GEFANGEN

(Originaltitel: "Caged")

von Brekke

( elseheavens@hotmail.com )

 

aus dem Englischen übersetzt von Dina  < Dinamail@gmx.de >

Wertung: MSR; angst

Summary: Scully konfrontiert Mulder endlich mit den Tatsachen.

Spoiler: keine

Disclaimer: Blame it on Chris.

Anmerkung des Autors: Wieder angst. Ich vermute, ich mache das besser als fluff und doch...

Jedenfalls: Genießt es trotzdem. Es *gibt* ein Happy-End.

 

 

Gefangen

 

 

"Was ist los, Scully? Eifersüchtig?"

Scully funkelte Mulder, über seinen Schreibtisch hinweg an.  Sogar als sich ihre Diskussion zu einem dauerhaften stichelnden Krieg entwickelt hatte, war keiner von beiden von seinem Schreibtisch aufgestanden um dem anderen von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen.

Selbst in ihrer ganzen Wut, war Scully in der Lage, die ironische Symbolik dieser gemeinsamen Geste zu erfassen.

Mulders wütende Blicke trafen ihre und sie starrten sich eine Minute lang einfach nur an, bis schließlich Scully die Arme in die Luft warf, sich umdrehte und auf der Suche nach ihrem Mantel durch den Raum marschierte.

"Das war's, Mulder," sagte sie erschöpft und sah ihn erst an als sie die Tür erreichte.

"Das war's, es ist genug."

Sie warf ihm ihr FBI-Abzeichen zu. Er war zu geschockt um es zu fangen und es fiel mit einem leichten Klimpern auf den Schreibtisch - das Objekt, welches sie vorher getrennt hatte, stellte Scullys Verstand ironisch fest. "Ich verschwinde," fügte sie schließlich hinzu, während sie seinen schockierten Blick traf und sich dann umdrehte um zum letzten Mal über die Türschwelle des Kellerbüros zu schreiten.

Mulder zögerte nicht lange. Mit einem Satz war um den Schreibtisch herum, einen Arm ausgestreckt um sie am Ellenbogen zu greifen und hielt sie fest. "Scully?" er sprach ihren Namen und wusste jedoch nicht was er sagen, was er tun konnte, um sie zum Bleiben zu bewegen.

Scullys Augen wanderten zu ihrem Ellenbogen, wo er sie festhielt und sahen ihn dann entschlossen an. "Las mich gehen, Mulder," sie sprach jedes Wort langsam und deutlich, um sicherzustellen, dass er begriff wie ernst es ihr war.

Mulder ignorierte ihre Forderung und festigte seinen Griff.  "Nein, Scully, wir müssen reden," versicherte er ihr leise aber bestimmt, schloss die Tür hinter ihnen und zerrte sie zu einem Stuhl. Er stieß sie grob hinein und setzte sich ihr gegenüber. Seine Hände pressten ihre gegen die Armlehnen ihres Stuhls ohne auch nur eine einzige Sekunde der Überlegung. Alles woran Mulder denken konnte war, dass sie bleiben musste, dass er sie irgendwie dazu bringen musste ihm zuzuhören.

Scully wehrte sich halbherzig, jedoch ohne Erfolg. Mulder war viel stärker als sie. Unter anderen Umständen hätte sie Angst gehabt, aber das war Mulder. Trotz allem was passiert war, all den beschissenen Dingen, die er ihr angetan hatte, vertraute sie ihm noch immer.

Sie kannte ihn zu gut, um es nicht zu tun. Mulder hatte wahrscheinlich keinen blassen Schimmer, wie weh er ihr tat.

Das würde ihm ähnlich sehen.

Sobald Mulder sich sicher war, dass sie sich nicht rühren würde, löste er seinen Griff und setzte sich auf seinem Stuhl zurück, war jedoch noch immer nach vorne gebeugt und behielt sie im Auge.  "Okay Scully, erzähl's mir," befahl er.

Scully schüttelte ihren Kopf und rollte die Augen. "Mulder du sagst mir die ganze Zeit, ich sollte dich verlassen, dass ich gehen und Ärztin werden sollte, dass ich mich so weit wie möglich von dir fernhalten soll. " erinnerte sie ihn, und verlor dabei ein bißchen ihrer Fassung während sie wild zu gestikulieren begann.

"Und bisher hast du mir, jedesmal wenn ich versucht habe einen Schlußstrich zu ziehen, im Weg gestanden." Sie schaute ihn gespannt an." Ich möchte gehen, Mulder. Es war genug."

 

Mulder verlor alle Beherrschung und packte sie an den Schultern, überrascht als sie aus seiner "Umarmung" zurückschreckte.

"Scully, ich brauche dich," beteuerte er. "Ich weiß, dass es nicht immer so scheint, wie zum Beispiel als Diana damals auftauchte, aber es stimmt, ohne dich..." er brach ab, unfähig seinen Satz zu ende zu bringen.

Scullys Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln, als ob dies genau die Antwort gewesen war die sie erwartet hatte. Sie stand auf und begann durch den Raum zu irren wie ein gefangenes Tier. "Mulder, ob du mich brauchst oder nicht, steht hier nicht zur Debatte."

Sie drehte sich blitzschnell um und blickte ihn an, ihre ganze Wut und Frustration auf ihn gerichtet.

"ICH WEISS, dass du mich brauchst, Mulder. Ohne mich gäbe es für dich keine Möglichkeit, deine lächerlichen Theorien wissenschaftlich zu bestätigen. Ich habe alles, was dir fehlt - einen wissenschaftlichen Hintergrund und Respekt vor Unseresgleichen. Was die X-Akten angeht, habe ich alles was du brauchst."

Sie hielt kurz inne und sagte dann in einem Atemzug: "Aber darum geht es hier nicht."

Mulder sprang von seinem Stuhl auf und minderte die Distanz zwischen ihnen, bis er deutlich in ihren persönlichen Freiraum eindrang, über sie gebeugt, sein heißer Atem stieß in ihr Ohr."Worum geht es dann?" forderte er.

Scully hob ihre Augen und schaute ihn herausfordernd an. "Es geht darum, dass du mich benutzt."

Einen Moment lang war Mulder sprachlos. Er taumelte leicht zurück, um sie klarer betrachten zu können. "Scully?" fragte er überrascht, nicht ganz sicher, worauf sie hinaus wollte.

Scully fuhr unbeirrt fort. "Es geht darum, dass du meine Gefühle gegen mich verwendest, Vorteile aus meinen Empfindungen ziehst, um mich immer wieder dazu zu bringen, bei dir zu bleiben." Sie blickte weg und schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. "Ich habe es satt, Mulder."

"Scully?" Seine Stimme klang nun sanfter, dennoch unausweichlich, seine Hände ruhten auf ihren Schultern und hielten sie sanft fest. "Scully, falls ich ... ich würde dich niemals absichtlich benutzen, Scully," beteuerte er, sie in Gedanken anflehend ihn anzusehen. "Scully, ich ... du bedeutest mir sehr viel. Du weißt das."

Das bittere Lächeln erschien schon wieder auf ihrem hübschen Gesicht. Sie sah ihn nicht an. "Und du tust es schon wieder," in ihrer Stimme war ein sarkastischer Ton, wie er ihn noch nie zuvor von ihr gehört hatte.

Panik ergriff ihn. "Scully?"

Diesmal trafen sich ihre Augen. "Jedes Mal, wenn ich versuche dich zu verlassen, höre ich von dir dieselben Worte. JEDES Mal." Sie schüttelte ihren Kopf, um zu zeigen, dass sie keinen Einfluss auf sie hatten, dass er keinen Einfluss auf sie hatte.

"Du brauchst mich, ich mache einen ganzen Menschen aus dir, ich bin dein Ein und Alles."

Ihre Augen flackerten böse auf. "Sogar an meinem verdammten Totenbett, hast du es getan. Selbst dann hast du versucht mir auszureden, dich zu verlassen."

Ihre Stimme ging ins Schreien über. "Als ob ich eine verdammte Wahl gehabt hätte!!"

Sie zitterte nun vor Wut. "Du machst mir all diese Illusionen von etwas Besserem, etwas Größerem als wir es haben, nur um mich genau dort zu behalten, wo du mich wieder benutzen kannst." Ihre Stimme fiel für die letzte Anschuldigung zurück in ein leises angespanntes Zischen. "Aber du meinst es niemals wirklich und ich habe es satt, immer auf dieselben Worte hereinzufallen, ich habe es satt benutzt zu werden."

Mulder hatte seine aufgekommenen Tränen nicht bemerkt.  Die Nässe seiner Wangen jedoch und sein verschwommener Blick, ganz zu schweigen von dem dumpfen Schmerz in seiner Brust, gaben ein stummes Zeugnis davon, dass er weinte.

"Scully?" flehte er mit heiserer Stimme.

All die Jahre, all die Dinge die er gesagt hatte - Dinge die nicht leicht über die Lippen eines Mannes gekommen waren, dem schon sehr früh beigebracht worden war, dass das Offenbaren von Gefühlen ihm nur Ärger einbringen würde.

All die Geständnisse ihr gegenüber, sie kamen von Herzen.

Und sie glaubte ihm nicht. Sie dachte er würde versuchen, sie zu benutzen.  Was zum Teufel hatte er falsch gemacht, dass sie glauben konnte, er wäre zu einer solchen Sache imstande.

Dann war wiederum alles was sie sagte wahr.Er HATTE Versprechungen von mehr gemacht, doch niemals erfüllt. Aber das war wegen seinen Ängsten, seiner Unsicherheit, nicht weil er jemals versucht hatte, sie zu benutzen.

"Wie konntest du so etwas nur denken, Scully?" flehte er gebrochen.

Scullys frustrierter Schritt stockte einen Moment lang, während sie Mulder ansah, um danach seinen ursprünglichen Verlauf wiederaufzunehmen. "Beweise, Mulder." erklärte sie ihm kühl. "Ich habe sechs Jahre als Beweis."

Seine Hand fuhr aus und ergriff ihre, bremste ihren Schritt und hielt sie fest. "Du irrst dich, Scully."

Ihre Lippen verzogen sich wieder zu diesem bitteren selbst -missbilligenden Lächeln, das ihnen nach Mulders Geschmack viel zu gebräuchlich war.  "Tue ich das nicht immer? Oder wie war das? In neun von zehn Fällen doch sowieso."

Mulder starrte sie hilflos an. "Scully du weißt, dass ich es nicht so gemeint habe."

Ihre Braune hob sich skeptisch. "Ach nein?" fragte sie kalt.

Mulder zog sie an ihrer Hand, im Versuch sie näher an sich zu drücken aber sie gab nicht nach. "Jesus Scully, wie konntest du nur glauben, dass ich so etwas im Schilde führen würde? Wenn du mich doch nur reinlassen würdest..."

Diesmal war das bittere Lächeln mit einem kurzen bitter-prustenden Lachen verbunden. "Dich reinlassen?" spottete sie. "Ich bin verwundbar genug," erklärte sie.

"Jedes Mal wenn ich dich reingelassen habe, Mulder, jedes Mal wenn ich meinen Gefühlen für dich auch nur ein wenig nachgab, jedesmal wenn ich auch nur in Erwägung gezogen habe, was ich für dich empfinden könnte, war es wie ein Schlag mitten ins Gesicht." Sie schüttelte verblüfft den Kopf. " Als wir damals Tooms überwacht haben, hast du mich sogar AUSGELACHT. Aber das war nicht genug, oder?"

Sie ging auf ihn zu, ihre Augen voller Wut. "Ich kann ein Dutzend Beispiele von letzter Woche nennen in denen du körperliche Nähe benutzt hast um mich von einem Argument abzubringen und mehr als ein Dutzend in den sechs Jahren in denen ich dich kenne, als du emotionale Erpressung benutzt hast damit ich tue was du willst."

Ihr Körper zitterte mittlerweile vor Wut, das Gesicht vor Zorn errötet.  Scully näherte sich ihrem Partner bis sie ihm praktisch ins Gesicht spuckte. "Ich Habe Es Satt!", fauchte sie ihn an.

Einen Moment lang herrschte absolute Stille, man konnte die Spannung zwischen den beiden in der Luft spüren. Tränen liefen ungehindert Mulders Wangen hinunter. Ihre Worte schienen ihn seiner letzten Kraft zu berauben. Es brachte ihn aus der Fassung und verletzte ihn zutiefst, dass sie glauben konnte, er würde ihr jemals so etwas antun.

Gleichzeitig war er wie gelähmt, denn obwohl er genau wusste, wie falsch sie lag, schien alles, was sie gesagt hatte, die Sache in einem anderen Licht zu präsentieren. Er konnte sich ausmalen wie ihr wissenschaftlicher Verstand die einzelnen Stücke über die Jahre hinweg zusammengesetzt haben könnte.

Scully war nie ein Mensch gewesen, der einfach nur glaubte. Sie war skeptisch bis zum bitteren Ende.

Mulder handelte möglicherweise dem einzigen Beispiel nach, das er kannte und zog sie mit einer Kraft und rauhen Wildheit in seine Arme, von der er nicht gedacht hatte, dass er sie jemals anwenden würde, ihr Zappeln vollkommen ignorierend, und presste sie fest an sich.

"Ich liebe dich, Scully," murmelte er ihr immer und immer wieder ins Ohr.

"Ich sage das nicht um dich zum Bleiben zu bewegen, ich sage es weil es wahr ist, und die letzen fünf Jahre lang wahr gewesen ist. Hörst du mich, Scully? Ich liebe dich"

Scully zappelte und windete sich in seinen Armen, versuchte verzweifelt zu entkommen, Tränen liefen ihre Wangen hinunter, während Mulder immer und immer wieder Worte seiner Liebe zu ihr murmelte, bis Scully sich schließlich mit einem herzzerreißenden Schluchzen an seiner Brust entspannte.

Mulder streichte ihr tröstend durchs Haar während sie weinte, ignorierte dabei die eigenen Tränen, seine Aufmerksamkeit ganz auf sie gerichtet.  "Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich", flüsterte er.

"Dringt das schon zu dir durch?"

Schließlich hob Scully erschöpft ihren Kopf von der Wärme seines Oberkörpers und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen - eine ihrer liebenswerten Gesten. "Und du hast es schon wieder getan," bemerkte sie traurig.

Bedauern lag in ihrer Stimme, doch war nichts mehr von der Wut und Bosheit,

die sie vorher geprägt hatten zu spüren. "Typisch Mulder. Schlägt mich mit meinen eigenen Gefühlen damit ich mich ergebe."

Mulder gab einen Schluchzer der Erleichterung von sich. "Aber ich meine es, Scully," erinnerte er sie "Das ist entscheidend. Ich habe es immer ernst gemeint."

Scully rieb seufzend ihre Nase an Mulders Hemd und erntete einen amüsierten

Blick und ein zärtliches Drücken seinerseits. "Ich ... ich glaube ich habe es schon lange gewusst, ich hatte nur..."

"Angst?", schlug Mulder vor und Scully nickte an seiner Brust.  Mulder presste seine Lippen an ihre Stirn "Ich verrate dir ein Geheimnis, Scully," flüsterte er verschwörerisch. "Ich auch."

Sie lächelte kurz, einen Arm um seinen Hals schlingend und den anderen um seine Hüfte um sich näher an ihn zu schmiegen. "Ich sollte keine haben.

Ich weiß das. Die Angst ist absolut irrational."

"Einige der schönsten Empfindungen sind das," bemerkte Mulder, seine Nase zart an ihren Hals schmiegend, bevor er sie noch fester umarmte.

"Aber es ist eine Angst, der ich mich stellen kann," versicherte sie ihm.

Mulder schüttelte seinen Kopf leicht gegen ihren. "Eine Angst, der WIR uns stellen können," korrigierte er sie, und schließlich trafen sich ihre Blicke.

"Ja," sie lächelte als sie den Klang dieses Wortes und aller Implikationen, Verwicklungen und sogar Komplikationen, die es mit sich bringen würde, auf ihren Lippen schmeckte.

"Wir."

 

ENDE

 

Oh Mann! Verdammte Angst-Stories. Komme einfach nicht davon los. Hoffe, es hat euch gefallen. Und ich würde mich über ein bischen Feedback freuen. Ta!  Brekke ( elseheavens@hotmail.com )