MERRY CHRISTMAS, SCULLY
von Stephanie Kaiser ( scully@galenlink.com )

 

aus dem Englischen übersetzt von Sylvia < aktex_sm@hotmail.com >

Klassifikation: R

Rating: R

Spoiler: ja, bis einschließlich Redux II

Schlüsselwörter: Mulder/Scully Romanze

Zusammenfassung: Mulder und Scully tauschen Geschenke aus, träumen und lieben dieses Weihnachten.

Disclaimer: So sehr ich es auch wünschte, ich hätte einen Anteil an der Schöpfung der X-Akten, die Rechte gehören alle Chris Carter, 1013 Productions und FOX Entertainment. Ich glaube jedoch, dass Mulder und Scully David und Gillian gehören, ohne die es Worte gäbe, aber keine Seele.  Mich zu verklagen wäre nicht gut, denn ich hätte im Gefängnis noch mehr Zeit zum Schreiben.

Autorenanmerkung: Wenn ihr nach einem Märchen aus Abenteuer und Angst Ausschau haltet, werdet ihr es hier immer noch nicht finden. Wenn ihr nach einer süßen Weihnachtsromanze sucht, dann lehnt euch zurück, entspannt euch und lasst mich eine Geschichte erzählen. Jeglicher Kommentar kann gesendet werden an: scully@galenalink.com

 

* * *

 

 

Merry Christmas, Scully

 

* * *

 

 

"Es tut mir wirklich leid, Scully." Mulder löste seinen Blick einen Augenblick von der Straße und sah seine Partnerin an. Er wusste, dass sie enttäuscht war - sie hatte die meiste Zeit der Fahrt geschwiegen.

"Es ist nicht deine Schuld, Mulder," beruhigte sie ihn, leiser als üblich.

"Ich weiß, wie gern du Weihnachten mit deiner Familie bei deinen Tanten in San Diego verbringen wolltest."

"Mulder," seufzte sie. "Es ist nicht deine Schuld, dass unser letzter Fall es mit sich brachte, dass ich meinen Flug verpasst habe. Es ist auch nicht deine Schuld, dass der nächste Flug, den ich bekommen konnte, erst einen Tag nach Weihnachten geht. Es ist eine geschäftige Zeit im Jahr. Ich weiß es zu schätzen, dass du versucht hast, die Fluggesellschaft davon zu überzeugen, dass es um dringende Regierungsgeschäfte ging."

"Zu schade, dass es nicht funktioniert hat." Er blickte finster drein. "Ich wünschte, du hättest es mir überlassen, den Fall aufzuklären und hättest deinen Flug genommen."

"Dich dir selbst überlassen? Das ist jetzt seltsam." Ein Lächeln drohte auf ihrem Gesicht aufzutauchen, als er ihr einen nicht gerade amüsierten Blick zuwarf. "Du brauchtest meine Hilfe."

"Immer," versicherte er ihr. Ohne den Blick von der Straße zu nehmen, suchte er ihre Hand und drückte sie zart. Er verschränkte seine Finger mit ihren und ließ ihre vereinten Hände zwischen ihnen auf dem Sitz. Stumm freute er sich, als sie sie nicht wegzog.

Mulder war so nahe daran gewesen, sie zu verlieren. Sie war ihm beinahe entglitten. In jener Nacht in der Dunkelheit ihres Krankenhauszimmers, als er in Agonie weinte, schwor er sich, dass er die Mauern, die sie zwischen sich aufgebaut hatten, einreißen würde, wenn sie überlebte. Er strich mit seinem Daumen über ihre Handfläche. Ziegel für Ziegel fielen die Mauern zusammen.

Scully war überrascht, mit welcher Leichtigkeit sie mit Mulders Berührung umging. Wie sehr sie sich danach gesehnt hatte. Mulder war immer ein körperlicher Typ gewesen. Er brauchte es, sich mit ihr verbunden zu fühlen.  Seine Hand auf ihrem Rücken, während sie gingen. Sein Arm um ihre Schultern, um sie enger an sich zu ziehen, wenn niemand etwas von ihrer Unterhaltung mitbekommen sollte. Seine Hand in ihrer, wenn er derjenige war, der Trost brauchte. Da waren unsichtbare Grenzen, die sie nie überschritten hatten. Da waren unausgesprochene Regeln, die sie nie gebrochen hatten.

Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus vor über einem Monat schien Mulder entschlossen, alle Grenzen zu überschreiten und alle Regeln zu brechen.

Ihr Aufenthalt im Krankenhaus hatte sie beide verändert. Als sie das erste Mal nach Hause kam, hatte sie ein bestimmtes Maß an Über-Fürsorge von ihm erwartet. Er hatte sie nicht enttäuscht.

Mulder hatte schon immer Tendenzen zur Über-Fürsorge gezeigt. Aber diesmal war es anders. Diesmal rief er jede Stunde an, nur um sich zu melden und zu fragen, wie es ihr ging. Diesmal küßte er sie auf die Wange, wann immer er Guten Tag oder Auf Wiedersehen sagte. Diesmal ließ er seine Hand auf ihrem Arm oder ihrer Hand für eine lange Zeit liegen, nur um sich ihr nahe zu fühlen, so wie er es jetzt tat. Diesmal ermutigte sie ihn in seinem Bedürfnis, ihr nahe zu sein. Nicht im Büro, selbstverständlich. Er war immer noch sehr professionell bei der Arbeit, aber auch das war anders. Die Veränderung dort war subtil, schon beinahe entnervend. Die Regeln, denen sie folgten, hatten immer ihre Beziehung definiert.

Nun, als sie zusammen reisten, lagen die Regeln, die ihre emotionalen und physischen Grenzen bestimmten, auf einem Schutthaufen irgendwo weit hinter ihnen. Sie fand einfach Freude in der Wärme seiner Hand auf ihrer.

"Scully?"

"Hmmm...?"

"Du hast mich eine Minute allein gelassen. Wo warst du?"

Diesmal war es Scully, die ihre Finger enger um seine schloss.

"Ich war nirgendwo. Ich bin hier bei dir."

"Bist du in Ordnung?"

Mulder löste seine Augen von der Straße und hielt für einen kurzen Moment ihren Blick fest. Sie nickte.

"Du hast mir nicht gesagt, wohin wir fahren. Wohin schickt uns Skinner mit so einer kurzen Mitteilung?"

"Es ist ein Botengang, wirklich. Wir sind fast da."

"Das kommt nicht von Skinners Büro, nicht wahr, Mulder?" Sie sah ihn misstrauisch an, spürte sowohl Ärger als auch Erwartung in sich.

"Gib mir noch fünf Minuten. Dann wird sich alles aufklären."

"Versprich mir, dass ich meinen Flug bekomme."

"Scully," lachte er. "Dein Flug geht nicht vor übermorgen. Und nebenbei, deswegen habe ich dir gesagt, dass du alles, was du nach San Diego mitnehmen möchtest, mitbringen sollst. Nur für den Fall."

"Mulder." In ihrer Stimme klang ein Hauch von Drohung mit.

"Ich verspreche es," beharrte er.

Mulder lächelte über ihr Misstrauen. Tatsächlich war er überrascht, dass sie ohne Fragen soweit gekommen waren. Er wollte sie nicht täuschen, aber er wollte auch nicht die Überraschung verderben.

Der Privatweg, auf den er gewartet hatte, kam in Sicht. Mulder spürte ihre fragenden Augen auf sich, als er die Fahrt verlangsamte und abbog. Der Wagen folgte dem Weg, der sich durch dichtstehende Bäume schlängelte. Er lächelte, als er sie rasch einatmen hörte, als die Hütte in Sicht kam.

Das kleine Haus lag eingebettet zwischen Kiefern, die es auf drei Seiten schützend einschlossen. Es hatte zwei Stockwerke und sah aus wie etwas, das Scully daran erinnerte, was sie als Kind in einem Märchenbuch gesehen hatte. Kieferngebinde mit ein paar dekorativen weißen Lichtern hingen am Balkon im zweiten Stock. Die Lichter leuchteten hell gegen den dunklen Himmel. Ein Kranz mit einem roten Band schmückte die Eingangstür und hieß sie willkommen. Der Schnee, der in den letzten Stunden gefallen war, bedeckte die Hütte und die Kiefern und schuf seinen eigenen Feiertagsglanz.

Mulder hielt den Wagen vor dem Haus an und stellte den Motor ab. Scully drehte sich zu ihm, ihre Augen leuchteten voller Staunen.

"Das ist verblüffend. Wer wohnt hier?"

"Möchtest Du hinein gehen?"

Sie nickte, stieg schnell aus dem Auto und eilte die Stufen hinauf. Ihre Finger glitten leicht über das Samtband des Kranzes. Sich zur Dekoration beugend, atmete sie den vollen Kiefernduft tief ein.

"Geh weiter," hörte sie Mulders Stimme hinter sich. "Mach die Tür auf und geh hinein."

"Wir können nicht einfach in irgend jemandes Haus gehen," widersprach sie und wandte ihm ihr Gesicht zu. Sie platzte beinahe vor Neugier und dennoch sah Mulder, wie sie zögerte. Er ging zu ihr, legte ihr beide Hände auf die Hüften und zog sie nahe zu sich.

"Frohe Weihnachten, Scully," flüsterte er ihr mit einer sanften, leisen Stimme ins Ohr, bevor er ihre Wange zärtlich mit seinen Lippen liebkoste.  Er hielt sie für einen kurzen Augenblick an sich, bevor er sie umdrehte.

Scully spürte seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht, als sie sah, was sie in der Hütte erwartete. Das Haus selbst war vollkommen offen. Ein großer Raum bildete das Erdgeschoss, mit Bereichen, die die Küche, das Esszimmer und den Salon kennzeichneten. Eine offene Treppe zu ihrer Linken führte in den zweiten Stock zu einem teilweise loftartigen Bereich, der ebenfalls offen war. Von dort, wo sie stand, konnte sie kaum die Spitze des Himmelbettes im Hauptschlafraum dort oben sehen.

Es war nicht das Design des Hauses, das sie zum Lächeln brachte. Es war das Aufgebot an majestätischer Weihnachtsdekoration, die jede Festtagsphantasie eines Kindes erfüllt hätte, das Scullys Herz füllte. Mistelzweige und Stechpalmenzweige waren auf dem Sims des angezündeten Kamins ausgebreitet, an dem zwei Socken hingen und warteten. Ein komplettes Winterdorf mit Lichtern und Schlittschuhläufern auf einem zugefrorenen Teich stand auf dem Kaffeetisch zwischen Couch und Kamin. Körbe mit Kiefernzapfen und Wolfsmilchpflanzen waren in der ganzen Hütte verteilt. Das einzige Licht in dem Raum kam vom Feuer im Kamin, ein paar brennenden Kerzen auf dem Kaminssims und auf dem Esstisch und den bunten Lichtern an einem Weihnachtsbaum.

Der Baum war beeindruckend und Scully fand sich in ihm ertrinkend. Er stand in der entferntesten Ecke des Raumes, an derselben Wand wie der Kamin, aber in sicherem Abstand. Scully ging auf ihn zu und betrachtete ihn mit Erstaunen. Sie vermutete, dass er ungefähr drei Meter hoch war, höchstens einen halben Meter unter der Decke. Bunte Lichter, glänzende Glaskugeln, Lametta, Krepppapierbänder und antike hölzerne Ornamente hingen an seinen Zweigen. Ein himmlischer reich verzierter Engel mit langen roten Locken und einem seidigen burgunderfarbenen Kleid saß auf der Spitze.

Die Lichter am Baum begannen zu verschwimmen, als sich ihre Augen mit warmen Tränen füllten. Erkenntnis begann in ihr zu dämmern. Sie drehte sich wieder zu Mulder um, der herein gekommen war und die Tür geschlossen hatte.

"Hast du das getan?" fragte sie leise, ihrer Stimme nicht völlig vertrauend.

Mulder trat aus dem Schatten ins Licht des Feuers und nickte.

"Ich weiß, wie perfekt du es dieses Weihnachten haben wolltest. Du hast deine Wohnung nicht geschmückt, weil du geplant hattest, über die Feiertage zu verreisen. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass du heute und morgen allein zu Hause sitzt und nicht einmal einen Baum hast."

Die Tränen, die Augenblicke vorher zu fallen drohten, liefen nun über ihr Gesicht. Entschlossen ging sie zu ihm herüber und legte ihre Arme eng um seine Taille. Sie presste ihre Wange an seine Brust und atmete den männlichen Duft ein, von dem sie wusste, dass er nur zu ihm gehörte. Ihre Arme glitten unter sein Jackett und kneteten die festen Muskeln an seinem Rücken. Seine Arme legten sich um sie und sie spürte sein Kinn zart auf ihrem Kopf.

Sie hielten einander, bewegungslos, für einige Momente.

"Ist es das, was du dir vorgestellt hast?" flüsterte er.

"Was ich mir vorgestellt habe?" Sie trat zurück und sah ihm fragend in die Augen. Es gab Zeiten, da verlor sie sich in diesen Augen. Dies war so ein Moment.

Mulder griff in die Innentasche seines Jacketts und holte ein zusammengefaltetes glänzendes Inserat aus einem Magazin heraus. Sorgfältig entfaltete er das Papier und gab es ihr. Sie nahm es und studierte das Bild. Die Hütte, in der sie standen, war praktisch das Ebenbild von dem Foto auf der Seite.

"Mulder?"

"Ich sah, wie du es dir angesehen hast, vor ein paar Monaten im Flugzeug.  Du hast es den ganzen Flug lang angestarrt. Scully, da war so eine Traurigkeit in deinem Blick, als du es dir angesehen hast. So ein Verlangen. Du hast es auf dem Sitz liegen gelassen, nachdem wir gelandet waren und ich habe es mitgenommen. Als du deinen Flug verpasst hast, weil wir gearbeitet haben, wusste ich, dass ich das für dich tun musste."

Scully lächelte ihn zärtlich an, bevor sie sich auf die Couch vor den Kamin setzte. Sie zog ihren Mantel aus, lehnte sich zurück und schenkte dem Foto aus dem Magazin ihre ganze Aufmerksamkeit. Mulder zog still sein Jackett aus und setzte sich neben sie auf die Couch.

"Als ich das in dem Flugzeug sah..." begann sie, stockte dann aber. Sie sah auf und fand die Kraft, die sie brauchte, um fortzufahren, in seinen Augen.  "Als ich das sah, war ich dabei, zu sterben. Ich war mir nicht sicher, ob ich dieses Weihnachten noch am Leben sein würde. Zumindest glaubte ich, dass ich im Krankenhaus sein würde. Es war das erste Mal, Mulder. Das erste Mal, dass ich über die Krankheit als etwas nachdachte, das dabei war, mir meine Zukunft zu nehmen."

"Sie hat sie dir nicht genommen. Die Krankheit ist vorbei und es ist Weihnachtsabend und du bist hier. Wir sind beide hier, zusammen." Er streckte seine Hand aus und schob ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.

"Wann hattest du die Zeit, das alles hier zu tun? Wir sind erst gestern nach DC zurückgekommen."

"Ich konnte mir jemanden zur Hilfe mieten, aber wenn ich beim Essen einschlafe, nimm es nicht persönlich," scherzte er leichthin.

"Essen? War das der Anruf, den du gemacht hast, als wir fast hier waren?"

Mulder nickte.

"Ich wollte, dass alles perfekt ist, wenn wir hierher kommen. Ich brauchte jemanden, der das Feuer anzündete, die Kerzen und die Lichter am Baum. Und ja..." Sein patentiertes jungenhaftes Grinsen blitzte über sein Gesicht.  "... das Essen herrichtete. Sie haben mir versichert, wenn wir hier ankommen, könnte sogar ein trainierter Pavian das Essen fertig machen, ohne es zu verderben." Er stand auf und hielt ihr seine Hand hin. "Also möchtest du mit mir in die Küche gehen und ein bisschen herumalbern?"

Sie legte ihre Hand in seine und er zog sie von der Couch hoch.

"Ich werde es lieben."

 

Sie saßen sich am Tisch gegenüber. Das Kerzenlicht erleuchtete ihre Gesichtszüge. Ihr Verhalten entspannte sich, wurde gemütlich und war nun mit Intimität geladen. Leises Gelächter erfüllte den Raum.

"Mulder. Danke. Für heute Abend. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal so entspannt gefühlt habe."

"Es kann nur besser werden."

"Mehr Überraschungen?"

"Geschenke." Er lächelte und zwinkerte mit den Augen.

"Mulder." Scully streckte ihre Hand über den Tisch aus mit einem winzigen Hauch der ihr eigenen Unschlüssigkeit und legte ihre Hand über seine. "Du hast mir mein Leben zurückgegeben... und all das hier." Sie machte eine Gebärde, die den Raum umschloss. "Ich brauche kein weiteres Geschenk."

"Sie sind nicht von mir. Der Weihnachtsmann hat sie gebracht. Ich weiß, er wäre sehr enttäuscht, wenn du sie nicht aufmachen würdest."

Scully sah auf die beiden bunt eingewickelten Pakete unter dem Baum. Sie grinste mit der Erwartung eines Kindes am Weihnachtsmorgen.

"Ich würde es hassen, den Weihnachtsmann zu enttäuschen. Obwohl ich mir sicher bin, dass er Hilfe hatte beim Überbringen dieser Geschenke."

"Ich bin ein bisschen zu groß, um als Elfe bezeichnet zu werden, Scully.

Komm schon." Er stand auf und kam auf ihre Seite des Tisches.

"Jetzt?"

"Warum nicht?"

"Du schießt hier alle Traditionen in den Wind, nicht wahr?"

"Traditionen? Ich werde nicht hinausgehen in den Schnee und singen. Das ist es, wo ich die Grenze ziehe."

"Nein, nicht singen," lachte sie. "Jedes Jahr, als wir aufwuchsen, aßen wir am Weihnachtsabend und mussten erst das Geschirr spülen, bevor wir die Geschenke aufmachen durften." Sie stand auf und folgte ihm zum Baum. Mulder nahm eine der Decken von dem gepolsterten Stuhl neben dem Baum und breitete sie auf dem Boden aus. Sie setzten sich beide auf die Decke. "Hatte deine Familie keine Festtagsbräuche?"

"Wir haben nicht viele Festtage gefeiert, seit Samantha weg war. Im ersten Jahr war es zu schwer für Mom. Danach wurde es mehr zur Tradition, die Feiertage zu ignorieren."

"Es tut mir leid. Alles was du heute Abend getan hast, war so perfekt, ich wollte keine unangenehmen Erinnerungen wecken."

"Dafür ist der Abend heute da, Scully. Um neue Erinnerungen zu schaffen." Er beugte sich nach vorn und drückte seine Lippen auf ihre Stirn. Den Kontakt begrüßend, ließ sie ihre Hand über seinen Arm gleiten und umfasste sein Gesicht. Er löste sich von ihr und lächelte.

"Kann ich mein Geschenk jetzt aufmachen?"

Sehr zu ihrer Überraschung und Freude küßte er sie kurz auf die Nasenspitze. Hinter sich greifend nahm er das größere der beiden Geschenke und gab es ihr.

"Du bist unverbesserlich," neckte er sie.

"Danke. Kann ich es jetzt aufmachen?"

Er nickte und sie begann, vorsichtig das Papier von der Schachtel zu lösen.

Mulder beobachtete sie eine, wie es ihm schien, Ewigkeit.

"Ich dachte, du hättest es eilig?"

"Ich genieße es."

"Genieße es ein bisschen schneller, ja?"

Scully zog eine Augenbraue hoch, aber ihre gekräuselten Lippen konnten ihr Lächeln nicht verbergen. Sie riss das letzte Stückchen Papier von der Schachtel und legte sie vor sich auf den Boden. Vorsichtig hob sie den Deckel an. Überrascht sah sie Mulder an.

"Namensschilder?" Ihre Stimme klang verwirrt und ihre Augen waren voller Staunen.

"Dieses," sagte er und griff in die Schachtel und nahm ein flaches metallenes Namensschild heraus, auf dem DR. DANA SCULLY stand, "ist für die Tür zum Kellerbüro. Und dieses," er griff wieder in die Schachtel und holte ein größeres Namensschild heraus, zu dem ein Metallständer gehörte und auf dem dasselbe wie auf dem ersten stand, "das ist für deinen Schreibtisch."

"Mein Schreibtisch?"

"Das war der andere Grund, warum ich dich heute aus dem Büro heraus haben musste."

"Du hast mir einen Schreibtisch besorgt?" Trotz all ihrer Bemühungen kippte ihre Stimme vor Emotionen. "Da ist kein Platz für einen weiteren Schreibtisch in diesem Büro. Das hast du selbst gesagt."

"Das war falsch. Alles was wir brauchten, war ein paar kleine kreative Arrangements zu treffen und einen Archivschrank auf dem Flur. Dieses Büro... die X-Akten sind genauso sehr ein Teil von dir wie von mir. Dein Name gehört an die Tür und du verdienst deinen eigenen Schreibtisch in diesem Büro. Unserem Büro."

"Unser Büro?"

"Es ist schon seit langer Zeit unser Büro, Scully."

"Danke." Sie saß einen Moment still da und sammelte ihre Gedanken. "Ich weiß, dass ich jeden Tag in dieses Büro gehe, dass ich da hingehöre... mit dir. Nicht nur, weil ich dorthin zugeteilt wurde, sondern wegen der Arbeit, die wir dort tun... und wegen dir. Diese Namensschilder und der Schreibtisch zeigen mir, dass du auch glaubst, dass ich dorthin gehöre. Das ist das schönste Geschenk, das du mir machen konntest."

"Da ist noch ein Geschenk mit deinem Namen unter dem Baum." Seine Stimme war weich, sein Gesichtsausdruck eine Mischung aus Stolz darüber, das richtige Geschenk ausgesucht zu haben und Schuld, es ihr nicht schon vor langer Zeit gegeben zu haben.

"Mulder, du hast mir schon so viel gegeben," widersprach sie. "Was ist in dich gefahren?"

"Vielleicht ist es einfach nur das erste Weihnachten nach vielen Jahren, das ich feiern möchte. Ich entschädige mich für die verlorene Zeit. Mach einfach mit, Scully."

Scully lächelte, als er das kleinere Geschenk in ihre Hand legte. Sie löste das Band und das Geschenkpapier. Eine kleine weiße Schachtel kam zum Vorschein. Sie hob den Deckel an und fand eine graue Samtschmuckschachtel.

Voller Erwartung blickte sie kurz auf, dann hob sie langsam den Deckel an.  Auf einem Bett aus Satin lag der exquisiteste Ring, den sie jemals gesehen hatte. Sie nahm ihn heraus und untersuchte ihn genauer. Ein brillanter blauer Saphir saß zwischen kompliziert verwobenen Wirbeln aus Gold, aus dem der atemberaubende Reif war. Elegant von Hand gefertigt und sorgfältig im Detail.

"Es ist ein irischer Ring," erklärte Mulder. "Der Stein sollte eigentlich ein Smaragd sein, aber ich dachte, ein Saphir würde besser aussehen an dir.  Ich habe ihn speziell anfertigen lassen. Die Legende sagt, dass der Platz, an dem das Gold gefunden wurde, gesegnet ist. Sie sagt, dass wer immer auch den Ring trägt, einen Schutzengel hat und ihm kein Leid widerfahren kann." Er nahm ihr den Ring sanft aus der Hand und steckte ihn auf den Ringfinger ihrer rechten Hand. "Ich weiß, Scully, dass du nicht an Legenden und Mythen glaubst, aber ich fühle mich besser, wenn ich weiß, dass du nun deinen eigenen Schutzengel hast," flüsterte er und drückte seine Lippen in einem sanften Kuss auf die Hand, auf die er gerade den Ring geschoben hatte.

"Ich habe immer gedacht, dass mein eigener besonderer Schutzengel du warst."

"Es kann nie schaden, ein bisschen Rückendeckung zu haben," sagte er lächelnd.

Eine einzelne Träne rollte über ihr Gesicht und er streckte seine Hand aus, um sie von ihrer Wange zu wischen. Sie beugte sich zu ihm und hielt inne, als ihre Lippen nur eine Winzigkeit von seinen entfernt waren.

"Mulder," hauchte sie. "Wirst du mich jemals küssen?"

Scully hatte die Frage kaum gestellt, als sein Mund schon auf ihrem war. Es war nicht perfekt, es war viel, viel besser. Plötzlich lag sie in seinen Armen. Ihre Reaktion kam unverzüglich. Ihr ganzer Körper reagierte auf seinen Kuss und als seine Zunge gegen ihre stieß, machte sie es ihm nach und küßte ihn mit all der aufgestauten Leidenschaft in ihr.

Ein Kuss war nicht genug. Krampfhaft versucht, ihm so nahe wie möglich zu kommen, legte sie ihre Arme um seinen Hals. Ihre Finger griffen in sein Haar, während sein Mund ihren heimsuchte. Sie hatte so lange darauf gewartet. Sie hatten so lange gewartet. Ihre Sinne explodierten unter den neuen Gefühlen, so dass sie innehalten musste, aber nur für einen Moment.

"Warte." Atemlos löste sie sich von ihm und rutschte ein Stückchen weg. Sie war erschüttert durch den Schmerz, den sie in seinen Augen sah. Noch einmal lehnte sie sich kurz an ihn und kuschelte sich an seine Wange. "Ich habe ein Geschenk für dich."

"War es das nicht?"

"Nein, das war es nicht," erwiderte sie lachend. Sie glitt auf dem Bauch unter den Baum und griff nach hinten, um ein Geschenk hervorzuholen, das er nicht gesehen hatte. "Als ich hinaus ging, um meine Tasche zu holen, habe ich das hier aus dem Kofferraum genommen. Ich wollte es dir eigentlich geben, bevor ich gehe, aber ich möchte, dass du es jetzt aufmachst."

Behutsam nahm er ihr das Päckchen aus der Hand und studierte die Verpackung. Er sah ihr in die Augen und sie nickte ihm zu. Vorsichtig löste er das Band und schob das Papier zur Seite. Was er in seinen Händen hielt, war eine Fotografie. Das Bild in dem Rahmen trieb ihm die Tränen in die Augen und er sah Scully an. Sie glitt neben ihn und setzte sich so, dass sie das Bild so ansehen konnte wie er es tat. Eine Frau, ein Mann und zwei kleine Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Die Frau auf dem Bild war seine Schwester Samantha.

"Du hast sie gefunden?" Seine Stimme war voll von Emotionen, mit denen diese einfachen Worte beladen waren.

"Es war nicht einfach, aber mit der Beschreibung, die du mir gegeben hat und dem Wissen, dass sie eine Familie hat und sich nicht verborgen hält, waren wir in der Lage, sie zu finden. Ich hatte ein bisschen Hilfe. Die inoffiziellen Kanäle der Lone Gunmen waren sehr hilfreich. Das ist ihr Mann, er heißt Jack," sagte sie und zeigte auf das Foto, als sie fortfuhr.  "Ihre Tochter, deine Nichte, heißt Elisabeth und ihr Sohn, dein Neffe, ist nach dir benannt. Er heißt Fox."

Mulder blickte vom Foto auf und sie sah Tränen in seinen Augen schimmern.

"Armes Kind."

"Er mag ihn genauso wenig wie du. Er will, dass ihn alle bei seinem Nachnamen Elliot rufen. Nur seine Mutter darf ihn Fox nennen, nur Samantha.  Sie hat dich nicht vergessen, Mulder. In all den Jahren hat sie dich nie vergessen. Ich habe ihre Adresse für dich. Du kannst sie und ihre Familie besuchen."

"Sie will mich nicht sehen. Das hat sie mir in dem Restaurant klar gemacht." Seine Stimme war klein und zerbrechlich.

"Mulder, sie will dich sehen. Ich bin zu ihr gegangen. Ich habe ihr erzählt, wie sehr du sie gesucht hast. Wieviel sie dir bedeutet. Ich habe ihr gesagt, wie sehr du sie liebst und wie sehr du ein Teil ihres Lebens sein möchtest. Sie möchte dich sehen, unbedingt."

"Das hast du getan? Du bist zu ihr gegangen und hast sie gesehen?"

Scully nickte. Mulder sah sie an und in seinen Augen war Angst. "Wirst du mit mir gehen? Sie besuchen?"

"Wenn du es möchtest. Natürlich werde ich mit dir gehen."

Mulder nickte und dann riss er sie an sich. Er hielt sie so fest er konnte, ohne ihr weh zu tun. Sie streichelte sein Haar und seinen Rücken. Sie hielten sich aneinander fest. Jeder fürchtete sich, loszulassen. Scully war die erste, die sich bewegte. Sie glitt mit ihren Fingern durch sein volles, dunkles Haar, drückte seine Kopf enger an sich und drängte ihn, ihr auf den Boden zu folgen.

Seine Lippen suchten ihre. Er klebte an ihr, während er fortfuhr, sie zu probieren und zu verschlingen. Mulder konnte nicht genug von ihr bekommen.  Er rollte herum und bedeckte ihren Körper mit seinem. Sie war fest an ihn gepresst, aber das Gefühl, das er wollte, wurde geschwächt durch ihre Kleidung.

Mulder stöhnte frustriert und begann, sie auszuziehen, ohne seinen Mund von ihrem zu nehmen. Gott, aber sie schmeckte so gut. Er knöpfte ihre Bluse auf, zerrte sie aus ihrem Bund und dann schob er die Träger ihres Spitzen-BH über ihre Schultern. Seine Hand glitt unter den Stoff und begann, ihre Brust zu streicheln. Das Gefühl ihrer glatten Haut an seiner ließ ihn mehr und mehr die Kontrolle verlieren. Er war kaum noch in der Lage, zu denken.

Scully löste sich von ihm, ihr Atem ging schnell und flach. Sie setzte sich auf und spreizte ihre Beine über seine Hüften. Nach hinten greifend löste sie den Verschluss ihres BH und warf ihn auf den Boden. Über ihn gebeugt begann sie sein Hemd aufzuknöpfen und verteilte federleichte Küsse auf seiner Brust und auf seinem Bauch, als sie ihn von seiner Kleidung befreite. Sein Gürtel war als nächstes dran, gefolgt von all den anderen Stoffhindernissen. Dann setzte sie sich wieder auf ihn.

Fleisch an Fleisch. Die erste Berührung von ihm schoss durch sie hindurch, wie das erste Glas Wein, bevor sie sich warm durch ihren Körper verbreitete. Fleisch an Fleisch.

Scully kuschelte ihren Kopf an seine Brust. Seine warmen Lippen suchten ebenso warmes Fleisch. Sie stöhnte und drückte sich fester an ihn. Kein anderes Geräusch war notwendig. Worte würden vielleicht später gebraucht, aber nicht jetzt. Jetzt - jetzt wollte sie keine Worte, um diese unglaublichen, wundervollen Gefühle zu zerstören.

Mulder bewegte sich zart, so sanft wie sie, beinahe als ob er sich auch der Zerbrechlichkeit des Augenblicks bewusst war. Vorsichtig, äußerst langsam ließ er eine Hand zu ihrer Hüfte gleiten.

Das Gefühl der weichen Seide seines Haares unter ihren Fingern und seiner warmen Lippen auf ihrer Brust war nicht genug. Sie strich ihre Hand in sensiblen Mustern über seine Brust und dann an seinem Körper hinab und spürte seine glatten, festen Muskeln, als ihre Finger sich ganz langsam hinab bewegten.

Mulder glitt nach oben. Sein Mund fand den Puls an ihrem Hals und verhielt dort, bevor er sich weiter hinter ihr Ohr bewegte. Er hatte sie so lange gewollt. Sie zu wollen war so sehr ein Teil von ihm wie das Atmen. Ihre zarte Berührung beruhigte und entflammte ihn zugleich. Er legte seine Arme um sie und zog sie unter sich.

Ihr Körper sehnte sich nach ihm. Scully drehte sich unter ihm, aber er verwehrte ihr immer noch diese Berührung. Seine Lippen liebkosten ihre Augen, ihre Schläfen, ihre Wangen und schließlich ihre Lippen. Sie seufzte an seinem Mund, als er von ihrem Besitz ergriff und drückte ihre Finger in die Muskeln auf seinem Rücken, als ihr Kuss ewig währte - besitzergreifend, melancholisch, hungrig, gebend.

Mulders Hände und sein Mund bewegten sich mit köstlicher Gründlichkeit, als sie ihren Körper erforschten. Und ihre, so hungrig wie seine, lehnten es ab, seine Berührung und den Geschmack von ihm zu leugnen. Er gehörte ihr.  Und sie gehörte ihm.

Mulder überflutete ihre Sinne, bis sie nicht mehr in der Lage war, zu denken. Er meinte, er hätte sie gebeten, ihm zu sagen, wenn er irgend etwas tat, das sie nicht mochte und sie versuchte wirklich, ihm zu antworten, ihm zu sagen, dass nichts, was er tat, falsch sein konnte. Aber jedes Mal, wenn sie versuchte zu sprechen, tat er etwas noch Wundervolleres mit ihr und sie konnte nicht mehr als ein Seufzten oder Wimmern von sich geben.

Wenn er meinte, er müsste sie verrückt machen, so war er herrlich erfolgreich. Als er schließlich zu ihr kam, nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und vereinigte ihre Münder so wie er ihre Körper vereinigte.

Er kostete jedes Flüstern, jede Bewegung aus. Ihr Körper bebte, aber ihre Seele sang, als sie zusammen ihren Höhepunkt anstrebten und hinauszögerten und anstrebten und hinauszögerten. Als das Bedürfnis nach Erlösung schließlich kaum mehr zu ertragen war, trieb er ihre Befriedigung dadurch voran, dass er den Rhythmus verstärkte und sie fester griff.

Eine Ekstase, wie sie sie nie zuvor erlebt hatte, begann in ihr und wurde innerhalb eines Herzschlags zu einem explosiven Orgasmus. Sie klammerte sich an ihn, als die Welt in tausend leuchtende Sterne zerbrach. Zusammen erreichten sie das Wunder ihrer Vereinigung und fanden darin Schönheit und Glück.

Mulder brauchte ein paar Minuten , um wieder zu sich zu kommen. Er rollte herum, so dass sie wieder auf ihm lag, hielt sie fest in seinen Armen, kuschelte sich an ihren Hals und streichelte sie gemächlich.

"Bist du in Ordnung?" flüsterte er.

Scully antwortete ihm nicht, aber sie seufzte an seinem Ohr und er wusste, bevor er die Kraft fand, seinen Kopf anzuheben und in ihr Gesicht zu sehen, dass sie glücklich war. Ohne sie loszulassen, griff er nach der zweiten Decke auf dem Stuhl und deckte sie damit zu.

Mulder war mit sich zufrieden, zu wissen, dass er sie erschöpft hatte. Sie schlief an ihn geklammert ein, ihre Beine mit seinen verschlungen, ihr Gesicht an seinen Hals gekuschelt. Für diesen einmaligen Moment gehörte sie ihm völlig. Diese Frau, die er liebte. Er würde ihr morgen sagen, wie sehr er sie liebte, wenn sie gemeinsam am Weihnachtsmorgen erwachen würden, unter dem Baum liegend.

"Frohe Weihnachten, Scully," flüsterte er und küßte liebevoll ihre Schläfe, bevor er auch einschlief.

 

ENDE TEIL 1

 

 

 

 

Merry Christmas, Scully 2: Schneeengel machen (1/2)

von Stephanie Kaiser ( scully@galenalink.com )

 

Fortsetzung: Ja, das ist eine Fortsetzung von ‚Merry Christmas, Scully'.  Ihr könnt es wahrscheinlich lesen, ohne den ersten Teil gelesen zu haben, euch würden nur ein paar feinere Details fehlen, von dem was passiert ist.  Wenn ihr ‚Merry Christmas, Scully' benötigt, schickt mir eine Email und ich werde glücklich sein, euch die Story zu schicken.

Klassifikation: R (M(S) mit einer Prise A für Aroma

Rating: R

Spoiler: Ja, bis einschließlich ‚Detour'.

Schlüsselwörter: Mulder/Scully Romanze

Zusammenfassung: Mulder erinnert sich daran, wie er den Weihnachtstag mit Scully verbracht hat, als er gegen einen Schneesturm ankämpft, um zu ihr in die Hütte zurückzukommen und Schneeengel zu machen.  Disclaimer: So sehr ich es auch wünschte, ich hätte einen Anteil an der Schöpfung der X-Akten, die Rechte gehören alle Chris Carter, 1013 Productions und FOX Entertainment. Ich glaube jedoch, dass Mulder und Scully David und Gillian gehören, ohne die es Worte gäbe, aber keine Seele.  Mich zu verklagen wäre nicht gut, denn ich hätte im Gefängnis noch mehr Zeit zum Schreiben.

Autorenanmerkung: Wenn ihr nach einem Märchen aus Abenteuer und Angst Ausschau haltet, werdet ihr es hier immer noch nicht finden. Wenn ihr nach einer süßen Weihnachtsromanze sucht, dann lehnt euch zurück, entspannt euch und lasst mich eine Geschichte erzählen. Besonderen Dank an Melissa und Karen, die darauf bestanden haben, dass es eine Fortsetzung geben muss, um das Himmelbett zu benutzen ;) Jeglicher Kommentar kann gesendet werden an: scully@galenalink.com

 

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Merry Christmas, Scully 2: Schneeengel machen

 

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Der Schnee fiel vom Himmel und schuf - gemischt mit dem strengen Nordwind - eine Welt aus einer wirbelnden, verwirrenden, blendenden Weiße.

Fox Mulder bewegte sein Auto vorsichtig und ganz langsam dort entlang, wo er hoffte, dass es immer noch die Straße war. Er war sich nicht länger sicher, weil sie schon lange mit Schnee bedeckt worden war durch den Sturm, der um ihn herum tobte. Sein einziger Anhaltspunkt war, das Auto zwischen den beiden Reihen Telefonmasten zu halten, die rechts und links der Straße entlangliefen.

‚Ist das ganze Universum gegen mich?' fragte er sardonisch, jedoch niemanden im Speziellen, weil er allein im Wagen war. ‚Oder habt ihr euch alle abgewechselt und heute ist Jack Frosts Glückstag?'

Er blickte grimmig drein und packte das Lenkrad des Autos fester, als die Reifen für einen Moment die Bodenhaftung verloren. Der Motor jaulte kurz auf bevor das Auto wieder begann, vorwärts zu kriechen. Den Gedanken, an den Straßenrand zu fahren, wenigstens bis es aufhörte zu schneien, hatte er fortgewischt. Er wollte zu Scully - er musste zu Scully.

Es waren die längsten zehn Tage seines Lebens gewesen. Mulder hatte sein Leben allein verbracht, das war es, was er kannte, das war es, was er akzeptiert hatte. Er hatte sein ganzes Dasein, bis vor fünf Jahren, mit der Suche in einer selbstauferlegten Einsamkeit zugebracht. Mit der Suche nach seiner Schwester, nach der Wahrheit und, obwohl er es nie erkannt hatte, war er auf der Suche nach Scully gewesen.

Vor elf Tagen hatte er sie im Arm gehalten. Vor zehn Tagen hatte er sie zum Flughafen gefahren, ihr geholfen, ihn zu verlassen, darauf vertrauend, dass sie die Antworten, die sie in sich selbst suchte, finden und zu ihm zurückkommen würde. Scully kehrte immer zu ihm zurück.

In den letzten zehn Tagen hatte er in ihrem Büro gesessen, die Leere angestarrt und ihre Anwesenheit dort vermißt. In der Vergangenheit war die Arbeit sein Zuspruch gewesen, jetzt fand er nur Trost, wenn er mit ihr zusammen war. Ihre Stimme auf seinem Anrufbeantworter an diesem Nachmittag hatte seine Seele erwärmt.

"Mulder, ich bin es. Ich... äh... ich bin früher zurückgekommen. Ich habe gehofft, wir könnten uns treffen. Wir könnten... Schneeengel machen, wie beim letzten Mal, als du mich hergebracht hast."

Er lächelte, als er sich an den Klang ihrer Stimme erinnerte, die zögernde Scheu, die er aus ihren Worten gehört hatte. Die Erinnerung entflammte sein Verlangen, sie an sich zu spüren, und frustriert schlug er auf das Lenkrad ein. Die Reifen fuhren fort, den Schnee gegen den Gehweg zu schleudern, während sich das Auto allmählich vorwärts bewegte. Ein Straßenschild zu seiner Rechten ließ seine Laune ansteigen. Bis zur Hütte waren es noch fünfzehn Minuten - fünfzehn Minuten bis zu Scully. Fünfzehn Minuten davon entfernt, sie in den Armen zu halten.

Mit neuem Bewusstsein für das Ziel packte er das Lenkrad und erinnerte sich daran, wie es sich anfühlte, sie in den Armen zu halten, ihren Körper an seinem zu spüren.

Er erinnerte sich an das Gefühl ihrer Haut, glatt und warm an ihm, als sie sicher in seinen Armen zusammengerollt schlief. Stundenlang hatte er wachgelegen und sich der Einfachheit ihres warmen Atems an seinem Hals und dem Gefühl ihres Herzschlags im Rhythmus mit seinem ergeben.

Am Weihnachtsabend hatte er ihr sein Herz gegeben. In Wirklichkeit hatte sie sein Herz seit langer Zeit behutsam in ihren Händen gehalten, es geführt und beschützt so grimmig wie sie ihn führte und beschützte.

Am Weihnachtsmorgen war er das erste Mal aufgewacht mit ihr in seinen Armen. Diese Erinnerung hatte ihn warmgehalten während ihrer Abwesenheit.  Er war vom Schlaf in den Wachzustand gedriftet, bevor sie es getan hatte und er hatte ein großes Vergnügen darin gefunden, das Gewicht ihres Körpers an seinem zu spüren. Er hatte dem Schicksal gedankt, bevor er überhaupt die Augen geöffnet hatte. Seine Arme hatten sich enger um sie gelegt und sie hatte begonnen, sich zu rühren.

"Lass die Augen zu," flüsterte er sanft und dann lächelte er, als sie ihre Augen zwar geschlossen hielt, aber eine Augenbraue hochzog.

"Warum?" Ihre Stimme war halb betäubt durch den Schlaf, aber ihr Körper zeigte ihre Freude darüber, in seiner Umarmung zu erwachen, als sie ihn dadurch neckte, dass sie ihr Knie gemächlich an seinem Schenkel auf und ab wandern ließ.

"Scully..." brummte er in gespielter Warnung, nahm sie fester in die Arme und küßte sie auf den Kopf. "Du kannst die Augen nicht öffnen, bevor du eine Weihnachtswunsch gemacht hast."

"Einen Weihnachtswunsch?"

"Bevor man am Weihnachtsmorgen die Augen öffnet, hat man einen Wunsch frei."

"Wer sagt das?" forderte sie ihn heraus, ihre Augen immer noch geschlossen.

"Der Weihnachtsmann. Scully, das ist doch nicht schwierig, lass deine Augen zu und wünsch dir was."

"Mulder." Sie hob ihren Kopf, der auf seiner Brust geruht hatte, und schätzte, entsprechend ihrer zeitweiligen Unfähigkeit zu sehen, wo sein Gesicht war. "Du erkennst schon, dass es keine Person wie..."

Mulder brachte sie zum Schweigen, indem er ihre Lippen mit seinen verschloss.

Sein Kuss war berauschend und heftige Wellen von Verlangen fluteten ihre Sinne, brachten sie dazu, ihr Argument zu vergessen, was natürlich sowohl seine Absicht als auch sein Vergnügen war. Sie stöhnte protestierend, als sich seine Lippen von ihren lösten. Sein Gesicht blieb nahe an ihrem, die morgendlichen Stoppeln auf seiner Wange strichen rau über ihr Kinn, bevor er eifrig ihr Ohrläppchen in seinen Mund saugte. Scully atmete tief ein und kuschelte sich an ihn. Langsam erlaubte er dem zärtlichen Saugen das Feuer zu schüren, das tief in ihrem Bauch brannte, aber er hoffte, dass das dumpfe Grollen tief in seiner Kehle die brennende Hitze verursachte, die durch ihre Adern jagte.

"Shhh... ich will glauben," hauchte er. "Wünsch dir was, Scully."

Dieser Mann, wenn er diese Stimme benutzte... sie konnte ihm nichts abschlagen.

Mulder beobachtete, wie ihr Gesichtsausdruck einen Moment ernst wurde, bevor ein zufriedenes Lächeln ihr Gesicht erhellte und sie ihre Augen fest zusammenkniff, als sie ihren Wunsch formulierte. Sie öffnete ihre Augen und nun, da sie ihr Ziel sehen konnte, presste sie ihre Lippen auf seine. Ihre Zunge verspottete ihn, indem sie nur über seine Unterlippe strich. Als sich sein Mund öffnete, um sie hereinzulassen, zog sie sich zurück und überließ ihn seinem Verlangen.

"Das funktioniert nicht immer." Ihre Stimme war tadelnd, aber in ihren Augen tanzte Frohsinn.

"Dich zu küssen? Für mich funktioniert es." Er beugte sich nach vorn, um ihre Lippen wieder in Besitz zu nehmen, aber sie lehnte sich nach hinten aus seiner Reichweite heraus.

"Nein, mich zu küssen, um mich daran zu hindern, dir nicht zuzustimmen."

"Du kannst es einem Jungen nicht übel nehmen, dass er es probiert, Scully."

"Ich freue mich auf deinen Versuch, Mulder. Ich warne dich nur, dass es nicht immer funktioniert."

Er beugte sich zu ihr und diesmal trafen sich ihre Lippen und sie sonnte sich in den Gefühlen, die er ihr bescherte.

"Ich muss einfach nur üben, bis es immer funktioniert," murmelte er an ihren Lippen.

"Ich weiß nicht. Ich kann ganz schön stur sein, wenn ich will. Es wird eine Menge Übung brauchen."

"Ich glaube, ich nehme die Herausforderung an." Er lächelte und zog sie enger an sich. Die Decke, die sie eingehüllt hatte, verrutschte und überließ ihre Beine der kühlen Morgenluft. Sie schauderte.

"Es ist kalt hier drin."

"Das Feuer ist ausgegangen," stellte er einfach fest.

"So? Vielleicht solltest du aufstehen und es wieder anzünden."

"Scully, ich will nicht aufstehen. Es ist kalt hier drin," protestierte er mit einer Stimme, die an ein Winseln grenzte, während er sein Gesicht in ihr Haar kuschelte.

"Ich fange an zu glauben, dass ich einen defekten Indianerführer zum Partner habe," neckte sie ihn.

"Die Frau macht das Feuer," erwiderte er mit ernstem Gesichtsausdruck und benutzte gestelzte Worte. "Indianerführer richten den Hochofen her."

"Mulder!"

"Wenn du ein Feuer willst, dann bekommst du natürlich ein Feuer. Ich bin nur noch nicht soweit, dich loszulassen." Er schob sich unter sie und zog sie an sich, so dass die Wärme seines Körpers sie sanft einhüllte.  "Besser?"

"Viel besser," erwiderte sie und bedeckte sein Kinn und seinen Hals mit weichen Schmetterlingsküssen. "Denk bloß nicht, dass du aus der Sache mit dem Feuer rausbist."

"Scully?" Sie unterbrach ihre Liebkosungen und sah ihm in die Augen. "Was hast du dir gewünscht?"

"Das kann ich dir nicht sagen."

"Warum nicht?"

"Wenn man jemandem seinen Wunsch erzählt, dann wird er nicht wahr."

"Das gilt nur für Geburtstagswünsche." Mulder verdrehte die Augen in gespielter Empörung über ihre Unkenntnis des Wunschprotokolls.

"Bist du sicher?" Scully blickte ihn skeptisch an.

"Ich bin sicher. Was hast du dir gewünscht?"

"Einen Tag." Sie hielt seinen Blick fest, aber ein wenig Scheu zeigte sich in ihrem Gesichtsausdruck.

"Einen Tag?"

Scully wußte, dass es ihm wichtig war, dass er verstand, worum sie bat. Sie griff herüber, nahm seine Hand in ihre, zog sie an ihre Lippen und küßte seine Handfläche.

"Ich möchte einen Tag mit dir. Einen Tag, an dem es nur dich und mich gibt.  Ein Mann und eine Frau. Einen Tag, an dem wir nicht die Spezialagenten Mulder und Scully sind, einen Tag, an dem der Rest der Welt nicht existiert. Ich will nicht darüber nachdenken, was passiert, wenn wir an die Arbeit zurückkehren. Ich will nicht darüber nachdenken, was morgen ist, wenn wir hier wieder weggehen. Ich will nur einen Tag."

Er sah die Emotionen in ihren Augen und glaubte zu verstehen, wieviel ihre Bitte ihr bedeutete, aber sie musste verstehen, dass das, was sie beide hatten, nicht nach einem Tag zuende gehen würde. Sie hatten zu lange gebraucht, um so weit zu  kommen. Sie hatten zu hart gekämpft, zu viel verloren. Er würde jetzt nicht sie verlieren.

"Aber Scully, das muss es nicht."

Scully hob ihre Finger an seinen Mund, legte sie ihm fest auf die Lippen und brachte ihn damit zum Schweigen.

"Einen Tag. Kannst du mir den geben, Mulder?"

Wenn es in seiner Macht stünde, würde er ihr die ganze Welt geben. Er würde ihr den heutigen Tag geben, dann den morgigen Tag und jeden weiteren Tag.  Mulder blickte ihr in die Augen und sah darin das Bedürfnis ihrer Seele.

"Der heutige Tag gehört dir, Scully," schaffte er zu flüstern, bevor er sein Versprechen mit seinem Mund besiegelte.

Das Brennen ihrer Lippen, ihrer forschenden Zunge sandte ein Feuer durch all seine Adern. Seine Reaktion veranlasste sie, in einem tiefen, primitiven Ton zu stöhnen, der jeden Nerv in seinem Körper reizte.

"Bist du dir sicher, Mulder? Kannst du alles andere für einen Tag

vergessen?" bat Scully eindringlich, als er schließlich seine Lippen von ihren löste, um die sinnliche Erschütterung des Kusses zu beenden.

"Wenn das dein Weihnachtswunsch ist, dann will ich den Tag damit verbringen, alles zu machen, was du magst," versprach er ihr mit seinem Herzen und mit seinen Worten.

"Danke," flüsterte sie leise.

"Wie möchtest du deinen Tag beginnen?" Er zog suggestiv seine Augenbraue hoch, während seine Hand ihren Körper unter der Decke neckte.

"Warum machst du nicht das Feuer an und ich mache das Frühstück." Scully lächelte, als sie sah, wie sein Gesicht sich zu einer jungenhaften Schnute verzog, was sie insgeheim unglaublich verlockend fand. Sie küßte ihn, für seine Begriffe viel zu schnell, und griff nach dem heruntergefallenen Hemd, das er letzte Nacht fortgeworfen hatte. "Das klappt auch nicht immer."

Mulder seufzte, aber er setzte sich hin, als sie sein nun zerknittertes Arbeitshemd anzog und begann, die Knöpfe zu schließen. Das Hemd hatte niemals so gut ausgesehen. Scully stand auf und sah auf ihn herab.

"Fein. Mann macht Feuer, Frau geht in Küche," ordnete er an, seine Version eines Indianerführers imitierend. Der Blick, den sie ihm zuwarf, war Scullypatent. Sogar als sie so dastand, ihr Haar nur durch seine Finger gekämmt, ihre Lippen leicht geschwollen durch den Druck seiner eigenen, ihr sinnlicher Körper, der sich unter seinem gewunden hatte während der Nacht und der sich unter seinem Hemd abzeichnete; sie war eine Kraft, mit der man rechnen musste, wenn sie ihm diesen Blick schenkte. Eine wunderschöne Kraft. Seine wunderschöne Kraft. Seine Scully. "Das Feuer kommt."

Scully drehte sich um, um zur Küche zu gehen, aber nicht ohne ihn zuerst mit einem Lächeln zu beschenken. Beinahe als Nachgedanke drehte sie sich noch einmal um, während er sich die Decke um seine Taille schlang.

"Mulder? Was ist dein Weihnachtswunsch?"

"Streichhölzer," scherzte er, als er zum Kamin eilte. Er drehte sich um, als er immer noch ihre Augen spürte, die ihn beobachteten. "Mein Weihnachtswunsch ist ein bisschen komplizierter, aber ich verspreche dir, ich erzähle ihn dir später." Mulder hoffte, dass sie es dabei belassen würde, drehte sich um und kniete sich vor dem Kamin nieder. Einen Moment später hörte er sie in die Küche gehen und mit dem Frühstück beginnen.

 

* * * *

 

 

Mulder erinnerte sich an diesen Morgen, während der Wagen immer noch seine Reise durch den Schneefall, der wild um ihn herum wirbelte, fortsetzte. Sie hatte ihn um einen Tag gebeten und seiner Meinung nach, und ihrer, war er perfekt gewesen. Sie hatten Frühstück gegessen und zusammen auf dem Sofa gekuschelt und sich alte Weihnachtsfilme angesehen. Hatten den Weihnachtsbaum genossen, die Wärme der Feiertagsklassiker und die Wärme dessen, einfach nur zusammen zu sein. Schließlich hatte sie seinem Flehen nachgegeben und sie hatten sich zusammen ‚Wie der Miesepeter Weihnachten gestohlen hat' angesehen, zwischen den Filmen ‚Das Leben ist schön' und "Weiße Weihnacht'. Während sie sich die Filme ansahen, waren sie eingeschlafen und als sie aufwachten, trauerten sie um jede noch so kurze Zeit ihres gemeinsamen Tages, die sie versäumt hatten, trösteten sich aber damit, dass sie ihre Kraft für später brauchen würden. Es war da, als sie von ihrem Nickerchen aufgestanden waren, dass Scully beschlossen hatte, sie sollten einen kleinen Spaziergang machen.

Es war ein klarer, frischer Tag. Der Schneefall der vergangenen Nacht hatte ein Winterwunderland geschaffen nur für sie zur Freude. Die bewaldete Umgebung war herrlich, die Bäume waren alle in eine strahlende Schneedecke gehüllt und die Szenerie konkurrierte mit allem, was sie bisher im Fernsehen gesehen hatten. Hand in Hand waren sie von der Hütte zur Straße gewandert, als wenn sie schon seit Jahren Liebende waren und nicht erst seit ein paar Stunden.

Mulder lächelte, als er sich an den Katalysator erinnerte, der den Rest des Tages vorangetrieben hatte. Ein einzelner ausgewählter Moment in der Zeit, in dem er entschieden hatte, dass sie anziehend aussehen würde mit einem Hauch von Schnee in ihren Haaren.

Es hatte ganz unschuldig begonnen. Sie hatten ihre Wanderung unterbrochen, als Scully zwei Hasen auf der Lichtung vor ihnen entdeckt hatte. Eine Weile hatten sie dagestanden und sie beobachtet, befürchtend, dass die Tiere verschreckt würden, wenn sie sich bewegten. Scully hatte beobachtet, wie die Hasen umherliefen und mit den Hinterläufen den Schnee aufwühlten.  Mulder hatte Scully beobachtet. Der Winterwind hatte eine leichte Röte auf ihre Wangen und ihre Nasenspitze gezaubert. Ihre Augen strahlten, als sie den Geschöpfen bei ihrem Spiel zusah.

Wenn er angehalten und über seine folgende Handlung nachgedacht hätte,

hätte er es sich vielleicht überlegt; aber er bezweifelte es. Der kindhafte

Streich brachte immer noch ein Lächeln auf sein Gesicht. Während sie die

Hasen beobachtete, bemerkte er den schneebedeckten Zweig direkt über ihrem

Kopf. Seine Hand, ihrem eigenen Willen gehorchend, dessen war er sicher,

langte nach oben und schüttelte heftig an dem Zweig. Ein Haufen Schnee von

diesem Zweig und den beiden darüber fiel auf sie herab

Überrascht und geschockt durch die Kälte des Schnees, der nun ihr Haar bedeckte, auf ihren Augenlidern lag und an ihrem Nacken herablief, schnappte sie nach Luft. Langsam drehte sie sich zu ihm um. Als ihr Blick seinen traf und er darin das Versprechen auf Rache sah, tat er das, was jeder sich selbst achtende FBI-Agent in derselben Situation tun würde - er rannte davon.

Er war noch nicht sehr weit gekommen, als er über die Schulter zurückblickte, um zu sehen, ob sie ihn verfolgte. Seine Welt explodierte in eine schmerzhafte Weiße, als ihn der erste Schneeball im Gesicht traf und der zweite zwischen den Schulterblättern. Der dritte traf ihn mitten auf die Brust, als er sich umdrehte, die Offensive ergriff und begann, sie zu jagen. Er hörte ihr Lachen, als sie davon rannte und er empfand Vergnügen bei dem Geräusch, bis sie sich unter einen niedrigen Ast duckte und ihn heranzog, so dass er diesmal von Schnee bedeckt wurde, als sie ihn zurückschnappen ließ und der Zweig ihn an der Schulter traf. Schneebedeckt stand er da, unfähig den Gedanken abzuwehren, dass er der Verlierer war, obwohl er diesen kleinen Kampf im Schnee angezettelt hatte.

Ein weiterer Schneeball flog an seinem Ohr vorbei und er setzte ihr mit einem bestimmten Ziel nach. Scully verlor den Halt und rutschte auf einem Stück Eis aus. Sie drehte ihren Körper, so dass sie hart auf ihrem Hinterteil im Schnee landete. Immer noch lachend, legte sie sich in den Schnee zurück, die Arme am Körper. Mulder kam heran und sah zu, wie sie ihre Arme und Beine hin und her bewegte.

"Was tust du da?"

"Ich mache einen Schneeengel." Sie deutete auf einen Flecken unberührten Schnees neben sich. "Versuch es auch mal."

"Ich glaub nicht."

"Du willst keinen Schneeengel machen?" Ihre Stimme spiegelte ihre Enttäuschung wider.

"Nein." Er lächelte, als er antwortete, dann ging er neben ihr in die Knie.  "Ich mache lieber Liebe mit einem Engel im Schnee," flüsterte er sanft, bevor er sie zärtlich küßte.

Scully wand sich unter ihm und ohne seinen Mund von ihrem zu lösen, erfasste er ihre Hände und hielt sie über ihrem Kopf fest. Er vertiefte den Kuss und sie reagierte ebenso, aber sie hob auch ein Bein an, um so etwas wie eine Hebel unter ihm zu gewinnen. Mulder bewegte sich ein wenig zur Seite und machte es so unmöglich für sie, sich zu bewegen. Ein leises Grollen in ihrer Kehle und in ihrer Brust, durch ein Lachen verursacht, brachte ihn dazu, sich zurückzuziehen und sie fragend anzusehen.

"Scully, ich versuche, dich zu verführen. Du könntest ein bisschen kooperativer sein. Was ist so lustig?"

"Also *willst* du jetzt mit mir ringen?"

Ihre Erwähnung der kalten Nacht in den Wäldern, die er zusammengerollt in ihren Armen verbracht hatte, verursachte auch in seiner Kehle ein grollendes Lachen.

"Du kannst so ein Witzbold sein," meinte sie anklagend, ihre Stimme warm mit Zärtlichkeit.

"*Ich* ein Witzbold?" fragte er. "Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, dann hast du in dieser Nacht die Goldmedaille im Witzemachen gewonnen."

"Ich weiß nicht, wovon du sprichst." Ihre Stimme klang unschuldig, aber ihre Augen wussten alles.

"Vielleicht, wenn es Schlafsäcke regnet, hast du Glück? Keine üppige sexuelle Anspielung."

"Ich war nicht fünf Jahre lang dein Partner, ohne etwas über üppige sexuelle Anspielungen zu lernen," stellte sie sachlich fest.

"Und dann, als wenn das nicht genug gewesen wäre," fuhr er fort und ignorierte ihren Kommentar. "Dann war da noch das Singen."

"Du hast mich zum Singen gebracht," meinte sie, sich selbst verteidigend.

"Es war nicht die Tatsache, dass du gesungen hast, sondern wie und was du gesungen hast."

Ein kleines schuldbewusstes Grinsen begann sich auf Scullys Lippen zu formen, bevor sie es zurückhalten konnte.

"Und sag mir nicht, dass du nicht weißt, wovon ich rede, denn ich kann es an deinem Gesicht sehen, dass du es tust. Es war schon schlimm genug, zu versuchen einzuschlafen mit der Vorstellung von Schlafsäcken, die in meinem Kopf herumschwirrte, aber dann musstest du es noch einen Schritt weiter treiben. Die erste Strophe, sogar der Refrain, war noch in Ordnung, aber die zweite Strophe..." Er senkte seinen Kopf, so dass seine Lippen ihre lediglich reizten, bevor sie zu ihrem Kinn herabsanken. Seine Lippen und seine Zunge brannten eine Spur bis unter ihr Ohr. Die federleichten Bewegungen kitzelten und erregten sie über alle Maßen. Sie versuchte, ihre Hände freizubekommen, aber er hielt sie fest über ihrem Kopf. "Die zweite Strophe war süße Qual vom Feinsten." Er knabberte sanft mit den Zähnen an ihrem Ohrläppchen und liebkoste mit der Zunge die Stelle an ihrem Hals, von der er kürzlich herausgefunden hatte, dass sie sie verrückt machte. "Deine Stimme wurde zu einem Flüstern und du hast sie auf genau die richtige Oktave gesenkt, so dass die Worte, die in deiner Kehle steckenblieben, wie ein verführerisches Grollen klangen."

Mulder hob den Kopf und sah in ihre tiefblauen Augen. Er sah darin die Wirkung, die seine Bewegungen auf sie hatte; sie waren weit vor Verlangen.  Noch war er nicht bereit, es zu erfüllen. Er wollte, dass sie ihn genauso sehr begehrte, wie er sie in jener Nacht begehrt hatte. Seine Lippen begannen ihre sinnliche Attacke auf die andere Seite ihres Halses.

"Wenn ich der König der Welt wäre. Ich sag dir, was ich tun würde." Die Worte des Liedes, das sie in jener Nacht gewählt hatte, überspülten sie mit einer Hitzewelle. Sein heißer Atem, als er ihr sanft ins Ohr sprach, verursachte, dass sich ihre Augen schlossen und ihr Atem in einem Seufzer herauskam. Ihr Herz raste und sie hatte beinahe keine Kontrolle darüber, während er mit seiner heißen Serenade fortfuhr.

"Ich würde die Autos und die Bars und die Kriege beiseite schieben und süße Liebe mit dir machen."

Mulder unterstrich jedes der letzten paar Worte mit der Berührung seiner Lippen auf ihrer Haut. Als er fertig war, fanden seine Lippen ihre. Scullys Mund öffnete sich sofort für ihn und ihre Zungen berührten und vermischten sich, als Beben über Beben sie durchflutete.

Nach ein paar Momenten drehte sie ihren Kopf leicht zur Seite und unterbrach den Kontakt.

"Mulder." Ihre Stimme war tief und rau von Leidenschaft. "Bring mich hinein. Du kannst in einem Himmelbett Liebe mit einem Engel machen. Wenn wir hier noch länger draußen bleiben, wird die Erklärung, warum mein Hinterteil durchgefroren ist, peinlich." Schüchtern lächelte sie ihn an.

Augenblicklich realisierend, wie kalt ihr sein musste, sprang er auf und zog sie mit sich in seine Arme.

Mulder trug Scully das kurze Stück bis zur Hütte, ihr Kopf ruhte an seiner Brust. Einmal drinnen setzte er sie ab und half ihr, den feuchten Mantel und ihre Stiefel auszuziehen.

"Wir müssen dich aufwärmen." Seine Hände rieben Wärme erzeugend über ihre Arme. Scully unterbrach ihn und hielt ihm ihre Hand hin.

"Alles was ich brauche, bist du, Mulder."

Ohne Zögern ergriff er ihre Hand und folgte ihr, als sie ihn die Treppe hinauf ins Schlafzimmer führte. Es war schon später Nachmittag und Mulder wich nur einen Moment von ihrer Seite, um ein paar Kerzen im Raum anzuzünden.

Scully kam auf ihn zu, ihre Augen sanft und leuchtend wie das Kerzenlicht.  Er hielt seine Arme auf und nahm sie darin auf. Sie schloss ihre Augen, legte ihre Arme um ihn und hielt ihn fest, als fürchtete sie jeden Moment, was sie fühlte, könnte ihr entrissen werden.

Er küßte sie. Flüsterte. Berührte sie, bis ihr ganzer Körper vor Leidenschaft brannte. Wenn er sich zurückzog, holte sie ihn zurück für einen weiteren Kuss. Flüsterte. Liebkoste ihn, bis sie spüren konnte, wie sein Herz in seiner Brust unter ihrer Hand hämmerte.

Die Lippen immer noch miteinander verbunden, die Finger beschäftigt mit der Aufgabe, ihre Sachen auszuziehen, begannen sie einen langsamen Tanz in Richtung Bett. Kerzenlicht legte Schatten auf ihr Gesicht, als er auf sie herabsah. Scully erzitterte unter der Intensität in seinen Augen. Wissend, was passieren würde, sich seit Jahren danach sehnend und dennoch irgendwie wünschend, dass dieser Moment für die Ewigkeit bewahrt werden könnte.

"Danke, Mulder, dass du meinen Weihnachtswunsch wahr gemacht hast."

Sein Blick wurde weich und er lächelte sie so zärtlich an, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. Er setzte sich auf das Bett und hielt ihr seine Hand hin. Sie nahm sie und erlaubte sich, wieder in die erregende Wärme seiner Arme zu versinken.

Mulder zog sie mit sich, um voll ausgestreckt auf dem Bett zu liegen.  Scullys Hände begannen ihn hungrig zu erforschen, ihre Fingerspitzen waren entschlossen, jeden Zentimeter seines Körpers kennenzulernen. Seine eigenen Hände fanden ihren Weg zu ihren Brüsten und seine Lippen und seine Zunge erkundeten ihre Brustwarzen und wollten das reinste Vergnügen in ihr Innerstes schicken.

Irgendwo in ihm tobte ein Feuer, ein Feuer, das forderte, dass er sie sofort besitzen musste. Aber die Sehnsucht wurde durch das größere Verlangen überlagert, die Dinge langsam anzugehen, um diese Nacht für die Ewigkeit währen zu lassen.

Mulder küßte ihre Schläfen, ihre Augenlider und ihre Wangen, seine Hände wanderten über ihren Rücken, genossen das Gefühl ihrer Haut, die so warm und so glatt war wie Seide. Seine Zunge probierte und drängte und fuhr langsam in ihren Mund, während sich seine Oberschenkel an sie pressten.  Harte Oberschenkel. Fordernde.

"Berühr mich," flüsterte er ihr zu, beinahe ängstlich davor, was passierte, wenn sie es tat. Ängstlich, dass er in tausend Scherben des Vergnügens zerbersten würde durch ihre Berührung.

Der zitternde Klang seiner Stimme ließ Danas Hände beben, als sie sich herabbeugte und seine Brustwarze mit ihren Lippen bedeckte und sie mit ihrer Zunge neckte. Mulder sog zischend den Atem ein und ließ seine Hände ermutigend durch ihr Haar gleiten. Sie setzte ihre Erkundigungen mit ihrer Zunge fort, bewegte sich qualvoll langsam abwärts, hielt über seinem Bauchnabel inne und wanderte dann wieder zurück. Mulder stöhnte auf und Scully lächelte bei dem Gedanken, in der Lage zu sein, solche Kontrolle über den Mann auszuüben, der immer forderte, die Kontrolle zu haben. Er hoffte, die Tatsache, dass er diese Kontrolle aufgab, sagte ihr mehr, als Worte von ihm ihr jemals sagen konnten.

Zusammen waren sie zärtliche Hände und begierige Münder und Gliedmaßen, jeder versuchte dem anderen Lust zu bereiten. Sein Stöhnen war ihre Musik und ihr Seufzen war sein Gebet. Sie schmiegten sich aneinander, während ihr Körper seine langsam drängende Hitze begrüßte. Was als sanftes Schütteln begonnen hatte, wurde zu einem heftigen, fordernden Stoßen. Sie drängte sich ihm in zitterndem Verlangen entgegen und er tauchte wieder und wieder in sie in dem verzweifelten Verlangen, sie mit sich zu nehmen, als er in den Himmel hinaufstieg. Sie schrie auf und hielt ihn fest, als sie kam und er folgte ihr.

Für lange Momente waren sie sich nichts weiter bewusst als aneinander geschmiegt zu liegen und zu spüren, wie das Schlagen ihrer Herzen sich in einen entspannteren Rhythmus verlangsamte. Während sein eigener rasselnder Atem ruhiger wurde, blieb er weiter in ihr. Er kostete die Wärme, die Intimität ihrer Vereinigung aus und wollte, dass es niemals endete.

Aber als die Zeit gekommen war, schob er sich von ihr herunter. Er zog sie in seine Arme und bettete ihren Kopf an seine Schulter. Ein befriedigtes Seufzen der Genugtuung von sich gebend, wusste er, dass er ihr die Worte sagen musste, bevor sein Körper vom Schlaf überwältigt wurde.

"Ich liebe dich, Scully," flüsterte er, seine Stimme ein schwaches Knistern an ihrem Ohr. Sensibel küßte er ihre Wange, bevor er dem Schlaf erlaubte, ihn davonzutragen.

Der Schlaf umging nur Scully, während sie in Mulders Armen lag und ihr die Tränen herabliefen. Sie wusste, dass dieses Märchen morgen wie ein Traum zuende gehen würde.

Stunden später erwachte Mulder aus tiefem Schlaf und bevor er auch nur die Augen geöffnet hatte, hatte er das Gefühl, dass ein Teil von ihm selbst fehlte. Er streckte seine Hand nach Scully aus, griff aber nur eine Handvoll leerer Laken und Decken. Im selben Augenblick war er hellwach, öffnete seine Augen und setzte sich im Bett auf. Er sah sie in dem kleinen Dachausbau, der als Schlafzimmer diente, stehen. Sie stand da, eingehüllt in eine Wolldecke vom Bett, vor dem großen Panoramafenster, das die ganze Wand einnahm. Die Sonne begann, aufzugehen und rote, orange und feurig gelben Farben tanzten über ihre Haut und ihr Haar und ließen sie noch erregender erscheinen als gewöhnlich. Der Sonnenaufgang war wunderschön, so wie er sich im Schnee widerspiegelte, aber er verblasste neben Scully.

"Hey du, komm zurück ins Bett." Seine Stimme klang verschlafen.

"Ich bin gleich da."

Ihre Stimme klang ebenfalls kratzig, aber er vermutete, dass es nicht vom Schlafen sondern vom Weinen kam. Er wickelte sich die übriggebliebene Decke um die Hüften und ging zu ihr hinüber, legte seine Arme um sie und zog sie an seine Brust. Einen Moment widerstand sie, ihr Körper versteinert in seinen Armen, aber dann nahm sie langsam die Zuflucht an, die er ihr bot.

"Sag mir, was los ist."

"Die Sonne geht auf."

"Es ist wunderschön. Es ist der Beginn eines neuen Tages." Er küßte sie auf ihr Haar und atmete ihren Duft ein.

"Es ist nicht der Beginn, es ist das Ende," antwortete sie und ihre Stimme kämpfte einen Moment mit ihren Worten.

"Das Ende wovon?"

"Unser Tag. Heute sind wir wieder die FBI-Agenten Mulder und Scully. Die haben keine wunderschönen Anfänge. Sie schlafen nicht in den Armen des anderen, um die Einsamkeit und die Monster, die sie in ihren Träumen heimsuchen, zu vertreiben. Sie lieben sich nicht zärtlich. Sie machen keine Schneeengel. Sie debattieren miteinander und streiten. Er hängt sie bei Gelegenheit ab und die meiste Zeit, wenn er sie fragt, ob es ihr gut geht, lügt sie und sagt, dass sie in Ordnung ist. Es ist ihnen nicht erlaubt, irgendetwas zu fühlen, und wenn sie ihre Zuneigung füreinander ausdrücken, dann kurz und flüchtig, damit es niemand sieht und gegen sie verwenden kann. Sie haben beide Angst davor, eine Gelegenheit zu ergreifen, weil die anderen mit ihrem Leben bezahlen könnten. Das sind wir heute." Ihre Stimme war kalt und ohne Gefühl. Er war besorgt und als er sie zu sich umdrehte, war er ein wenig beruhigt durch das Feuer, das immer noch in ihren Augen brannte, auch wenn es schwächer war als am Tag zuvor.

"So muss es nicht sein. Wir müssen nicht so sein," wandte er ein.

"Was hat sich geändert?" forderte sie ihn heraus.

"Wir haben uns verändert."

"Nein, das haben wir nicht. Wir haben nur nachgegeben. Ich wollte das so lange Zeit und ich vermute, dass der Gedanke für dich auch nicht neu war.  Wir haben es bis jetzt nur besser verstanden, dagegen anzukämpfen."

"Ich bin es leid, zu kämpfen. Letzte Nacht habe ich dir gesagt, dass ich dich liebe." Er legte seine Hände auf ihre Schultern und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. "Ich meinte es."

"Du kannst mich nicht lieben, Mach es nicht schwerer als es ist."

"Es ist zu spät." Er sah ihr tief in die Augen und versuchte, darin zu lesen, was sie dachte. "Du hast Angst," stellte er einen Moment später fest. "Wovor hast du Angst?"

"Dass sie es benutzen werden. Dass sie uns gegeneinander benutzen werden."

"Lass sie es versuchen. Zusammen sind wir stärker. Das weißt du."

"Mulder, das letzte Mal, als sie mich gegen dich benutzten, gaben sie mir den Krebs." Sie schwiegen beide und Scully ging von ihm fort und setzte sich auf die Bettkante. "Was ist, wenn sie diesmal dich nehmen? Wenn sie dich mir fortnehmen, dich irgendwo hinbringen, wo ich nicht zu dir kommen kann?"

Mulder ging zu ihr hinüber und kniete vor ihr nieder. Sein Gesicht war auf gleicher Höhe mit ihrem. Er nahm ihre Hände in seine und blickte sie an.

"Scully, wenn du das hier beenden möchtest, wenn du es aufgeben möchtest, weil du dich nicht um mich sorgst, weil du nichts von dem empfindest, was ich tue, das ist eine Sache; aber gib nicht auf, nur weil du Angst hast.  Wirf nicht alles fort, weil du Angst hast. Wenn du Angst hast, dann solltest du dich an jemanden halten. Halt dich an mich, Scully."

Einen Moment saß sie schweigend da und Hoffnung flackerte in ihm auf, als er den Schatten von etwas in ihren Augen sah. Sie starb genauso plötzlich, als sie aufstand und den Raum durchquerte, ihn auf den Knien vor dem Bett zurücklassend. Sie ließ die Decke, in die sie gehüllt war, fallen und begann, ihre Reisetasche nach ihren Sachen zu durchwühlen. Dann begann sie sich anzuziehen und Mulder setzte sich wartend aufs Bett.

"Wir sollten uns besser auf den Weg machen, wenn du mich rechtzeitig zum Flughafen bringen willst. Es ist ein zeitiger Flug," sagte sie, ohne sich umzudrehen, aber sich weiter anziehend.

"Scully..." begann er, hielt aber inne, als sie sich zu ihm umdrehte, sichere Hoffnungslosigkeit im Gesicht.

"Ich brauche Zeit zum Nachdenken," flüsterte sie. "Du hast mir versprochen, dass du mich rechtzeitig zum Flughafen bringst, damit ich meinen Flieger bekomme. Wirst du dein Versprechen halten?"

Einen Moment beobachtete er sie, bevor er nickte. Der Anblick ihrer Schultern, die sich erleichtert senkten, nahm ihm den Atem. Er stand auf, unfähig sie anzusehen, sammelte seine Sachen zusammen und ging die Treppe hinunter.

Schweigend fuhr Agent Mulder sie zum Flughafen. Ihr Abschied war knapp und ohne Gefühl. Er fragte sie, ob sie ihr Handy dabei hatte und sie bat ihn, nicht anzurufen. Ohne auch nur zu ihm zurückzublicken, ging sie an Bord.  Sein Herz fühlte mit ihr und er wollte ihr nachrufen, dass sie das nicht allein durchstehen musste, dass er sie vermissen würde, dass er sie liebte.  Er schrie nicht auf. Er drehte sich um und verließ schweigend den Flughafen, nachdem er zugesehen hatte, wie das Flugzeug sicher gestartet war und vertraute darauf, dass die Zeit sie wieder zu ihm zurückbringen würde.

 

* * *

 

 

Das Schrillen von Mulders Handy holte ihn aus seinen Erinnerungen. Ohne den Blick von der schneebedeckten Straße zu nehmen, suchte er auf dem Sitz neben sich, bis seine Hand das Telefon fand und er es ans Ohr nahm.

"Mulder."

"Ich bin es. Wo bist du? Hast du meine Nachricht bekommen?" Ihre Stimme klang zögerlich, nicht so wie er es gewöhnt war.

"Ich bin fast da," beruhigte er sie.

"Ich dachte, du würdest nicht kommen und dann hab ich aus dem Fenster gesehen und bemerkt, wie schlecht das Wetter geworden ist und ich hab mir Sorgen gemacht, dass dir was passiert ist."

"Ich bin nur noch ein paar Minuten von der Zufahrt entfernt. Gib mir noch ungefähr zehn Minuten und dann ruf die Hundeschlitten. Scully, ich glaube, wir werden ein paar Tage lang eingeschneit sein."

"Gut." Ihre Stimme wurde fester. "Mulder, ich hab keine Angst mehr. Ich werde nach dem Auto Ausschau halten. Sei vorsichtig."

"Nichts wird mich von dir fernhalten, Scully. Ich bin gleich da."

Scully hängte auf und stand im Türrahmen der Hütte. Die Tür war offen und sie starrte in das blendende Weiß hinaus. Sie zog ihren Sweater enger um sich, ihr Körper lehnte den mageren Ersatz ab und verlangte nach Mulders Armen. Sie war ein Narr gewesen.

Auf dem Flughafen war sie von ihm fortgegangen, ohne auch nur zurückzusehen. Sie hatte sich davor gefürchtet, zurückzusehen, weil sie wusste, wenn sie noch einmal zurückgeblickt hätte, hätte sie nicht mehr die Kraft gehabt, ihn zu verlassen. Der Flug war eine Tortur gewesen, die meiste Zeit der Reise hatte sie still geweint und ihre Mutter hatte sie unaufhörlich ausgefragt, als sie sie am Flughafen abholte. Sie hatte eine Magenverstimmung vorgetäuscht.

Scully hatte geglaubt, wenn sie einmal in San Diego war, würde sie in der Lage sein, sich in Familienangelegenheiten zu versenken und Mulder zu vergessen. Sie hatte herausgefunden, je mehr sie versuchte, ihn zu vergessen, desto mehr wollte sie bei ihm sein. Sie wusste, dass es unmöglich war und dadurch vermisste sie ihn nur noch mehr. Mit jedem Tag, der verging, sehnte sie sich mehr nach ihm. Viele Male hatte sie das Telefon in die Hand genommen und tatsächlich begonnen, seine Nummer einzutippen, bevor sie sich dazu zwang, den Hörer aufzulegen. Mehr als einmal hatte sie überlegt, seine Nummer zu wählen, um seine Stimme auf dem Anrufbeantworter zu hören. Nur der Gedanke, dass sie ihn zufällig zu Hause erwischen könnte, hatte sie davon abgehalten. Wäre sie in der Lage gewesen aufzulegen, wenn er dran gewesen wäre? Seine Stimme zu hören, wurde zur fixen Idee. Sie wusste, dass es das einzige war, das sie beruhigen würde, egal wie vorübergehend das war. Neun Tage hatte sie es ohne ihn ausgehalten und nur der Klang seiner Stimme würde ihr durch die nächsten fünf Tage helfen, bis sie wieder nach DC zurückkehrte.

Als ihre Familie zum Einkaufen gefahren war, hatte sie sich die Treppe hochgeschlichen in den Raum, den sie nutzte, während sie da war und hatte ihre Aktentasche aus dem Schrank hervorgeholt, wo sie sie bei ihrer Ankunft hineingestopft hatte. Sie legte sie aufs Bett und setzte sich, sie kurz anstarrend, hin. Scully gab nach, schloss sie auf und öffnete sie auf dem Bett. Sie griff tief in die Tasche und holte ein kleines Diktiergerät hervor. Diesen Genuss gönnte sie sich nicht sehr oft, nur bei seltenen Gelegenheiten, wenn sie seine Beruhigung brauchte, in Zeiten, wenn er sie nach einem ungewöhnlich heftigen Streit sitzengelassen hatte und sie seine Bestätigung brauchte. Wenn sie hören musste, wieviel sie ihm bedeutete und er nicht in der Lage war, es ihr direkt zu sagen. Mitunter fühlte sie sich schuldig, weil sie wusste, dass er sich dessen nicht bewusst war, dass sie dieses Band besaß, dass sie es überhaupt gehört hatte. Sie rechtfertigte den Besitz damit, dass er es zuerst für sie aufgenommen hatte. Zufällig war sie daran gekommen, als sie ihm nachgereist war zu der Satellitenbeobachtungsstation in Puerto Rico. Sie hatte es auf dem Boden liegen gesehen und aufgehoben und hastig in ihre Tasche geschoben, als sie ihn auf da liegen sah und glaubte, er wäre tot. Bei der Erinnerung schauderte sie. Sie hatte es ihm zurückgeben wollen, aber als sie es sich angehört hatte, hatten die Worte sie gerührt und sie hatte erkannt, dass der einzige Mensch, der etwas von dessen Existenz hatte, sie war.  Sich in die Kissen zurücklehnend, drückte sie die Abspieltaste und ließ seine Stimme, wenn auch ein bisschen verzerrt, über sich hinwegspülen.

"Ich bin von einem dieser Menschen hergeschickt worden. Der Mann mit der tiefen Stimme hat gesagt, trauen Sie niemandem. Es ist hart, Scully, jedem und allem zu misstrauen. Es zieht dich herab. Du beginnst sogar zu bezweifeln, ob das, was du weißt, die Wahrheit ist. Vorher konnte ich nur mir selbst vertrauen, jetzt kann ich nur dir vertrauen und sie haben dich mir weggenommen."

Scully hielt das Band an. Die Wirkung seiner Worte hatte diesmal eine neue Bedeutung. "Sie haben dich mir weggenommen." Sie hatten es wieder getan.  Sie hatten sie gezwungen, sich zu trennen. Der Ärger in ihr wurde groß ob der Ungerechtigkeit, ihr Leben in Selbstverleugnung zubringen zu müssen.  Wegen einer Verschwörung, die sie nicht einmal verstand, wegen Männern ohne Namen, die über ihre Zukunft entschieden. Kalte Realität ersetzte den brennenden Ärger, als sie die Erkenntnis überwältigte. Es waren keine Kräfte von außerhalb, die sie von Mulder fernhielten, sie war es selbst.  Sie hatte ihn verlassen. Willentlich. Der Gedanke traf sie brutal und sie zwang sich, tief einzuatmen. Sie hatte ihn verlassen. Er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte und sie war fortgegangen. Sie hatte keine Angst vor einer geheimen Schattenorganisation, sie fürchtete sich vor den Gefühlen, die sie für ihn hatte. So lange Zeit hatte sie sich keine Gefühle gestattet.

Scully sprang vom Bett, zerrte ihre Reisetasche darunter hervor und warf ihre Sachen so schnell sie konnte hinein. Sie würde zu ihm zurückgehen, heute. Sie würden einen wunderschönen Anfang haben. Sie betete nur darum, dass es nicht zu spät war.

 

* * *

 

 

Sich mit ihm in der Hütte zu treffen, schien eine gute Idee zu sein, aber es hatte noch nicht geschneit, als sie ihm die Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hatte. Sie beobachtete es mit Besorgnis und ihr Blut rauschte und sie fühlte Schmetterlinge in ihrem Bauch, als sie sein Auto die Auffahrt heraufkommen sah. Sie konnte keine Minute länger warten und rannte vom Haus aus dem Auto entgegen.

Mulder sah sie aus der Tür laufen und drückte das Gaspedal herunter, in dem Versuch, schneller zum Haus zu kommen. Das Auto kam ins Schleudern und rutschte mit den Vorderreifen in den flachen Graben neben ihm. Den Gang einlegend und das Auto abwürgend, sprang Mulder hinaus und lief los, um Scully zu treffen. Die Kraft ihres Aufeinanderprallens, als sie sich trafen, warf sie beide lachend in den Schnee. Seine Lippen fanden ihre und sie hielt ihn fest und schwor, ihn nie mehr loszulassen.

"Das wird aber auch Zeit," neckte sie ihn, als er von ihr abließ, um nach Luft zu schnappen.

"Das gleiche könnte ich von dir sagen," konterte er.

"Alles lohnende ist es wert, darauf zu warten. Wir haben fünf Jahre gewartet. Ich denke, das reicht. Was immer uns die Zukunft bringt, wir werden es gemeinsam angehen. Nicht getrennt, nie wieder getrennt."

"Bist du sicher?"

"Willst du den Tag mit reden verbringen oder willst du Liebe machen mit einem Engel im Schnee?" Ihr Lächeln erleuchtete ihre Augen und er liebte sie dafür.

"Was ist mit Erfrierungen?"

Sie konnte erkennen, das er besorgt war, aber sie konnte auch an dem Ausdruck auf seinem Gesicht und dem Gefühl seines Körpers erkennen, dass er erregt war und begierig darauf, sie hier draußen im fallenden Schnee zu lieben.

"Wir werden schnell sein müssen," erwiderte sie lachend und zog schon an seinem Gürtel.

"Ich kann schnell sein," versicherte er ihr lachend, als sein Mund und seine Hände Besitz von ihr ergriffen.

"Solange du versprichst, langsam zu sein, wenn wir drinnen sind."

"Auch das kann ich. Ich bin ein Mann mit vielen Talenten, Agent Scully."

"Beweise es, Agent Mulder."

Das Feuer seines Kusses wärmte sowohl ihre Seele als auch ihren Körper.

"Ich liebe dich auch," flüsterte sie in sein Ohr, während er ihren Hals mit unglaublich talentierten Lippen heimsuchte.

Er hielt in seinen sinnlichen Erkundungen inne und seine Augen fanden ihre.

"Ich liebe dich auch," wiederholte sie.

Die Emotionen in seinen Augen trugen sie zu neuen Höhen ihrer Verehrung für ihn, ängstigten sie aber auch.

"Habe ich irgendetwas falsches gesagt?"

"Nein," antwortete er schnell, ohne zu zögern. "Danke, Scully, dass du meinen Weihnachtswunsch wahr gemacht hast."

 

ENDE