst befürchte ich, dass er etwas "wichtiges" mit Scully zu diskutieren hat oder so und das er sie wieder ins Labor zurückschleppen wird, bevor sie überhaupt ihr Mittagessen aufessen kann. Aber das tut er nicht. Stattdessen sieht er mich direkt an und fragt, "Scully, hättest du etwas dagegen, wenn ich kurz mit Krycek spreche?"

Dana sieht so durcheinander aus wie ich mich fühle und auch ein bisschen verängstigt.

"Entschuldigst du uns für einen Moment?" fragt er uns setzt dabei den widerwärtigen Gesichtsausdruck eines geschlagenen Hündchens auf.

"Äh..." sie sieht zu ihm auf und wieder zu mir und Angst ist jetzt auf jeden Fall die dominierende Emotion in ihrem Gesicht.

"Es ist in Ordnung", sage ich zu ihr, da ich sie nicht unbedingt in seiner Gegenwart haben will, wenn ich etwas dagegen tun kann. Sie nickt langsam, trennt sich von ihrem Stuhl und ihrem Sandwich und zieht sich in Richtung Salatbar zurück, aber beobachtet uns weiterhin bei jedem Schritt. Ich nehme an, dass sie denkt, dass es subtil ist, wie sie sich hinter den Suppentöpfen versteckt. Sie hätte eine schlechte Spionin abgegeben.

Ich frage mich, was sie erwartet. Eine Unterstufen Speisehallen Schlägerei vielleicht. Doch so sehr ich den Bastard gern schlagen würde, bis sein Gesicht blau wird, ich habe mir geschworen, nie wieder auf diese Art die Kontrolle zu verlieren. Ganz besonders nicht hier in aller Öffentlichkeit. Ich weigere mich, meine Autorität von diesem schwarzblütigen, erbärmlichen Mutanten unterminieren zu lassen.

"Also hör zu, Krycek, ich wollte ohne Scully mit dir reden weil..."

Seine Augen sehen sich nervös um und er entdeckt sie, wie sie uns beobachtet und sie konzentrieren sich einen Augenblick lang auf sie. Er steht immer noch da, schwebt bedrohlich über mir, als wäre er ein Albatross oder so.

"Warum setzt du dich nicht?" frage ich, aber es ist keine wirkliche Frage. Er tut es und sitzt mit nun Auge in Auge gegenüber. Ich schiebe mein Tablett weg, weil ich nicht meine Essensreste zwischen uns stehen haben möchte. Aus irgendeinem Grunde erscheint mir die glibberige Soße wie eine Schwäche.

Er seufzt und schließt seine Augen und ich bemerke, dass seine Haut sich zu einem kranken Grün verfärbt hat. Er ist eine lächerlich lange Weile still und wenn ich eine Uhr tragen würde, würde ich draufstarren.

"Mulder, was ist hier das Problem?" belle ich ihn schließlich an, ein bisschen lauter als beabsichtigt. Seine Augen fliegen auf und er sieht aus, als wenn er gerade aus einem Alptraum aufgewacht wäre.

"Krycek, sieh mal ich...ich weiß, dass du und Scully eine ... einen besondere Situation hier habt..."

Naja, sieht so aus, als hätte der Alptraum gerade erst angefangen.

"Besondere Situation", wiederhole ich, unsicher, ob ich ihn richtig verstanden habe. Wir starren uns über den Tisch hinweg an, jeder versucht den anderen dazu zu bringen, sich zu erklären. Er bricht die Stille zuerst, räuspert sich, um die Spannung zu lösen.

"Wie auch immer, aus Gründen, mit denen ich mich abzufinden habe, scheint sie glücklich damit zu sein." Er sieht auf seine Hände und fügt leise hinzu, "Mit dir."

Verdammt richtig, Arschloch. Instinktive Reaktion, die ich versuche nicht auf meinem Gesicht sehen zu lassen.

"Also, äh, denke ich, dass wir hier zu so einer Art Einverständnis kommen sollten."

"Was für eine Art Einverständnis?"

"Ein ... ein Waffenstillstand, ich denke man könnte es so nennen."

Waffenstillstand? Sind wir im Krieg? Wie haben seit einem Monat noch nicht einmal miteinander gesprochen. Kalter Krieg vielleicht.

"Was würde das genau enthalten?"

Er sieht verwirrt aus und sieht wieder zu Scully hinüber, als wenn er ihre Unterstützung suchen würde. Hat sie ihn dazu überredet? Vielleicht. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass er das tut, um ihr zu imponieren, weil er denkt, dass es das ist, was sie will. Ihr zeigen, was für ein erwachsener Mann er ist. In jedem Falle scheint er nicht lange darüber nachgedacht zu haben, weil er keine Antwort auf die Frage parat hat.

"Ich denke ... ich denke nur, dass wir uns unserem Alter entsprechend verhalten sollten, Krycek. Nicht wie ein paar Teenager, die sich um ihre Aufmerksamkeit balgen."

Er lehnt sich mit einem selbstzufriedenen Gesichtsausdruck in seinem Stuhl zurück, wartet darauf, dass ich anbeiße und zu diesem Teenager werde. Das werde ich nicht tun. So sehr er dazu fähig ist, mich innerlich zu diesem Ort zu bringen, ich werde es niemals zeigen. Es ist ein ständiger Kampf. Ich nehme an, dass ich ihm deswegen die ganze Zeit so aus dem Weg gegangen bin. Ich weiß nicht genau, wie ich erklären soll, was er mir antut. Ich nehme an es ist irgendwie der Johnny Birch Situation ähnlich.

Johnny Birch ist mit mir zusammen in die Grundschule gegangen. Er war der coolste in der fünften Klasse. Alle Mädchen haben ihm auf Verlangen ihre Unterwäsche gezeigt und er könnte Würmer essen ohne auch nur zu zucken. Er war mein Idol und er hielt mich für ein Stück Dreck, noch nicht einmal wert, von den Sohlen seiner billigen Turnschuhe gewischt zu werden. Ich bin ihm wie ein Dackel hinterhergelaufen, ich machte seine Art nach, sich zu kleiden, seinen nervtötenden europäischen Akzent, alles. Trotzdem war ich ihm niemals gut genug. Er ging auf eine andere Junior High School und ich bin schließlich selbst sehr beliebt geworden, als ich endlich von Johnny weg war. Aber er hatte eine Freundin an meiner Schule und manchmal kam er sie besuchen. Und wann immer er im Gebäude war, war es so, als würde mich ein Verlierer-Kraftfeld umgeben. Ich verwandelte mich zurück in mein kriecherisches, Verlierer-Ich und musste mich während der Mittagspause auf der Toilette vor meinen Mitschülern verstecken, damit ich mich nicht völlig selbst blamierte.

Lange, blöde Geschichte, aber es ist der beste Vergleich, der mir im Moment einfällt. Mulder bringt mich zu einer Zeit zurück, in der ich Menschen umgebracht habe, weil die mein Gelumpe durchwühlt haben. Er zieht mich runter.

"Ich habe kein Problem damit, Mulder, aber du musst hier etwas verstehen. Die Dinge sind anders. Sie ist anders. Du kannst nicht erwarten, dass deine Beziehung mit ihr wieder so wird, wie sie war."

"Ich...ich weiß das. Sie scheint...glücklich zu sein.", windet er sich wieder um das Wort, fügt aber hinzu, "Das ist alles, worum es mir geht. Alles, worum es mir jemals ging..." und dann sieht er hoch zu einem entfernten Punkt an der Wand.

"Naja, dann haben wir ja kein Problem, oder?"

"Nein, ich, äh, ich nehme an nicht."

Ich warte darauf, dass er endlich geht aber er bleibt ärgerlicherweise immer noch da.

"Du hast mehr Glück als Verstand. Ich hoffe, dass dir das klar ist", sagt er schließlich. Das ist ein interessanter Waffenstillstand.

"Das musst du mir nicht sagen, Mulder."

Er lacht und mir bewusst, wie defensiv und bissig ich klinge.

"Entspann dich, Mann. Das ist es, was ich versuche, dir zu sagen. Du musst dir um nichts Sorgen machen."

"Ich möchte nur, dass du verstehst, dass das hier Ernst ist. Es ist kein Spiel für mich. Ich liebe sie."

Mulder macht ein angewidertes, schmerzverzerrtes Gesicht und kaut auf der Innenseite seiner Wange. Ich weiß nicht warum, aber es fühlt sich wirklich gut an, ihm das zu sagen. Endlich.

"Das ist mir klar. Ich ... ich liebe sie auch", stottert er und ich habe wieder das Gefühl, ihn schlagen zu wollen. "Deswegen bin ich bereit, sie gehen zu lassen." Wie großzügig von ihm. Wie nett.

"Ich denke nicht, dass du die Wahl hast."

Er starrt mich eine Weile ausdruckslos an und nickt dann kläglich.

"Sieh mal, ich bitte dich ja hier nicht, mein bester Freund zu werden, Krycek. Ich denke nur, dass wir ihr zuliebe, wie zivilisierte Menschen miteinander umgehen sollten."

Er steht auf und streckt seine Hand aus und ich habe nicht wirklich die Wahl, weil ich denke, dass jeder an diesem Ort uns jetzt beobachtet. Ich schüttle kurz seine Hand und der Raum wird mucksmäuschenstill, bis auf ein kleines "Oh mein Gott", das von irgendwo in der Nähe der Salatbar kommt.

Ich kann ein leises Lachen deswegen nicht unterdrücken. Mulder setzt sich wieder hin und die Leute fangen wieder an, sich zu unterhalten und sich zu bewegen, Krise abgewendet.

"Also, Krycek. Ich bin willens, hier mit dir zusammenzuarbeiten. Ich meine ich möchte dir in jeder möglichen Hinsicht helfen."

"In *jeder* Hinsicht? Was denkst du darüber, als Testobjekt bei der Entwicklung der biologischen Waffen zu fungieren?" mache ich einen halbherzigen Scherz.

"Also ihr versucht wirklich, hier eine biologische Waffe zu entwickeln? Hältst du das für eine gute Idee?"

"Es ist die einzige Möglichkeit, sie loszuwerden, Mulder."

Selbst ihm muss das doch klar sein. Es scheint allerdings nicht so. Er bekommt wieder diesen schmerzverzerrten Gesichtsausdruck.

"Sie los werden, aber um welchen Preis?"

Ist das auch Teil unseres Waffenstillstandes? Hat ihm unser Händeschütteln die Erlaubnis gegeben, alles in Frage zu stellen, was ich tue?

"Um jeden Preis."

"Ist dir klar, wie gefährlich das für deine Gruppe ist, Krycek? Für die Leute, die die Waffen entwickeln, die Kinder, die hier leben..."

"Wir haben die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen."

Der eigentliche Punkt ist es, ein Gift zu entwickeln, das *nicht* gefährlich für *uns* ist. Natürlich wäre Mulder im Falle unseres Erfolges sicher in Gefahr.

"Ich frage mich, ob ihr euch am Ende vielleicht selbst zerstören könntet, bevor die euch überhaupt kriegen."

"Also, was schlägst du vor, Mulder?"

Warum ist er immer noch hier und spricht mit mir? Ich denke unser "Waffenstillstand" würde wesentlich besser funktionieren, wenn wir uns weiterhin aus dem Weg gehen würden.

"Keine Ahnung, Krycek. Ich will dir hier ja nicht widersprechen. Ich frage mich lediglich, was deine Strategie ist."

"Strategie? Mulder, ich versuche einfach, diesen Ort hier weiterhin funktionsfähig zu halten. Diese Menschen am Leben zu halten."

Kurzsichtig vielleicht, aber es nimmt tatsächlich meine ganze Zeit in Anspruch.

"Du arbeitest für die Alien Rebellen, stimmt's?"

Der Widerwillen in seiner Stimme ist offenkundig. Ich kann die Anklage hören, unausgesprochen, aber überwältigend. Die meisten Aufträge, die wir für diese Bastarde zu erledigen haben, bestehen daraus, Leute wie Mulder en masse umzubringen.

"Du denkst, das wird euch auf lange Sicht hin helfen?"

Plötzlich überkommt mich eine lebendige Erinnerung daran, wie ich damals vor all den Jahren herausgefunden habe, dass Mulder "tot" ist. Ich erinnere mich daran, wütend gewesen zu sein, reuevoll, dass er nicht mehr in der Lage sein würde, vor meiner Tür aufzukreuzen und mir zu sagen, um wie vieles besser er diesen Ort führen könnte. Ich erinnere mich an das Gefühl, dass sein Tod mir etwas von meiner Hoffnung genommen hat. Gott, was für ein verdammter Idiot ich damals war.

"Es hilft uns jetzt. Sie geben uns die Güter, die wir brauchen."

"Aber wie lange? Ich meine, vertraust du ihnen wirklich? Weißt du überhaupt, warum sie euch benutzen, um deren Dreckarbeit zu erledigen? Es ist ja nicht gerade so, dass sie es nicht selbst tun könnten. Und sehr viel effizienter."

Denkt er, dass ich über all das nicht schon nachgedacht habe? Dass ich irgendwie unzurechnungsfähig bin? Um Himmels Willen, es ist nicht so, dass wir hier eine riesengroße Menge an Möglichkeiten gehabt hätten.

"Also, was denkst du, wo wir die ganzen Sachen herbekommen sollten, die wir zum Leben brauchen, Mulder? Auf dem Wochenmarkt?"

"Du hast eine Farm hier, Krycek. Ich denke, dass alles im Moment ohne sie ganz gut läuft."

"Bis die uns umbringen, weil wir ihnen den Rücken zugekehrt haben."

Er redet wieder, aber ich kann nicht mehr zuhören. Ich muss mich eine Weile in mich zurückziehen und mich wieder zusammennehmen. In meinen Ohren habe ich ein Klingeln, das sicherlich den Anfang höllischer Kopfschmerzen darstellt und der alte Phantomschmerz ist das erste Mal seit Monaten wieder zurück. Er macht mich körperlich krank. Mein Gott, wenn es nicht wegen Dana wäre, dann wäre er bei seiner Ankunft schon tot gewesen. Ich atme ein paar Mal tief durch und zerreiße die Serviette auf meinem Schoß in eine Million und ein kleine Stückchen und fange wieder an ihm zuzuhören.

"...also frage ich mich nur, ob du dich hier vielleicht ein bisschen zu behaglich eingerichtet hast. Dich dem Status Quo angepasst hast, verstehst du? Ich meine es ist verständlich. Du hast hier eine großartige Sache laufen und natürlich willst du, dass es so bleibt. Alles was ich sage ist ..."

"Ich *weiß*, was du sagst, Mulder."

Jetzt hör endlich auf, es zu sagen. Mein Gott, wo zum Teufel steckt Dana? Ich nehme an, sie ist immer noch an der Salatbar und wartet auf den Beginn einer Essensschlacht.

Gott, woher kommt er überhaupt? Kritisiert mich dafür, dass ich für die Rebellen arbeite und hat die letzten sechs Jahre damit verbracht, Papierkram für die gottverdammten Kolonisten zu erledigen. Ich hasse ihn.

"Vielleicht solltest du damit anfangen herauszubekommen, warum der rauchende Hurensohn euch schon so lange so weitermachen lassen hat. Ich kenne jemanden, der vielleicht in der Lage ist, dir ein paar Informationen darüber zu geben."

"Und wer sollte das sein?"

"Marita."

"Marita?"

Ich weiß nicht, ob ich lachen oder ausspucken soll. Ich lache.

"Ich denke du kannst ihr vertrauen, Krycek. Und ich denke, dass sie eine Menge über die weiß."

"Ja, ja, sie ist wirklich gut darin, jemanden *glauben* zu lassen, sie wüsste eine Menge. Sie weiß überhaupt nichts. Und wenn sie etwas wissen würde, würde sie mir nichts darüber erzählen. Und alles, was sie mir erzählen würde, wäre sowieso eine Lüge."

Ich hatte allerdings trotzdem die Absicht, die zu vernehmen. Sie scheint in der letzten Zeit ziemlich gut beieinander zu sein, dem nach zu urteilen, was ich so höre. Ich muss herausfinden, was zur Hölle ich mit ihr anfangen soll.

"Naja, das ist jedenfalls meine Empfehlung. Ich denke, dass sie dir helfen könnte. Du bist doch der große Boss hier, richtig? Du kannst sie zum reden bringen, King Krycek." Er macht ein vertrautes überhebliches Gesicht und nimmt sich einen Tater-Tot von Scullys Tablett und steckt es in seinen Mund.

"Sie kommt wieder, wie du weißt."

"Ja, aber sie mag keine Tater-Tots."

"Doch das tut sie."

Er lacht und endlich, ENDLICH, steht er auf und beginnt zu gehen.

"Weißt du, für jemanden, der so viel Glück hat wie du bist du ziemlich verkrampft", sagt er, als er an mir vorbeigeht.

Ich spüre etwas auf meinem Kopf und will schon danach schlagen, weil ich denke, dass es eine Art Insekt ist. Dann bemerke ich, dass es Mulders Hand ist, die meine Haare zerzaust.

"Du solltest hin und wieder mal versuchen zu lächeln", sagt er jovial. Ich habe eine Waffe an meinem Stiefel festgeschnallt. Ich könnte ihn gleich jetzt in den Rücken schießen, während er aus der Tür geht. Es wäre so einfach. Wenn nur ...

"Was zum Teufel ist hier gerade passiert?"

Wenn nur diese Frau nicht weinen würde, wenn ich ihn umbringe.

Sie setzt sich dieses Mal neben mich, anstatt mir gegenüber und nimmt meine Hand in ihre. Mir ist danach zumute, sie auf meinen Schoß zu ziehen und sie ganz fest an mich zu drücken. Ich will nicht, dass sie wieder ins Labor zurückgeht. Zu ihm.

"Ich bin nicht ganz sicher. Erst wollte er mein Freund sein und dann wollte er mir all das sagen, was ich falsch mache."

Sie lacht leise und schüttelt ihren Kopf mit einer Mischung aus Unglauben und Amüsement. Ich frage mich, was dazu nötig wäre, dass sie mir sagt, was ich richtig mache.

"Hey, möchtest du nach Hause gehen und den Rest des Nachmittags frei nehmen?" ich lehne mich zu ihr und flüstere ihr das ins Ohr. Ich sehe sie mit meinem besten "Fick mich" Blick an, aber ich möchte wirklich einfach nur mit ihr ins Bett kriechen, sie im Arm halten und sie mich berühren lassen, sie sagen hören, dass sie denkt, dass ich die beste Sache seit Schnittkäse bin.

"Ich kann nicht, Alex. Ich bin gerade bei etwas wichtigem. Tatsache ist, ich sollte zurückgehen."

"Bist du sicher?" versuche ich wieder und küsse diesmal ihren Hals um es zu unterstreichen. Sie lehnt sich zu mir und seufzt, ob vor Erregung oder Bedauern kann ich nicht genau sagen.

"Mmmmsehr."

Sie dreht sich für einen kurzen Kuss zu mir und dann ist sie auf ihren Füßen auf dem Weg nach draußen.

"Du hast heute etwas gutes getan, Tschiwodnoje", sagt sie mir und dann geht sie aus der selben Tür, aus der Mulder vor fünf Minuten gegangen ist und lässt mich mit einem Haufen ungegessener Tater-Tots allein.

Ende Kapitel 8

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 Kapitel 9

Morgen habe ich Geburtstag. Ich werde dreiundvierzig Jahre alt. Ich habe fast ein weiteres Jahre geschafft.

Das erste Mal, als mir klar wurde, dass ich an Krebs sterben würde, war es eine Art Schock. Es gab Hinweise, ja, subtile Anzeichen über die Jahre hinweg, dass mir so eine Sache als Folge aus meiner Entführung widerfahren könnte. Aber trotzdem, es war nichts, was ich ernstlich als Möglichkeit in Erwägung gezogen hätte. Bis es Realität geworden ist.

Als ich herkam, als mein Chip entfernt wurde, wusste ich, dass er wiederkehren könnte. Es war ein Risiko, das ich auf mich genommen habe, von dem ich das potentielle Ergebnis kannte und völlig darauf vorbereitet war, der Krankheit wieder gegenüberzutreten, wenn es notwendig werden sollte. In den ersten zwei oder drei Jahren war jeder Monat, der ohne ein Zeichen davon vorbeiging, ein Segen für mich. Ein Geschenk. Aber ich habe die Bedrohung immer noch leuchten sehen. Nach vier oder fünf Jahren hat die Angst etwas nachgelassen. Ich habe mir gedacht, dass wenn ich wieder krank werden würde, es schon längst passiert sein müsste. Ein paar von den früheren Sklaven haben es bekommen, aber nicht alle von ihnen. Ich dachte ich wäre eine von den glücklichen.

Im vergangenen Jahr sind meine Sorgen über die Rückkehr des Krebses in den Hintergrund meines Bewusstseins getreten. Ich habe weiterhin an einem Heilmittel gearbeitet, zum Wohle der unglücklichen Individuen, die krank geworden waren, aber im allgemeinen wurde ich dazu verleitet zu glauben, ich sei immun. Es hat so lange angehalten. Und Alex...mit Alex zusammen zu sein, gibt mir manchmal das Gefühl, ich sei unbesiegbar. Aber ich bin es nicht.

Ich habe heute morgen Nasenbluten bekommen.

Ich bin mit Kopfschmerzen aufgewacht. Nein, es war wesentlich schlimmer als Kopfschmerzen. Es fühlte sich an, als wenn mein Schädel in eine Million Teile zerplatzen würde. Ich denke ich habe tatsächlich im Schlaf vor Schmerzen geweint. Als ich meine Augen öffnete sah ich, dass Alex immer noch schlief und rollte mich leise aus dem Bett und ging ins Bad. Ich spritzte mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht und als ich so dort stand, über dem Waschbecken zusammengekrümmt, beobachtete ich, wie rote Tropfen das Weiß des Porzellans zu färben begannen. Alles, woran ich denken konnte war, wie ich diese Flecken wegwischen müsste und wo ich das Handtuch verstecken könnte, das ich verwendet habe, so dass es Alex nicht sehen würde.

Es dauerte eine ziemlich lange Zeit. Sehr viel länger als die, die ich das erste Mal hatte. Viel mehr Blut. Die Kopfschmerzen waren eine Warnung nehme ich an. Sie kamen nicht völlig überraschend, so wie es früher war. Das könnte gut sein. Könnte einfacher sein, es zu verbergen, wenn sie auftreten.

Der Gedanke, ein solches immenses Geheimnis vor Alex zu verbergen ist so furchtbar, aber ich weiß nicht, was ich sonst tun sollte. Seine Reaktion auf die Krankheit wäre für mich wesentlich schwerer zu handhaben, als die Krankheit selbst.

Ich erinnere mich an Mulders Leugnen, seine Unfähigkeit, die Möglichkeit meines Todes in Betracht zu ziehen. Manchmal hatte ich das Bedürfnis, ihn zu schütteln, ihn auf den Hinterkopf zu schlagen und ihn anzuschreien, "Ich STERBE! Begreifst du das nicht?"

Es war frustrierend, aber es hat für uns funktioniert. Vermeidung war das herausragende Kennzeichen unserer Beziehung.

Alex leugnet nicht. Er würde es akzeptieren. Er würde es glauben und völlig verstehen, was es bedeutet. Und dann würde er wahrscheinlich verrückt werden.

Ich bin sicher, dass er sich selbst die Schuld geben würde. Er war schließlich derjenige, der den Chip rausgenommen hatte. Ursache und Wirkung. So arbeitet sein Verstand. Er würde nicht in Betracht ziehen, dass ich diesen Weg selbst gewählt habe.

Dann würde er versuchen, einen Angriffsplan auszuarbeiten. Eine Möglichkeit, die Krankheit zu töten, sie durch puren Willen allein aus meinem Körper zu zwingen. Und wenn ihm klar werden würden, dass er das nicht kann, würde er sich dafür auch selbst die Schuld geben.

Und dann würde er entscheiden, dass ich in meinem Zustand nicht mehr arbeiten sollte. Dass ich überhaupt nichts mehr tun sollte. Er würde mich in einer diesen lebensverlängernden Blasen einschließen, wenn er könnte. Er würde mich verrückt machen mit seiner Sorge und Überbeschützung und seinen Gefühlen der Hilflosigkeit. Wir würden uns beide miserabel fühlen.

Wenn ich sterben werde, möchte ich meine letzten Tage auf der Erde in relativem Frieden verbringen. Ich möchte das, was ich habe genießen, ohne den unvermeidlichen Verlust davon betrauern zu müssen. Ich möchte, dass Alex mich genießen kann, ohne dass dieses Damoklesschwert über unseren Köpfen hängt.

Und vor allem möchte ich ein Heilmittel finden. Ich werde ein Heilmittel finden. Er wird niemals davon erfahren müssen. Ich werde ihn niemals diesen Schmerz fühlen lassen.

Nachdem die Blutung aufhört, bin ich direkt ins Labor gegangen, als es noch nicht mal richtig dämmerte. Jetzt wo ich hier bin, weiß ich nicht so recht, was ich mit mir anfangen soll. Ich fühle mich dem Durchbruch so nahe, aber ich habe mich schon seit Ewigkeiten so gefühlt. Ich habe an meinem Schreibtisch gesessen, seit ich hergekommen bin und lese die Daten durch, die Roseanne in den letzten sechs Monaten aufgezeichnet hat. Wir haben schon vor langer Zeit aufgehört, uns auf diese alten, klapprigen Computer zu verlassen. Ich weiß, dass die Antwort irgendwo in diesen Seiten steckt. Es ist einfach so, dass man ein und eins zusammenzählen muss.

Ich höre, wie sich die Tür öffnet und schließt und Schritte, die sich in meine Richtung bewegen. Zu schwer und laut, um Roseannes Schritte zu sein. Ich nehme an es ist Mulder.

Ret wacht aus seinem Schlummer in der Ecke auf und steht auf, als er das Geräusch hört. Ich weiß nicht genau, warum ich mich dazu entschlossen habe, ihn heute mit auf Arbeit zu nehmen. Ich nehme an, ich brauchte einfach die Gesellschaft. Ich habe ihn von dem Krebs erzählt, als wir hierher gelaufen sind. Er hat es gut aufgenommen.

Mulder findet seinen Weg durch das Gewirr von Mikroskopen, Tabletts, Gewebeproben und anderen sortierten Zubehör und erreicht meine kleine Denkerecke in dem großen Raum. Ret fängt an zu knurren und bleckt sofort seine Zähne und mir fällt ein, dass Mulder noch nie meinen Hund getroffen hat.

"Ret, nein! Sitz!"

Er tut das und Mulder schaut zwischen uns hin und her, perplex.

"Entschuldige, er ist ein bisschen übereifrig."

"Du hast einen Hund, Scully?"

"Offensichtlich."

Er grinst mich sarkastisch an.

"Ret, das ist Mulder. Mulder gut. Guter Mulder."

Er lacht und kniet sich hin um ihn zu streicheln. Ret hechelt und hüpft glücklich auf und ab, beruhigt durch meine positive Reaktion auf Mulders Anwesenheit.

"Hi Rhett. Wo ist Scarlet?"

"Nicht dieser Rhett, Mulder. R.E.T. Ret, Abkürzung für Ret...ikulaner."

Ich nehme an, dass ich die Bedeutung dieses Namens fast vergessen habe, die er zu der Zeit für mich hatte, als ich Ret gefunden habe. Mulder scheint es augenblicklich zu verstehen.

"Das ... das ist ein guter Name."

Ret rollt sich auf seinen Rücken und wedelt mit den Pfoten in der Luft.

"Er möchte, dass du seinen Bauch kratzt", sage ich ihm. Ich überlasse sie ihrem gemeinsamen Spiel und lese weiter. Sie scheinen sich prächtig miteinander zu amüsieren.

Nach ungefähr zwanzig Minuten spüre ich ein Klopfen auf meiner Schulter. Ich drehe mich um und sehe einen ziemlich verlegen dreinschauenden Mulder.

"Scully, ich ... ich wollte dir etwas geben", murmelt er, mit den Händen in den Taschen. Mist. Mein Geburtstag. Was könnte er für mich haben? Es ist nicht gerade so, dass er mal schnell ins Einkaufszentrum flitzen und eine Flasche Chanel No.5 besorgen könnte.

"Als ich aufwachte nach dem ... was immer mir widerfahren war, habe ich das in meiner Tasche gefunden. Ich habe es die ganze Zeit behalten, weil ich mich an die Dinge erinnerte, wie sie früher waren. Als die Welt noch bei Verstand war. Und..."

Er räuspert sich und schaut mir in die Augen. Seine scheinen direkt durch mich hindurch zu sehen. Ich sehe darin ein anderes Leben.

"Und an dich. Es erinnerte mich an dich. Gab mir Hoffnung."

Er zieht seine rechte Hand aus seiner Tasche und hält sie mir als Faust hin. Ich öffne meine Handfläche darunter und er lässt das kleine Stück Papier in meine Hand fallen.

"Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Scully. Ich hoffe, dass es dir auch Hoffnung gibt."

Er küsst mich oh-so-kurz auf die Wange, geht wieder zurück zu Ret und hockt sich neben ihn.

Ich starre auf das zerfetzte Objekt und versuche die Schrift darauf zu entziffern. Es wird von mehreren Streifen durchsichtigen Klebebandes zusammengehalten. Genaugenommen ist es mit dem Zeug völlig bedeckt, was ihm ein beschichtetes Aussehen gibt. Aber ich kann die Stellen sehen, an denen es zerrissen und entwertet wurde.

Discount Multiplex. Das bedeutet das Wort ganz oben. Ein Kino. Es ist eine Eintrittskarte eines Kinos. Das Datum ist kaum zu erkennen, aber das Jahr ist 1999. Ich erinnere mich. Wir waren in New York, während wir an einem unserer letzten Fälle gearbeitet haben. Es war Winter. Nur ein Monat oder so, bevor es begann. Ich erinnere mich nicht an die Einzelheiten des Falles. Alles woran ich mich erinnere, ist Mulder, wie er mich in das Kino geschleift hat, als wir alles erledigt hatten und auf unseren Flug nach Washington gewartet hatten. Es fiel etwas Schnee. Wir mussten fünf oder sechs Stunden überbrücken und er sagte, dass er diesen Film schon seit dem Sommer sehen wollte. Der Film, Austin Powers. Herabgesetzter Eintrittspreis, weil der Film schon seit Monaten lief.

Es war der blödeste Film, den ich je gesehen habe. Aber ich habe es gemocht, neben Mulder in der künstlichen Wärme des Kinos zu sitzen, ihn über all die furchtbaren Witze lachen zu hören, den großen Becher Popcorn mit ihm zu teilen, bis uns die Buttersoße die Finger hinunter lief. Es hat Spaß gemacht. Es war der letzte Spaß, den wir hatten.

"Danke, Mulder", flüstere ich und halte die Karte fest in meiner Hand. Und dann lese ich weiter.

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Das ist die lächerlichste Show, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Selbst für Alex ist das absurd. Ich bin heute morgen von einem Hämmern an meiner Tür aufgewacht. Ich habe mich aus dem Bett erhoben, obwohl es eine absolut unchristliche Stunde zum Wachsein war und entdeckte die drei großen, waffentragenden Männer, die schwarz gekleidet in meinem Flur standen.

Ich hatte immer noch meinen Schlafanzug an, aber die brutalen Bastarde schienen das weder zu bemerken noch schien es sie zu kümmern. Sie drängten sich in mein Zimmer und befahlen mir, Schuhe und einen Mantel anzuziehen. Ich fragte sie, was das alles solle, aber sie weigerten sich, noch ein einziges Wort zu sagen. Sie führten mich über die schneebedeckten Wege, in meinem Nachthemd, Stiefeln und einem lächerlichen Second-Hand Parka, während sie die ganze Zeit eine Waffe in meinen Rücken drückten.

Ich nehme an, dass es keine wirkliche Überraschung sein sollte, zu wem sie mich führen. Der Mann, der hinter dem Schreibtisch sitzt, hat mir den Rücken zugewendet, aber ich weiß, wer er ist.

Es kann nur ein einziger Mensch sein. Wenn die Schläger ihn nicht verraten hätte, dann hätte es dieses lächerlich ordentliche Büro getan. Alles beschriftet und nach Name und Farbe sortiert, in kleinen beschrifteten Ablagefächern abgelegt. Mein Gott, er ist sogar noch schlimmer geworden. Der größte ordnungsfanatische Verbrecher, den ich je gekannt habe. Er mag denken, er sei jetzt ein besserer Mensch, aber das ist er nicht. Nicht für mich. Ich erinnere mich jetzt. Ich erinnere mich an alles. Nichts als ein Verbrecher.

Er dreht sich zu mir um wie irgendein erbärmlicher Bösewicht aus einem James Bond Film und nickt seinen persönlichen Bodyguards zu.

"Es ist in Ordnung", sagt er mit einer Handbewegung und das Trio verlässt den Raum. Er schaut mich von oben bis unten an mit einem schauerlich ausdruckslosen Gesicht. Ich frage mich, ob er mich erschießen wird.

"Setz dich", sagt er höflich, als wenn er mich zum Tee eingeladen hätte.

"Gibt es einen bestimmten Stuhl, in den ich mich setzen soll, Eure Hoheit?"

"Setz. Dich."

Ich nehme den Klappstuhl ihm gegenüber und verschränke meine Arme. Das ist besser verdammt gut.

"Nun, ist das nicht viel bequemer?" fragt er.

"Bequemer als was? Mit einer Waffe im Rücken im Schlafanzug über den Campus geschleppt zu werden?"

Seine Lippen verziehen sich zu einem eigenartig verzerrten Lächeln. Das muss so amüsant für ihn sein, endlich seine Macht über mich ausspielen zu können. Über jeden. King Alex, Herrscher über den größten Misthaufen, der auf dem Planeten Erde übriggeblieben ist.

"Was soll das bedeuten, Alex? Was ist so wichtig, dass du mich vor der Morgendämmerung aus dem Bett zerren musst, bevor ich überhaupt geduscht habe? Nicht, dass es jemals heißes Wasser geben würde."

"Oh, es tut mir leid Prinzessin. Sind die Bedingungen nicht zu Ihrer Zufriedenheit?"

"Tatsächlich sind sie es nicht. Ich hatte vor, meine Unterbringung mit dir zu diskutieren. Ich bin mir sicher, dass es auf diesem Campus größere Zimmer geben muss. Mit privaten Toiletten und Küchen ..."

Er schlägt seine Faust auf den Tisch in so einer Art Versuch, bedrohlich zu erscheinen. Der kleine Bleistifthalter, der auf der Ecke stand kippt um, und verstreut ungefähr ein Dutzend so schön ordentlich gespitzter Bleistifte der Größe 2 auf den Boden.

"Hör mir zu. Das ist mein Ort. Und du bist privilegiert, hier zu leben. Du hast Glück. Glück, dass ich dir gestatte, hier zu bleiben."

Privilegiert? Was für ein Witz. Hier zu leben ist meine Strafe. Wofür weiß ich nicht.

"Alex, was willst du? Warum hast du mich herkommen lassen?"

Er lehnt sich zurück und sieht mich nochmals gruselig von oben bis unten an. Gut, dass er nur eine richtige Hand hat. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn er immer noch beide hätte, würde er sie boshaft aneinander reiben.

"Lass mich dir eine Frage stellen, Marita. Du bist eine freie Frau..."

Bin ich? Das ist ein interessanter Blick auf die Situation. Ich nehme an, Freiheit ist relativ.

"Du bist keine Sklavin mehr, du scheinst dich gut angepasst zu haben, du siehst gesund aus. Gut, eigentlich siehst du ziemlich gut aus. Du bist stark und du scheinst dich wieder im Griff zu haben. Du scheinst außerdem sehr unglücklich mit deiner Umgebung zu sein. Also ... was machst du immer noch hier?"

Das ist es, warum ich nicht wirklich frei bin. Warum ich es niemals war und niemals sein werde.

"Du bist mit jemandem in Kontakt."

Das ist keine Frage. Er weiß es. Natürlich. Hat es jemals einen Zweifel daran gegeben, dass er mir jede Sekunde folgen würde? Was sollte ich gleich in dieser Situation tun? Alex sollte es jetzt aus irgendeinem mysteriösen Grund noch nicht wissen. Aber ich muss ihm offensichtlich hier eine Art Erklärung anbieten. Verdammt sei er, dass er mich in diese Situation gebracht hat. Beide seien verdammt. Und auch Mulder. Alle. All die Männer. Es scheint so, als hätten sich die Dinge verändert, aber das tun sie niemals wirklich.

"Kontakt? Alex, ich weiß nicht, wovon du sprichst", lüge ich zweckloserweise. Ich nehme an, es gibt immer noch die minimale Chance, dass er blufft.

"Oh, komm schon, Marita. Du wanderst in die Wälder und denkst, ich würde niemanden schicken, der jede deiner Bewegungen überwacht? Mein Gott, ist dir überhaupt klar, wie ernsthaft du die Sicherheit dieses Ortes gefährdest?"

"Alex, beruhige dich. Du musst dir um nichts Sorgen machen."

"Wer ist er? Was will er von dir?"

Gibt es irgendeinen Grund zu lügen? Ich weiß es noch nicht einmal. Es macht mir noch nicht einmal wirklich etwas aus. Ich habe das alles so satt.

"Ich kenne seinen Namen nicht. Er arbeitet für einen Verwandten von mir, der mir ein paar Mitteilungen zukommen lassen wollte. Das ist alles."

"Welcher Verwandte?"

"Alex, willst du die persönlichen Details aus jedermanns Privatleben wissen, oder nur aus meinem?"

"Jedermanns Privatleben bringt nicht die ganze Gruppe in Gefahr."

"Also, so funktioniert das hier? Wir alle opfern unsere Privatsphäre für das Wohl der Gruppe?"

"Das fasst es ungefähr zusammen, ja."

"Meine Rede. Was für ein guter kleiner Kommunist du bist."

Seine Augenbrauen heben sich und seine Lippe zuckt ein bisschen. Er versucht, es nicht zu verraten, aber ich habe offensichtlich einen wunden Punkt getroffen. Ich kann es nicht fassen, dass er immer noch empfindlich wegen dieser Sache ist. Es ist ja nicht so, als hätte das Wort noch irgendeine Bedeutung.

"Wir tun, was wir tun müssen. Um zu überleben", brummt er durch zusammengebissene Zähne. "Wenn dir das nicht gefällt, geh. Aber wenn du vorhast zu bleiben, dann wirst du mir lieber gleich sagen, wer dieser Mann ist, oder du wirst andere Absprachen treffen müssen."

Naja, das war's dann wohl. Erzähl Alex alles, oder werde rausgeworfen. Was bringt mich wohl mehr in Schwierigkeiten? Das Geheimnis zu früh preisgeben, oder mich rauswerfen zu lassen? Das letztere würde mehr Probleme für mich mit sich bringen.

"Ich habe es dir gesagt. Er arbeitet für einen Verwandten von mir. Jemanden, der mich kontaktieren wollte. Jemanden, der dir helfen will."

"Mir helfen?"

Er schaut einen Augenblick lang misstrauisch und bricht dann in Gelächter aus. Auf einmal sieht er erschreckend jung aus, obwohl es ein Lachen aus Bitterkeit und nicht aus Fröhlichkeit ist. Er ist wirklich nicht sehr gealtert. Diese Krähenfüße um seine Augen sind tiefer und zahlreicher geworden und er hat ein paar graue Strähnen in seinen Haaren, aber er hat immer noch dieselben zeitlosen Charakterzüge.

"Hör zu, glaub mir, oder lass es bleiben. Es macht für mich keinen Unterschied."

"Warum würde irgendein Verwandter von *dir*, *mir* helfen wollen, Marita?"

Warum, tatsächlich. Wahrscheinlich deshalb, weil er Alex immer wie sein eigenes Kind behandelt hat. Mehr, als jede seiner Töchter. Ich nehme an, dass er immer einen Sohn wollte.

"Ich weiß nicht Alex. Du kanntest ihn besser als ich ihn je gekannt habe."

Er kaut auf seiner Unterlippe und denkt etwa eine Minute darüber nach. Er kann die Neugier jedoch nicht länger aushalten.

"Also, wer zum Teufel ist es?"

"Dein alter Freund, Alex. Der einzige Mensch, den es jemals gejuckt hat, ob du lebst, oder tot bist."

Er sieht immer noch total verwirrt aus, der Idiot.

"Ich gebe dir drei Hinweise. Britisch, unmodern und unerträglich anmaßend."

Er reißt geschockt seine Augen auf und kneift sie gleich wieder misstrauisch zusammen.

"Er will dich treffen. Er sagt aber, dass es dafür jetzt noch zu früh ist."

Er seufzt, schiebt seinen Stuhl zurück und läuft zur Vorderseite seines Schreibtisches. Er lehnt sich dagegen und fährt sich mit den Fingern durch die Haare.

"Wie ist er mit dir verwandt?" fragt er leise. Er ist mir jetzt sehr nahe. So nahe, dass ich ihn riechen kann. Kein After Shave hier für den eitlen jungen Mann. Nur er. Geruch ist eine fast nostalgische Empfindung. Der Geruch von Alex bringt mich an einen sehr dunklen Ort zurück.

"Er ist mein Vater."

"Wa...was?" bringt er unter einem nervösem Lachen heraus. Ich bin tatsächlich ein wenig überrascht, dass er das nicht schon längst gewusst hat. Ich dachte, dass der alte Tölpel seinem kleinen Protegé alles über alles erzählt hätte.

"Okay...also..." stammelt er und versucht, seine Gedanken wieder zusammen zu bekommen. "Also, hast du ihn tatsächlich *gesehen*? Hast du mit ihm gesprochen?"

"Nein. Dieser Mann hat mir allerdings einen Brief von ihm gegeben. Wenn du ihn liest ... naja, er kann von keinem anderen sein."

"Also du bist sicher, dass du diesem Mann vertrauen kannst?"

"Gewissermaßen."

"Gewissermaßen..."

Er seufzt und schaut mit einer Grimasse an die Decke.

"Und wo ist dein Va..Vater?"

"Ich weiß es nicht. Der Mann wollte es mir nicht sagen. Er will nicht, dass ich es jetzt schon weiß."

Noch ein Seufzen und ein bisschen Zappeln. Armer Alex. Ich habe ihn noch nie so nervös gesehen.

"Alles klar. Äh...wir haben Donnerstag morgen eine Vorstandssitzung. Ich möchte dich dabei haben. Aber ich möchte nicht, dass du irgend jemandem erzählst, was du mir gerade gesagt hast. Nicht, bevor wir mehr darüber wissen."

Perfekte Lösung. Eine Vorstandssitzung. Er ist so ein Vollblut-Bürokrat.

"Also, was werde ich bei dieser Sitzung machen?"

"Nur...nur dabei sein."

"Werden sich deine 'Vorstände' nicht fragen, was ich da tue?"

Es schüttelt verneinend seinen Kopf und geht wieder hinter seinen Schreibtisch.

"Du bist dort, weil ich dich darum gebeten habe. Das ist alles", teilt er mir mit, setzt sich wieder hin und wedelt mit der Hand vor seinem Gesicht herum. Er sieht zu den Blättern auf seiner Schreibunterlage hinunter und beginnt, damit zu hantieren. Ich nehme an, dass ist mein Hinweis, dass ich gehen soll. Aber da gibt es noch etwas wichtiges, was wir noch nicht besprochen haben.

"Wirst du Scully hiervon erzählen?"

Er schaut auf und legt seinen Kopf zur Seite.

"Wie bitte?"

"Wirst du es Scully erzählen?"

"Scully ist nicht dein Problem."

Noch nicht. Das heißt nicht, dass sie es niemals sein wird. Ich habe sie zusammen gesehen. Sie hat ihre Krallen so tief in ihm hineingeschlagen, dass er eine Spitzhacke brauchen wird, um sie wieder heraus zu bekommen. Es ist ein Rätsel für mich, was die beiden aneinander finden. Sie ist ganz sicher nicht sein Typ und Gott weiß, er ist nicht ihrer.

"Sie mag mich nicht sehr, Alex."

Er lacht diesmal wirklich amüsiert.

"Wie sehe ich aus? Wie der Gruppen Beziehungsratgeber? Sie ist nun mal so. Sie ist vielen Leuten gegenüber still und reserviert."

"Allerdings nicht zu dir, wie ich annehme."

"Marita..."

"Vielleicht ist sie eifersüchtig?"

"Marita, tu mir einfach den Gefallen und sprich noch nicht einmal mit ihr, okay?"

Mein Güte. Wie völlig paranoid. Ich frage mich, wieviel von seinem früheren Leben er mit seiner neuen Freundin geteilt hat.

"Was hast du ihr alles nicht erzählt, Alex?"

"Es geht dich nichts an, was ich ihr erzähle oder nicht. Ich will einfach, dass du nichts über irgendetwas zu ihr sagst."

Naja, sie hat nicht gerade den Eindruck gemacht, als wolle sie mit mir plauschen. Wovor hat er solche Angst? Sieht so aus, als hätte ich einen weiteren weichen Punkt an ihm entdeckt.

"Warum sollte ich etwas sagen?"

"Tu...tu es einfach nicht! Ich möchte nicht, dass du oder irgendjemand sonst etwas zu ihr sagt, das sie verletzen könnte."

Er klingt so, als wäre er der Panik nahe. Gut. Er sollte wissen, dass er hier nicht der einzige ist, der Macht hat.

"Oh, keine Sorge Alex. Ich werde deine kleines Schätzchen schon nicht verletzen."

"Okay, geh und dusch dich, Prinzessin. Wir sind hier fertig."

Ich nehme an das sind wir. Im Moment. Aber ich habe das Gefühl, der Spaß hat gerade erst angefangen.

Ende Kapitel 9

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Kapitel 10

"Also, warum bist du heute morgen so früh zur Arbeit gegangen?"

Dana sieht zu mir auf, den Mund voll von dem Irish Stew, das ich ihr in den letzen zwei Stunden als Geburtstagsessen gekocht habe. Es ist ihr Lieblingsessen. Na ja, ihr liebstes Essen von dem, was ich mit den begrenzten zur Verfügung stehenden Zutaten zubereiten kann. Ihr Augen flackern und reflektieren das gedämpfte Licht, dass von den Teelichtern kommt, die ich heute morgen aus dem Lagerhaus herausgeschleust habe. Sie kaut, schluckt und trinkt einen Schluck Wasser. Dann wischt sie sich ihren Mundwinkel mit der Serviette ab. Der ganze Prozess scheint eine unnormal lange Zeitspanne in Anspruch zu nehmen.

"Ich musste...ich musste die Heizleitung noch mal in Ordnung bringen." Ihr Blick senkt sich auf ihren Teller während sie spricht. "Die Heizung hat nicht funktioniert, als ich gestern gegangen bin, deswegen hatte ich gedacht, dass ich heute früher hingehe und es zum Funktionieren bringe, bevor alle anderen kommen."

Sie lügt mich an. Ich weiß es einfach. Es steht quer über ihrem Gesicht. Sie ist die schlechteste Lügnerin der Welt.

Ich nehme an, dass ich kein Recht habe, deswegen wütend zu sein. Als sie heute früher nach Hause kam, war das erste, was sie mich gefragt hat, was ich heute getan habe. Ich habe ihr nichts von Marita erzählt. Eine Unterlassungslüge, was aber genauso schlimm ist.

Ich wollte es ihr sagen. Ich will es immer noch. Ich möchte wissen, was zur Hölle sie darüber denkt, was ich wegen dieser ganzen Sache tun sollte. Ich muss das wissen. Ich habe immer ihren Rat gebraucht, ihre Einfälle, bevor mir überhaupt klar war, dass ich sie gebraucht habe.

Aber es wäre enorm schwierig, ihr meine Beziehung zu diesem Mann zu erklären, mit Maritas verdammtem Vater um Himmels Willen. Ich bin mir sicher, dass sich Dana an ihn erinnert. Ich bin mir sicher, sie würde ihm nicht vertrauen. Ich könnte es nie erklären, warum ich das tue. Nicht ohne ihr die Dinge zu erzählen, die sie nicht hören will.

Und ganz offen gestanden, ihr von meinem Treffen mit Marita zu erzählen würde bedeute, ihr von der erbärmlichen kleine Show zu erzählen, die ich abgezogen habe. Es würde sie anwidern zu hören, wie tief ich gesunken bin. Wie weit mich diese Frau in den Schmutz zieht.

Und natürlich müsste ich den Teil mit Maritas unverblümten Drohungen am Ende unseres Gespräches auslassen. Drohungen, Scully die Dinge zu erzählen, die ich ihr schon seit Monaten zu erzählen versuche. Dinge, von denen sich mich nicht sprechen lassen will, aber die sie, nach allem was ich weiß, brennend gern von jemand anderem hören würde. Und das wäre das Ende.

Also, ich habe meine Gründe, meine Geheimnisse für die nächste Zeit für mich zu behalten. Ich nehme an, dass sie auch die ihren hat. Das Problem ist nur, dass ihre Geheimnisse das Potential haben, mich völlig zu zerstören. Sie hat dieses Potential. Das ist mir erst in letzter Zeit klargeworden.

Ich habe Mulder in letzter Zeit aufmerksam beobachtet. Die ganze Zeit seit unserem sogenannten Waffenstillstand. Er hatte mir gesagt, er sei willens, sie gehen zu lassen, aber ich habe keine Beweise dafür gesehen. Alles was ich gesehen habe ist, dass er wie ein Straßenköter, der nach Futter sucht um sie herumschleicht, seine dreckigen Pfoten nicht von ihr lassen kann, sobald ich zwei Schritte weit weg bin. Es ist nicht so, dass ich erwartet hätte, dass er sein Versprechen einhält. Es ist nicht so, dass ich ein einziges Wort von dem geglaubt habe, was an diesem Tag aus seinem Mund kam. Die ganze Sache war einfach zu unmöglich, um sie einfach zu schlucken.

Dana mag denken, dass er die gute Junge hier ist, der unschuldige, erbärmliche, abgelegte Ex-Liebhaber, der nur ihr bestes will, nur ihr Freund sein will. Aber ich weiß, was er wirklich will.

Also, vielleicht ist es paranoid von mir, alles was sie sagt und tut zu analysieren. Vielleicht sollte ich nicht das Gefühl haben, als wenn ich mein Herz jedes Mal herausgerissen wird, wenn sie die Wahrheit ein wenig verbiegt. Und vielleicht wären die Dinge ein wenig anders, wenn die frühere Liebe ihres Lebens nicht mehr Zeit mit ihr verbringen würde, als ich selbst. Ich nehme an, dass ich keine Chance habe, das herauszufinden, weil sie mich nicht ein einziges Mal angelogen hat, bevor er hierher kam.

Trotzdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob dies irgendetwas mit Mulder zu tun hat. Ich bin nicht wirklich sicher, worum es hier geht. Ich weiß nur, dass sie etwas vor mir verbirgt.

"Das war wirklich gut", seufzt sie, lehnt sich in ihrem Stuhl zurück, ihr Teller völlig leer. Dann rülpst sie. Aus irgendeinem Grunde lässt das ihre Lüge weniger wichtig erscheinen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie vor irgendjemand anderem so rülpsen würde.

"Danke, Alex."

"Gern geschehen, Burpee."

Sie wirft ihre Serviette nach mir und kichert.

"Lass mich dir dein Geschenk bringen."

Sie sieht an mir hoch und runter als ich mit der Absicht aufstehe, ins Schlafzimmer zu gehen und ihr Geschenk zu holen. Ihr Gesichtsausdruck lenkt mich ab. Sie hat immer noch Hunger.

"Nicht weggehen", sage ich zu ihr. Und behalte diesen Gesichtsausdruck. Ich beuge mich nach unten und küsse sie zart. Es sollte eigentlich nur ein kleines Küsschen werden, aber in dem Moment, als meine Lippen die ihren berühren, öffnet sich ihr Mund und ich spüre ihre Zunge, die beharrlich gegen mich drückt. Ihre Hände fahren zu meinem Hinterkopf herum und sie fasst mich fest.

"Lass mich ... ich wollte dein Geschenk holen..." sage ich zu ihr, als sie damit beginnt, zart in meine Ohren und meinen Hals zu beißen. Sie schüttelt ihren Kopf und macht ein Geräusch, als hätte sie Schmerzen.

"Nein. Geh nicht."

"Ich wäre nur ... nur ins Schlafzimmer gegangen."

"Nein. Mein Gott, nein, geh nicht", wimmert sie.

Sie steht auf, presst ihren Körper gegen mich und schiebt mich rückwärts. Ich falle wieder in meinen Stuhl zurück und sie küsst mich wieder. Ich nehme an, dass es mit den Geschenken etwas später werden wird.

Ihre Zunge dreht sich und stößt in meinen Mund und sie beginnt mit rasenden und ungeschickten Fingern mein Hemd aufzuknöpfen. Sie zittert. Das ist nicht richtig.

Versteh mich nicht falsch. Eine geile Dana ist nichts, womit ich ein Problem hätte. Niemals. Und sie ist in der letzten Zeit nicht so oft auf mich zugekommen, wie ich mir gewünscht hätte, also sollte das eigentlich mein Glückstag sein. Aber da ist etwas an dieser Art von Geilheit, die mir eigenartig vorkommt. Es ist fast so, als hätte sie Angst ich würde verschwinden, wenn sie mich nicht auf der Stelle nimmt. Als würden wir nie wieder zusammensein können. Es erinnert mich an die Art, wie sie mit mir am Abend vor einem Kampf schläft.

"Dana, Dana, mach langsam", keuche ich und fühle, wie ihre Nägel über meine Brust kratzen und sie ihre Zähne in meinen Kiefer graben. Naja, mein Verstand mag protestieren, aber mein Körper ist mit dem Plan einverstanden.

"Dana, bitte."

Ich greife ihre beiden Hände mit meiner und sie zieht sich zurück und schüttelt fragend ihren Kopf.

"Was? Was ist?"

"Keine Ahnung. Du solltest mir das sagen. Wo brennt es?"

Sie blinzelt eine Weile und ich bemerke, dass ihre Pupillen geweitet und dunkel sind. Wild.

"Alex, bitte. Nicht. Lass mich einfach. Bitte."

Sie fährt mit den Fingern durch meine Haare, über mein Gesicht und sagt es wieder. Bitte.

Gott, mein Baby. Meine süße Djewotschka.

Bevor ich Zeit dazu habe zu reagieren, ist ihre Zunge wieder in meinem Mund und ihre Krallen überall an mir. Schon bald zieht sie ungeduldig an ihren eigenen Sachen und ich helfe ihr dabei. Schließlich bleibe ich noch an einem kleine Loch in ihrer Bluse hängen und mache es noch zehn Mal größer in meine Eile, mit ihrem rasenden Tempo Schritt zu halten. Ihre Jeans und Strümpfe lassen sich etwas einfacher entfernen. Gott sei Dank hat sie ihre Stiefel schon ausgezogen.

Und dann steht sie vor mir, völlig nackt und, wie immer, reduziert mich ihr Anblick zu einem labernden Idioten. Meine wunderschöne kleine Göttin. Ihr Körper ist genauso gerötet, wie ihr Gesicht. Rote Flecken überall auf ihrer Haut passen zu dem prächtigen roten Haar, das sie fast zur Hälfte bedeckt. So viele Haare. Sie lassen sie fast zwergenhaft erscheinen.

Sie klettert auf meinen Schoß, setzt sich rittlings auf mich und meine Hüften stoßen nach oben. Ich kann die Hitze, die weißglühende Intensität von ihr durch meine Hosen und meine Shorts spüren. Sie legt ihre Füße um die Stuhlbeine, beginnt damit, sich gegen mich zu wiegen und drückt mein Gesicht zwischen ihre Brüste. Gehorsam lecke und sauge ich an ihrer Haut, gebe ihrer Begierde Nahrung und stelle fest, dass auch meine eigene mit jeder Sekunde wächst, die vergeht.

"Mein Gott, Alex...hinein. Jetzt."

Jetzt? Ich wiederstehe dem Bedürfnis, auf meine Uhr zu schauen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir einen neuen Rekord aufgestellt haben. Die kürzeste Zeitspanne zwischen dem Kuss-Stadium und dem Ficken-Stadium. Na ja gut, da war diese erste Nacht...

Ich nehme an ich habe zu lange gebraucht, um mich zu bewegen, weil sie die Initiative ergriffen hat und nach unten fasst, um meinen Reißverschluss zu öffnen. Schneller, als man das Wort 'Vorspiel' aussprechen kann, hat sie meinen Schwanz in ihren Händen und sie zieht daran und reibt ihn gegen sich. Und dann ist sie da, erhebt sich und gleitet nach unten, umschließt mich vollständig. Mein Gott, das fühlt sich so gut an.

Wie erwartet fängt sie sofort an, sich zu bewegen, bewegt sich rauf und runter mit harten, schnellen Stößen, die den Stuhl dazu bringen zu kippeln und mit seinen unebenen Beinen gegen den Boden zu krachen. Sie stützt ihre Hände an meinen Schultern ab, die immer noch zum Teil von dem Shirt bedeckt sind, von dem ich nicht fassen kann, dass ich es immer noch an habe, und gräbt ihre Fingernägel hinein.

Sie wirft ihren Kopf zurück und schreit aus vollem Hals und ich schlinge meine Arme um ihre Hüfte, um sie vor dem Fallen zu bewahren.

"MmmmAleeex", stöhnt sie, küsst mich und küsst mich. Mein Gott, sie macht so schnell und es ist so gut, so verdammt *heiß* da drin, dass ich nicht weiß, ob ich das aushalten kann.

"Djewotschka...la...langsam", versuche ich, aber sie schüttelt heftig ihren Kopf und bewegt sich sogar noch schneller.

"Brauche dich. Alex. Gott...brauche dich so sehr."

Ihre Augen sind geschlossen. Tränen laufen ihre Wangen hinunter. Sie weint. Mein Gott. Sie weint.

"Sch, sch, ich bin hier, Baby", flüstere ich gegen ihren Mund. Sie nimmt schmerzhaft meine Lippe zwischen ihre Zähne und greift sich eine Handvoll meiner Haare.

Sie beginnt zu beben und zu zittern und ich fühle, wie sie um mich herum enger wird. Wie sie im Beginn eines Orgasmus zuckt.

"Oh Gott, brauche dich, brauche dich...AlexAlexAlexAhh", wandeln sich ihre Worte zu einem langen, wehklagenden Schrei und ich fühle, wie sie um mich herum kommt, sich verengend und mich tiefer ziehend.

Und dann lasse ich mich fallen, weil ich es nicht länger aushalten kann und weil es sowieso vorbei ist. Ich stöhne und presse sie fest gegen meine Brust, als ich mich in sie ergieße und sie sackt gegen mich, so leblos wie eine Marionette.

Ihr Kopf liegt an meiner Schulter und sie hat die Arme um meinen Hals gelegt, als ich von meinen orgasmischen Höhenflügen zurückkehre. Mein Gott, was zur Hölle war das?

"Es tut mir leid", murmelt sie leise an meinem Hals. Ich nehme ihr Kinn in meine Hand und ziehe ihr Gesicht nach oben, so dass ich sie sehen kann. Ihr Augen sind nach unten gerichtet und ihre Wangen sind rot. Sie sieht völlig verlegen aus.

"Nein...nein, das muss es nicht. Es muss dir nicht leid tun. Es muss dir niemals leid tun. Ich bin hier, Djewotschka."

Sie lächelt schwach und nickt. Ich frage mich, ob ich jemals fähig sein werde, sie vollkommen zu verstehen. Obwohl ich Begehren verstehe. Ich verstehe, dass es manchmal in einem hoch kriecht und man nichts tun kann, um es zurückzuhalten. Mir ist bewusst, dass das nichts ist, was Dana gern von sich zugeben würde. Tatsächlich ist das Eingeständnis von Begehren für sie wahrscheinlich schwerer, als das Eingeständnis von Liebe. Na ja, vielleicht nicht. Aber es ist trotzdem ein netter Gedanke.

In jedem Falle hat sie sich sehr verwundbar gemacht und das ist etwas, was ich zu würdigen weiß. Zu wissen, dass sie mich so sehr braucht, aus welchem Grund auch immer, für welche kurze Zeitspanne, ist sicher etwas, worüber man glücklich sein kann. Also warum habe ich dieses Gefühl einer Bedrohung, das sich in meinem Magen zusammenbraut?

"Geht es dir gut, Dana? Wirklich?"

"Ja. Ja, es geht mir gut. Danke, Alex."

Sie hat angefangen, mit in letzter Zeit nach dem Sex zu danken. Eine weitere seit-Mulders-Ankunft Merkwürdigkeit. Fast so, als würde ich ihr einen Gefallen tun. Fast als würde sie erwarten, dass ich sie jeden Moment verlasse.

Ich küsse sie sanft, zärtlich und sie erwidert den Kuss ebenso.

"Möchtest du jetzt dein Geschenk?"

Sie nickt enthusiastisch und grinst. Als ich aufstehe, ist sie immer noch um mich geschlungen. Glücklicherweise ist sie leicht genug, so dass ich sie, mit ihren Armen und Beinen um mich herum, halten kann. Natürlich kann ich nicht noch meine Hosen oben halten und sie fallen um meine Knöchel. Wir beide lachen, als das Metall meiner Gürtelschnalle auf den Boden fällt. Ich trete sie zur Seite und trage Dana ins Schlafzimmer.

Ich lege sie aufs Bett und sie rollt sich unter der Decke zusammen, während ich mich fertig ausziehe.

"Okay, jetzt mach deine Augen zu", sage ich zu ihr und wühle in den Schubfächern des Nachttisches herum.

"Warum? Was wirst du tun?"

"Mein Gott, kannst du einfach mal etwas tun, ohne eine Million Fragen zu stellen?"

"Na ja, ich habe einfach gedacht du magst das", lacht sie und schließt ihre Augen.

"Okay, jetzt gib mir deine Hand."

Ich krieche rechts neben sie ins Bett und sie hält ihre rechte Hand hoch.

"Nein, die andere."

"Wenn sie schleimig zurückkommt, haue ich sie dir ins Gesicht", sagt sie und stößt ihre linke Hand in meine Richtung. Ich schiebe den Ring auf ihren Finger - den, der für Eheringe bestimmt ist. Denn obwohl die Heirat zwischen uns menschlichen Drohnen illegal ist und nicht mehr wirklich praktiziert wird, selbst nicht in unserer kleinen Gemeinschaft von Gesetzlosen, gibt es immer noch einen Teil von mir, der an dieser Tradition als etwas bedeutungsvollem festhält.

"Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Baby."

Sie öffnet ihre Augen und schaut darauf hinunter und das tue ich auch. Er sieht wirklich nicht schlecht aus. Ich war ziemlich überrascht, wie hübsch er geworden ist. Es ist nur ein kleines Stück Flachmetall, mit einem Stück blauen Glas, das geschmolzen und zu einem Kreis geformt in der Mitte eingebettet wurde. Ich dachte, dass das Blau zu ihren Augen passen würde. Das tut es. Ich dachte, dass er riesig an ihrem Finger aussehen würde. Mann, das tut er wirklich. Sie wird niemals vergessen, dass sie ihn trägt.

Sie schnappt nach Luft, als sie ihn sieht. Sie schnappt wirklich nach Luft. Als wenn sie Angst hätte.

"Ist er zu eng? Kneift er dich?"

"Nein...nein, er ist..."

Sie ist fast eine Ewigkeit lang still, hält ihre Hand vor ihr Gesicht und sieht sich den Ring genau an. Ich komme dem Punkt gefährlich nahe, herauszuplatzen "Er ist WAS, verdammt noch mal", aber sie rettet mich.

"Er ist wunderschön. Mein Gott, Alex, so schön. Wo kommt er her?"

"Ich habe ihn gemacht."

Sie schaut zwischen meinem Gesicht und dem Ring hin und her.

"Das hast du? Du hast ihn gemacht? Wie?"

Sie küsst meine Schulter, erinnert mich zärtlich daran, dass einarmige Jungs nicht gerade für ihre Kunstschmiedefähigkeiten berühmt sind.

"Na ja, nicht komplett allein. Ich habe das ganze Zeug zusammengetragen und habe es zur Werkstatt gebracht und die Jungs dort haben mir dabei geholfen."

"Alex ich...ich kann nicht..."

Oh Gott. Bitte sag nicht, dass du ihn nicht tragen kannst. Bitte sag nicht, dass einer toten Tradition ähnlich ist, an deren Widerholung du kein Interesse hast oder dass du noch nicht bereit für so ein bedeutsames Geschenk bist oder irgendeinen anderen Blödsinn.

"Ich kann es nicht fassen, dass du das gemacht hast. Wow."

Sie starrt immer noch darauf und jetzt lächelt sie. Meine Panikattacke ebbt langsam ab.

"Heißt das, dass du ihn magst?"

"Ich liebe ihn, Alex. Mein Gott, ich liebe ihn."

Himmel. Sie weint schon wieder. Vielleicht hat das irgendwas mit dem Geburtstag zu tun. Allerdings habe ich sechs Geburtstage mit ihr verbracht und ich habe sie noch nie so emotional gesehen.

"Was ist los?" frage ich, obwohl sie durch ihre Tränen lächelt.

"Ich ... liebe ..."

Sie hört eine endlosen Moment lang mit dem Sprechen auf und ich bemerke, wie ich idiotischerweise die Luft anhalte.

"...ihn. Liebe ihn", beendet sie und küsst mich.

Ihr Augen sind tränengefüllt und vielleicht ist es etwas idiotisch männliches in mir, aber ich bin völlig verwirrt. Ich küsse ihre Augen und wünsche das, was immer sie in diesen Zustand versetzt hat, weit weit weg.

"Schh, weine nicht, Baby."

"Es tut mir leid. Ich liebe ihn einfach. Ich weiß noch nicht einmal...ich weiß noch nicht einmal, was ich sagen soll."

"Du musst nichts sagen. Trage ihn einfach."

Jeden Tag. Für den Rest deines Lebens. Vielleicht sollten wir ihn ankleben.

"Mmkay", seufzt sie, kuschelt sich an mich und legt ihren Kopf unter mein Kinn. Ich lege meinen Arm um sie und ziehe sie so nah an mich heran, wie nur irgend möglich. Sie schnieft und lacht an meiner Brust und hält immer noch ihre Hand nach oben und starrt auf den Ring. Sie scheint ihn wirklich zu mögen.

"Er sieht gut an dir aus."

"Ich liebe ihn. Du bist so lieb, Alex. So gut."

Lieb und gut. Zwei Worte von denen ich nie gedacht hätte, sie mal in Verbindung mit meinem Namen zu hören. Ich nehme an, dass sie mich wirklich zu einem Weichei gemacht hat. Ich wünschte nur, ich könnte das so fest glauben, wie sie es zu tun scheint.

"Du hast mich so glücklich gemacht", sagt sie und lacht dann.

"Was ist?"

"Nichts, ich klinge einfach so ... albern. Wie eine Seifenopernschauspielerin oder so."

"Nein, es klingt kein bisschen so. Kein bisschen. Ich will dich glücklich machen. Das ist alles, was ich will."

Sie nickt und lacht ein bisschen mehr und fährt mit der Hand über meine Brust. Wir beide bewundern die Art, wie das silbrige Metall aussieht, wie es das Mondlicht reflektiert und über meine Haut gleitet. Verdammt, wir sind in einer Seifenoper.

"Ich liebe dich ... Destiny", sage ich melodramatisch und sie lacht. "Oder war es Montana? Blaze? Welche Schnepfe bist du doch gleich?"

Wir kichern zusammen über unseren lächerlich schmalzigen Moment und fahren damit fort, den Ring anzusehen und die Art wie er schimmert, als sie mich berührt. Überall.

Ende Kapitel 10 

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Kapitel 11

 Alles in allem gesehen, denke ich, dass ich das alles ziemlich gut im Griff habe. Oder zumindest im Griff hatte. Bis zu diesem Montag. Bis ich diesen verdammten Ring gesehen habe.

Es ist wirklich erstaunlich, an welches Ausmaß an Qual sich ein Mensch gewöhnen kann. Ich erinnere mich an eine Geschichte aus meinen Vorlesungen in Strafrecht, eine Geschichte von einem Mann, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Er hat fünfundzwanzig Jahre hinter Gittern verbracht und dann plötzlich, als er zweiundsechzig Jahre alt war, wurde er begnadigt. Er hatte sich so an das Gefängnisleben gewöhnt, hatte so verdammt viel Angst davor, der Außenwelt gegenüberzutreten, dass er sich an dem Tag, an dem er entlassen werden sollte umgebracht hat. Zumindest denke ich, dass ich es in meiner Strafrechtsvorlesung gehört habe. Könnte aber auch ein Film gewesen sein...

Egal. Der Punkt ist, nach einer bestimmten Zeitspanne, können sich menschliche Wesen so ziemlich an jede Situation gewöhnen, egal wie miserabel diese ist. Also nehme ich an, dass es nicht gerade eine große Leistung meinerseits ist, dass ich in der letzten Woche nicht das Gefühl hatte, mir einen Kopfschuss verpassen zu müssen. Anstatt mich in den letzten zwei Monaten in Selbstmitleid zu wälzen, habe ich mich hier eingerichtet, meine Umgebung erkundet, Leute getroffen, mich daran gewöhnt.

Und ja, das schließt Scully und Krycek ein und ihre...was immer das ist, was sie tun. Nachdem ich an diesem ersten Tag mit ihr darüber gesprochen hatte, wurde mir ziemlich schnell klar, dass sich diese Situation in nächster Zeit sehr wahrscheinlich nicht ändern würde.

Ganz besonders nicht, wenn ich weiterhin deswegen mit Füßen aufstampfen würde, wie ein bockiges Kleinkind. Diese Taktik hat bei Scully schon vorher nicht funktioniert und ich denke ich habe endlich begriffen, dass sie das niemals tun wird. Stattdessen habe ich versucht, es zu akzeptieren. Mich daran zu gewöhnen.

Ich habe diesem Hurensohn sogar ein Friedensangebot gemacht. Habe meine Hand ausgestreckt und er hat sie geschüttelt, den Handel besiegelt. Ich denke ich habe mir eingeredet, dass ich versucht habe, das richtige zu tun und ich nehme an, dass ich das getan habe. In gewisser Weise. Hauptsächlich habe ich versucht, Scully glücklich zu machen, ihr zu zeigen, dass ich damit umgehen kann, dass ich ihr der Freund sein kann, der ich ihr vorher war. Ich habe Krycek nicht wirklich in der Gleichung berücksichtigt, was das ganze nicht wirklich zu einer wertlosen Geste machen sollte. Oder doch?

Ich denke doch, weil ich nicht viel von dem, was ich sagte, wirklich ehrlich gemeint habe. Ich werde niemals dazu in der Lage sein, Scully aufzugeben. Aber ich bin willens, auf sie zu warten. Ich bin willens, mich geduldig hinzusetzen und die Situation zu ertragen, so lange, wie sie dafür braucht, bis es ihr klar wird. Bis sie sich daran erinnert, zu wem sie wirklich gehört.

Wenigstens dachte ich, dass ich dazu willens wäre. Bis ich den Ring gesehen habe.

Es muss ein Geburtstagsgeschenk gewesen sein. Sie hat ihn am Freitag nicht getragen, als ich ihr mein Geschenk gegeben habe. Aber Montag früh war er da. Steckte an ihrem Finger wie ein Jolly Green Giant's Ehering.

Ich habe mir eingeredet, es sei nur ein Ring und habe nichts dazu gesagt und sie nicht deswegen gefragt. Aber ich weiß, wer ihn ihr gegeben hat und ich weiß, was es bedeutet, wenn ein Mann einer Frau einen Ring schenkt und ihn auf diesen gottverdammten Finger steckt. Und plötzlich wurde sie von seiner fehlgeleiteten und verwirrten Freundin zu seiner willigen und mündigen Ehefrau. Und ich habe entschieden, dass ich nicht länger auf meinem Hintern sitzen und auf sie warten kann.

Ich war zu geduldig. Natürlich hat mir diese Geduld die Möglichkeit gegeben, mehr Zeit mit ihr zu verbringen. Sie scheint sich jetzt viel wohler mit mir zu fühlen, als sie es getan hat, als ich gerade hergekommen war und es ist so schön, einfach nur wieder mit ihr zusammenzuarbeiten. Unseren alten Rhythmus wiederzufinden, wieder synchron zu sein. Ich möchte das nicht verlieren.

Ich weiß ehrlich nicht, was ich tun soll. Alles was ich weiß ist, dass ich Herzflattern habe und ich mich ständig am Rande des Erbrechens fühle, seit ich dieses monströse Stück Schmuck gesehen habe.

Es ändert alles. Wieder.

Ich habe letzte Nacht nicht geschlafen. Ich habe es versucht, aber nachdem sechs Stunden vergangen waren, wurde mir klar, dass es nicht passieren würde und ich bin aufgestanden. Ich wanderte eine Weile auf dem Campus herum, sah in die Sterne am Himmel und auf den Schnee am Boden, auf die Gebäude, die früher junge, idealistische Studenten beherbergt hatten und nun von verbitterten, müden Widerstandskämpfern bewohnt werden und ich fragte mich, wie zur Hölle alles so kommen konnte.

Manchmal denke ich, dass es vielleicht etwas gegeben hat, was ich hätte tun können. Aber das gab es wahrscheinlich nicht. Es ist nichts weiter als Egoismus, das zu denken.

Als die Sonne aufging ging ich zurück zu meiner Unterkunft, aber ich ging nicht in mein Zimmer. Stattdessen lief ich durch die dunklen, hauptsächlich leeren Flure. Scully hätte gelacht, aber ich schwöre ich spürte die Geister dieser Collegestudenten mit mir laufen.

Das erst Mal ging ich in den Keller. Die meisten der Räume waren Erholungsräume, ähnlich dem, in den Marita und ich in dieser ersten Nacht gebracht wurden. Fast alle der Türen standen weit offen. Ich habe mich entschieden, diejenigen zu erkunden, die nicht nur eine geschlossene Tür hatten, sondern auch ein Schloss und ein Schild auf dem stand 'Kein Durchgang'.

Na ja, was ist der Sinn von Erkundung, wenn du nichts interessantes finden wirst?

Um die Wahrheit zu sagen, ich habe nicht viel gefunden. Hauptsächlich eine Menge nutzlosen und kaputten Mist. Aber verborgen unter dem ganzen Müll war ein Schatz. Ein Kassettenrecorder. Das Kabel war noch intakt und es lagen eine Menge Kassetten in dem Papierkorb daneben. Ich habe sie alle herausgenommen und als ich fertig war bemerkte ich, dass es fast Zeit war, zur Arbeit ins Labor zu gehen.

Ich hatte keinen Weg aus dieser höllischen Situation herausgefunden, aber ich habe etwas gefunden, das sie zum Lächeln bringen könnte.

Ich brachte das Radio und ein paar von den Kassetten mit auf Arbeit und testete sie, bevor jemand anderes auftauchte. Es funktionierte. Ich funktionierte nicht gerade großartig, aber es funktionierte. Ich ließ es auf dem Holztisch stehen, den Scully so gern benutzt und als sie hereinkommt, ist es das erste, was sie sieht. Der verdammte Ring ist das erste, was ich sehe.

Dann sehe ich den Rest von ihr. Es ist immer noch irgendwie eigenartig für mich, sie in einer abgetragenen alten Jeans und einem Sweatshirt auf Arbeit kommen zu sehen. Ich erwarte immer noch, dass sie irgendwo ein altes Donna Karan Kostüm ausgräbt und ein Paar von diesen zehn Zentimeter hohen Pumps, die sie früher getragen hat. Und ihre Haare, wer hätte geahnt, dass es so lockig ist? Sieben Jahre zusammen und ich habe es niemals in seinem natürlichen Zustand gesehen. Sie hat es heute zu einem Knoten gesteckt, der von einem Bleistift zusammengehalten wird.

Sie schaut auf das Radio und dann auf mich und ich grinse aufgeregt. Sie zieht ihr Sweatshirt aus und zieht einen weißen Laborkittel über ihr pinkfarbenes T-Shirt. Wer hätte geahnt, dass Scully pink tragen würde?

"Wo kommt das her?" fragt sie und ich stehe von dem Stuhl auf, auf dem ich gesessen habe und gehe zu ihr hinüber.

"Ich habe es im Keller gefunden."

"Keller?"

"Ja, dem Keller in dem Gebäude in dem ich wohne."

Sie verschränkt ihre Arme vor der Brust und dreht sich um, so dass sie mich direkt ansieht. Sie sieht ein bisschen misstrauisch aus.

"Ich war auf Erkundung."

"Erkundung? Mulder..."

Oh, das ist die tadelnde Scully. Meine liebste.

"Was? Es hat einfach da gestanden."

Sie schüttelt ihren Kopf, aber ich sehe die Andeutung eines Lächelns an ihren Mundwinkeln ziehen. Sie ist leichter zu kriegen als früher.

"Einfach dagestanden, ja? Ich bin überrascht, dass du der erste bist, der es gefunden hat."

"Na ja, es war sozusagen versteckt."

"Versteckt?"

"Die Tür war sozusagen ... verschlossen. Sie mal Scully, das ist Megadeth!" Ich halte die Kassette als Ablenkung hoch, in dem sicheren Wissen, dass es nicht funktionieren würde.

"Mulder, bist du...du bist in *diesen* Raum gegangen? Den mit dem 'Durchgang verboten' Schild?"

"Ja, ich habe mich darüber gewundert. Warum ist er auf diese Weise abgeschlossen?"

"Weil, Mulder, er zu einem Tunnelsystem führt, das jetzt zugeschüttet ist, aber Alex möchte ihn verschlossen halten. Zur Sicherheit, Mulder. Ich kann es nicht fassen, dass du ... na egal. Warum sollte mich das überraschen."

"Es ist albern, ihn zu verschließen. Da ist 'ne Menge tolles Zeug drin."

"Tolles Zeug, ja?"

"Sie mal Scully, The Village People! Mein Gott, ich frage mich, wer einen solchen Musikgeschmack hatte."

"Und warum in aller Welt hätten sie es zurücklassen sollen?"

"Es funktioniert noch, Scully..."

Sie seufzt, aber ihre Arme sind jetzt nicht mehr verschränkt. Und wir sind einem strahlenden Lächeln sehr nahe.

"Mulder, wir haben heute eine Menge zu tun."

"Wie lange ist es her, dass du richtige, echte Musik gehört hast, Scully? Komm SCHON!"

Ihre Augenbrauen sind fast an ihrem Haaransatz, aber sie lacht ein bisschen. Houston, wir haben Kontakt.

Ich lege die Kassette ein und drücke auf Play und der vertraute, wenn auch durch die Zeit etwas verzerrte Klang von Macho Man erfüllt das Labor.

"Mulder..."

Jetzt lacht sie wirklich und ich fange an, wie ein Blödmann um sie herumzutanzen, singend und klatschend.

"Tanz mit mir, Scully."

Ich drehe die Lautstärke höher und strecke meine Hand aus. Sie geht auf mich zu und sagt ... irgendwas. Ich kann sie über die Musik hinweg nicht verstehen.

"Was hast du gesagt?"

"ICH SAGTE, MANCHE DINGE ÄNDERN SICH NIE."

Gott sei Dank.

Sie zieht ihren Kittel wieder aus und ich klatsche und johle wie ein betrunkender Strip Club Besucher. Sie lächelt breit und legt ihren Kittel um meinen Hals. Ich ziehe daran, während er immer noch in ihren Händen ist und bald tanzen wir langsam auf eine völlig unangemessene Art und Weise. Unangemessen, weil wir die verdammten Village People hören. Aber nett. so nett. Nicht so nah, wie es mir lieb wäre. Sie hält immer noch einen gewissen Grad persönlichen Raums für sich aufrecht, anständig für eine verheiratete Frau wie sie. Aber ich habe meinen Arm um ihre Hüfte gelegt und ich halte ihre Hand. Es fühlt sich einfach perfekt an.

Ich fürchte trotzdem, dass meine Tanzkünste etwas nachgelassen haben und ich falle schließlich fast über sie.

"Tut mir leid, es ist eine Weile her."

Sie lacht und sagt ... irgendetwas anderes.

"Was?"

"Ich sagte BLEIB EINFACH VON MEINEN ZEHEN WEG!"

"Oh, oh, das sind deine ZEHEN?"

"HA HA."

YMCA kommt als nächstes und ich kenne den ganzen Text davon. Kann es nicht fassen, dass ich mich nach all der Zeit noch daran erinnere. Aber das tue ich und ich fange an, in ihr Ohr zu singen. Sie Sie antwortet, aber natürlich kann ich sie nicht hören. Das ist wahrscheinlich auch gut.

Sie verdreht die Augen und lehnt sich zur Seite, um die Musik etwas leiser zu drehen. Ihr Brust streift kurz gegen meinen Arm und ich bemerke, das erste Mal, dass sie keinen BH trägt. Mist. Ich nehme an, dass es gut ist, dass wir nicht *so* nahe tanzen.

"Haben wir jemals so viel Spaß gehabt, als wir beim FBI gearbeitet haben?" fragt sie.

"Ich habe das."

Ich versuche ihr in die Augen zu sehen, aber mit den Turnschuhen, die sie trägt, sind diese ungefähr auf der gleichen Höhe mit meinem Bauchnabel. Na ja, nicht wirklich, sie ist nicht *so* klein. Aber ich könnte ihr nicht in die Augen sehen, außer sie würde ihren Kopf ziemlich weit nach hinten legen.

"Ich hatte immer Spaß mit dir, Scully."

"Immer?"

"Mmm...vielleicht nicht immer. Aber meistens. Die meiste Zeit hatte ich Spaß daran, einfach nur in deiner Nähe zu sein."

"Genau. Und meistens auf meine Kosten..."

"Oh Scully, das ist eine *totale* Lüge!"

"Lüge? Was für eine Lüge?"

"Ich habe mich niemals über dich lustig gemacht. Niemals. Deine Erinnerungen sind offensichtlich von der Zeit etwas verdunkelt."

"Mulder, vergiss die Erinnerungen. Du hattest den Kopf in den Wolken so lange ich dich kannte."

"Siehst du, da ist es wieder. Du erinnerst dich völlig falsch an alles. Wenn du die Dinge wirklich objektiv betrachtest, dann wirst du erkennen, dass ich die ganze Zeit recht hatte. Oder nicht?"

Sie murmelt etwas unhörbares, obwohl die Musik jetzt relativ leise ist.

"Hatte ich das nicht, Scully? Ich meine, hey, schau dich einfach um!"

Sie lacht durch die Nase und das wird ganz schnell zu einem richtigen Kichern.

"Ja, Mulder. Ich nehme an, das hattest du."

"Was war das, Scully? Ich habe dich nicht verstanden." Stichle ich, obwohl ich sie diesmal laut und deutlich verstanden habe.

Sie wirft ihren Kopf zurück und schreit lachend.

"Ich sagte DU HATTEST RECHT! Ja ja ja, du hattest RECHT! Bist du jetzt glücklich, Mulder?"

Ich kann jetzt ihre Augen sehen und ich schaue sie an. Ich nehme an, dass mein Gesichtsausdruck ziemlich ernst ist, weil sie aufhört zu lachen und mich ebenfalls ansieht.

"Weißt du, das bin ich. Jetzt im Moment bin ich glücklich, Scully."

Sie starrt mich leise an und die Village People singen weiter im Hintergrund. Wir tanzen nicht mehr.

Ich denke nicht, dass ich sie jemals so sehr küssen wollte, wie ich das gerade jetzt tue. Mein Gott, es wäre so einfach. So einfach und so unglaublich schwer. Was würde sie tun? Mich auch küssen? Mir eine runterhauen? Weinen?

Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich nichts von alledem. Sie würde sich zurückziehen und mir mitteilen, dass sie jetzt eine andere Beziehung hat. Dass ich mir diese Art Freiheiten nicht mehr einfach nehmen kann, so wie ich es früher getan habe.

Abgesehen davon, dass ich es früher nicht getan habe. In all diesen Jahren habe ich es mir niemals so richtig getraut.. Ich frage mich, warum ich mir jetzt so viel mutiger vorkomme.

Ihre Haut ist gerötet und ich denke, dass sie nicht atmet. Es ist einer dieser Momente. Eine dieser jetzt oder nie Momente, die sich in der Vergangenheit immer vor uns in Luft aufzulösen schienen.

Nicht dieses Mal.

"Dana, bist du..."

Mist. Arschloch. Das kann nicht wahr sein. Aber das ist es. Er steht in der Tür. Krycek. Steht dort, sieht uns an und sie zieht sich zurück, natürlich. Fummelt angestrengt an dem Recorder herum, stellt ihn aus und ihr Gesicht verfärbt sich zu einem noch leuchtenderen rot.

"Alex..."

"Kommst du zu dem Meeting oder was?" fragt er, ganz offensichtlich verärgert, aber mit dem heftigen Bemühen, das nicht zu zeigen.

"Meeting...ich...oh, ja. ja. Ich war nur...ich nehme an ich habe vergessen, dass das heute war."

"Nun, das ist es. Wir warten auf dich."

"Es...es tut mir Leid. Lass mich nur schnell..."

Sie sieht sich hilflos nach etwas um, das sie tun könnte. Ich sehe ihr Sweatshirt auf dem Tisch liegen und gebe es ihr. Ich schaue in seine Richtung und sehe, dass er mich sehr direkt *nicht* ansieht. Nein, er sieht nur sie an. Starrt sie an genaugenommen. Durchbohrt sie mit seinen Blicken.

Es tut mir fast Leid. Für sie. Es tut mir Leid, dass sie sich deswegen von ihm Vorwürfe wird anhören müssen. Aber es tut mir nicht Leid, dass es passiert ist. Nichts könnte mich bereuen lassen, dass es passiert ist.

Sie nimmt mir das Sweatshirt aus der Hand, zieht es über ihren Kopf und löst dadurch den bereits gelockerten Knoten in ihren Haaren vollständig. Der Stift fällt mit einem fast peinlichen Klang auf den Boden.

"Ich bin...ich bin fertig. Wir können gehen."

Sie beeilt sich, zu ihm zu kommen, aber bevor sie den Raum verlässt, dreht sie sich noch einmal zu mir um.

"Wir sehen uns später, Mulder."

Ich nicke, lächle, winke.

Dann sind sie weg und ich bin mir nicht sicher, wie ich mich fühle. Ich denke ich fühle mich immer noch gut. Ich denke ich bin immer noch glücklich.

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Ende Kapitel 11

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Kapitel 12

Alex,

der Schnee schmilzt wieder. Das Tauwetter hat dieses Jahr ein wenig zeitiger eingesetzt, findest du nicht? Es ist so schön, schon jetzt Mitte März draußen sitzen zu können. Ich hoffe, was immer du gerade tust, dass du es im Freien tust.

Wie seltsam, dir einen Brief zu schreiben. Wie albern, dir über etwas so alltägliches wie das Wetter zu schreiben. Ich weiß, dass ich dich in wenigen Stunden sehen werde. Wir werden zusammen Abendbrot essen, wie immer und an einem normalen Tag würde ich mich mit dir über so einfache Dinge wie die Sonne und das Gras unterhalten können. Aber wir hatten schon sehr lange keinen normalen Tag mehr, richtig Alex?

Weißt du, was das eigenartigste daran ist? Die Tatsache, dass ich am meisten das Streiten vermisse. Erinnerst du dich daran, wie wir uns früher gestritten haben? An die Zeit, als es uns möglich war, jede Meinungsverschiedenheit durch ein paar Stunden erhobener Stimmen und zerschlagenen Geschirrs auszuräumen? Selbst nach Mulders Ankunft, da waren die Dinge schon schwieriger, ja, aber wir haben es immer noch geschafft, uns durchzukämpfen. Das Streiten war schmerzvoller, persönlicher und verletzender, aber es hat uns zum Ziel gebracht. Die Wiedergutmachung war den Kampf wert, dorthin zu kommen.

Aber als sich das Wetter geändert hat, haben wir das auch getan. Ich dachte, wir würden uns streiten, nachdem du mich gefunden hast, als ich mit Mulder tanzte. Ich habe erwartet, dass du verletzt und wütend sein würdest und ich war darauf vorbereitet, damit umzugehen, zu versuchen, deine Ängste bezüglich dieser Situation zu beschwichtigen. Ich habe mich fast auf die Möglichkeit gefreut, es auszudiskutieren. Vielleicht wäre ich mir meiner Gefühle dir gegenüber klarer geworden, wenn ich gezwungen gewesen wäre, sie dir zu erklären.

Ich habe es noch nie erlebt, dass du trotzt, Alex. Ich bin mir noch nicht mal sicher, dass es das ist, was du tust. Alles was ich weiß ist, dass du seit diesem Tag kaum mit mir gesprochen hast. Wir schlafen im selben Bett, teilen uns den selben Platz, aber du hast mich trotzdem seit Wochen so gut wie nicht berührt. Und ich vermisse dich schrecklich.

Ich hatte nicht vor, dich zu belügen. Als du mich wegen dieses blöden Radios gefragt hast, nehme ich an, dass diese alten schlafenden Instinkte, Mulder zu beschützen wieder zum Vorschein gekommen sind. Ich habe dir erzählt, ich selbst hätte es gefunden und ich konnte von deinem Gesichtsausdruck ablesen, dass du mir nicht geglaubt hast. Solch ein kleines, bedeutungsloses Detail, aber für dich schien es den ganzen Unterschied auszumachen. Du hast mich wegen nichts anderem gefragt. Hast du einfach angenommen, ich würde wieder lügen?

Obwohl du so darauf bestanden hast, dass ich zu diesem Meeting komme, hast du mich völlig ignoriert, als wir schließlich dort waren. Ich hatte einen Bericht abzugeben, aber du hast mich nicht danach gefragt.

Marita war da, aber sie hat kein Wort gesagt. Warum war sie dort, Alex? Du hast es mir nie erzählt. Ich weiß, dass du viel Zeit mit ihr verbringst. Geschäftlich, sagst du und ich glaube dir. Das tue ich. Ich wünschte trotzdem, dass du mir sagen würdest, um welche Art von Geschäft es sich handelt. Ich wünschte, du würdest dein Leben wieder mit mir teilen.

Ich vertraue dir, Alex. Ich weiß, dass ich das kann. Weißt du, dass du mir trauen kannst? Kannst du das?

Ich wünschte, du würdest endlich mir gegenüber aus der Haut fahren und mich aus meinem Elend erlösen. Oder es einfach sein lassen und wieder mit mir reden. Bitte. Es sind schon fast drei Wochen seit diesem Tag vergangen. Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir noch haben.

Ich sterbe, Alex. Hast du das gewusst?

Nein, das hast du nicht. Weil ich es dir nicht gesagt habe. Weil ich Angst habe. Nicht vor dem Sterben. Nein, das ist eine weitere Lüge. Ich habe Angst vorm Sterben. Ich habe so viel Angst, Alex. Aber was mich viel mehr ängstigt ist die Tatsache, wie sehr ich dich enttäuscht habe, mein Liebster.

Diese Krankheit ist lediglich mein allerjüngster Fehler. Die letzte Beleidigung. Der Gedanke, dich zurückzulassen ist beängstigender, als alles andere auf der Welt.

Es wird dir gut gehen, oder? Du hast so viel überlebt. Ich weiß, dass das nicht dein Ende sein wird - nicht sein kann.

Ich hoffe, dass du für mich auf Ret Acht gibst. Er braucht jemanden, den er lieben kann.

Ich muss jetzt gehen, Alex. Mein Kopf schmerzt furchtbar und ich fange an, helle Punkte auf dem Papier zu sehen. Bitte wisse, dass nicht und niemand jemals ändern könnte, was du mir bedeutest. Ich werde mit dir in meinem Herzen sterben, selbst wenn ich deines verlassen habe.

In Liebe

D

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Roseanne ist hier. Ich habe keine Ahnung, wie lange sie mich schon beobachtet, aber als ich den Brief beende sehe ich auf und da ist sie, sie sitzt mir gegenüber am Picknicktisch.

Ich falte das Papier, auf das ich geschrieben habe zu einem kleinen Rechteck und stecke es in meine Tasche. Ich frage mich, ob es jemals jemand lesen wird. Ich frage mich, warum ich es überhaupt geschrieben habe. Sicher nicht, um es Alex zu geben. Therapie? Vielleicht, aber ich habe es nicht sonderlich therapeutisch gefunden. Ich frage mich, ob ich es verbrennen sollte.

"Was ist das?" fragt Roseanne, nachdem ich den Brief versteckt habe. Sie hat ihr Mittagessen nach draußen gebracht und die Hälfte davon ist weg. Sie muss schon fast die ganze Zeit hier gewesen sein.

"Nichts. Nur ein paar Notizen."

Sie nicht, aber ihre Nase zuckt. Ich nehme an, dass ich sie auch nicht anlügen kann.

"Es schien dich ziemlich in den Bann zu ziehen. Ich sagte Hi, als ich mich gesetzt habe, aber du hast mich nicht mal gehört, richtig?"

"Ich...ich habe mich nur auf diese ... diese Notizen konzentriert."

Mein Gott, mein Kopf hämmert richtig. Ich kann mich kaum auf sie konzentrieren. Jeder entfernte, leise Ton wird in meinem Kopf verstärkt. Rauschende Blätter klingen wie der Schlag einer Trommel. Diese hellen Punkte bedecken Roseannes Gesicht.

"Dana, geht es dir gut?"

Warum spricht sie so laut?

"Es...es geht mir gut. Es geht mir gut."

Sie lehnt sich über den Tisch und legt ihre Hand über meine. Aus irgendeinem Grund erschreckt mich diese Geste, lässt mich zusammenzucken.

"Bist du sicher? Du siehst wirklich blass und müde aus."

"Es geht mir gut. Es ist nur, ich habe ein paar Kopfschmerzen, das ist alles."

Sie zuckt mit den Schultern und isst weiter ihr Sandwich, da sie sich dankenswerterweise dafür entschieden hat, nicht weiter zu bohren. Soe sehr ich sie mag und ihr traue, Roseanne ist neben Alex wahrscheinlich die letzte Person auf der Welt, die ich mit meiner Krankheit belasten will.

Ist diese Unterhaltung vorbei? Ich hoffe es. Ich muss gehen....irgendwohin. Irgendwohin. Ich kann nicht mehr mit irgendjemandem reden.

"Ich werde, äh ... ich muss ins Labor zurück, Roseanne. Ich sehe dich später."

Ich fange an aufzustehen, aber sie hält meine Hand fest.

"Warte, warte, warte, Dana! Mein Gott, ich habe das Gefühl, ich hätte mich schon seit Ewigkeiten nicht mehr mit dir unterhalten. Bleib noch eine Minute."

"Ich muss ... wirklich ... "

"Musst was? Komm schon, Dana. Ich vermisse dich."

Ich vermisse sie auch. Das tue ich tatsächlich. Ich habe bis jetzt kaum darüber nachgedacht, aber wir sind in den letzten Monaten auseinandergedriftet. Seit Mulder. Seit ich selbst auseinandergedriftet bin.

Ich setze mich wieder und massiere meine Schläfen, hoffe den Schmerz so weit zu mildern, dass mein Kopf wieder klar wird, dass ich wieder einigermaßen zusammenhängend denken und sprechen kann.

"Es tut mir leid, Roseanne. Ich war einfach nur ... die Dinge waren so ... naja, ich hatte nicht viel Zeit."

"Ich weiß. Es ist okay."

"Wie ist es dir gegangen?"

"Mir ging es gut. Prima. Ein bisschen einsam aber ..."

"Einsam?"

"Na ja, mein Gott, Dana. Dieser Ort quillt nicht gerade über vor attraktiven, intelligenten und geeigneten Männern. Und die beiden am besten aussehenden Jungs hier sind...na ja..."

"Sind was?"

"Na ja, sie gehören dir."

Mir. Mir? Sie gehören nicht mir. Keiner von ihnen gehört mehr mir. Mulder hat es nie wirklich und Alex...oh, Alex.

"Sie lieben dich beide, Dana. Es ist nicht so, dass du es nicht verdienst, aber es ist einfach nur total unfair einem einsamen Mädchen wie mir gegenüber."

Sie lacht und ich bringe ein schwaches Lächeln zustande. Willst du tauschen, Roseanne? Bitte?

Vielleicht wird sie sich um Alex kümmern können, wenn ich nicht mehr bin. Vielleicht könnte er sich sogar in sie verlieben, mich vergessen.

"Mulder ist nicht ... na ja, er ist alleinstehend, Roseanne."

Sie lacht weiter und schüttelt ihren Kopf.

"Dana, bist du verrückt? Der Mann ist an nichts und niemandem außer dir interessiert. Glaube mir, ich habe versucht seinen ... Horizont ein wenig zu erweitern."

Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll. Ich wünschte einfach, dass die Dinge irgendwie anders wären. Für uns alle.

"Dana, bist du sicher, dass es dir gut geht? Machst du dir Gedanken wegen des Einsatzes oder so?"

"Einsatz?"

Ihr Kinnlade klappt nach unten und ihre Augen treten wie bei einer Zeichentrickfigur aus ihrem Kopf hervor.

"Du machst Witze, richtig?"

"Äh..."

"Hast du in der letzten Woche unter einem Stein gehaust?"

"Na ja, wie ich sagte, ich war ziemlich beschäftigt. Ich habe nicht viel mit den Leuten geredet."

"Nicht einmal mit Alex?"

Ganz besonders nicht mit Alex. Ich kann ihr nicht anders antworten, als meinen Kopf zu schütteln und wegzusehen. Ich hoffe, dass sie mitbekommt, dass dies das letzte ist, worüber ich im Moment reden möchte.

"Dana, solltest du nicht seine Stellvertreterin sein? Ich meine, wenn ihr beide Probleme habt..."

"Wir haben keine Probleme!"

Sie entfernt sich ein wenig von mir, erschrocken über meinen Ausbruch. Es war nicht meine Absicht, so verteidigend zu klingen.

"Okay, Dana. Ihr habt keine Probleme. Also warum hat er dir nicht von diesem großen Einsatz erzählt, den er seit den letzten Wochen zusammen mit Marita und ihrem mysteriösen Kontaktmann plant?".

Marita? Kontaktmann? Mein Gott, Alex. Was um alles in der Welt hast du vor mir verheimlicht?

"Ich nehme an ... wir waren sehr beschäftigt."

"Um Himmels willen, Dana! Sie greifen eine der Hauptstützpunkte an. Das ist eine riesen Sache! Ich kann nicht fassen, dass er nicht mit dir darüber gesprochen hat. Was zur Hölle ist mit ihm los?"

"W... wann soll das stattfinden?"

"In ungefähr fünf Tagen!"

Oh. Mir wird wieder schwindlig. Ich wünschte sie würde aufhören zu schreien.

"Ich...ich muss gehen, Roseanne. Es tut mir leid."

"Du musst gehen und ihm in den Hintern treten, das ist es, was du tun musst."

Ich lächle und lehne mich über den Tisch, um sie auf die Wange zu küssen. In mir kriecht das Bedürfnis hoch, ihr heulend in die Arme zu fallen, aber glücklicherweise kann ich mich zurückhalten.

"Wir sehen uns später, Roseanne. Danke."

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Ich war noch nie nervös gewesen, wenn ich an Alex' Bürotür geklopft habe. Genaugenommen bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt schon mal an diese Tür geklopft habe, Punkt.

Er murmelt etwas unverständliches hinter der Tür und ich fasse das als Einladung auf. Ich muss zugeben, dass ich schockiert bin, als ich eintrete. Ich habe dieses Raum noch nie in einem solchen Zustand völligen Chaos gesehen. Zettel, Bücher und Landkarten liegen auf dem Schreibtisch und auf den Stühlen verstreut. Die Aktenschränke sind offen, ihre Inhalte durcheinandergewühlt. Alex sitzt mitten in dieser Unordnung und schreibt in sein Notizbuch. Er plant. Ohne mich.

Ich räuspere mich und er sieht erschrocken auf. Ich habe das Gefühlt, als hätte ich ihn mitten in einer untreuen Situation erwischt. Albern, aber einfach das gleiche...

"Dana."

Sein Ton macht mir Angst. Er ist nicht fragend, nicht überrascht, nicht wütend oder genervt, nicht zärtlich oder besorgt. Er ist leer. Nichtssagend. Eine gefühllose Feststellung. Dana.

"Hallo, Alex. Darf ich mich setzen?"

"Wenn du einen Platz findest."

Ich hebe einen Stapel Papier von dem Stuhl vor seinem Schreibtisch und lege ihn auf den Boden. Er jammert, aber er weist mich nicht zurecht, also setze ich mich. Ich fühle mich alarmierenderweise wie ein unartiges Kind, dass plötzlich in das Büro des Direktors geschickt wird.

"Alex ich ... ich wollte dich etwas fragen."

Mein Gott, dieses Gesicht. Er ist ein Stein. Kein wie auch immer gearteter Gesichtsausdruck. Seine Hände sind auf dem Tisch vor ihm gefaltet. Menschliche und unmenschliche Seite vereint.

"Ich habe heute etwas über einen Einsatz erfahren, Alex."

Immer noch nichts. Ich muss gegen den Drang ankämpfen, nervös auf meinem Stuhl herumzurutschen.

Mein Gott, es ist Alex. Alex um Himmels Willen. Ich sollte mich nicht so fühlen. Wie konnten die Dinge nur so völlig schief gehen?

"Wird ... wird es einen Einsatz geben?"

"Ja."

Okay, also gut.

"Gut, würdest du mir etwas darüber erzählen?"

"Was möchtest du wissen?"

"Ich möchte wissen..."

Ich höre auf und atme tief ein, halte mich selbst davon ab, mit der Tirade herauszuplatzen, die ich unter meiner Oberfläche kochen fühle.

"Was ich zuerst wissen möchte ist, warum du mir nicht schon längst davon erzählt hast?"

Er seufzt und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Zeichen von Leben?

"Du warst beschäftigt. Ich wollte dich nicht belästigen."

"Mich belästigen? Alex, das ist ein Teil meines Jobs. Nicht nur meines Jobs. Meines Lebens. Jetzt möchte ich, dass du mir erzählst, was vorgeht. Wo findet dieser Einsatz statt?"

Statt einer Antwort erhalte ich einen Stapel Papier, der in meine ungefähre Richtung über den Schreibtisch geschoben wird. Dabei ist eine ungefähre Karte des südwestlichen Territoriums, die sich vage noch weiter nach Süden erstreckt. Irgendwo in der Nähe des unteren Randes ist ein roter Kreis um das, was glaube ich früher die Stadt Boston gewesen ist.

"Alex, haben nicht dort die Alienrebellen ihre Kolonie?"

"Ja."

"Das sind ... da sind nicht die, die du angreifst, Alex."

"Doch, das sind sie."

"Ich verstehe das nicht. Alex, dort all ihre Lagerhäuser. Dort kommen unsere Lieferungen her. Was geht hier vor?"

"Sie lügen uns an, Dana. Lassen uns ihre Dreckarbeit machen und geben uns dafür Almosen."

"Almosen? Alex, sie halten uns am Leben!"

Er schüttelt seinen Kopf und schaut mich mit ... Mitleid an? Ist das Mitleid? Als wenn ich blöd wäre, weil ich nicht weiß, was er weiß, nicht verstehe, warum er unseren einzigen hilfreichen Verbündeten wegwerfen will und uns dadurch eine ganze Menge neuer Feinde verschaffen wird.

"Sie haben uns zum Narren gehalten, Dana. Sie haben die Dinge, die wir brauchen, die Dinge, für die wir uns den Arsch aufreißen, um sie zu finden. Sie hatten die schon immer. Alles was wir tun ist das zu nehmen, was wir verdienen. Volle Bezahlung."

"Wovon redest du? Was haben sie?"

"Alles."

Wäre es das Ende der Welt, wenn ich über den Tisch greife und ihn erwürge? Irgendwie habe ich das Gefühl, das es das wäre, aber es ist trotzdem eine Versuchung.

"Könntest du dich bitte etwas genauer ausdrücken?"

"Sie haben die Technologie, die wir brauchen. Um die Waffe zu bauen. Um sie loszuwerden. Alle."

"Wenn das stimmt, warum haben sie diese Waffe nicht schon selbst benutzt?"

"Weil es sie auch töten würde, wenn sie sie freisetzen. Sie haben noch keinen Weg gefunden, sich selbst zu immunisieren."

"Also willst du losgehen und sie ihnen wegnehmen und die Waffe freisetzen? Du willst die Einzigen verraten, die uns überhaupt geholfen haben, Alex?"

Er sieht mich wieder so mitleidig an und das erste Mal an diesem Tag lassen meine Kopfschmerzen nach und machen Übelkeit Platz. Wer ist dieser Mann. Wo ist der Alex, den ich kenne? Habe ich einfach dadurch umgebracht, dass ich mit einem anderen Mann getanzt habe?

"Das ist nicht alles, was sie haben."

Verdammt. Das ist absolut lächerlich. Ich kann nicht fassen, dass er dieses idiotische Ratespiel mit mir spielt.

"Was haben sie noch, Alex?"

"Das, woran du arbeitest, seit du hergekommen bist."

Ein Aufflackern von Angst und Hoffnung fährt durch meine Adern.

"Ein Heilmittel..."

Ich schaffe es kaum, das Wort zu flüstern. Wie kann das möglich sein? Es kann nicht. Kann es?

"Woher ... woher weißt du, dass sie es haben?"

"Jemand hat es mir erzählt."

"Jemand hat es dir erzählt. Das ist großartig, Alex. Du willst unsere einzigen Verbündeten die Toilette hinunterspülen und das Leben von jedem hier aufs Spiel setzen, wegen etwas, was dir 'jemand' erzählt hat?"

Und das alles, um ein Heilmittel zu finden. Das ist es, worum es geht, noch mehr, als um die Waffen. Ich kenne ihn gut genug, um das zu verstehen. Er hat die Absicht alles zu riskieren, inklusive seines eigenen Lebens, um dieses Heilmittel zu finden. Für mich. Für etwas, das er als potentielle Bedrohung meines Lebens empfindet. Das ist es, was mir am meisten von allem Angst macht. Und es verstärkt meine Entscheidung, ihm nicht zu erzählen, dass ich bereits krank bin. Gott allein weiß, was er tun würde.

"Es ist jemand, dem ich traue. Und sie sind nicht unsere einzigen Verbündeten."

"Wer?"

Er senkt seine Kopf und lässt in mir den Verdacht aufkommen, dass dieser jemand Marita ist.

"Alex?"

"Es gibt da einen Mann. Einen Mann, für den ich früher gearbeitet habe. Wir sind in Kontakt getreten. Er hat angeboten, uns zu helfen."

"Und er ist der einzige, von dem du diese Information hast?"

"Ja."

"Dieser Mann, hat er einen englischen Akzent?"

Seine Augenbrauen heben sich überrascht, was mir als Antwort ausreicht. Ich kenne diesen Mann, den Alex anscheinend für vertrauenswürdig hält. Und ich bin fast sprachlos vor Schreck, dass er so viel wegen eines Wortes von ihm riskiert.

"Was für Beweise hat dir dieser Mann geliefert, Alex?"

Er schüttelt seinen Kopf abwehrend, als wäre das eine absurde Frage.

"Ich vertraue ihm, Dana."

"Und das reicht dir?"

"Ja."

Mir ist klar, dass es keinen Sinn hat, über dieses Thema mit ihm zu streiten. Er scheint seine Entscheidung bereits getroffen zu haben.

"Also, wann fahren wir los?"

"Ende der Woche. Du musst nicht mitkommen, Dana. Ich nehme nur eine kleine Gruppe mit."

Ich nicke zustimmend und wir schauen uns das erste Mal in die Augen. Ich mag es mir einbilden, aber ich denke, dass ich etwas in ihm weich werden sehe. Ich nehme an, dass er einen Streit erwartet hatte. Ich wünschte ich hätte die Kraft zu streiten. Ich wünschte mir würde es gut genug gehen, dass ich eine Hilfe sein könnte, statt eines Klotzes am Bein.

Wir starren uns eine Weile an, die mir wie eine sehr lange Zeit vorkommt, aber die bestimmt nur aus ein oder zwei Momenten bestanden hat. Ja, er benimmt sich wie ein unerträglicher Bastard, aber irgendwo da drin ist jemand, der mir etwas bedeutet. Jemand, den ich berühren will.

Ich fahre mit den Fingern meiner rechten Hand über den Ring, der auf meiner linken steckt und ich fühle wie mein Herz bei der Erinnerung an den Abend, an dem er mir dieses Geschenk gegeben hat, anfängt zu rasen. Wie würde er reagieren, wenn ich über diese Barriere zwischen uns reichen würde, sein Gesicht in die Hände nehmen würde und meine Lippen auf seine legen würde, dort wo sie hingehören? Würde es diese kalte, tote Fassade hinwegschmelzen? Würde es ihn davon überzeugen, mir wieder zu glauben? Einen Moment lang glaube ich, dass es das würde.

Aber der geht vorbei. Er sieht wieder nach unten auf seine Zettel, entlässt mich. Ich stehe auf und wende mich zur Tür. Beobachtet er mich mit traurigen, einsamen Augen?

Ich drehe mich schnell um in der Hoffnung, ihn zu erwischen, aber sein Kopf ist immer noch über den Schreibtisch gebeugt und er hat wieder mit Schreiben angefangen. Ich spüre einen Anflug von Verzweiflung und ein so starkes Begehren, dass ich es nicht einfach ignorieren und davonlaufen kann.

"Ich vermisse dich, Alex", flüstere ich so leise, dass ich denke, dass er es vielleicht überhört haben könnte.

Das hat er nicht. Er schaut nach oben und plötzlich ist sein Gesicht anders. Weich und lieb und schrecklich unglücklich.

"Dana..."

So anders, als vorhin. So voller Schmerz und Liebe und einfacher, alter, rauer Emotion.

"Was passiert hier, Alex? Ich dachte, wir wären darüber hinweg?"

Seine Augen fallen zu und er reibt seine Hand über sein Gesicht.

"Keine Ahnung, Dana. Ich bin nur ... was immer du jetzt von mir denkst, was immer du auch denkst, was für ein Mensch ich bin, es gibt eine Sache, die mich immer durch jede Situation hindurchgeführt hat."

"Was ist das?"

"Selbstschutz. Überleben."

Ich gehe zum Schreibtisch zurück und lege meine Hand vorsichtig auf seine. Er zieht sie nicht zurück, Gott sei Dank.

"Was hat das mit uns zu tun, Alex?"

"Ich versuche lediglich, mich selbst zu schützen, Dana."

"Vor mir?"

Er atmet tief und schaudernd ein und schaut mit den Augen eines verängstigten Hasen zu mir auf.

"Vor dem, was du in der Lage bist, mir anzutun."

Das zu hören fühlt sich an, als würde mir ein weißglühender Dorn in die Brust gestochen, der ein Herz trifft, von dem ich dachte, dass es schon tausende Male gebrochen wurde.

"Ich würde dir niemals weh tun, Alex."

Er nickt, aber ich nehme an wir beide wissen, dass das eine Lüge ist. Ich habe ihm schon weh getan. Nicht willentlich oder absichtlich, aber ich habe es.

"Es tut mir leid, Alex."

Ich drücke seine Hand. Er hebt meine an seine Lippen und drückt einen zarten Kuss auf meine Knöchel.

"Mir auch, Djewotschka. Mir auch."

"Also, was tun wir?"

"Einfach ... einfach weitermachen, nehme ich an."

Einfach weitermachen. Ich nehme an, das ist ein Anfang. Er lässt meine Hand los und nimmt statt ihrer einen Stift, schaut wieder auf seine Arbeit.

"Ich sehe dich heute Abend", sagt er und dieses Mal gehe ich wirklich, weil ich nicht weiß, was ich sonst noch sagen sollte. Ich weiß nicht, wie in aller Welt ich es besser machen könnte. Aber wenigstens habe ich ein kleines bisschen Hoffnung.

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Ende Kapitel 12

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Kapitel 13

Einfach weitermachen. Rückblickend erscheint das, als wäre es ziemlich dumm gewesen, das zu sagen. Es hätte so viele andere Möglichkeiten gegeben, Dinge, die ich hätte vorschlagen können, die verhindert hätten, dass wir an diesen Punkt gelangt wären.

Zum Beispiel hätte ich sagen können, "Warum fangen wir nicht einfach damit an, dass du mir sagst, was vorgeht?"

Vielleicht wollte ich es einfach nicht wissen. Vielleicht habe ich es schon gewusst und konnte nicht ertragen, es zu hören.

Die Zeichen waren alle da. Sie war so lange distanziert und eigenartig gewesen, dass ich sie mir schon gar nicht mehr anders vorstellen kann. Sie verschwindet für lange Zeit ohne Erklärung, ziemlich oft, seit mindestens einem Monat. Sie in seinen Armen zu erwischen war nur die Glasur auf dem Kuchen.

Aber ich habe mich immer noch geweigert, es zu glauben. Als sie an diesem Tag zu mir kam, habe ich wirklich geglaubt, dass sie aufrichtig war, dass ich vielleicht paranoid und unsicher bin. Ich dachte, dass sie es versuchen wollte. Und ich habe es auch versucht. In der letzten Woche habe ich mein äußerstes versucht, die Dinge zwischen uns wieder gerade zu biegen, trotz der Tatsache, dass ich mit der Planung des Einsatzes noch mehr beschäftigt war als je zuvor, trotz meiner Zweifel und meiner Ängste. Sie schien mit mir daran zu arbeiten, hat mir sogar vor einigen Tagen das Privileg gestattet, mit ihr zu schlafen.

Ich dachte, wir befänden uns in einer weiteren Aufwärtskurve auf dieser verdammten Achterbahnfahrt der Gefühle, die wir seit den letzen fünf Monaten durchmachen. Ich nehme an, ich habe mich geirrt.

Manchmal frage ich mich, ob sie denkt, dass ich der dümmste Mensch bin, der jemals gelebt hat. Hat sie gedacht, ich würde es nicht herausfinden? Ich war früher ein verdammter Spion um Himmels Willen.

Nein. Nach heute Abend denke ich, dass es sicher ist zu sagen, dass sie wollte, dass ich es herausfinde, aber nicht den Mumm hatte, es mir ins Gesicht zu sagen. Das ist es, was mich am meisten traurig macht. Ich habe so viel von ihr erwartet. Ich dachte, sie wäre mutig.

Ich bin kein Verfechter von Regeln.

Ich habe mich nicht daran gehalten und ich habe nicht allzuviele davon aufgestellt. So weit es mich betrifft, sind die meisten davon heuchlerisch und einfallslos, mehr eine Krücke für die Leute, die nicht selbst zwischen Gut und Böse unterscheiden können, als irgendeine Art von Schutz.

Nicht dass ich die verlässlichste Quelle dieses Thema betreffend bin...

Jedenfalls ist der Punkt, dass Dana und ich nicht sehr viele Regeln in unserer Beziehung haben. Die meisten unserer gegenseitigen Erwartungen blieben unausgesprochen. In der ganzen Zeit, in der wir zusammen waren, hatte ich nur eine einzige Forderung, einen einfchen Gefallen, um den ich sie gebeten habe.

Nein, nicht Treue, obwohl ich beginne zu denken, dass es vielleicht eine gute Idee gewesen wäre, diese gleich von Anfang an festzulegen, als sie blind von ihr zu erwarten.

Die Regel ist, dass wir beide an dem Abend vor einem Kampf, einem Einsatz oder einer anderen potentiell lebensbedrohlichen Situation, zeitig von der Arbeit nach Hause kommen, Abendbrot essen, uns unterhalten und ins Bett gehen. Gemeinsam.

Ich habe ihr das schon sehr frühzeitig gesagt, dass ich das brauche, noch bevor wir überhaupt zusammen gewohnt haben und sie war immer sehr entgegenkommend. So sehr, dass ich dazu verleitet wurde zu glauben, dass sie das auch brauchte.

Eine weitere fehlerhafte Schlussfolgerung.

Ich werde morgen wegfahren. Die Lastwagen sind alle bepackt, der Plan ist festgelegt, die Uhren verglichen und all dieser Mist. Ich leitete unsere last-minute Strategiesitzung in rasender Geschwindigkeit, habe in meiner Eile, schnell nach Hause zu kommen ein paar wichtige Punkte übersprungen und bin hierher zurückgekommen, um das zu kochen, was durchaus mein letztes Essen mit Dana sein könnte. Gewesen wäre, wenn sie aufgetaucht wäre.

Die ersten paar Stunden waren nicht all zu schlimm. Ich war ein bisschen früh dran, wie sich herausstellte und habe die zusätzliche Zeit damit verbracht, das Essen bis zur Perfektion zu verfeinern. Als ich schließlich mit essen fertig war, war sie ein wenig spät dran, aber ich dachte mir, dass ich das Essen in den Ofen stellen würde und es wäre dann immer noch warm, wenn sie heimkommen würde.

Es ist jetzt verbrannt. Verbrannt zu einer erbärmlichen schwarzen Masse.

Schon seit sechs Stunden ist es in diesem Zustand. Ich weiß noch nicht einmal mehr, was es einmal war.

Ich muss sagen, dass diese sechs Stunden die längsten meines Lebens waren. Ich ging durch verschiedene Stadien als mir klar wurde, dass sie nicht nach Hause kommen würde. Zuerst Leugnen. Na klar, jede Minute würde sie durch diese Tür kommen, voll der Entschuldigung und mit nachvollziehbaren, glaubhaften Erklärungen.

Das wandelte sich gegen neun oder zehn Uhr in Ärger.

Wie kann sie es wagen, mich so zu versetzen? Könnte sie es vergessen haben? Was für eine blöde Kuh...

Nach einigen Stunden wütenden Herumlaufens und Stuhltretens fing ich an, mir Sorgen zu machen. Was, wenn ihr etwas zugestoßen wäre? Sicher könnte sie es nicht vergessen haben. Sicher würde sie mir das nicht absichtlich antun. Die Dinge waren angespannt zwischen uns, um es mal vorsichtig zu sagen, aber sie würde sich niemals dazu herablassen, mir weh zu tun. Sie muss verletzt sein oder in irgendwelchen anderen Schwierigkeiten.

An diesem Punkt habe ich mich dazu entschieden, nach ihr zu suchen.

Ich hatte mir nicht gewünscht, dass es dazu kommt. Ich nehme an, dass das Leugnen sehr fest in mir verankert war und dass ein großer Teil von mir immer noch darauf wartete, dass sie von selbst zurückkommen würde.

Aber ich konnte nicht einfach hier sitzen und warten, wenn sie meine Hilfe brauchte.

Der erste Ort zu dem ich ging war natürlich auch der naheliegendste. Wenn ich gleich hierher gegangen wäre, um fünf oder sechs, als sie hätte nach Hause kommen sollen, wären die Dinge vielleicht anders gewesen. Vielleicht wäre ich in der Lage gewesen, mich weiterhin in meiner glücklichen, Scheinwelt zu verkriechen.

Aber ich bin nicht vor um eins in der Nacht ins Labor gegangen. Ich nehme an, dass es der Spanner in mir war, der zuerst durchs Fenster schauen wollte, anstatt an die Tür zu klopfen. Der Spanner und der Realist, derjenige, der von Anfang an wusste, was wirklich vorging.

Sie war dort, alles klar. Sie sah post-orgasmisch glücklich aus und zerwühlt und einen Moment lang war ich tatsächlich erleichtert. Ihr ging es gut. Gott sei Dank war sie in Ordnung.

Und dann sah ich sie mit dem selben übelkeitserregenden Gesichtsausdruck, wie er über ihr lehnte. Sie sprang in seine Arme und ich sah so lange dabei zu wie ich es aushalten konnte, wie sie sich umarmten wie zwei liebeskranke Teenager. Vielleicht habe ich darauf gewartet, dass sie damit aufhören würden. Aber sie haben nicht aufgehört. Sie haben sich einfach umarmt und gelacht und sind verdammt noch mal auf und ab gesprungen und ich habe schließlich aufgegeben.

Völlig.

Und jetzt, fast zwei Stunden später, sitze ich hier an dem, was frühere mal unser Küchentisch gewesen ist und warte immer noch darauf, dass sie nach Hause kommt. Aber dieses Mal ist es mit Einsicht.

Ihre Taschen sind gepackt und draußen im Flur übereinandergestapelt. Wenn sie nicht zurückkommt, bevor ich weggehe, wird es keine Notwendigkeit für eine schreckliche Szene geben. Sie wird die Taschen sehen und verstehen, dass ich ihr endlich gegeben habe, was sie wollte. Ich glaube das erste Mal überhaupt.

Vielleicht bin ich zu gutmütig, lasse sie zu einfach davonkommen.

Vielleicht wäre es besser, wenn ich vorgeben würde, nichts zu wissen und einfach weitermachen würde, es ihr so schwer wie möglich machen würde, mit ihrer wahren Liebe zusammen zu sein. Aber traurigerweise habe ich das nicht in mir. Ich könnte die Qual selbst nicht ertragen.

Nein, die Zeit ist reif. Es gibt nichts mehr zu sagen, keinen Schmerz mehr, den wir uns noch gegenseitig zufügen könnten. Ich hoffe nur, dass es mich nicht zerstören wird, sie zu verlieren.

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Am Ende war die Antwort so einfach, dass es schwierig zu verstehen war, warum wir soviel Zeit gebraucht haben, sie zu finden.

Wie konnten wir so lange etwas so grundlegendes, so völlig offensichtliches übersehen? Ich nehme an ich wusste, dass die Lösung in Mulders Blut steckt, aber wer hätte gedacht, dass es das Blut selbst sein würde?

Es spielt keine Rolle mehr. Wir haben es gefunden. Einen Weg sich umzuwandeln ohne die Umwandlung. Die richtige Mischung, die richtige Temperatur, alles richtig. Das ist alles, was zählt.

Wir werden natürlich noch mehr Tests durchführen müssen. Wir werden das Serum erst mal jemandem injizieren müssen, der mit dem Krebs infiziert ist. Ein menschliches Versuchskaninchen. Ich habe mich schon selbst auf dieses Schicksal vorbereitet, weil ich mir fast völlig sicher bin, dass es funktionieren wird.

Ich hätte Alex sagen sollen, dass ich später kommen werde. Es ist sicher schon früh um vier. Der Mond ist schon weg und die Nacht ist in ihrer dunkelsten Phase.

Das einzige Geräusch auf dem Campus ist das von meinen Füßen, die das gefrorene Gras berühren, während ich nach Hause gehe. Er macht sich sicher Sorgen.

Es spielt keine Rolle. Wenn ich ihm erst mal erzählt habe, wo ich gewesen bin, was ich heute Nacht getan habe, wird er es vergessen. Er wird glücklich sein. Sogar euphorisch. Und das beste von allem ist, dass meine Entdeckung sicher ausreichen wird, um ihn von dieser Wahnsinnsmission abzuhalten, die er morgen vor hatte. Es wird so sein müssen. Ich werde ihn nicht gehen lassen, bevor er richtig mit mir geschlafen hat und es ist einfach nicht mehr genug Zeit. Er sollte in zwei Stunden wegfahren.

Als ich in das Wohnheim komme, habe ich das Gefühl, als müsste ich die Gänge auf und ab rennen, an jede Tür hämmern und alle Welt aufwecken um ihnen zu sagen, dass ich es getan habe. Ich habe es endlich getan.

Aber da gibt es nur eine Tür, die wirklich wichtig ist und ich stürze die Treppen hoch, zwei Stufen auf einmal nehmend, um das vierte Stockwerk und mein Zuhause zu erreichen.

In meiner Aufregung und meiner Eile stolpere ich fast über den Haufen Müll, der vor unserer Tür steht.

Vielleicht hat Alex ein bisschen aufgeräumt. Es sieht allerdings nach ein bisschen zuviel Sachen aus, um sie einfach wegzuwerfen.

Ich steige darüber, mache mir eine geistige Notiz, sie morgen auszusortieren und sicherzugehen, dass er nichts wegwerfen, was wir noch brauchen und schließe die Tür auf.

Alle Lichter sind aus und der Raum fühlt sich sehr leer an, als ich eintrete. Er ist sicher schon schlafen gegangen. Ich schließe und verriegele die Tür hinter mir und fange an, durch die Dunkelheit zu laufen. Als ich die Schlafzimmertür erreiche, höre ich ein Geräusch, so etwas wie ein Seufzen, aus dem Küchenbereich kommen. Ich drehe mich erschrocken um.

"Alex?"

Stille. Ohrenbetäubende, unheimliche Stille.

Ich taste im Dunkeln herum, suche gleichzeitig nach dem Lichtschalter und der kleinen Pistole, die an meinen Stiefel geschnallt ist.

"Wer ist da?"

Keine Antwort.

Ich greife die Waffe mit der rechten Hand und bewege den Schalter mit der linken. Die kleine, gedämpfte Glühbirne der Küchenlampe flackert und ich atme erleichtert aus. Es ist Alex.

"Warum hast du mir nicht geantwortet?" frage ich. Er zuckt mit den Schultern und hebt seinen Blick nicht von der Tischplatte.

"Warum sitzt du hier im Dunkeln?" versuche ich wieder und stecke meine Waffe dorthin zurück, wo sie hingehört. Immer noch keine Antwort.

"Alex, du wirst nicht glauben, was heute nacht passiert ist," platze ich heraus, einfach berstend mit dem Wunsch, die guten Neuigkeiten mit ihm zu teilen. Seine Augen richten sich nach oben und er schnieft, lacht höhnisch. Da gibt es etwas gefährliches in diesen Augen.

"Es ... es tut mir Leid, dass ich so spät dran bin, Alex, aber es gibt einen Grund. Einen sehr guten Grund."

"Wirklich," sagt er, aber es ist keine Frage. Es ist der gleiche hölzerne Ton, den er an diesem Tag im Büro mir gegenüber benutzt hat.

"Ja, wirklich. Ich denke dass... ich denke dass wir es gefunden haben, Alex."

"Es?"

Ich kann mich nicht davon abhalten, zu ihm hinüber zu laufen und meine Arme um seine Schultern zu legen. Er mag jetzt genervt aussehen, aber wenn er versteht...

"Alex, das ist so aufregend!"

Ich lehne mich nach vorn und küsse ihn auf den Mundwinkel, will einfach nur in seinen Schoß fallen und von ihm umschlossen werden. Aber sein Körper wird steif, hart und kalt und er zuckt.

"Was hast du gefunden, Dana?"

"Alex, wir sind gerettet. Ich bin gerettet!" flüstere ich in sein Ohr und er zuckt weg.

"Wovon sprichst du?"

"Ich habe es gefunden."

Ich bewege mich so, dass ich auf dem Boden vor ihm knie, so dass ich sein Gesicht sehen kann, wenn er versteht.

"Ein Heilmittel, Alex. Ich habe ein Heilmittel gefunden."

Seine Augen weiten sich und ich lache, lache einfach. Es fühlt sich so real an es so laut zu sagen.

"Bist du sicher?"

"Ziemlich absolut sicher."

Ich lehne mich nach vorn, um ihn ganz auf den Mund zu küssen, aber diesmal steht er auf und geht ganz von mir weg, lässt mich allein auf dem Boden sitzen. Er dreht mir den Rücken zu und stützt seine Hand auf den Rand der Spüle. Mehr Stille.

"Alex, willst du nichts sagen?"

Ich werde nicht sterben, Alex. Ist dir das egal?

Natürlich weiß er nicht, wie nahe ich dem gekommen bin. Trotzdem dachte ich, er würde begeistert sein. Er wollte das eine zeitlang genauso sehr wie ich.

"Ich freue mich. Ich weiß, dass du lange daran gearbeitet hast. Herzlichen Glückwunsch."

"Freuen? Du freust dich? Glückwunsch? Alex, verstehst du nicht, was das bedeutet? Siehst du nicht, wie sehr uns das helfen wird?"

"Ja, ich weiß, was es bedeutet. Du hast einen sehr guten Job gemacht. Das wird belohnt werden."

Ich weiß noch nicht einmal, wie ich darauf antworten soll. Nicht nur die Worte, auch der Ton. Selbst an diesem Tag im Büro war er nicht so kalt zu mir. Das kann nicht nur deswegen sein, weil ich zu spät komme. Nicht jetzt, da er weiß warum.

Ich stehe auf und gehe zu ihm, lege von hinten die Arme um seine Hüfte und schmiege meinen Kopf in die Neigung seiner Schulter.

"Alex, was ist los? Bist du darüber nicht glücklich?"

Ich spüre, wie sein Brustkorb sich hebt und senkt, als er seufzt.

"Ich muss bald gehen. Ich muss mich fertig machen."

"Gehen? Alex...du gehst nicht immer noch, oder?"

"Ja."

"Aber Alex, wir haben, was wir von ihnen brauchen. Du musst nicht mehr gehen. Dass ist es, was ich versuche, dir zu sagen. Warum bleibst du nicht hier bei mir?"

Ich greife mit meiner Hand durch die Knöpfe seines Hemdes und streichle zart seinen Bauch. Ich fühle seine Muskeln unter mir zucken und dann spüre ich, wie er schaudert und sich gewaltsam von mir losreißt.

"Das ist nicht alles, was wir brauchen, Dana. Nicht alles, was ich brauche."

Er geht zurück zum Tisch und ich falle fast gegen den Rand.

"Warum gehst du, Alex?"

"Die Waffen. Ich habe es dir gesagt."

Nein. Ich weigere mich zu glauben, dass er so viel für so wenig riskieren würde. Das ist es nicht, was ihn jetzt antreibt. Ich habe eine Ahnung, was wirklich seine Motivation ist und es macht mir schreckliche Angst.

"Warum gehst du *wirklich* Alex?"

"Die Waffen. Und weil wir zu oft zum Narren gehalten wurden."

"Also gehst du aus Rache? Du riskierst dein Leben und das Leben all dieser Menschen, um zu beweisen, dass niemand Alex Krycek zum Narren hält?"

Er schaut zur Decke auf und lacht kurz durch die Nase.

"So in etwa ..."

"Alex, du kannst nicht..."

Sein Kopf sinkt nach unten und seine Augen sehen über das Zimmer hin weg in meine. Er ist jetzt so weit weg und er sieht wütend aus. Sehr, sehr wütend.

"Was tust du hier, Dana?"

"Was ich ... was meinst du, Alex? Was ist los mit dir?"

"Ist dir nicht etwas aufgefallen, als du hier reinkamst, Dana? Vielleicht habe ich es nicht deutlich genug gemacht."

"Alex," atme ich und werde immer beunruhigter und verwirrter, als er seine Stimme hebt.

"Muss ich dir erst eine Zeichnung machen?" brüllt er. Er schließt fest seine Augen und atmet heftig ein. Seine Wut ist beängstigend, aber wenigstens zeigt er mir etwas. Es ist besser, als die kalte Schulter.

"Nein, Alex, ich möchte, dass du mit mir redest. Ich möchte dass du mir sagst, was nicht in Ordnung ist."

"Womit soll ich anfangen?"

"Womit du anfangen willst."

"Na ja, wir haben nicht viel Zeit, also bleibe ich besser nur bei heute Abend."

Heute Abend? Ist es das, worum es geht? Könnte er wirklich so wütend sein, weil ich zu spät bekommen bin? Mir war klar, dass er vielleicht ein wenig gereizt oder besorgt sein würde, aber ich dachte mir, dass wenn ich ihm erst mal gesagt hätte weswegen, ihm klar werden würde, wie wichtig es war. Natürlich dachte ich auch, dass es ihn davon abhalten würde zu gehen und dass das Verpassen dieser Nacht nicht so eine riesige Sache sein würde.

"Alex, es tut mir Leid. Es tut mir Leid, dass ich heute Abend nicht da war. Das tut es wirklich. Ich dachte dass du, wenn ich dir erzähle ... ich dachte wir hätten mehr Zeit."

"Nun, da lagst du falsch, Dana. Wir haben keine Zeit mehr."

Seine Stimme ist wieder kalt und ausdruckslos und mit einer beängstigenden Endgültigkeit wiederholt er, "Gar keine."

Beim Klang dieser Worte sinkt mein Herz in meinen Bauch, weil ich auf einmal bemerke, dass er sich nicht nur auf unsere Zeit heute Abend bezieht. Hier passiert etwas sehr viel größeres und es fängt endlich an, durch das Delirium meiner Entdeckung hindurchzusinken.

"Alex, warum bist du nicht runter ins Labor gekommen, wenn du auf mich gewartet hast?"

"Ich bin erst nicht gekommen, weil ich sehen wollte, wie lange du brauchen würdest, um von selbst her zu kommen."

Ein Test? Ist es das? Was für ein Spiel spielt er hier mit mir zur Hölle?

"Aber als ich hörte, wie die Vögel zu singen begannen, habe ich mir ein bisschen Sorgen gemacht. Also bin ich runter ins Labor gegangen, Dana."

"Ja? Ich habe dich nicht dort gesehen."

"Nein, das kann ich mir gut vorstellen. Du schienst ziemlich abgelenkt zu sein. Ziemlich glücklich abgelenkt."

"Ja, Alex. Weil ich gearbeitet habe."

Er wimmert und schleudert mir entgegen, "Woran genau, Dana? Ist das Heilmittel gegen Krebs in Mulders Hosen?"

Ich kann es nicht verhindern, dass bei diesem Kommentar meine Kinnlade auf den Boden kracht. Ich denke ich würde ihm eine runterhauen, wenn der Tisch nicht zwischen uns stehen würde.

"Was genau ist es, dessen du mich hier beschuldigst?" kriege ich fertig, durch meinen Ärger und meine Verwirrung herauszubringen.

"Alles was ich weiß ist, was ich gesehen habe. Wieder."

"Und das wäre?"

"Du und ... er. Wie ihr euch um zwei Uhr nachts angegrapscht habt, sieben Stunden, nachdem du zu Hause sein und mit mir zusammensein solltest."

"Alex, das war ... es war nichts. Es war eine Umarmung. Wir haben uns umarmt, weil wir glücklich darüber waren, das Heilmittel gefunden zu haben. Ich kann nicht ... ich kann nicht glauben, dass ich diese Unterhaltung führe. Du benimmst dich lächerlich. Wieder."

Er starrt mich einfach an mit diesen bewegungslosen Augen und diesem offen stehenden Mund, die Einkerbung über seiner Nase tiefer als je zuvor. Abscheu. So schaut er.

Unglauben und Abscheu.

"Ich werde schlafen gehen, Alex."

Ich fange an auf zitternden Beinen Richtung Schlafzimmer zu gehen. Er seufzt schwer hinter mir.

"Ich denke du übersiehst hier immer noch den Punkt."

"Alex, wo ist Ret?" frage ich, weil mir plötzlich bewusst wird, warum mir dieser Ort so leer erschien, als ich nach Hause kam. Keine schlabbernde Masse von Hund, die an mir hochsprang, als ich durch die Tür kam.

"Er ist in Brians Zimmer. "

"Wozu, zur Hölle?"

"Weil er und sein Besitzer hier nicht mehr wohnen."

Ich drehe mich um, um ihn wieder anzusehen und verdammt sei er, er sieht tatsächlich schadenfroh aus. Seine Arme sind über seiner Brust verschränkt und grinst mich verdammt noch mal an.

"Was tust du, Alex?" frage ich leise während die Angst meine Brust in einem eisernen Griff hält.

"Es tut mir Leid. Ich dachte, dass wäre jetzt schon offensichtlich. Ich werfe dich raus ... Scully."

"Du tust ... was? Du wirst nicht ... Alex, nein."

"Dein Zeug ist schon draußen. Du kannst dir jedes Zimmer hier aussuchen, das du möchtest, so lange es nicht in diesem Gebäude ist. Du kannst deinen Job behalten und alles andere. Nur geh mir aus dem Weg."

"Ich kann das nicht fassen. Ich kann dich nicht begreifen. Ich kann nicht fassen, dass du das tust!"

Und es so verdammt einfach tust. Es aushandelst, als wäre es ein verfluchtes Geschäftsabkommen oder so. Kann er nicht sehen, dass er mich wieder damit umbringt? Bringt es ihn nicht um? Ich möchte ihn schütteln, ihn schlagen, damit er wieder zu dem Alex wird, den ich kenne, aber ich befürchte, von dem ist nichts mehr übrig.

"Du willst einfach ... du gibst uns einfach auf? Mich? Weil du eine völlig unschuldige Umarmung falsch interpretiert hast?"

"Es ist nicht nur die Umarmung, Dana. Erinnerst du dich daran, was du mir an dem Abend im Pool gesagt hast?"

"Welcher Abend? Wovon redest du?"

Mein Gott, das ist so völlig surreal. Ich habe das Gefühl, als würde das Universum unter meinen Füßen auseinanderfallen. Was um alles in der Welt passiert hier?

"Du hast gesagt, dass ich deine Erlaubnis hätte, dich rauszuschmeißen, wenn du nicht glücklich bist und ich wüsste, dass du nicht glücklich bist. Also, hier sind wir."

"Ich habe nie gesagt, dass ich unglücklich bin! Ich habe das nie gesagt! Niemals..."

Ich fühle die Tränen der Panik und des Horrors in meiner Kehle brennen, meine Wangen hinunterlaufen und ich wische sie verzweifelt weg. Warum soll er sie, wie ich zerbreche, wenn es ihm überhaupt nichts ausmacht?

"Du musst es nicht sagen. Meinst du nicht, dass ich es sehen kann, wenn ich jeden Tag mit dir zusammenlebe? Dana, die einzigen zwei Male, in denen ich dich in den letzten fünf Monaten glücklich gesehen habe, waren die zwei Male, in denen ich dich in seinen Armen gesehen habe."

Bastard. Verflucht seist du, du Bastard. Warum tust du mir das an?

"Ich kann das nicht fassen. Ich kann es nicht FASSEN! Weißt du was, Alex? Ich wünschte, dass ich es mit Mulder getrieben hätte, so dass ich diese Art der Behandlung wirklich verdient hätte. Aber das haben wir NICHT! Wir haben ÜBERHAUPT NICHTS getan!"

Oh Gott, das ganze entgleitet mir wirklich. Ich muss hier raus, bevor ich anfange zu Hyperventilieren.

Tief durchatmen. Lass ihn nicht sehen, dass du hysterisch bist.

"Es spielt keine Rollen, ob ihr es getan habt, oder nicht," sagt er leise und ruhig. Verdammt seist du, Alex Krycek. Verdammt.

"Nein, offensichtlich tut es das nicht."

"Der Punkt ist, egal ob du es zugeben kannst, dir selbst gegenüber, mir gegenüber oder irgendjemand sonst gegenüber, du möchtest mit ihm zusammen sein. Du bist nur glücklich, wenn du mit ihm zusammen bist."

Die Sonne ist aufgegangen. Er muss bald weg zu seinem blöden, kleinen Abenteuer und ich kann nicht mehr hier sein. Ich kann einfach nicht.

"Du wirst dich nicht vom Gegenteil überzeugen lassen, egal was ich sage, Alex. Es gibt keinen Grund, überhaupt noch darüber zu reden."

Wir starren uns in die Augen und ich warte einen langen Moment lang, den längsten in meinem Leben, dass er dem ein Ende setzt. Aber er tut es nicht und das Messer schneidet noch ein wenig tiefer.

Ich kann noch nicht mal mehr die Tränen wegwischen, weil sie zu schnell kommen.

"Schöne Reise," sage ich zu ihm, laufe schnell an ihm vorbei und zur Tür, ertrage die Schmerzen, dass kein Teil meines Körpers einen Teil seines Körpers berühren kann. Ich schwöre, als ich meine Hand auf die Türklinke lege, brennt sie wie Feuer.

"Schönes Leben," flüstere ich und meine Stimme bricht irreparabel.

"Ich kann das einfach nicht mehr ertragen, Dana. Ich versuche nicht, dich zu verletzen," sagt er zart und das ist einfach der letzte Stich.

"Zu spät."

Ich ziehe die Tür auf und gehe hindurch, schließe sie schnell hinter mir, so dass ich nicht mehr auf sein verdammtes leeres Gesicht schauen muss. Dieses Mal falle ich über den blöden Haufen Müllbeutel im Flur und mich trifft schließlich die Erkenntnis, dass das wirklich alles meine Sachen sind. Alle davon.

Ich lasse mich in dem Kram fallen, lasse nun endlich zu, dass ich weine, weil ich weiß, dass er diese Tür so lange nicht öffnen wird, bis er sicher ist, dass ich gegangen bin. Ich lehne mich gegen die Tür, wimmere, ja wimmere wie ein geschlagener Welpe, berühre das Holz und wünschte, dass ich wieder zurück auf die andere Seite könnte.

Und dann höre ich ihn.

Oder besser, höre, was er tut. Glas zerschlagen, Holz zerbrechen, Dinge zerstören. Er ist darin und schlägt Dinge kaputt, reißt unser zu Hause in Stücke. Es tröstet mich nicht, dass seine stoische Fassade zerbröckelt ist. Tatsächlich vertieft es irgendwie nur noch den Schmerz. Und das schlimmst von allem ist, dass ich, obwohl ich ihn im Moment mehr als alles andere hasse, die Welt dafür hergeben würde in der Lage zu sein, da hineinzugehen und ihn zum Aufhören zu bewegen. Ihn zu trösten und es wieder besser zu machen.

Aber ich kann es nicht besser machen. Und ich fürchte, ich werde es nie wieder können.

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Ende Kapitel 13

Das unglücklichste Kapitel

 

Kapitel 14

 

Eine blauschwarze Flüssigkeit wirbelt in einem Reagenzglas in meiner Hand herum, als ich es immer wieder und wieder und wieder hin und her drehe. Erinnert mich an eine dieser Entspannungs-, Lavalampen-Dinger, die Geschäftsleute und Psychologen früher immer auf ihren Schreibtischen stehen hatten. Wie kann etwas so einfaches, so viel Hoffnung in sich tragen, so viele Antworten?

Ich konnte nicht schlafen, als ich letzte Nacht nach Hause kam. Na ja, technisch gesehen, heute Morgen. Nicht, dass das etwas Neues ist, aber diesmal war meine Schlaflosigkeit nicht auf Angst und Melancholie begründet. Ich war einfach nur zu aufgeregt, um zur Ruhe zu kommen.

Ich ging bei Einbruch des Morgengrauens ins Labor, ungeduldig, die Arbeit fortzusetzen, die Scully und ich letzte Nacht begonnen hatten. Ich konnte allerdings ohne sie nicht wirklich etwas tun, also habe ich die letzen zwei oder drei Stunden damit verbracht, auf die eigenartige, glibberige Substanz zu starren und darüber zu staunen, wie viel wir beide zusammen erreichen können.

Roseanne ist vor ungefähr fünfzehn Minuten aufgetaucht und sie hat mir beim Starren und Staunen Gesellschaft geleistet. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie es schon völlig erfasst hat. Ich nehme an, dass sie sich wünscht, dass sie letzte Nacht hier gewesen wäre. Ich bin froh, dass es nicht so war. Es war unser Moment, meiner und Scullys.

"Denkst du, dass sich jemand freiwillig melden wird?" fragt sie nach einigen Momenten der andächtigen Stille zwischen uns.

"Ich könnte mir nicht vorstellen, warum nicht. Jeder, der krank ist wird wahrscheinlich willens sein, das Risiko auf sich zu nehmen."

Und zur Hölle, es ist nicht gerade so, dass wir einen Mangel an kranken Menschen hier hätten. Wir haben Listen über Listen von Leuten, die mit Symptomen zu uns gekommen sind. Menschen, die mit der Bitte um Hilfe zu uns gekommen sind. Hilfe, die wir ihnen nicht geben konnten, außer ihnen etwas Blut abzunehmen und ihnen eine dürftige Ration Medikamente auszuhändigen, die die Symptome ein ganz klein wenig lindern sollten.

"Ich denke, sie werden sich vor der Tür anstellen, Roseanne."

Sie nickt zustimmend und schüttelt dann ungläubig ihren Kopf.

"Das ist unwirklich, Mulder. Ihr beide sein einfach ... wow."

"Es war hauptsächlich Scully," sage ich ihr aufrichtig. Scully hat an dieser Sache hart gearbeitet, so lange, wie ich hier bin, aber seit dem letzten Monat oder so hat sie das mit einer heftigen Zähigkeit verfolgt. Und die letzte Woche war der absolute Höhepunkt dessen. Ich habe wirklich nicht viel mehr dazu beigetragen, als Flüssigkeit. Und Ermutigung. Und eine nervende Stimme, die alles bezweifelt hat, was sie sagte. Ich nehme an, dass das genau die richtige Kombination war.

"Das ist nicht wirklich wahr," hören wir eine Stimme aus der Richtung der Tür murmeln. Wir drehen uns um und brechen beide bei ihrem Anblick in spontanen Applaus aus.

Unsere Retterin. Meine Scully.

Meine Scully, die ... die für mich immer schön ist, aber im Moment wie ein Müllhaufen aussieht. Ich habe sie die abgrundtiefsten Tiefs des Lebens durchleiden sehen und trotz allem habe ich sie noch niemals in einem solchen Zustand erlebt.

Sie war immer sehr sorgfältig, was ihre Erscheinung anbelangte, selbst unter den widrigsten Umständen.

Heute hängen ihre Haare in Büscheln um ihr Gesicht, verfitzt und fettig. Ihr Augen sind von dunklen, waschbärenartigen Ringen umgeben. Ihre Jeans ist schmutzig und ihr Shirt ist falsch zugeknöpft.

Aber da steckt mehr dahinter, als nur oberflächliches Zerzaust sein. Es umgibt sie eine Energie, eine Aura von Niederlage und Enttäuschung. Eine Atmosphäre des Todes, die sie absolut nicht zu dem Moment passt, losgelöst ist von jeder Art Realität, wie ich sie im Moment begreife.

"Hört auf damit, Leute," murrt sie, starrt auf den Boden und hebt eine Hand, um unsere Anerkennung zurückzuweisen.

Roseanne läuft zu ihr hinüber, um sie fest zu umarmen, worauf Scully kaum reagiert. Ihre Arme hängen schlaff an ihrer Seite und sie lächelt nicht.

"Dana, ich kann es nicht fassen! Bist du nicht aufgeregt?"

"Ja. Ja, das ist sehr aufregend," lässt Scully flach und ausdruckslos hören. Roseanne zieht sich von ihr zurück und sieht sich ihr Gesicht das erste Mal richtig an.

"Dana, was ist los? Du siehst furchtbar aus."

"Es geht mir gut. Ich habe nur ... ich habe nicht sehr viel geschlafen."

Sie läuft an Roseanne vorbei und setzt sich mir gegenüber an den Tisch.

"Scully..."

"Es geht mir gut, Mulder. Hast du die Injektion vorbereitet?"

"Noch nicht. Ich hatte mir gedacht, dass wir zuerst so etwas wie eine Ankündigung machen und um einen Freiwilligen bitten. Ich dachte du würdest ein Meeting einberufen wollen. Die Leute auf der Liste zusammenrufen und ..."

"Bereite einfach die Injektion vor, Mulder."

"Du willst nicht..."

"Bereite einfach die verdammte Injektion vor, Mulder."

Roseanne und ich tauschen einen mit Verwirrung und Sorge beladenen Blick aus. Sie geht zur Spüle hinüber und nimmt eine Nadel aus dem Sterilisationsgerät und bringt sie zu mir. Ich tauche die Spitze in das Reagenzglas und fülle die Spritze. Roseanne steht hinter mir und beobachtet mich still. Ich kann ihren nervösen Atem auf meinem Hals fühlen.

"Na ja, ich nehme an, alles was wir jetzt brauchen ist ein Arm."

Scully beginnt damit, ihren Ärmel hochzukrempeln und eine schreckliche Wahrheit beginnt mir aufzugehen. Etwas, von dem ich annehme, das ich es tief in mir gewusst haben muss. Muss. Wie hätte ich es nicht wissen können?

Sie lässt ihren nackten Arm mit einer beängstigenden Wucht auf den Holztisch fallen und wir alle drei starren einen grenzenlos langen Moment lang auf die weiße Haut und die bläulichen Venen.

"Wirst du es nun tun oder nicht?" fragt Scully schließlich.

Die Spritze zittert in meiner Hand. Ich habe Angst ich könnte sie fallen lassen oder zerdrücken.

"Scu..."

Meine Kehle weigert sich, auch nur etwas mehr als diese eine Silbe hervorzubringen.

"Gib mir die Injektion, Mulder."

Hat sie die ganze Zeit schon so ausgesehen? War sie die ganze Zeit schon so krank? Nein, das wäre mir aufgefallen.

Sicher wäre mir das aufgefallen.

Mein Gott, Scully. Wie konntest du mir das nicht erzählen?

"Dana, was zur Hölle tust du da?" flüstert Roseanne und klingt dabei so gekränkt, wie ich mich fühle. Ich nehme an, dass sie genauso im Dunkeln gestanden hat.

"Ich möchte, dass du mir die Injektion gibst," betont Scully wieder.

"Aber du ... oh mein Gott, Dana. Du ... warum hast du mir das nicht erzählt?"

Ich bin froh, dass Roseanne in der Lage ist, diese Frage zu stellen, weil ich die Fähigkeit zu sprechen verloren zu haben scheine.

"Ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen macht," antwortet sie. Als wenn diese Erklärung für uns beide ausreichen würde.

"Weiß es Alex?" fragt Roseanne und ich habe das Gefühl als müsste ich ihr dafür eine runterhauen, dass sie meine schlimmste Angst ausgesprochen hat. Dafür, dass ich jetzt eine krankmachende Eifersucht fühle, wenn alles, worum ich mich sorgen sollte ihre Gesundheit ist. Konnte sie das mit ihm teilen? Mit ihm und niemand anderem?

"Gib mir einfach diese verdammte Injektion!"

Sie schlägt ihren Arm nachdrücklich auf den Tisch, wobei dieser wackelt. Roseanne und ich tauschen nervöse Blick aus. Die Aufregung, die ich vor nur fünf Minuten kaum im Zaum halten konnte, hat sich zu völligem Terror verwandelt.

"Scully, bist ... bist du dir sicher? Es könnte Nebenwirkungen geben. Ich meine, wir wissen nicht wirklich, was es anrichten kann."

"Nebenwirkungen? Mulder..."

Ich sehe ihre blutunterlaufenen Augen und ihre eingesunkenen Wangen und mir wird klar, dass das, was ich vorhin dachte, auf sie ebenso wie auf jeden anderen zutrifft. Welche Nebenwirkungen es auch immer geben könnte, sie könnten nicht schlimmer sein, als an Krebs zu sterben.

Ich schlucke einmal heftig und greife nach ihrem Arm.

Mit zitternden Händen steche ich die Nadel in ihr Fleisch und teile mein Blut mit ihrem.

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Metall. Es war überall. Glänzendes, silbernes Flachmetall.

Die Böden, die Wände, die Decke. Es war, als würde man durch eine Blechbüchse laufen. Die Bastarde liebten einfach Metall. Er konnte sich selbst in jeder Richtung wiedergespiegelt sehen.

Verschwitzt, blutverschmiert, von einer wahnsinnigen Verzweiflung besessen.

Sie hatten verloren. Waren verloren. Zerstört.

Selbst mit den zusätzlichen Truppen, die der alte Brite geschickt hatte, um ihnen zu helfen, waren sie einfach nicht genug gewesen.

Sie hätten niemals genug sein können.

Er hatte so viele in seinem Leben sterben sehen. Er sollte in der Lage sein, den Anblick auszuhalten, aber er war es nicht. Nicht, wenn es seine Männer waren. Nicht, wenn es seine Schuld war.

Also rannte er. Um sein Leben und um ihres. Um ihrem Tod eine Bedeutung zu geben. Er rannte durch die kalten, unmenschlichen Flure, durch den Gestank von Qualm und Tod, über Berge gefallener Körper. Er würde finden, weswegen er hergekommen war. Er würde es finden und wenn es ihn umbringen würde.

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Tot. Spröde und gebrochen.

Sie hielt die Enden zwischen ihren Fingern und betrachtete ihr Ebenbild in dem fremden Spiegel, der in einem fremden Zimmer an einer fremden Wand hing. Ihr neues zu Hause. Ihre Taschen auf dem Bett und auf dem Boden, obwohl es schon zwei Tage her ist.

Er hatte ihr es normalerweise immer geschnitten. Überall gerade Linien, geschnitten mit einer unglaublich ruhigen Hand. Er hatte es gern gemacht. Die feurigen Strähnen zu streicheln und die gesplissenen Spitzen abzuschneiden.

Ihr Blick glitt von den Spitzen ihrer Fingernägel nach unten, über ihre Handflächen und die weiße Ausdehnung ihres Armes. Ein Verband direkt unterhalb der Unterseite ihres Ellenbogens. Weiße Gaze, um die punktförmige Wunde zu verdecken, die die Nadel hinterlassen hatte, die ihr ein neues Leben gegeben hatte. Neue Hoffnung.

Aber welche Hoffnung gab es hier für sie, wenn er niemals mehr ihr Haar berühren würde?

Ein weitere Welle von Übelkeit. Die dritte, seit sie die Injektion bekommen hatte.

Schon Nebenwirkungen?

Kalte Stahlklingen und ein schwerer schwarzer Griff lagen auf dem Tisch vor ihr. Sie fuhr mit ihren Fingern zögernd über das scharfe Metall, legte sie um den Griff.

Vielleicht könnte sie es allein tun. Vielleicht brauchte sie nichts mehr von ihm. Vielleicht würde es ein Teil ihres neuen Leben sein los zu lassen. Alles los zu lassen.

Sie führte die Klingen zu ihren Haaren und begann zu schneiden.

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Spitze Nadel, Stahlklinge in den Nacken. Gründe Flüssigkeit tritt aus der Wunde aus, als der Mann auf den Boden des Treppenhauses fällt. Der dritte Wächter, den er umbringen musste, um in diesen Raum zu gelangen.

Er hatte sich daran immer als an eine einfache Aufgabe erinnert. Hatte vergessen, wie viel Kraft und Präzision, wie viel Intensität dazu nötig ist. Sie sterben nicht leicht.

Schon erschöpft davon, es schon so oft getan zu haben, stieg er über die den gefallenen Körper, nur leicht abgelenkt davon, wie das Blut ein Loch in den Boden ätzte.

Es war der Raum, der eine, der ihm schon so oft beschrieben worden war. Es war alles hier. Alles. Alles und Nichts. Ein Heilmittel, das schon entdeckt worden war und eine Waffe, die nutzlos sein würde, wenn sie nicht lebend hier herauskämen.

Kalt, so kalt, er konnte seinen eigenen Atem sehen. Der Raum, größer, als ihm gesagt wurde Riesig. Endlos.

Ausrüstung von Eis bedeckt und Glasschränke, gefüllt mit mysteriösen Substanzen verschiedener Farben und Größen. Etiketten in einer Sprache, die er nie zu lesen gelernt hatte.

Wie sollte er es finden?

Er zog den zerfetzen Zettel aus seiner Tasche, Beschreibungen und Codes, die ihn zu der Sache führen sollten. Mit einem kurzen Blick auf die Uhr erfasste er die Zeit. Es war fast soweit. Der ganze Ort würde in wenigen Minuten in Flammen aufgehen.

Aufblitzen von Panik, weißglühend und abscheulich. Wenn sie nur hier wäre. Sie könnte ihm helfen, das herauszufinden, schnell und ruhig.

Auch keine Zeit, an sie zu denken. Eine weitere seiner Brücken, hinter ihm bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.

Handfläche gegen das Glas gedrückt, der Griff dreht sich nicht, vor Verzweiflung die Plastikfaust durch das Glas geschlagen und damit wer weiß was in die Atmenluft freigelassen. Rasend Fläschen und Gefäße rausgezerrt, einige auf den Boden fallengelassen. Diese nicht. Diese auch nicht. Alle davon sind kalt wie Eis und verbrennen seine Haut.

Schritte hinter ihm.

Blondes Haar und eiskaltes Lächeln. Sie würde ihm helfen. Jemand musste das tun.

Sie hielt eine papierdünne Plastikkarte hoch. Ging ruhig zu einer der Vitrinen und zog den Schlüssel durch, öffnete sie.

Sie wusste. Wusste sofort, in welcher Vitrine die Waffe war. Reihen weißer Fläschen, gefüllt mit einer rötlichen, zäh aussehenden Flüssigkeit. An sich nicht genug, aber zusammen damit, was er schon hatte, würde es ausreichen. Es war die Substanz, die sie brauchten, die fehlende Verbindung. Die einzige Sache im Universum, die all die Verluste wert gewesen wäre. Das könnte ihn retten.

Wie hatte sie das gewusst?

Wie konnte sie es so schnell wissen?

Die Antwort kroch in sein Bewusstsein, während er auf sie zuging. Aber zu spät. Sie hielt schon eine Waffe auf ihn gerichtet.

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Sie hatte zuviel abgeschnitten. Fast bis zu ihren Schultern und ungleichmäßig. Keine geraden Linien mehr.

Sie sah lächerlich aus, wie ein Kind, dem ein Missgeschick mit einer Schere passiert war. Zu viele Haare, zu dick und lang, um sie genau abzuschneiden. Wie hatte er das gemacht?

Sie versuchte die längern Strähnen etwas zu kürzen, damit sie zu den kürzeren passten, aber sie schnitt sie nur zu weit ab.

Frustriert schmiss sie die Schere auf den Tisch. Tränen verwischten einen Moment lang ihren Blick. Ein Segen, wirklich. Sie konnte ihren eigenen Anblick nicht länger ertragen.

Aber, nein. Wieder zu weinen würde heißen, die Niederlage zuzugeben. Diese Reaktion war am Anfang verständlich. Natürlich. Aber jetzt, erbärmlich.

Mit den Fäusten über die Augenlider reiben, ein Versuch, ihre Schwäche zu bannen. Sie würde das schaffen. Musste es. So eine einfache Aufgabe. Auf jeden Fall hätte sie nicht so abhängig werden dürfen.

Tief durchatmen und das Metall wieder in die Hand nehmen. Es gibt keinen Grund mehr zu versuchen, ihre äußere Erscheinung beizubehalten. Sie hatte den Schnitt schon zerstört. Es ist besser anders zu sein, neu.

Sie führte ihre Hand an ihr Kinn, nahm eine Haarsträhne zwischen ihre Finger und begann zu kreieren.

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Er war schon hier gewesen.

Nicht körperlich, aber innerlich, emotional. Das war zu vertraut, um überraschend zu sein.

Sie hatte es ihm wieder angetan. Er war ihr Narr. Wieder.

Der Unterschied, signifikant. Diesmal richtete sie zusammen mit ihm die ganze Welt zugrunde.

Für wen arbeitete sie dieses Mal? Den rauchenden Bastard? Die Rebellen? Oder war sie nur auf ihren persönlichen Ruhm aus? Spielte es eine Rolle? Sie hatte ihn verraten. Betrogen. Wieder.

Er war ein Meister in diesem Spiel gewesen. In einem anderen Leben, einer anderen Seele. Nein, keine andere Seele. Er hatte sich nicht mit einer Seele belasten müssen. Die hatte sie ihm gegeben. Er dachte, dass es ein Segen wäre, aber jetzt war es vielleicht sein Fluch.

Warum?

Er fragte sie warum. Warum tat sie das? Worauf war sie aus?

Sie zeigte ihm ein makaberes Lächeln und sagte ihm, dass er jetzt an der Reihe wäre, bevor sie die Reihe von Fläschchen auf den Boden fegte.

Zerbrochenes Glas und rote Flüssigkeit auf den Boden. Nutzlos jetzt. Sogar für sie.

Hass. Das war ihr einziger Grund. Für jede Allianz, die sie vielleicht geschmiedet hatte oder was sie gehofft hatte, für Nutzen daraus zu ziehen. Es spielte keine Rolle. Sie war von Hass und Wut erfüllt. Das war die wirkliche Motivation dahinter.

Sie wollte, dass er leidet. Es war so einfach. Oder so kompliziert.

Er fragte sich, ob ihr Vater ein Teil dieses Verrates war. Ob all das eine ausgeklügelte Falle war, für ihn aufgestellt, wie für ein gejagtes Tier.

Wie auch immer, sie war wahrscheinlich beschützt.

Zeit. Er hatte so wenig Zeit. Es gab keine Möglichkeit, die biologische Waffe zu retten, keine Chance, einen seiner Männer zu retten. Keine Zeit. Aus dem Gebäude herauszukommen musste seine einzige Priorität sein.

Sie stand in der Tür, bis zu den Zähnen bewaffnet.

Versperrte ihm den Weg, verspottete ihn.

Er sagte ihr, dass dieser Ort explodieren würde, dass sie beide hier zusammen sterben würden, wenn sie ihn nicht durchließ. Eigenartigerweise schien das ihr Plan zu sein.

Er fragte sich kurz, ob er das verdiente.

Wahrscheinlich.

Aber trotzdem war er nicht willens aufzugeben. Selbst jetzt, als nichts mehr übrig war.

Sie zu überwältigen stellte sich als relativ einfach heraus. Er war schon fast aus der Tür, als er sie von dort aus nach ihm rufen hörte, wo er sie zu Boden geworfen hatte. Er hielt ihre Waffe.

"Du wirst alles verlieren, Alex."

Er drehte sich zu ihr um und sagte, "Das habe ich schon, Marita. Das habe ich schon."

Und dann erschoss er sie.

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Neuer Stil, aber auch ebenso alt. Vertraut. Zu vertraut.

Sie hatte diesmal gute Arbeit geleistet. Kinnlanger Bob.

Nichts verschnitten. Etwas lockiger, als sie es früher hatte aber es war das selbe, mehr oder weniger. Scully's Haare.

Es war immer noch falsch.

Sie brauchte etwas anderes. Etwas noch einfacheres, kälteres, roheres. Gerade Linien.

Es würde sie sehr viel unattraktiver machen. Sie fand, dass dieser Gedanke tatsächlich motivierend war.

Sie bewegte die Klingen ein bisschen höher und dann noch höher.

Sie machte einen Schnitt direkt oberhalb ihres Ohrs. Kürzer, als es jemals war.

Als sie fertig war, erkannte sie die Frau im Spiegel kaum. Ein Haufen Haare bedeckte ihre Füße und den Boden um sie herum.

Sie lächelte.

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Ende Kapitel 14

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Kapitel 15

Diese Straße hatte einen Namen. Damals, als es noch ein Interstate Highway war und nicht ein Pfad voller zerfallendem Schutt.

Sie wissen nicht, dass er immer noch existiert. Es gibt keine Kontrollstellen auf ihm, überhaupt keine Anzeichen der Kolonisation. Außer der Tatsache, dass alles was ich sehe, wenn ich aus dem Fenster schaue, tiefe, schwarze Leere ist. Es ist eine geheime Straße.

Aber es war nicht immer so. Es gab einmal eine Zeit, als auf ihr Familien in den Urlaub gefahren sind, Studenten nach Hause und Oma und Opa mit ihrem klapprigen alten Campinganhänger. Es gab Mautstellen und Ausfahrten mit kleinen blauen Schildern, die diesen Leuten angezeigt haben, dass die nächste Raststätte bald kommen würde, die nächste Texaco Tankstelle.

Ich bin früher auf dieser Straße gefahren. Von der Universität in Boston zum Haus meines Vaters in Conneticut. Nicht oft. Aber manchmal.

Wie zur Hölle wurde sie genannt?

Ich schaue aus dem Fenster auf der Beifahrerseite raus in die Nacht, suche vergeblich nach einem Überrest, einem Hinweis. Brian fährt ruhelos weiter. Wir haben auf dem Hinweg angehalten, um zu übernachten, aber auf dem Heimweg werden wir durchfahren. Drei Nächte.

Es sind genug von uns übrig, um in Schichten zu fahren. Zehn. Zehn Leute. Zwei Lastwagen.

Mein Gott, es gibt nichts da draußen. Wie zur Hölle war die Bezeichnung dieser blöden Straße?

"Brian, wie hat man diese Straße genannt?"

Er trommelt mit den Fingern gegen das Lenkrad und zuckt dann mit den Schultern.

"Keine Ahnung, Boss. Ich erinnere mich nicht."

Ich frage mich, ob sich sonst irgendjemand erinnert. Ich werfe einen Blick in den hinteren Teil des Lastwagen, aber die drei Mann, die mit uns fahren schlafen. Drei Mann. Fünf in diesem Wagen und fünf in dem anderen. Wir sind mit über einhundert losgegangen. Fast ein fünftel unserer gesamten Einwohnerzahl.

Warum kann ich mich nicht erinnern? War es eine Nummer? 84? 91?

Verdammt.

Ich kneife meine Augen frustriert zusammen, aber als ich Tränen hinter den Lidern aufsteigen spüre, öffne ich sie schnell wieder. Es ist nur eine dumme Straße. Nichts worüber man weint.

Ich wünschte, dass wir etwas Musik hätten. Einen Kassettenrecorder oder sogar eine Radiostation, die etwas anderes sendet als die Berichte, die nicht wahr sind, maßgeschneidert, um die Drohnen in ihrer Sklaverei zu beschwichtigen. Es ist so verdammt still hier. So dunkel.

Ich wünschte, sie würden mit mir sprechen. Ich frage mich, ob sie überhaupt schlafen, oder ob sie einfach nur so tun, damit sie sich nicht mit der Eigenartigkeit auseinandersetzen müssen, mit dem Unbehagen, ihren Anführer ansehen zu müssen und ihn umbringen zu wollen. Ich frage mich, ob Brian das auch fühlt.

Er hat auch nicht viel zu mir gesagt, aber er ist allgemein ein sehr ruhiger Mensch. Hasst er mich, so wie es die anderen jetzt tun? Wird er mich verteidigen, wenn wir zurückkehren und der Lynchprozess beginnt?

Ich wünschte, dass wir nicht zurückkommen müssten, dass wir einfach weiterfahren könnten, bis wir vom Angesicht der Erde herunterfallen. Oder vielleicht in den Ozean.

Aber zugleich kann ich nicht schnell genug nach Hause kommen. Ich kann nicht anders als mich zu fragen, wie ich die nächsten zwei Tage des Wartens auf die Rückkehr überstehen soll. Der Rückkehr zu ihr. Zu meiner Liebe, meinem Leben.

Wird sie immer noch da sein, oder hat sie aufgegeben? Habe ich sie für immer verloren? Oh, Djewotschka, was habe ich getan? Dir angetan, mir, uns allen?

Schauen wir mal. Was habe ich getan? Mir den einzigen Menschen entfremdet, dem ich etwas bedeutet habe, den einzigen Menschen, den ich jemals geliebt habe. Sie vielleicht in die Arme eines anderen Mannes geschickt, wenn sie nicht schon dort gewesen ist. Ein Fünftel unserer Einwohner in den Tod geführt. Eine Frau aus purer Bösartigkeit umgebracht. Eine perfekte symbiotische Beziehung mit der einzigen Gruppe beendet, die in der Lage war, uns zu helfen.

Alles an einem Tag, nehme ich an.

"Denkst du, dass es eine Zahl war?" frage ich in die Stille hinein. Brian nickt langsam.

"Ja...ja, ich denke das könnte es gewesen sein."

78? 101?

Scheiße.

Ich frage mich, ob sie mir verzeihen wird. Alles. Selbst eine Sache würde ein Segen sein.

Ich wünschte, dass es einen Weg für mich gäbe, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Handys wären nett. Oder vielleicht eine telepatische Nachricht. Ein singendes Telegramm. Ich wäre willens alles auszuprobieren, wenn es bedeuten würde ihr sagen zu können, dass es mir Leid tut. Dass ich sie liebe. Dass ich der größte Mistkerl bin, der jemals gelebt hat, aber wenn sie mich zurücknehmen würde, würde ich mein bestmöglichstes für sie tun. Dass ich sie selbst dann, wenn sie mit Mulder glücklicher wäre, immer noch haben wollte. Ich will sie immer noch.

Ich schließe meine Augen wieder und hoffe, dass der Schlaf mich überkommt, aber diesmal sehe ich Maritas kalte, tote Augen hinter meinen Lidern.

Als ich meine Augen öffne, fühle ich sie hinter mir und ich drehe mich schnell in meinem Sitz um.

Wird sie mich für immer heimsuchen?

Wird sie in meinen Träumen erscheinen? Ich warte geradezu auf den ersten Alptraum, wenn Danas Körper anstatt Maritas zu Boden fällt.

Es hätte genauso gut Dana sein können. Genauso gut.

Mein Gott, noch zwei Tage. Ich weiß nicht, ob ich das aushalten kann. Ich wünschte, ich könnte mich daran erinnern, wie sie riecht. Ich habe das über dem Gestank verbrannter Körper vergessen.

"Was zur Hölle ist der Name dieser blöden Straße?"

Brian schaut besorgt zu mir hinüber. Meine Augen tränen wieder. Ich drehe mich von ihm weg und starre aus dem Fenster.

Er räuspert sich und fährt weiter.

Die Nacht scheint immer dunkler zu werden.

"Es ist nicht so schlimm, Boss," sagt er nach einigen Momenten der Stille. Und ich lache. Und schließlich tut er das auch.

Nicht so schlimm. Könnte es noch schlimmer sein?

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Mein Blut fließt durch ihre Adern. Komisch, dass die Intimität dieser Geste mir erst jetzt auffällt, drei Tage nachdem es passiert ist. Ich nehme an ich war zu besorgt, zu krank, bis in mein tiefstes Inneres und heimgesucht von Schlaflosigkeit, um überhaupt richtig über etwas nachdenken zu können.

Aber jetzt, gegen Abend, werde ich langsam wieder klarer im Kopf. Und der Himmel ist so klar, es ist wirklich ziemlich schön.

Aber ich kann es nicht genießen. Nicht wirklich.

Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit wir ihr die Injektion gegeben haben. Wir haben uns entschlossen, das es das Beste wäre, nichts bekannt zu geben, bis wir uns sicher sind, dass das Heilmittel wirkt und wir werden das noch mindestens ein paar Tage lang nicht wissen. Es ist zu früh, irgendwelche Blutuntersuchungen bei ihr vorzunehmen, also gibt es für uns nicht wirklich etwas im Labor zu tun. Keinen Grund, einander zu sehen.

Keinen Grund für mich, sie zu fragen, ob es ihr gut geht.

Natürlich, wenn ich ein bisschen Mumm hätte, würde ich zu ihr hoch gehen und klopfen. Aber das würde bedeuten, den Ort zu sehen, an dem sie lebt, das Zimmer zu sehen, das sie mit ... ihm teilt. Ich weiß nicht, ob ich das ertragen könnte. Und es würde auch bedeuten mit ihr zu reden, was mich, offen gestanden, im Moment zu Tode ängstigt.

Ich bin mir einfach nicht sicher, wie ich auf ein weiteres ‚Es geht mir gut, Mulder' reagieren würde. Und ich weiß, egal wie schrecklich sie aussieht, wie furchtbar sie sich fühlt, das wäre die Antwort, die ich bekommen würde.

Ich fürchte, ich würde ihr eine runterhauen. Oder sie küssen. Und ich weiß noch nicht einmal, was davon schlimmer wäre.

Mein Laufweg endet in der Nähe der Cafeteria. Es sind immer noch ein paar Lichter drinnen an, sogar obwohl es bestimmt schon nach Mitternacht ist. Ich könnte ein Glas Wasser vertragen und vielleicht ein bisschen Obst.

Zum Teufel, wem mache ich was vor? Ich könnte im Moment einen verdammten Riesen Cheeseburger und eine Riesenportion Pommes von McDonald's vertragen.

Aber Wasser und Obst wird ausreichen müssen.

Ich dehne mich eine Minute lang und gehe dann hinein. Es ist nur noch eine weitere Person hier, außer den Leuten, die ich die Küche saubermachen höre. Einen Augenblick lang erkenne ich sie nicht.

Sie sitzt an einem Tisch, an dem wahrscheinlich zwanzig Leute sitzen könnten, an einem Fenster, aus dem sie intensiv herausschaut. Ein Tasse Kaffe steht vor ihr, unberührt. Ret ist unter dem Tisch, an ihren Füßen zusammengerollt. Sie hat keine Haare.

Naja, das ist nicht ganz richtig. Sie ist nicht kahl. Aber im Gegensatz zu der früheren hüftlangen Frisur, hat dieser neue, kurze Schnitt den gleichen Effekt.

Sie sieht anders aus. Sehr, sehr anders. Aber ein bisschen besser als das letzte Mal, als ich sie sah. Ein bisschen gesünder. Nicht viel, aber ein bisschen.

Ich ziehe es kurz in Erwägung zu gehen, aber das erscheint mir so offenkundig feige. Ich muss mit ihr reden. Oder es wenigstens versuchen.

Sie sieht allerdings nicht so aus, als wenn ihr nach Reden zu Mute wäre. Vielleicht sollte ich einfach gehen. Sie hat mich noch nicht gesehen.

Scheiße. Das ist blöd.

Ich gehe leise auf sie zu und setze mich ihr gegenüber. Sie sieht mich nicht an, aber sie weiß offensichtlich, dass ich da bin. Oder das jemand da ist.

"Denkst du, dass es heute nacht Sturm gibt?" fragt sie.

"Keine...keine Ahnung," antworte ich mit meiner üblichen Cleverness. "Tut es das im Frühling hier oft?"

Sie zuckt mit den Schultern und starrt weiter aus dem Fenster. Ein paar Lichter gehen aus und der Klang von fließendem Wasser und klappernden Tellern hallt weiter aus der Küche.

"Es ist ziemlich warm geworden, oder?" setze ich die spannende Wetterdiskussion fort. Sie nickt.

"Hast du dir deshalb die Haar abgeschnitten?"

Sie sieht mich endlich an. Unsere Augen treffen sich kurz, bevor sie auf ihre Tasse schaut.

"Möchtest du etwas Kaffee? Ich bin sicher, sie haben noch welchen."

"Nein, nein danke. Es sieht hübsch aus."

"Der Kaffee?"

"Deine Haare."

Sie sieht zu mir auf und lächelt zaghaft.

"D-danke. Danke."

Das tut es wirklich, jetzt wenn ich sie ansehe. Es lenkt nicht von ihrem Gesicht ab, so wie es die andere Frisur getan hat. Sie sieht ein bisschen älter aus, ein bisschen härter. Aber immer noch schön.

"Ich bin irgendwie überrascht, die hier zu treffen," sage ich zu ihr. "Normalerweise bin ich der einzige, der um diese Zeit wach ist."

"Naja, Ret musste ausgeführt werden und ich...ich wollte nicht drin sein."

Ich nicke. Sie nimmt einen Schluck von ihrem Kaffee und schaut finster.

"Kalt?"

"Irgendwie schon."

Die Frage, die ich mich fürchte zu stellen, wird unausweichlich. Ich kann nicht hier sitzen und sie eine Minute länger anstarren, ohne es zu wissen.

"Wie geht es dir, Scully?"

"Es geht mir ... besser."

"Wirklich?"

"Ich denke. Ein bisschen Übelkeit aber ... ich denke es funktioniert."

Erleichterung überfällt mich. Sie wird nicht sterben. Und sie hat nicht einmal das Wort ‚gut' gesagt.

Ich schaue an ihr vorbei uns bemerke einen kleinen, schnauzbärtigen Mann mit Schürze, der mit in die Hüfte gestemmten Armen in der Tür steht. Er sieht ein wenig zornig aus.

"Scully, ich empfange eine ziemlich klare Nachricht von unserem Wirt da drüben."

Sie dreht ihren Kopf und winkt, während sie aufsteht.

"Gute Nacht, Louis. Danke für den Kaffee."

Der Mann nickt und winkt glücklich, entbietet uns eine gute Nacht. Ich stehe auch auf, Scullys Hinweis folgend.

"Gute Nacht, Mulder. Komm schon Ret."

Sie geht zur Tür und Ret folgt ihr dicht auf den Fersen.

"Möchtest du, dass ich dich zu deinem Zimmer begleite?"

Sie dreht sich auf dem Absatz um und starrt mich an, erschrocken, fast ängstlich.

"Nein! Nein...nein, ich...nein."

"Bist du sicher? Es ist ziemlich spät."

Sie klang ziemlich verdammt sicher, Mulder.

Was zur Hölle tue ich?

"Nein, das ist in Ordnung. Ich denke, ich laufe sowieso noch ein wenig herum. Gute Nacht."

Sie dreht sich um und läuft weiter. Ich sollte sie gehen lassen. Ich muss sie gehen lassen. Warum kann ich sie nicht gehen lassen?

"Na gut, warte. Wo gehst du hin?"

Ich laufe neben ihr, wage mich nicht ihren, sicher mittlerweile ziemlich verärgerten Gesichtsausdruck anzusehen.

"Ich, ich weiß nicht. Vielleicht in die Scheune, um nach den Tieren zu sehen. Vielleicht zum Pool. Keine Ahnung, Mulder."

Ich schrecke bei dem Wort Pool unfreiwillig zusammen, aber fahre unbeirrt fort.

"Das klingt nett. Warum lässt du mich dich nicht begleiten?"

"Es wird mir nichts passieren. Ret ist bei mir."

Sie hört auf und fährt mit ihrer Hand durch das, was von ihren Haaren übriggeblieben ist. Mit ihrer linken Hand. Der verdammte Ring reflektiert das fluoreszierende Licht direkt in meine Augen.

"Du musst dich nicht um mich kümmern, Mulder."

"Ich weiß, ich weiß das," antworte ich, vielleicht ein bisschen zu schnell. "Ich bin nur selbst nicht gern drin. Ich dachte wir könnten zusammen gehen."

Sie kaut auf ihren Lippen und vermeidet weiterhin angestrengt jeglichen Augenkontakt mit mir, während sie über den Vorschlag nachdenkt. Ist es ihr durch mich unbehaglich? Erscheint mein Benehmen unangemessen?

"Äh..ich nehme an, ich nehme an, das wäre in Ordnung," antwortet sie schließlich.

Wir gehen zusammen in die Nacht hinaus.

Eine lange Zeit laufen wir ohne miteinander zu sprechen herum. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Ich habe das Gefühl, als würde mein Inneres jeden Moment durch meine Haut platzen.

Trotzdem ist es keinen unangenehme Stille. Sie ist tatsächlich sehr friedlich. Sehr nett.

Schließlich befinden wir uns vor einem der Wohnheime. Sie hört auf zu laufen.

"Ich werde Ret reinbringen. Ich bin gleich zurück."

Sie schließt die Eingangstür des Gebäudes auf und verschwindet mit dem Hund, bevor ich die Chance habe, irgendwelche Fragen zu stellen. Zum Beispiel die, warum sie Ret hier lässt, anstatt in ihrem eigenen Zimmer?

Außer...

Zu dem Zeitpunkt, an dem sie zurückkommt, habe ich mich gerade selbst davon überzeugt. Aus irgendeinem Grund lebt sie nicht mehr mit ihm zusammen.

Sie steht vor mir, mit einem völlig rätselhaften Gesichtsausdruck und einem Sweater, den sie nicht getragen hat, bevor sie reinging. Sie verschränkt ihre Arme vor der Brust.

Sie trägt den Ring nicht mehr.

Und dann sagt sie etwas, was dazu führt, dass sich mein gesamtes Universum um die eigene Achse dreht.

"Mulder, denkst du, dass wir zu dir gehen können?"

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Ende Kapitel 15

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Kapitel 16

Die Buddhisten glaubten, dass es kein richtiges Selbst gäbe. Dass das, was uns als menschliche Wesen ausmacht sich so gewaltig, so häufig ändert, dass es nichts angeborenes in uns gibt, was während unseres ganzen Lebens Bestand hat. Nicht, was uns als die selbst Person bezeichnet, wenn wir dreißig sind, die wir mit sechs Jahren waren. Jeden Tag eine andere Reinkarnation.

Da ich katholisch erzogen wurde, hatte ich immer Probleme mit diesem Konzept. Kein Selbst bedeutet keine Seele und keine Seele bedeutet... na ja, irgendetwas schlechtes, so viel ist sicher.

Aber es gibt keine Katholiken mehr. Ebenso wenig wie Buddhisten. Überhaupt keine organisierte Religion mehr. Die Menschen mögen immer noch an ihrem Glauben festhalten, aber sie halten ihn jetzt versteckt. Privat.

Ich begann mein Leben als Dana Katherine Scully. Ein kluges, wenn auch ein wenig gewöhnliches Mädchen. Ein Wildfang, der sich entschloss, zum FBI zu gehen, um jemandem in den Hintern zu treten.

Eines Tages traf Dana Katherine auf einen Mann namens Fox Mulder. Und dann wurde sie zu Scully. Eine stille, harte und einsame Frau. Verzweifelt verliebt, aber zu unterdrückt und ängstlich, um etwas deswegen zu unternehmen. Eine Frau, die einen von vornherein verlorenen Kampf gegen unbekannte Kräfte geführt hat.

Dann kamen sie und haben Scully weggenommen. Haben sie zu Vierundzwanzig gemacht, eine Sklavin ohne eigene Gedanken, ohne eigene Gefühle. Sie hatte Gedankeblitze, kurze Erinnerungen an ihr früheres Leben, aber ihr wesentlicher Zweck war zu dienen.

Alex fand Vierundzwanzig und machte sie zu seiner Djewotschka. Widerstandskämpferin, Geliebte, Ärztin. Eine neue Frau, wieder aufgebaut aus der Asche.

Aber seit er gegangen ist, hat sich Djewotschka wieder verändert. Ist zu jemand anderem geworden. Einem neuen Selbst. Neues Blut, neue Frisur, neue Leere.

Es ist jetzt weniger in mir, was wiedererkennbar wäre, als gestern. Und gestern war ich ein völlig anderer Mensch als vor zwei Tagen.

Ich weiß nicht, wer ich heute bin, aber vor drei Tagen hätte ich mit größter Sicherheit Mulder nicht gebeten, mich mitten in der Nacht mit auf sein Zimmer zu nehmen. Aber wie auch immer, hier sind wir.

Er beschäftigt sich mit dem Schloss an seiner Tür, wobei er zittert wie ein verängstigtes Kaninchen. Ich bin so ruhig, dass es fast verstörend ist.

Unheimlich.

Ich sollte Angst haben. Nervös sein. Wenigstens vorsichtig.

"Ist irgendjemand in diesen Flur gezogen?" frage ich, während er weiterhin den Schlüssel hin und herdreht und bei seinem Türöffnungsprojekt keinen Fortschritt macht.

"Äh...nein, nein. Nur in den darüber."

"Direkt über deinem Zimmer? Oder weiter den Flur hinunter?"

Er hält in seiner Bewegung inne und starrt mich eine Sekunde lang an. Ich lache über mich selbst wegen der Paranoia.

"Keine Sorge. Es ist nicht wichtig."

"Ich denke sie wohnen den Flur hinunter," sagt er schnell zu mir und fügt dann hinzu, "viel weiter unten."

Ich kann mir ein Lächeln über seine Überschwänglichkeit nicht verkneifen.

Schließlich geht die Tür auf und er tritt hinein. Ich folge ihm und schließe die Tür hinter mir, verschließe sie. Er tastet nach dem Lichtschalter an der Wand, aber ich greife nach seiner Hand.

"Nicht. Es kommt genug Licht vom Mond."

Er hat ein großes Fenster neben dem Bett und der Vorhang ist zurückgezogen. Der Mond ist voll und er leuchtet das Zimmer aus. Genug, dass ich sehen kann, wie klein dieses Zimmer ist. Gerade genug Platz für eine kleine Garderobe, Kleiderschrank und ... das Bett natürlich.

Ich habe es schon gesehen. Ich war diejenige, die ihn hergebracht hat. Ich nehme an, ich habe nicht darüber nachgedacht.

"Na ja, ich würde dir ja einen Stuhl anbieten..."

Wir beide lachen leise und ich setze mich aufs Bett, mit dem Rücken zum Fenster und lasse meine Beine an der Seite herunterbaumeln.

"Es tut mir leid, Mulder."

"Was tut dir Leid?"

"Das..." ich mache eine ausladende Geste mit meinen Händen.

"Da ist nichts, was dir Leid tun müsste," sagt er leise und setzt sich neben mich. "Ich brauche nicht mehr als das."

"Ich sollte trotzdem sehen, was ich tun kann, um dir ein anderes Zimmer zu besorgen. Wirklich, ich hätte das schon vor sehr langer Zeit tun sollen."

"Nein, Scully, die meisten der anderen Zimmer, die ich gesehen habe sind so. Es ist wirklich in Ordnung."

Mein Zimmer ist größer. Viel, viel größer. Aber es ist nicht mehr mein Zimmer, also nehme ich an dass es nichts mehr gibt, weswegen ich mich schuldig fühlen müsste.

"Ich bin ohnehin sehr selten hier," sagt er und das macht mich neugierig.

"Wohin gehst du, Mulder? Ich sehe dich normalerweise nur im Labor."

"Oh, keine Ahnung. Einfach herumschnüffeln."

"Hältst du Ausschau nach weiteren Kassetten, die du hören kannst?"

Er lächelt in Erinnerung an diesen Tag und ich tue das auch, obwohl es mich erinnert. Das war der Tag, an dem ich ihn wirklich verloren habe...

"Manchmal."

"Hast du Freunde gefunden?"

"Oh ja, du kennst mich doch. Der Kontaktfreudige."

Ich lache ein bisschen und runzle dann Stirn wegen des Anflugs von Traurigkeit, den ich empfinde.

"Ich vermisse dich, Mulder."

"Ich...ich misse dich auch, Scully. Sehr."

"Ich meine ich vermisse ... uns. Weißt du?"

"Ich weiß. Glaube mir. Ich weiß."

Ich höre, wie er tief ein- und dann wieder langsam ausatmet. Er scheint mir näher zu sein, als zu dem Zeitpunkt, als wir uns hingesetzt hatten.

"Kann ich dir etwas gestehen, Mulder?"

"Natürlich."

"Manchmal wünschte ich, dass die Dinge nicht so gekommen wären. Manchmal wünschte ich ... ich wünsche mir so sehr, dass es alles weggehen würde und ich wiederhaben könnte, was ich hatte."

"Ich denke jeder hat manchmal dieses Gefühl. Ich fühle fast die ganze Zeit so."

Wie erträgst du das, Mulder? Wie werde ich das ertragen?

"Ich habe jetzt das Gefühl, Mulder."

Ich rutsche ein wenig herum, drehe mich zu ihm, so dass ich in sein Gesicht sehen kann und das Bett quietscht laut unter mir.

"Naja, du bist schon halb dort." Er zeigt in Richtung meiner Haare mit einem kleinen Grinsen.

"Ja, das nehme ich an."

"Es sieht großartig aus. Wirklich."

"Es tut mir leid, Mulder. Wir sollten nicht ... nicht ...."

"Nicht deine Schuld."

"Doch, doch das ist es. Ich hätte sagen sollen..."

"Nein, Scully, ich wusste es. Ich wusste es."

"Warum nicht, Mulder? Warum waren wir so dumm?"

Doch ich weiß die Antwort bereits.

Angst. Einfach Angst.

Ist er das, der immer weiter an mich heranrutscht, oder bin ich das?

"Keine Ahnung, Scully. Aber selbst wenn wir hätten, wären wir trotzdem jetzt in der gleichen Situation."

"Mulder, lass uns ... lass uns das jetzt vergessen. Bitte."

"Vergessen?"

Meine Hände bewegen sich, offensichtlich aus eigenem Antrieb, in Richtung seines Gesichtes. Ich stelle fest, dass ich seine Wangen streichle, mit meinen Fingern durch seine Haare fahre. Es sieht silbern im Mondlicht aus.

"Hilf mir zu vergessen, Mulder. Bitte."

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Vergessen sich zu erinnern, Scully? Oder vergessen zu vergessen?

"Scully..."

"Du weißt, dass dir Skinner in den Hintern treten wird, Mulder. Du hättest diese Berichte schon vor über einem Monat bei ihm abliefern sollen."

Sie flüstert diese Worte leise und verführerisch ganz in der Nähe meines Mundes.

Es macht mich traurig, Skinners Namen zu hören. Ich war nie in der Lage herauszufinden, was aus unserem alten Chef und Freund geworden ist. Ich klammere mich immer noch an die Hoffnung, dass er noch irgendwo am Leben ist, erfolgreich, kämpfend...

Aber das ist nicht die Welt, an die ich jetzt denken sollte.

Das ist eigenartig.

Aber es ist mir egal. Es ist mir einfach egal. Ich kann dieses Spiel mitspielen, wenn es das ist, was nötig ist.

"Be..äh, Berichte? Scully, du kannst nicht, du kannst die Wahrheit nicht in einen kleinen netten Bericht verpacken."

"Die Wahrheit? Die Wahrheit ist das, was du willst, das es die Wahrheit ist, richtig Mulder?"

Sie küsst mein Kinn.

Es sollte eine Stimme in meinem Kopf geben, die mir sagt, dass das nicht richtig ist. Aber es gibt sie nicht. Ich nehme an, dass sich das Schicksal manchmal gegen einen verschwört und einen zu einem bestimmten Punkt bringt und man keine andere Chance als mitzumachen. Manchmal muss man die Möglichkeiten nutzen, die sich einem bieten, die Türen, die sich schnell öffnen und noch viel schneller wieder schließen.

Manchmal denken sich verzweifelte Menschen verzweifelte Entschuldigungen aus.

"Was ist nötig, damit du glaubst, Scully?" versuche ich zu flüstern, aber es kommt mehr als ein hohes Quietschen heraus. Es scheint ihr nichts auszumachen.

"Beweise, Mulder. Das weißt du."

Ihre Zunge umrundet mein Ohr und ich schaudere unfreiwillig. Ich weiß nicht, wie ich es anstellen könnte, dass das andauert.

"Alles, was du mir anbietest ist Spekulation."

Ich schließe meine Augen und sie küsst die Lider mit ihren zärtlichen, süßen Lippen.

"Du warst dort, Scully. Du hast das gleiche gesehen wie ich. Wie kannst du das immer noch leugnen?"

Hinter meinen Augen ist das Zimmer nicht mehr länger das, was es ist. Es ist irgendein Hotelzimmer, in irgendeiner Stadt, während irgendeines Falles. Und Scully sitzt mit mir auf dem Hotelbett, erzählt mir, dass ich mir Illusionen mache, fordert mich mit ihrem Gesichtsausdruck heraus.

"Ich habe etwas gesehen. Ich werde nicht einfach schlussfolgern, dass es außerirdisch war. Ich habe Lichter gesehen, das ist alles."

Sie knabbert an meiner Nase. Ich lache nervös und kralle mich an meiner Decke fest, als wenn es um mein Leben ginge.

"Es hätte ein Testflugzeug sein können," murmelt sie in die Beuge meines Halses.

"Vielleicht war es der Goodyear Zeppelin."

Sie lacht leise und der Klang vibriert gegen meine Haut. Pulsiert gegen meine Adern. Ihre Finger vergraben sich in meinem Haar und sie beginnt damit, an meinem Adamsapfel zu saugen. Ich öffne meine Augen wieder und das erste was ich sehe ist rot.

"Scully..."

"Ja?"

"Es verstößt gegen die Regeln des Bureaus, wenn FBI Agenten auf diese Weise in Hotelzimmern zusammen sind."

"Na ja, dann müssen wir diese Besprechung eben geheim halten, oder? Und die Aussage verweigern, wenn wir deswegen befragt werden."

"Bist du sicher, dass du deinen Job dafür riskieren willst?"

Sie antwortet mir, in dem sie mit ihrer Zunge an meinen Hals nach oben fährt und sie dann zwischen meine Lippen gleiten lässt. Ich greife nach ihrem Hinterkopf und ziehe sie an mich, verzichte auf jede Hoffnung auf gesunden Menschenverstand.

Wir küssen uns langsam, sehnsüchtig, erforschend. All die Jahre der Vorstellung, wie es sein würde, all die verschiedenen Phantasien, die ich hatte und ich habe es mir nicht ein Mal so vorgestellt. Warum sollte ich?

Aber trotzdem ist es wunderbar. Es ist schön.

Das ist es, was ich all die Jahre verpasst habe. Das ist der Geschmack und das Gefühl, vor dem ich all die Jahre wie ein verschrecktes Kaninchen davongelaufen bin.

Sie ist die erstaunlichste Sache, die ich je gekannt habe.

Sie beginnt, mit ruhiger Hand mein Hemd aufzuknöpfen. Ich zittere wie Espenlaub. Nein, so habe ich mir das definitiv nicht vorgestellt.

Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.

Einmal, heute Nacht, darf ich nur an das hier und jetzt denken. Scully mag versuchen, die Gegenwart zu vergessen. Ich werde versuchen, die Vergangenheit und die Zukunft zu vergessen.

Dieser Moment, dieses Geschenk, das ist der Grund für alles, was passiert ist. Das gibt meinen Fehlern einen Sinn.

Wie liegen gemeinsam auf dem Bett, schauen einander an, ziehen uns langsam gegenseitig aus. Als wir schließlich völlig voreinander entblößt sind, beginnen wir, uns zu berühren, zu schmecken, unsere Sensibilität zu erkunden.

Es fühlt sich gut an, wenn sie mich berührt. Körperlich gut. Aber das ist wirklich weniger wichtig. Das wichtigste ist, dass ich sie berühre. Endlich.

Als ich mich auf sie rolle, seufzt sie und dieser Klang gibt mir Hoffnung. Hoffnung, dass in dieser Welt noch Schönheit und Liebe übrig ist. Hoffnung, dass wir nach dieser Nacht, unserer ersten und letzten gemeinsamen Nacht, immer noch etwas besonderes haben werden. Etwas wirklich einzigartiges.

"Ich möchte dich lieben, Scully," flüstere ich.

Sie murmelt ihre Zustimmung in meine Schulter.

Ich liebe sie mehr als mein Leben. Mehr als jedes Wort oder jede Tat es je ausdrücken könnten. Und in diesem Moment, in dieser Nacht, gehört sie mir.

Ich werde niemals fähig sein, ihr dafür genug zu danken.

Ich sinke mit Leichtigkeit in sie hinein, schmerzlich langsam. Sie stöhnt sanft und fährt mit ihren Fingern an meinem Rücken hinab.

Bevor ich mich bewegen kann, muss ich es ihr sagen. Sie muss es von mir hören, endlich.

"Ich liebe dich, Scully."

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"Ich liebe dich auch."

Mühelos. So einfach. Warum ist es so viel einfach zu sagen, wenn es Auf Wiedersehen bedeutet?

Ich spüre, wie sich ein zittriges Schluchzen in meiner Brust bildet. All die vergebenen Möglichkeit, die Gelegenheiten, die ich hatte, diese Worte zu sagen. Zu Mulder. Zu Alex. Sogar zu meiner Mutter. Wie konnte ich nicht bemerken, wie gut es sich anfühlen würde, sie einfach zu sagen?

Ich schlucke es runter, aber ich kann die Tränen nicht aufhalten, die aus meinen Augenwinkeln rinnen, als sich Mulder in mir bewegt.

Mulder. Mulder macht mit mir Liebe. Und es ist genauso, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Er ist so zärtlich, so von seiner ganz eigenen Art der Anbetung erfüllt, dass es fast herzzerreißend ist.

Wir sind so oft diesem Moment so nahe gewesen. So oft habe ich fast nach ihm gegriffen, um ihn zu berühren, um es ihm zu sagen.

Ich spüre seien Mund auf meinem Gesicht und bemerke, dass er versucht, meine Tränen wegzuküssen.

"Weine nicht Scully. Bereue es nicht."

"Keine Reue."

Zumindest denke ich nicht, dass ich es bereue.

Aber als mein Körper beginnt, auf Mulders zu reagieren, sich langsam ein Orgasmus aufbaut, fühle ich plötzlich einen Anflug von Panik. Und Schuld.

Würde ich mich schuldig fühlen, wenn es sich nicht gut anfühlen würde? Zählt es nicht als Sex, wenn man keinen Orgasmus hat? Was für eine verdrehte Moralvorstellung ist das?

Oder ist es einfach so, dass ich tief in mir gehofft hatte, dass es eine fürchterliche Erfahrung sein würde? Dass, wenn es vorbei wäre, meine Situation schärfer umrissen wäre?

Ist es wirklich Verrat, wenn du von dem Menschen unwiderruflich weggeschickt wurdest, den du betrügst? Ist es überhaupt Betrug? Ich nehme an, dass es das nicht ist, technisch gesehen. Und aus irgendeinem Grund macht es das sogar noch schlimmer.

Mein Gott, ich vermisse ihn.

Aber das sind lächerliche Fragen. Der Punkt ist, dass ich mit Mulder Liebe mache und es sich gut anfühlt. Alex sollte in meinen Gedanken überhaupt nicht vorkommen. Die Tatsache, dass ich mich frei und lebendig fühle, wenn ich mit Alex Liebe mache und dass diese Erfahrung mit Mulder von Tod und Verlust gezeichnet ist, sollte überhaupt keine Rolle spielen. Oder doch?

Mulder stöhnt in meine Schulter und ich fühle ihn zittern, seiner eigenen Erlösung nahe. Ich greife herum nach seiner Kehrseite, ziehe ihn näher an mich heran, tiefer in mich hinein und reibe mich gegen ihn. Mein Orgasmus und langsam und zart und als ich komme ist meine Zunge in seinem Mund.

Er folgt kurz nach mir, wimmert meinen Namen und eine weitere Liebeserklärung.

Ja, es ist gut.

Warum wünsche ich, dass es das nicht gewesen wäre?

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Dies ist das letzte Mal, dass ich Scully jemals küssen werde. Dies ist unser Lebewohl. Und unser Hallo.

Ich werde sie jetzt im Arm halten, an meine Brust geschmiegt und glücklich schnurrend in ihrer post-koitalen Betäubung. Aber sie wird mich verlassen und sie wird nicht wiederkommen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Und des wie.

Wird sie mir eine ganze Nacht geben? Oder wird sie noch innerhalb der nächsten Stunde gehen? Vielleicht wird sie einschlafen und in meinen Armen aufwachen.

Wahrscheinlich nicht.

Ich wünschte fast, dass ich mir einreden könnte, ich wäre in der Lage, diese Situation zu ändern. Wenn ich ein anderer Mensch wäre, könnte ich es vielleicht. Vielleicht könnte ich sie anflehen und ihr ein schlechtes Gewissen einreden, so dass sie länger bei mir bleibt, als diese Nacht, diesen Moment. Aber ich kann mich nicht auf dieses Niveau der Idiotie herunterbegeben. Nicht nach all dem, was wir durchgemacht haben. Die leere Hülle einer Beziehung zu haben, würde nur all das billig aussehen lassen, was wir miteinander erlebt haben.

Also werde ich sie jetzt halten, weil ich es jetzt kann. Und wenn sie sagt, dass sie gehen muss, werde ich sie gehen lassen. Und ich werde wissen, dass wir unseren Moment der Erfüllung hatten, der Verbindung. Und dass wir weitermachen werden. Wir werden es müssen.

Ich hoffe nur, dass sie auf diese Nacht niemals mit Kummer zurückblicken wird. Ich werde sie für immer in meinem Herzen bewahren.

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Ende Kapitel 16

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Kapitel 17

Ich hatte unrecht. Sie hat die Nacht hier verbracht. Sie ist bei mir geblieben, bis die Sonne aufging. Ich denke, dass sie sogar ein paar Minuten lang eingeschlafen ist. Aber sobald das Sonnenlicht anfing, durch das Fenster zu scheinen, wand sie sich aus meinen Armen und zog ihre Sachen an. Ich habe sie fast gefragt, ob sie sich in einen Kürbis verwandeln würde, wenn sie vor sechs Uhr früh nicht zu Hause sein würde, aber ich habe es mir anders überlegt.

Als sie sich fertig gemacht hatte, drehte sie sich mit einem entschuldigenden kleinen Lächeln zu mir um. Ich lag immer noch da, rücklings und nackt, mit klaffenden emotionalen Wunden und sie lehnte sich über mich und drückte einen flüchtigen Kuss auf meine Wange.

Ich denke, dass da ein Danke in diesem Kuss war. Und ein bisschen Bedauern darüber, dass sie gehen musste. Aber sie hat nichts tatsächlich in Worte gefasst, bevor sie aus der Tür ging. Und wir haben seit dem nicht mehr miteinander gesprochen. Es ist schon fast zwei Tage her.

Heute Abend werde ich sie wieder sehen. Als wir ihr das Serum injiziert hatten, haben wir beschlossen, die Test zur Wirksamkeit des Heilmittels durchzuführen, so bald es möglich war, dies zu tun und es stellte sich heraus, dass es dieser Abend war, um acht Uhr. Es ist jetzt 7:45.

Roseanne und ich sind schon im Labor und warten nervös auf ihre Ankunft. Na ja, ich bin jedenfalls nervös. Roseanne sieht vor allem müde aus.

Ich denke, meine Sorge kommt mehr aus der Unsicherheit über Scullys Gesundheit, als über den Zustand unserer Beziehung. Ich denke, dass ich jetzt weiß, was ich das letztere betreffend zu erwarten habe. Ich mag mir wünschen, dass es nicht so wäre, aber Wünsche können nichts an der Realität ändern, die ich in den letzten Tagen zu akzeptieren gelernt habe.

Die Realität ist, dass Scully nicht mehr derselbe Mensch ist, als den ich sie früher kannte. Obwohl ich sie immer lieben werde, ist sie nicht die Person, in die ich mich verliebt habe. Ich vermisse diese Person. Ich vermisse sie mehr als alles andere aus meinen alten Leben und ich wünschte, ich wäre nicht gezwungen gewesen, vor zwei Nächten zu ihr Lebewohl zu sagen.

Zur Hölle, wem mache ich was vor? Ich habe vor sechs Jahren zu ihr Lebewohl gesagt. Die Person, mit der ich Liebe gemacht habe, mit der ich eine Phantasie geteilt habe, einen Genuss, ist nicht die Person, die ich früher kannte. Sie hat nur vorgegeben, diese Person zu sein. Und es braucht keinen Raketenwissenschaftler, noch nicht einmal einen ausgebildeten Psychologen, um zu erkennen, dass wenn die Person, mit der du geschlafen hast, sich vorstellen muss, jemand anderer zu sein, um die ganze Sache hinter sich zu bringen, die Chancen auf weiteren Verkehr ziemlich gering sind.

Ja, das macht mich traurig. Ja, das macht mich bitter. Ja, ich habe bei mehr als einer Gelegenheit während des letzten Wochenendes in Erwägung gezogen, mir mit dem Skalpell die Kehle durchzuschneiden. Aber das Verlangen, die verzweifelte Sehnsucht nach ihr ist nicht mehr so schlimm wie vorher. Es ist weniger das wütende Verlangen nach einem Menschen, der für immer außerhalb der eigenen Reichweite liegt, sondern mehr eine Nostalgie, die Trauer um eine verlorene Liebe.

Und ich weiß eines; egal, was man über unsere gemeinsame Nacht sagen mag; die Person, die sie jetzt ist, ist immer noch eine Person, die mich liebt. Das ist geblieben, auch wenn es etwas mutiert ist.

"Reagenzglas für deine Gedanken?"

Ich höre auf, ausdruckslos auf meine Finger zu starren, sehe nach oben und sehe Roseanne, mit einer Plastikschüssel voller schmutziger Laborgegenstände in der Hand, neben mir stehen.

Bevor mir eine passende geistreiche Antwort einfällt, hat Scully ihren großen Auftritt. Sie sieht nur ein wenig besser aus, als ich mich fühle. Aber nicht so schlecht, wie das letzte mal, als ich sie gesehen habe.

Unabsichtlich stiehlt sich mein Blick sofort nach unten zu ihrem Finger, bevor sie überhaupt ihren Mund aufgemacht hat. Sie trägt ihn wieder. Das überrascht mich nicht.

Als sie zu sprechen beginnt, ist sie ganz geschäftlich. Es geht alles um Tests und Blut und ihre gute alte Wissenschaft. Und das ist gut. Ich denke nicht, dass ich irgendetwas anderes von ihr im Moment ertragen könnte. Ganz besonders nicht vor einem anderen Menschen.

Aber ich werde dazu in der Lage sein, irgendwann. Irgendwann in nächster Zukunft werde ich wieder in der Lage sein, ihr Freund zu sein. Ich weiß dass, denn als sie neben mir steht und mir in die Augen sieht und lächelt, spüre ich nicht die typische verschmähter Liebhaber Reaktion. Ich möchte ihr nicht die Augen aus den Höhlen kratzen und ihr Herz herausreißen und darauf herumtrampeln. Ich möchte nur, dass wir mit den Tests beginnen, so dass wir sicher wissen, dass es ihr besser geht. Und das tun wir.

Und drei Stunden später weiß ich zwei Dinge. Erstens, und am wichtigsten, es geht ihr besser. Es gibt keine Spuren von Krebszellen mehr in ihrem Blut. Und zweitens, ich weiß, dass Scully und ich immer noch ziemlich gut und mit minimalem Unbehagen zusammenarbeiten können. Tatsache ist, ich fühle mich in gewisser Weise jetzt wohler in ihrer Nähe als vorher.

Vielleicht wird es in Ordnung kommen mit uns. Vielleicht werde ich nicht ohne sie sterben. Vielleicht.

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Ich erinnere mich an eine Zeit, gar nicht so lange her, obwohl es mir wie ein ganzes Leben vorkommt, als ich zu ihr zurückkam und stolz war. Ich ging durch genau diese Tür, verwundet und blutend aber lächelnd und stolzierte in das Labor hinein. Und ich zeigte ihr, was ich getan, was ich erreicht hatte. Dann bin ich zusammengebrochen.

Sie hat sich damals um mich gekümmert, meinen beschädigten Körper gepflegt. Was wird sie jetzt tun, wenn es meine Seele ist, die verstümmelt ist?

Ich habe nichts, was ich ihr diesmal zeigen könnte. Keine Siegestrophäe, keine prächtigen Verwundungen, die es mit viel 'oohs' und 'aahs' zu bestaunen gäbe, nichts als die Geschichte einer vernichtenden Niederlage. Und meine Reue. Meine tiefe Angst, dass die Art, wie ich gegangen bin, für immer bestimmen wird, wie sie mich ansieht, was sie fühlt.

Es ist jetzt dunkel draußen, aber es ist nicht so spät, dass sie schlafen würde. Zum Glück konnte ich mich unter dem Deckmantel der Nacht hierher schleichen, ohne gesehen zu werden. Es sind nicht genug von uns zurückgekommen, um eine Willkommensfeier zu rechtfertigen. Ich denke noch nicht mal, dass irgendjemand die bedauernswert leeren Lastwagen bemerkt hat, die auf den Parkplatz gefahren sind. Trotzdem ist es nur eine Frage der Zeit, bevor die paar Männer, die zurückgekommen sind, anfangen werden zu reden. Ich muss mit ihr reden, bevor es jemand anderes tut. Nicht dass ich ihr Lügen darüber erzählen werde, was geschehen ist. Ich will ihr alles erzählen, wenn sie mich lässt. Aber sie muss es von mir hören.

Als ich sie finde, ist sie nicht allein. Roseanne sitzt an einem Schreibtisch, schreibt irgendetwas und Mulder ... Mulder ist da, steht neben ihr, spricht mit ihr. Auf einmal erinnere ich mich wieder daran, warum ich sie rausgeworfen habe und all das, was ich befürchtet habe, trifft mich in den Magen wie ein Ziegelstein. Ich hatte recht. Sie schläft mit ihm. Sie tut es.

Aber dann sieht sie auf und sieht mich dort in der Tür stehen und unsere Augen treffen sich und nein ... nein sie tut es nicht. Nein.

Ich nehme am Rande wahr, wie Roseanne auf mich zu geht, mich an der Schulter berührt und mich fragt, ob alles "in Ordnung" ist. Ich kann ihr aber nicht antworten. Ich kann sie kaum sehen. Alles, was ich sehen kann ist Dana, ihr Körper erstarrt wie bei einer Marionette ohne Fäden, aber ihre Blicke gleiten über mich. Erzählen mir Dinge.

Und dann geht Roseanne, der Gummi ihrer Schuhe quietscht auf dem gefliesten Boden, aber Mulder bleibt. Er sieht zwischen uns hin und her, nervös und fragend, bewacht sie, wie es ihr verdammter Hund tut.

"Es ist in Ordnung, Mulder" flüstert sie, während sich ihre Lippen kaum bewegen. Er kräuselt seine Lippen und sieht mich finster an, aber er beginnt zu laufen. Als er an mir vorbeiläuft, murmelt er irgendetwas spöttisches in seinen Bart, aber ich höre es nicht wirklich.

Endlich schließt sich die Tür hinter mir und wir sind allein.

Der Umstand, der mich nach Hause gebracht hat, kommt mir wieder zu Bewusstsein und ich werde durch den Raum zu ihr gezogen.

Als ich nur ein paar Zentimeter von ihr entfernt bin, fragt sie auch, "Bist du in Ordnung?"

Ich fange an zu nicken, ja. Ja, ich bin in Ordnung. Aber das bin ich nicht wirklich. Nicht im geringsten. Und sofort schüttle ich verneinend meinen Kopf und bevor ich über meine Handlungen überhaupt überdenken kann, bin ich vor ihr auf den Knien und umklammere ihre Beine wie ein verlorenes Kind, dass endlich seine Mutter im Supermarkt wiedergefunden hat.

Sie bewegt sich immer noch nicht. Sie fühlt sich steif und kalt an. Widerstrebend und ängstlich.

"Dana...oh Gott, Dana. Es tut mir so Leid. So, so Leid. Oh, Gott."

Meine Stimme klingt rau und gebrochen, selbst in meinen eigenen Ohren. Ich klinge erbärmlich. Ich bin erbärmlich. Und sie erbarmt sich meiner.

Nach einem kurzen Zögern fühle ich ihre Hände in meinen Haaren, langsam streichelnd und ich glaube nicht, dass ich jemals etwas so tröstendes in meinem Leben erfahren habe.

"Es tut mir Leid, es tut mir Leid ... so Leid," wiederhole ich endlos. Es gibt so viel mehr, was ich sagen will, aber dies sind die einzigen Worte, die ich anscheinend im Moment herausbringen kann.

Sie kniet sich vor mir hin und streichelt meine Wangen mit ihren Fingern.

"Es ist gut. Alex, es ist gut."

"Nein, nein das ist es nicht. Es ist nicht gut. Ich war dumm. Dumm und im Unrecht und ich vertraue dir, Dana. Das tue ich. Ich hatte einfach so viel Angst, ich war so... ich dachte du würdest mich verlassen und ich hatte Angst und so habe ich einfach...ich dachte...Gott, es tut mir so Leid..."

"Alex, schh, es ist gut."

Sie drückt eine Kuss auf meine Wange und das sollte ausreichend, um den Strom von unverständlichem Nonsense zu stillen, der aus meinem Mund kommt. Aber das tut es nicht. Da ist einfach zu viel, was ich loswerden muss.

"Nein, nein, Dana. Ich hätte sterben können. Ich bin fast gestorben und alles, woran ich denken konnte war, dass wenn ich gestorben wäre, dies die letzten Dinge gewesen wären, die ich zu dir gesagt hätte und sie waren so falsch und so dumm und ich konnte das einfach nicht ertragen und wenn...ich möchte nicht, dass du unglücklich bist, aber wenn du unglücklich bist, weißt du, dann kann ich mich ändern. Das kann ich. Ich kann mich ändern, wenn dich das glücklich machen würde."

"Nein, nein, Alex. Oh Gott. Ändere dich nicht. Bitte. Nicht."

Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hände und kommt mit ihrem Mund meinem gefährlich nahe.

"Nicht."

"Ich habe es wirklich ganz schlimm versaut, Baby," flüstere ich gegen ihre Lippen.

"Es ist gut. Es ist gut."

Sie küsst mich. Oder ich küsse sie. Irgendwie küssen wir uns. Und zittern, oh Gott, sie zittert genauso wie ich.

Das gibt es so viel, so viel mehr, das ich ihr erzählen muss. Aber noch mehr als das brauche ich sie einfach. Ich muss sie spüren, will mich in ihr so tief vergraben, dass ich niemals wieder den Weg nach draußen finde.

Ich küsse sie mit diesem Verlangen und ich denke, dass sie das auch empfindet. Sie stöhnt und gräbt ihre Nägel in meine Kopfhaut und wir beiden atmen viel zu schnell. Zu, zu schnell.

"Alex...Alex," seufzt sie und beginnt dann, mit einem Laut an den Knöpfen meines Hemdes zu ziehen, der mich an ein sterbendes Tier denken lässt. So etwas wie ein Schluchzen oder ein Schmerzensschrei oder ein...Gott, spielt das überhaupt eine Rolle? Sie ist verrückt nach mir. Sie will mich immer noch.

Ich ziehe ihren Körper näher an mich heran und setze eine Spur an ihrem Hals hinunter mit meiner Zunge in Flammen. Sie zappelt und keucht in meiner Umarmung, so empfänglich für die kleinste Berührung, dass es einen um den Verstand bringt. Sie will mich nicht einfach. Sie will mich mehr als je zuvor.

"Ich habe dich vermisst, Djewotschka. So sehr."

"Mmoh Gott. Ich auch. Ich auch."

Sie fährt mit ihren Händen über meine Brust, gierig greifend und kratzend und nach unten zu meinem Hintern, meinen Schenkeln.

Mein Kopf fällt in die Beuge ihres Halses und einen Moment lang halte ich keuchend still, sonne mich in der Empfindung davon, dass sie mich überall berührt.

Aber bald ruft die Verführung ihrer Haut wieder nach mir und ich ziehe an ihrem Shirt, ziehe es aus ihrer Jeans und greife darunter. Ihr Bauch ist heiß und zittert. Gott sei dank trägt sie keinen BH. Ihre Brustwarzen sind herrlich hart und als ich mit dem Daumen über eine davon streiche, schreit sie fast.

Ich küsse sie wieder, wenn man das überhaupt einen Kuss nennen kann. Es ist mehr das wahnsinnige Knirschen von Zähnen, Zungen und Lippen. Meine Hand zittert so sehr, dass es mich wundert, als ich es schaffe, den Reißverschluss ihrer Hose aufzubekommen. Sie mag heute Abend keinen BH tragen, aber sie hat einen Slip an und der ist im Moment nichts weiter als ein Hindernis.

Ich kann ihn ihr nicht schnell genug ausziehen, so dass es meinen Bedürfnissen gerecht werden würde, also schiebe ich nur meine Finger hinein. Sie ist schon feucht. So sehr feucht. Ich lasse zwei Finger in sie hineingleiten und streichle ihre Klitoris mit meinem Daumen.

"Oh mein Gott," stöhnt sie und wiegt sich mit fest geschlossenen Augen gegen mich. Ich spüre ihre Hand an meiner Hüfte, die ungeduldig mit meiner Jeans kämpft. Ich würde ihr ja helfen, aber meine Hand ist anderweitig beschäftigt. Allerdings schafft sie es sehr bald, ihren Weg hinein zu finden. Sehr bald ist mein Schwanz in ihren hungrigen kleine Händen und sie greift und zerrt ungeschickt an mir. Ich habe Angst, dass sie mir weh tun könnte.

"Dana, Dana, ich wi...wi..."

"Gott, nimm mich einfach. Nimm mich, Alex."

Es wird mir plötzlich bewusst, dass wir tatsächlich auf dem Boden des Labors knien, unter dem harten Licht der Leuchtstofflampen, hinter einer Tür, die geschlossen, aber nicht verschlossen ist. Ich nehme an, dass es zu spät ist, sich jetzt darüber Gedanken zu machen.

Ich nehme meine Hand zwischen ihren Beinen weg und ziehe ihr Hosen und ihren Slip nach unten zu ihren Knien. Wir stehen hier einem vertrauten Problem gegenüber. Diese verdammten Stiefel. Ah, was soll's. Sie weiß jetzt, dass ich es besser kann als so. Ich muss sie diesmal nicht mit meiner Leistungsfähigkeit beeindrucken. Ich will einfach in ihr sein. Jetzt.

Sie dreht sich um und beugt sich nach vorn, bietet mir die einfachste Möglichkeit des Eindringens an diesem Punkt an und ich nehme das Angebot an.

Oh. Oh, Gott. Ja.

Das ist es. Dort gehöre ich hin. Das bin ich. Wie habe ich nur jemals etwas anderes in Betracht ziehen können?

"Alexxx," keucht sie, drückt sich gegen mich und dann noch einmal. "Alex Alex Alex," fast, als würde sie jemand anderen erwarten und ist freudig überrascht zu entdecken, dass ich es tatsächlich bin.

Ich mache mir erst gar nicht die Mühe zu versuchen, es langsam angehen zu lassen. Zärtlichkeit kann später kommen. Genau in diesem Moment ist alles was ich tun kann immer und immer wieder in sie hineinzustoßen, zwischen ihren Beinen herumzutasten und zu hoffen, dass es sich für sie wenigstens halb so gut anfühlt, wie für mich. Nichts. Nichts könnte jemals so gut sein.

Schneller, als ich es erwartet hätte, fühle ich, wie sie sich um mich verengt. Ihre Atmung geht in kurzen, ultraschnellen Atemstößen und sie greift nach meiner Hand und presst sie fester gegen ihre Klitoris.

"Alex, Alex, ich...oh..."

Ein weiterer, besonders tiefer, fester Stoß und sie schreit wortlos, ihre Kontraktionen ziehen sich noch tiefer in sie hinein.

Dann zieht sie meine Hand weg, überstimuliert, aber sie drückt sich immer noch gegen mich. So nah, so gut. Sie ist so gut.

Ich greife nach oben, nach etwas anderem zum Anfassen. Nach ihren Haaren. Ihre Haare.

Ihre Haare sind weg. Oh mein Gott. Ihre Haare.

"Wu...wo...Ha...Haare?" krächze ich, verwirrt und erschrocken.

"Is weg. Tut mir Leid."

Ich verstehe das immer noch nicht, aber das reicht nicht aus, um die Brandungswelle meines Orgasmus aufzuhalten. Ich komme in ihr mit einem langen, tiefen Stöhnen der Erleichterung und Ekstase und so vieler anderer Dinge, die ich niemals in Worte fassen könnte.

Ich lege mich über sie, habe das Bedürfnis zusammenzubrechen mich um sie zu schlingen und ein Jahrhundert lang zu schlafen. Aber wir sind immer noch auf dem blöden Boden und jetzt, wo meine sexuelle Energie verbraucht ist, fangen meine Knie an zu schmerzen.

Dana kichert.

Ich berühre mit meiner Nase die Hinterseite ihres Halses, vermisse immer noch ihre Haare, aber ich liebe es, wie ihre Haut nach dem Sex riecht.

"Lass uns nach Hause gehen, Baby."

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Ende Kapitel 17

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Kapitel 18

Zu Hause. Ja, das ist mein Zuhause. Es ist eigenartig, es so vorzufinden, wie ich es verlassen habe. So, wie er es verlassen hat. Der Geist der letzten Nacht, die wir gemeinsam hier verbracht haben, liegt immer noch über allem.

Wir werden etwas dagegen tun müssen.

Wir gehen zusammen ins Schlafzimmer, ziehen uns wortlos aus und ich erinnere mich an die erste Nacht, in der wir dieses Bett geteilt haben. Diese Nacht war ein Anfang und ich denke, dass das diese hier auch ist. Die Ähnlichkeit ist tatsächlich ziemlich bemerkenswert.

Ich winde mich als erste aus meinen Sachen heraus und krieche unter die Decken, um ihn zu beobachte, genauso, wie ich es damals in jener Nacht getan habe. Aber damals musste ich so tun, als würde ich nicht hinsehen. Ich wollte nicht, dass er sich unwohl fühlt. Heute schaue ich ihn offen an und er schaut zu mir.

Er steht nackt vor mir und diesmal muss ich ihm nicht sagen, dass er seine Prothese abnehmen soll. Er seufzt erleichtert, als er die Riemen komplett gelöst hat und ich bemerke, dass er sie wahrscheinlich die ganze Zeit getragen hat. Die Haut darunter sieht rot und entzündet aus.

"Komm her," sage ich zu ihm und er klettert zu mir aufs Bett. Wir kuscheln uns aneinander und tiefer in die Decken hinein. Einige Minuten lange halten wir uns einfach fest, genießen das kleine Sanktuarium, das wir zusammen gefunden haben, strahlen, weil wir es geschafft haben, den Weg zurück zu finden.

Aber es gibt immer noch Dinge, die wir ausdiskutieren müssen, bevor wir dem Rest der Welt wieder gegenüber treten können, bevor wir unseren Kokon verlassen können. Es gibt Dinge, die ich ihm sagen muss und ich spüre, dass es sehr viel gibt, was er mir sagen will.

"Alex, was...was ist passiert?"

Er seufzt schwer und ich fühle, wie seine Hand meine Schulter fester umfasst.

"Ich habe es versaut. Ich habe es wirklich ganz furchtbar versaut."

"Du hast nicht gefunden, wonach du gesucht hast?"

"Es ist schlimmer als das, Dana. Wir haben eine Menge Leute verloren. Eine Menge. Und die Rebellen...ich habe keine Ahnung, was passieren wird, Dana. Ich denke, ich habe uns einen ganz neuen Schwung Feinde verschafft. Und wir haben nichts erreicht. Absolut nichts."

Ich bin nicht überrascht genug, um darauf eine Reaktion parat zu haben. Ich habe erwartet, dass es so ausgehen würde. Ich hätte ihm das sagen können. Ich hätte ihn aufhalten können. Aber das habe ich nicht. Weil ich ihm nicht alles sagen konnte.

"Was ist mit deinem Freund, diesem Briten und seiner Gruppe? Hat er euch nicht geholfen?"

"Er hat es versucht. Es war trotzdem ein ziemlich aussichtsloser Kampf."

"Denkst du, dass sie uns jetzt helfen können? Mit Vorräten und so ..."

"Ich weiß es nicht. Ich habe mit einigen seiner Männer Pläne gemacht. Er wird in ein paar Wochen zu einem Treffen zwischen unseren Gruppen herkommen. Vielleicht können wir irgendwas ausarbeiten."

Er scheint von dieser Aussicht nicht sonderlich ermutigt zu werden. Ich habe das Gefühlt, dass die anderer Gruppe in der gleichen Verfassung ist wie wir.

"Alex, es tut mir Leid. Ich hätte dir sagen sollen...na ja, ich hatte das Gefühl, dass das passieren würde."

"Ich hätte nicht auf dich gehört."

Da mag er Recht haben. Trotzdem hätte ich ihm sagen sollen, wie ich darüber dachte. Wenn die Dinge anders gewesen wären, wenn ich ihm davon erzählt hätte, dass ich...

"Alex, da gibt es etwas, das ich dir erzählen muss."

"Was ist es? Du schneidest nicht noch mehr von deinen Haaren ab, oder?"

Er fährt mit seinen Fingern durch das, was von meinen Haaren übrig ist und küsst mich auf die Stirn.

"Nein, nein es ist... Alex, ich war, ich war krank. Vorher. Ich bin es nicht mehr. Aber ich war es."

"Krank? Wie krank?"

Mein Gott, ich habe immer noch Angst. Ich weiß nicht, ob ich alles, was ich sagen will sagen kann, ohne zusammenzubrechen und zu heulen.

Ich greife auf den Boden neben dem Bett, wo meine abgelegte Hose auf einem Haufen liegt und fange an, die Taschen zu durchwühlen. Mit übelkeitserregenden Schmetterlingen in meinem Bauch gebe ich ihm den zusammengeknüllten Zettel. Ich hatte vorgehabt, diesen Brief wegzuwerfen, seit ich ihn geschrieben habe, aber ich konnte es aus irgendeinem Grund nicht übers Herz bringen. Jetzt weiß ich warum. Es ist so viel einfacher, ihm den Brief zu geben, als zu versuchen, ihm das zu erklären.

Er setzt sich auf und beginnt zu lesen, seine Augenbrauen ziehen sich immer weiter zusammen, je weiter er liest. Bald ist sein Gesicht zum tiefsten Stirnrunzeln verzogen, dass ich bei ihm seit ziemlich langer Zeit gesehen habe. Mein Herz macht eine kleinen Überschlag in meiner Brust und mein Magen dreht sich immer noch um.

Ein Ausdruck von blankem Horror steht auf seinem Gesicht und ich bin mir sicher, dass er die Worte erreicht hat, "Ich sterbe, Alex."

Als er fertig ist, fällt der Brief aus seiner Hand und flattert auf seinen nackten Oberkörper. Er sieht mich lange nicht an. Als er es tut, sind seine Augen geweitet und feucht.

Aus seiner Kehle kommt ein abgewürgter, quietschender Laut und er schüttelt seinen Kopf und sieht wieder weg. Er nimmt den Brief, dreht sich herum, so dass seine Beine aus dem Bett hängen und sein Rücken mir zugewandt ist.

"Wie lange?"

"Wie...lange?"

"Wie lange hast du gewusst, dass du Krebs hattest, Dana?"

Seine Stimme ist so kalt. So ähnlichem dem Klang, den sie in dieser letzten Nacht hatte. Er verschließt sich wieder, erzwingt einen Abstand zwischen uns.

"Ein paar, ungefähr zwei Monate."

"Zwei Mon..."

"Ich...ich habe es niemandem gesagt, Alex," biete ich ihm schwach an. Als wenn das mein Schweigen entschuldigen würde. Ich will nur nicht, dass er denkt, dass das etwas mit Vertrauen zu tun hatte. Dass etwas an ihm gewesen wäre, weswegen ich das nicht mit ihm teilen konnte.

Aber natürlich ist das nächste was er fragt, "Warum? Warum konntest du dich mir damit nicht anvertrauen?"

"Es hatte nichts mit Vertrauen zu tun, Alex. Es hatte etwas mit mir zu tun und mit meinen Ängsten und mit dem Wissen, was es dir antun würde, wenn du es wüsstest. Und was das mir antun würde. Und du warst so weit weg von mir, Alex...."

"Ich war weit weg, weil ich wusste, dass du etwas vor mir verheimlichst."

Huhn. Ei. Wer weiß, wie es angefangen hat. Ich hätte es besser wissen sollen, als unsere Probleme als Ausrede zu nehmen.

"Es wäre nur ..." Seine Stimme bricht ein wenig und er unterbricht, um sich zu räuspern. Ich kann praktisch spüren, wie das Leid, der Schmerz in Wellen von ihm ausgehen. "Es hätte uns einfach eine Menge geholfen, wenn ich gewusst hätte, was mit dir los ist."

"Ich weiß. Ich weiß das. Es tut mir Leid, Alex. Ich weiß nicht, was ich sagen soll."

Sein Rücken ist so angespannt. Hart. Ich möchte ihn berühren, aber ich weiß nicht, ob er das noch möchte.

"Also dieses Heilmittel..."

"Es hat funktioniert. Ich habe es an mir selbst ausprobiert. Und es hat funktioniert. Er ist weg, Alex. Ich bin nicht me..."

"Du hast es an dir *selbst* ausprobiert?"

Dabei dreht er endlich seinen Kopf, so dass er mich ansehen kann. Er sieht unbestreitbar erschüttert aus.

"Es...es hat funktioniert, Alex."

"Das freut mich. Aber weißt du was? Es hätte nicht funktionieren können. Nur die verdammte Injektion hätte dich schon umbringen können, das wusstest du! Ich kann nicht ..."

Er dreht sich wieder weg und lehnt seinen Ellbogen auf sein Knie, legt seinen Kopf auf seine Hand. Ich sehe, wie er mit seinen Fingern ungefähr fünf oder sechs Mal hintereinander durch seine Haare fährt.

"Ich kann nicht fassen, dass du mir das nicht erzählt hast," sagt er und dann steht er auf und geht aus dem Zimmer.

Ich liege im Bett und höre zu, wie er durch das Wohnzimmer läuft, den Kühlschrank öffnet und wieder schließt, etwas Wasser im Bad laufen lässt und sich, so wie es scheint, schließlich auf die Couch setzt.

Ich möchte mehr als alles andere auf der Welt da hinausgehen, aber ich weiß, dass er eine Weile von mir weg sein muss, um zu verarbeiten, was ich ihm erzählt habe und zu entscheiden, ob er mir jemals wieder ins Gesicht sehen kann mit dem Wissen darüber, wie ich ihn angelogen habe.

Die Knoten in meinem Magen vervielfachen sich exponentiell und meine Kehle und mein Mund fühlen sich so trocken an, wie die Wüste. Ich denke nicht, dass ich jemals in meinem Leben so angespannt war.

Ich denke nicht, dass ich damit umgehen könnte, ihn noch einmal zu verlieren.

Ich frage mich, ob er überhaupt weiß, was es mir antut, daran überhaupt zu denken. Ich frage mich, ob er weiß, was ich durchgemacht habe, seit er mich verlassen hat.

Plötzlich wechselt meine Stimmung von Besorgnis zu Zorn. Er hat mich verlassen. Mich einfach verlassen, ohne mir die Möglichkeit zu geben zu erklären, und ja, es tut ihm Leid und ja, ich verstehe warum. Aber ich denke wirklich nicht, dass er weiß, wie ich mich dadurch gefühlt habe.

Aber wie kann ich ihm davon erzählen, ohne das, was mit Mulder geschehen ist zur Sprache zu bringen? Wie kann ich es ihm erzählen, wenn er draußen im Wohnzimmer sitzt wie ein Feigling? Mich wieder ausschließt.

Ich schaffe es lange genug, mich davon abzuhalten hinauszustürmen und eine Konfrontation herauszufordern. Nach ungefähr fünfzehn Minuten kommt er ins Bett zurück.

Er klettert neben mir unter die Decke, aber er berührt mich nicht.

"Ich kann es nicht fassen, dass du das allein durchmachen musstest," flüstert er und starrt an die Decke. Er klingt so verloren und besorgt, dass mein Ärger sich schnell zu verflüchtigen beginnt.

"Ich wollte stark sein. Für dich, für mich selbst...Ich nehme an, ich habe am Ende alles nur noch schlimmer gemacht."

"Nein, das warst nicht nur du. Ich war nicht wirklich für dich da, so dass du es mir hättest erzählen können. Ich war weit weg. Du hast Recht."

"Ich nehme an, wir haben beide jede Menge Fehler gemacht."

"Denkst du, dass wir zurückbekommen können, was wir hatten?"

"Nein, Alex. Ich denke, dass....was ich hoffe ist, dass wir sogar noch etwas viel besseres haben können."

"Wo fangen wir an?"

"Ich denke, dass wir schon angefangen haben, Alex. Ich, ich muss nur wissen, dass du wirklich hier bist. Dass du mir wirklich vertraust und dass du nicht wieder... dass ..."

"Es tut mir Leid."

"Ich weiß, dass es dir Leid tut, Alex, aber es erschreckt mich, wie schnell du mir die kalte Schulter zudrehen kannst. Ich weiß, das ist nur ein Abwehrmechanismus, aber ich möchte...ich möchte nicht, dass du dich mir gegenüber verteidigen musst.

Er dreht sich leicht zur Seite und sieht mir in die Augen. Ich nehme an, dass ich weine, weil ich spüre, wie seine Finger über meine Wangen streichen und die Tränen wegwischen.

"Es war mir nicht bewusst. Ich wusste nicht, dass es dir so sehr weh tun würde. Ich vertraue dir, Dana. Und ich möchte nicht das Gefühl haben, dass ich mich vor dir beschützen muss. Aber ich muss auch wissen, dass du mir erzählst, was mit dir los ist. Ich muss solche Sachen wissen wie...na ja, wie wenn du an Krebs stirbst, zum Beispiel."

Ich nehme an, dass es ein Zeichen von Fortschritt ist, dass wir beide darüber leise lachen. Trotzdem habe ich ziemliche Gewissensbisse. Völlige Offenheit scheint sein Wunsch für unsere Beziehung zu sein. Ich nehme an, dass es schon immer das war, was er wollte. Das ist es, was ich auch will, aber da gibt es noch eine Sache, bei der ich mich nicht durchringen kann, sie ihm zu erzählen. Nicht aus Angst davor, ihn zu verlieren oder irgendeiner Angst, aber aus dem Bedürfnis heraus, ihn zu beschützen.

Ihm zu erzählen, was zwischen mir und Mulder passiert ist, würde keinen anderen Zweck haben, als mein eigenes schlechtes Gewissen zu erleichtern. Es würde ihm so sehr weh tun, so tief schmerzen und es gibt keine Notwendigkeit dafür, dass er es wissen muss. Es gibt keinen Grund dafür, das was passiert ist auf unsere Beziehung Auswirkungen haben zu lassen. Das hat es nicht und das wird es nicht. Ich werde das nicht zulassen. Er wird niemals erfahren, wie ich es geschafft habe, diese Tür in meinem Leben zu schließen.

Er schlingt seinen Arm um meine Schultern und zieht mich in eine Umarmung.

"Ich bin einfach froh, dass es dir gut geht," flüstert er und küsst meinen Kopf. "Es geht dir gut? Ehrlich?"

"Ja, es geht in die Richtung."

"Du wirst es mir sagen, wenn es nicht so ist?"

"Ja. Ich verspreche es. Es tut mir Leid, Alex. So Leid."

"Mir auch. Alles..."

"Das muss es nicht. Bitte."

Ich fange an mir zu wünschen, er würde endlich aufhören, sich zu entschuldigen. Ich verstehe, dass es ihm Leid tut. Er versteht, dass es mir Leid tut. Wir sind zwei bedauernde Individuen. Das sollte das Ende der Unterhaltung sein.

Aber wieder schafft er es, meine Gedanken zu lesen und ein Thema hervorzuholen, über das zu reden ich mich immer noch fürchte.

"Also...in diesem Brief hast du, äh, du hast etwas gesagt über äh...über nicht wirklich...äh," er hebt das Blatt wieder von dort auf, wo er es auf den Nachttisch gelegt hatte und fängt an, laut vorzulesen.

"Ich dachte, wir würden uns streiten, nachdem du mich gefunden hast, als ich mit Mulder tanzte. Ich habe erwartet, dass du verletzt und wütend sein würdest und ich war darauf vorbereitet, damit umzugehen, zu versuchen, deine Ängste bezüglich dieser Situation zu beschwichtigen. Ich habe mich fast auf die Möglichkeit gefreut, es auszudiskutieren. Vielleicht wäre ich mir meiner Gefühle dir gegenüber klarer geworden, wenn ich gezwungen gewesen wäre, sie dir zu erklären."

Ich nicke nur und weiß sehr gut, worauf er damit hinauswill und fürchte das Minenfeld, durch das wir gehen werden.

"Also, hast du...hast du dazu irgendwas zu sagen?" fragt er und legt den Brief wieder zurück auf den Nachttisch. "Willst du es ausdiskutieren, Dana?"

"Ich...habe nicht...ich war...ich denke, ich denke, dass ich mir über meine Gefühle jetzt sehr viel mehr im Klaren bin, als ich es war, als ich den Brief geschrieben habe."

"Und die sind?"

"Die sind dass...dass ich mit dir zusammensein will. Dass ich nur glücklich und wirklich ich selbst bin, wenn ich mit dir zusammen bin. Du lässt mich .... alles fühlen. Durch dich fühle ich mich lebendig, Alex. Ich wäre nirgendwo auf der Welt lieber als hier, bei dir. Nichts könnte das jemals ändern."

Er seufzt schwer, was entweder ein Zeichen für Erleichterung oder Gereiztheit ist. Bin ich dem Thema in seinen Augen jetzt ausgewichen?

Nein, es ist Erleichterung. Er drückt mich fest an sich und sagt, "Das ist alles, was ich wissen muss."

Ja, ja das ist es.

Wir halten uns gegenseitig lange Zeit und irgendwann scheint er eingeschlafen zu sein. Gott weiß, dass er eine gute Nacht voll Schlaf gebrauchen kann. Gerade als ich das Gefühl habe, ich könnte selbst eindösen, beginnt er wieder zu sprechen.

"Ich muss dir etwas erzählen, Dana. Etwas...ziemlich schlimmes."

Aus irgendeinem Grund ist das erste, was mir in den Kopf schießt, dass er mit Marita geschlafen hat. Der Drang mich zu übergeben, sofort gefolgt von den Drang, jemanden umzubringen, den dieser Gedanke erzeugt, reicht aus, um mich davon zu überzeugen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe, ihm nichts von Mulder zu erzählen.

"Ich habe etwas...schlimmes getan. Einfach, schlimm."

Bitte, lieber Gott, wenn sich herausstellt, dass dies hier ist was es ist, dann lass mich nicht zu einer heuchlerischen, psychotischen Schlampe werden. Bitte?

"Möchtest du mir davon erzählen?"

Ich fahre mit meiner Hand über sein Gesicht gerade als er herausplatzt, "Ich habe sie umgebracht."

Sollte ich darüber besorgt sein, dass ich erleichtert bin? Wahrscheinlich. Aber ich bin es. Es spielt noch nicht mal eine Rolle, von wem er spricht.

"Wen umgebracht?"

"Marita."

Oh ja, sehr erleichtert, tatsächlich. Verdreht. Aber ich habe plötzlich wieder in einer neuen Hinsicht Angst. Was könnte ihn dazu getrieben haben?

"Warum, Alex? Was hat sie getan?"

"Sie ...sie muss für jemand anderen gearbeitet haben. Ich weiß noch nicht einmal für wen. Vielleicht nur für sich selbst. Vielleicht für den rauchenden Bastard, ich weiß es nicht. Aber ich hatte es. Wir hatten es und warf es auf den Boden, warf es einfach weg. Sie wollte es noch nicht einmal. Gott, ich weiß nicht, was zur Hölle sie wollte."

"Hatte was? Die Waffe?"

"Ja. Die Waffe. Das einzige, weswegen sich diese ganze Sache gelohnt haben könnte."

Ich wusste, dass so etwas passieren würde, wenn er ihr wieder vertrauen würde. Ich wusste es in meinem tiefsten Inneren. Und wieder habe ich es ihm nicht gesagt. Ich habe es nicht klar gemacht. Ich habe ihn nicht aufgehalten. Nicht, dass ich das gekonnt hätte, aber ‚Das habe ich dir gesagt' ist hier noch nicht mal eine Option. Ich habe es nicht. Und es wird mir endlich klar, was für ein schrecklicher Fehler das war. Es wird mir endlich klar, dass die Dinge, die zwischen uns passieren, Auswirkungen haben, die weit darüber hinausreichen, in wessen Bett ich schlafe und ob meine Haare kurz sind oder nicht.

Und ich bin so froh, dass wir diese kleine Chance haben, das alles zu besprechen, bevor wir rausgehen und all den anderen gegenübertreten müssen. Bevor hier wirklich alles dem Bach runtergeht. Wir müssen zusammen sein. Wirklich, wirklich zusammen, wenn wir das durchstehen wollen.

"Ich musste sie aber nicht töten, Dana. Es war keine Notwehr. Es war einfach...einfach Mord."

"Aber Alex, wenn sie das getan hat, hätte sie vielleicht noch mehr getan..."

"Nicht. Versuche es nicht zu rechtfertigen. Ich habe über nichts dergleichen nachgedacht, als ich es getan habe. Ich habe überhaupt nicht gedacht. Ich wollte einfach, dass sie stirbt."

"Alex..."

"Erkennst du das, Dana? Erkennst du, was für ein Mensch ich bin? Wie ich im Inneren bin? Wozu ich werde, wenn ich nicht bei dir bin..."

Sein Atem stockt in seiner Brust und ich streiche mit meiner Hand über ihn, versuche, ihn zu beruhigen.

"Nein, Alex, das ist nicht...nicht, wer du bist. Du hast dich selbst deswegen schon schlecht gefühlt, richtig? Sonst hättest du es mir gar nicht erst erzählt."

"Ich habe mich schlecht gefühlt, weil ich wusste, dass ich dich enttäuschen würde. Weil ich wusste, dass ich mich in jemanden zurückverwandelt hatte, den du hassen würdest."

"Aber das ist es, was ich versuche zu sagen, Alex. Du hast dich nicht zurückverwandelt. Vielleicht hast du es versucht. Vielleicht wolltest du in die Vergangenheit zurückkehren, zu dem Menschen, der du früher mal warst. Weil du Angst hattest, vor dem Menschen, der du geworden bist, vor den Gefühlen, die du hattest und wie sehr sie dir wehgetan haben. Du hast versucht zu werden, was du früher warst. Aber es hat nicht funktioniert, richtig? Weil du das nicht mehr bist. Egal was du getan hast, die Tatsache, dass es dir Leid tut, dass du die Frage überhaupt in Erwägung ziehst, ob es das richtige war, was du getan hast, zeigt, wie sehr du dich geändert hast."

Er starrt mich einfach eine Minute lang an, wobei er sich wahrscheinlich fragt, woher dieser Ausbruch von Einsicht plötzlich kommt. Aber seine Augen sagen mir, dass ich Recht habe. Wir haben etwas sehr ähnliches durchgemacht, wir beide.

"Aber...ich habe es getan. Macht dir das nicht Angst? Fragst du dich da nicht..."

"Schh. Ich liebe dich, Alex. I liebe dich. Alex...I liebe dich."

Er sieht so schockiert aus, so erschrocken und verwirrt, dass ich weinen könnte. Hat er das nicht gewusst? Nein, wie hätte er das? Mein Gott, könnte ich noch dämlicher sein?

Dann lächelt er. Seine Augen werden feucht und er sieht so unglaublich glücklich aus, dass ich mich in den Hintern treten könnte, dafür, dass ich es nicht schon eher gesagt habe. Dass ich es nicht gesagt habe, als ich es das erste Mal fühlte, vor all den Jahren.

"Ich liebe dich," sage ich ihm wieder und dann noch mal. Ich werde es die ganze Nacht lang sagen, wenn es all die Gelegenheiten wieder gut macht, an dem ich es hätte sagen sollen und das nicht getan habe.

"Ich wusste...ich wusste, dass sie dich entführen würden," krächzt er mit tränenerstickter Stimme und es wird mir bewusst, dass dies das erste Mal ist, dass ich ihn weinen sehe. Wirklich, richtig weinen. Und es wird mir auch bewusst, dass was auch immer er mir jetzt sagt keine Rolle spielt. Ich habe keine Angst mehr davor, es zu hören.

"Ich habe ihnen geholfen. Ich habe dafür gesorgt, dass Mulder dich nicht rechtzeitig erreicht. Der Chip, Emily, der Krebs ... all das. Ich hätte all das verhindern können."

Natürlich überbewertet er seine Rolle im gesamten System. Ich habe keinen Zweifel daran, dass all diese Dinge passiert wären, ob er überhaupt geboren gewesen wäre oder nicht. Aber er fühlt sich natürlich verantwortlich. Mitschuldig. Und das war er. Ich küsse ihn auf die Wange, die tränennass ist.

"Ich liebe dich, Alex."

"Und deine Schwester. Ich war auch dort. Ich hätte das aufhalten können. Und es hättest du sein sollen. Ich hätte ihm helfen sollen, dich zu töten. Und das hätten wir getan. Wenn du diejenige gewesen wärst, die durch diese Tür gekommen wäre, hätte er dich erschossen und ich hätte ihn das tun lassen."

Mein Gott, ich hatte so lange Angst, das zu hören. Nicht, weil ich nicht glauben könnte, dass es wahr ist, sondern weil ich tief in meinem Herzen gewusst habe, dass es wahr ist und ich Angst hatte, dass ich ihm nicht vergeben könnte, wenn er mir das erzählt. Dass ich ihn nicht so lieben könnte, wie ich es tue.

Was ich bis zu diesem Moment unfähig war zu bemerken, ist, dass ich ihm das schon vor langer, langer Zeit vergeben habe. Ich denke ich habe ihm das an dem Tag vergeben, als er die Klinge aus meiner Hand zog und mich davon abhielt, mir meinen eigenen Pulsadern aufzuschneiden.

Ich muss keine Angst mehr davor haben, wer er ist oder wer er war. Ich liebe ihn ohne Wenn und Aber und wahrscheinlich das erste Mal in meinem Leben lasse ich dieses Gefühl auch zu. Ich öffne mich selbst der Freiheit der bedingungslosen Liebe.

"Ich liebe dich," murmle ich in seine Brust.

"Ich habe Mulders Vater umgebracht. Ich habe... ich habe so viele Menschen umgebracht."

"Ich weiß. Ich liebe dich. Liebe dich."

Ich küsse ihn diesmal auf die Lippen. Sein Mund ist weich und nachgiebig. Sein Körper zittert. Tränen fließen aus seinen Augen über seine Nase und in unsere Münder.

"Es tut mir so Leid, Dana. Es ..."

"Ich weiß. Ich weiß. Ich vergebe dir, Alex. Ich liebe dich."

"Ich weiß, dass du denkst ich bin mutig und stark, aber das bin ich nicht. Ich war es nicht. Ich hatte Angst. Ich habe immer Angst..."

"Das ist mir egal. Ich habe auch Angst. Und du bist jetzt in meinen Augen stark, Alex. Stärker, als ich dich je gesehen habe."

"Da gibt es noch andere Sachen..."

"Willst du es mir erzählen?"

"Ich möchte dir alles erzählen, aber..."

"Nichts könnte mich davon abbringen, dich zu lieben, Alex. Nichts."

Und das ist wahr. Ich habe fürchte mich vor nichts von dem, was er mir erzählen könnte. Ich weiß, dass er diese Dinge schon seit einer ganzen Zeit erzählen wollte. Also lasse ich ihn, obwohl es für mich jetzt keinen Unterschied mehr macht. Ich kuschle mich auf ihn und höre der Litanei von Missetaten zu, endlos und betäubend und irgendwann schlafe ich in seinen Armen ein, der Klang seiner Stimme wiegt mich in eine friedliche Traumwelt.

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Ich habe mich heute morgen wieder übergeben.

Das macht dann drei Mal in der letzten Woche. Ich erinnere mich daran, dass ich mich während der ersten Behandlung gegen den Krebs, vor drei Wochen, schlecht gefühlt habe. Eine Nebenwirkung der Behandlung, die nach ein paar Tagen verschwunden war. Als diese neue Anfall anfing, dachte ich erst, dass es die gleiche Nebenwirkung sei. Ich war nervös wegen all der Injektionen, die wir in letzter Zeit im Labor ausgeteilt haben. Würde es jedem so schlecht gehen wie mir?

Allerdings glaube ich nicht, dass ich mir darüber Sorgen machen muss, soweit es das betrifft.

Nachdem diese ‚Nebenwirkungen' wieder aufgetreten sind, habe ich eine Reihe von Untersuchungen an mir durchgeführt. An meinem Blut, meiner DNA, an allem. Dabei habe ich etwas sehr merkwürdiges festgestellt. Es scheint so, als hätte das Serum einige unerwartete Ereignisse in meinem Körper ausgelöst. Am wichtigsten und am unerklärlichsten, scheint es die Regeneration einiger meiner Eizellen bewirkt zu haben. Es hat mich wieder fruchtbar gemacht.

Diese Neuigkeiten werde ich der Gruppe mitteilen. Es liegt sicher Hoffnung darin. Wir haben nicht sehr viele Kinder hier. Diejenigen, die bei uns sind, waren, mit ein oder zwei Ausnahmen, schon vor der Invasion am Leben. Keine der früheren Sklavinnen oder Klone war bis jetzt in der Lage, schwanger zu werden. Wir sind eine sterbende Gesellschaft. Genauso, wie sie es gewollt haben.

Aber jetzt, wenn diese Behandlung auf die anderen so wirkt, wie auf mich, könnten wir ein Heilmittel sowohl gegen die Unfruchtbarkeit als auch gegen den Krebs haben. Wir könnten neue Hoffnung für die Menschheit haben.

Unglücklicherweise hat das, was für den Rest der Gruppe gut ist, das Potential, mich auf einem sehr persönlichen Niveau zu vernichten. Deswegen habe ich das Thema vielleicht vermieden, habe mich geweigert, die Möglichkeit anzuerkennen, selbst in meinem eigenen Kopf. Aber Tatsache ist, ich habe jede andere Möglichkeit ausgeschlossen. Es gibt noch einen Test den ich machen muss.

Wir haben heute Nachmittag ein Gruppenmeeting. Alex ist seit fast zwei Wochen zurück und die Kunde von dem, was passiert ist, ist zu jedem durchgedrungen.

Die Leute sind nicht glücklich über ihn. Die Leute sind nicht glücklich. Ich kann die Unzufriedenheit jedes Mal spüren, wenn ich mich an einem öffentlichen Ort aufhalte. Ich höre, wie sie in der Cafeteria reden. Ich sehe sie die Stirn runzeln, wenn wir vorbeigehen. Es wird Zeit, sich damit auseinander zusetzen.

Es wird Zeit, sich mit einer Menge Dinge auseinander zusetzen.

Wir waren glücklich, Alex und ich. Wir haben in unserer kleinen Blase gelebt und gewartet, bis sie platzt. In dem Wissen, dass sie es früher oder später tun würde.

Ich dachte, dass wir, wenn wir diesen Punkt erreichen, wenn es Zeit ist, die Truppe wieder neu aufzustellen und unsere taumelnde Gemeinschaft wieder auf Kurs zu bringen, zusammen wären. Und das sind wir. Bis jetzt.

Wir werden für dieses Meeting zusammensein, weil ich ihm nichts davon erzählen werde, bis es vorbei ist. Bis wir uns den Wölfen zum Fraß vorgeworfen haben.

Ich werde es ihm aber trotzdem erzählen müssen. Wenn sich herausstellt, dass dieser Test positiv ist, wovon ich mittlerweile fast überzeugt bin, werde ich ihm früher oder später erzählen müssen, dass ich schwanger bin. Ich werde ihm erzählen müssen, dass es sehr gut möglich ist, dass er nicht der Vater ist.

Und ich weiß nicht, was wir dann deswegen tun werden. Ich habe keine Ahnung.

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Ende Kapitel 18

Ende Zweiter Band

 

Autorenbemerkung: Wow. Ihr habt es geschafft. Gratulation und danke für das lesen dieses ganzen verdammten Dings. Es wird einen Dritten Band geben, aber ich bin mir nicht sicher, wann das erste Kapitel fertig sein wird. Hoffentlich in ein paar Wochen.

Speziellen riesengroßen Dank an mein tapferes und herzliches Team von Betalesern. Laura, Cynthia, Alanna und Spicedrum haben alle mehr zu dieser Story beigetragen, als ich sagen könnte. Ihr Unterstützung war eine endlose Quelle der Inspiration für mich. Ich möchte auch jedem auf RATales dafür danken, dass ich das an ihnen austesten konnte, bevor ich es öffentlich gepostet habe.

Bemerkung des Übersetzers:

Natürlich hat Rachel schon weitergeschrieben (bis jetzt bis Kapitel 9) und ich werde diese Kapitel asap übersetzen, wenn ihr mir sagt, ob es euch interessiert, wie es weitergeht.

Und natürlich habe ich auch Danke zu sagen, nämlich an meine unermüdliche Betaleserin ClaudiaQueequeg. Was wäre ich ohne dich!